Deutsch im 8. Jahrhundert...

Begonnen von Ly, 2005-02-16, 22:02:33

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Ly

Nur mal 'ne Frage...
Hatte sich im 8. Jahrhundert schon Althochdeutsch gebildet oder sprach man da noch richtiges germanisch?
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amarillo

Ich fürchte, daß es so etwas wie richtiges Germanisch zu keiner Zeit gegeben hat.  

Aber ich bin überzeugt, daß MrMagoo Dir hierzu einen gewaltigen Abriss der Entwicklung der deutschen Sprache liefern kann.

MrMagoo, bitte übernehmen Sie?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

MrMagoo

Zitat von: amarillo in 2005-02-16, 22:40:00
Ich fürchte, daß es so etwas wie richtiges Germanisch zu keiner Zeit gegeben hat.  

Aber ich bin überzeugt, daß MrMagoo Dir hierzu einen gewaltigen Abriss der Entwicklung der deutschen Sprache liefern kann.

MrMagoo, bitte übernehmen Sie?

Ja, ich fürchte, das könnte ich  :-\, das würde aber ein etwas aufwendigerer Beitrag, d.h. ich bräuchte etwas Zeit um zu sehen, wie ich's am besten formuliere.  
Eventuell komme ich nachher noch auf die Frage zurück, ansonsten versuche ich es morgen.  ;)

Deine Anmerkung, amarillo, stimmt!
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

#3
Dann wolln wir mal:

Wie amarillo schon sagte, hat es ein einheitliches Germanisch nie gegeben, "Deutsch" hat sich auch nicht gebildet sondern ist das Ergebnis eines langwierigen Planungsakts.

Ich will mal versuchen, das ganze kurz zusammenzufassen  :-[

Also:
Wie bereits gesagt hat es keine germanische "Ur-" oder "Einheitssprache" gegeben und kann es auch gar nicht gegeben haben. Wenn man von Germanisch spricht, dann ist dies immer nur eine Hilfskonstruktion, um eine den germanischen Sprachen eigene Erscheinung aufzeigen zu können. Die Menschen zu jener Zeit sprachen ihre jeweiligen (germanischen) Dialekte.

Neben diesen Dialekten und der als Privileg vorherrschenden, überregionalen Sprache Latein entwickelte sich im 8. Jahrhundert "Deutsch" als eigene Komponente --> Deutsch ist das Ergebnis eines riesigen Sprachplanungsaktes Karls des Großen, denn er wollte für sein Reich Einheit: ein Reich, eine Währung, eine Religion, ein Maßsystem und: eine Sprache!

"Deutsch" war aber keinesfalls eine einheitliche Sprache, sondern beinhielt die gesprochenen Dialekte, es sind die Sprachen der Bevölkerung, die im Gegensatz zum Latein stehen ==> deutsch kommt von 'thiudisk', eine Ableitung zu gotisch thiuda = "Volk" und bedeutet somit völkisch, zum Volk gehörig.
Den Ausdruck "deutsch" selbst gibt es erst seit Otfried von Weißenburg, der ein Hofgelehrter Karls des Großen war und die Sprache maßgeblich förderte.

Es gab nun Versuche, die deutsche Sprache salonfähig zu machen => die Bevölkeung sprach zum Beispiel bestimmte Phrasen der hl. Messe chorisch nach. Daraus entwickelte sich aber keine Einheitssprache, es war nur ein Versuch! Die Bevölkerung sprach weiterhin in ihren Dialekten.
Später breitet sich die Sprache langsam nach und nach aus, die Schriftsprache dringt stärker in die gesprochene Sprache, die Mundarten werden verdrängt.

Eine deutsche "Einheitssprache" gibt es übrigens erst seit dem 19. Jahrhundert (aber nur auf Normebene!) letztendlich mit dem Inkrafttreten einer einheitlichen Standardsprache und Rechtschreibung durch "Duden", die besagt "so soll in diesem Gebiet, das sich "deutsch" nennt, geschrieben und gesprochen werden.".

Hmm... ich bin zwar nicht zufrieden mit dem, was ich hier geschrieben habe, aber ich hoffe es ist verständlich  :-\ Ich habe versucht, es möglichst knapp zu halten, aber ich schätze, ich muß mir das nochmal ansehen. Es ist ziemlich schwierig, das 'mal eben' zusammenzufassen*gg*.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Ly

Das war schon mal recht interessant, danke  ;D
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gehabt gehabt

Und Gotisch? War das eine Sprache oder ein Dialekt oder auch wieder nur eine Ansammlung von Dialekten?

Dieselbe Frage zu Indogermanisch (konnte sich ein "Indogermane" (ich meine das nicht genetisch sondern kulturell)aus Indien mit einem aus Spanien verstaendigen? Ich nehme an, man weiss es nicht genau, aber sich hat man Beobachtungen von Staemmen aus Amerika oder anderen Kontinenten und kann Analogien konstruieren..

Unter welchen Voraussetzungen "agglomerieren" unterschiedliche Dialekte soweit zusammen, dass sie ueber ein grosses Gebiet (wie von der Groesse Deutschlands oder Europas) verstanden werden koennen? Ist dazu eine einheitliche Herrschaft vonnoeten oder eine Schriftsprache?

Ist Walter von der Vogelweide ueberhaupt von den meisten verstanden worden?

MrMagoo

#6
Zitat von: gehabt gehabt in 2005-02-21, 14:13:25
Und Gotisch? War das eine Sprache oder ein Dialekt oder auch wieder nur eine Ansammlung von Dialekten?

Eine einheitliche Sprache war auch das Gotische nicht.
Es ist übrigens nicht richtig anzunehmen, das Gotische sei eine Vorstufe unseres heutigen Deutsch, also eine Art Vorläufer des Althochdeutschen - das Gotische ist eine Art "Seitenzweig", keine Vorstufe des Deutschen.


Zitat
Dieselbe Frage zu Indogermanisch (konnte sich ein "Indogermane" (ich meine das nicht genetisch sondern kulturell)aus Indien mit einem aus Spanien verstaendigen? Ich nehme an, man weiss es nicht genau, aber sich hat man Beobachtungen von Staemmen aus Amerika oder anderen Kontinenten und kann Analogien konstruieren..
Zitat

Nein, das konnte er sicher nicht. Wie das Germanische ist auch das Indogermanische eine rekonstruierte, oder besser: eine konstruierte Sprache.
Das, was "Indogermanisch" genannt wird ist ein auf verschiedene (indogermanische) Sprachen und Dialekte zurückgehendes Einheitskonstrukt, das helfen soll, bestimmte sprachliche Phänomene einzuordnen und zu bestimmen. Es gab aber kein einheitliches Indogermanisch.


ZitatUnter welchen Voraussetzungen "agglomerieren" unterschiedliche Dialekte soweit zusammen, dass sie ueber ein grosses Gebiet (wie von der Groesse Deutschlands oder Europas) verstanden werden koennen? Ist dazu eine einheitliche Herrschaft vonnoeten oder eine Schriftsprache?

Ja natürlich, vor allem durch eine einheitliche Herrschaft, die Normen aufstellt.
Kann man diese Normen entsprechend verwenden, dann gehört man sozusagen zur herrschenden Schicht, alles was davon abweicht wird entweder verdrängt oder als 'nicht passend' abgetan. Die Schriftsprache spielt dabei als eine Art Machtinstrument eine wichtige Rolle.
Das Hochdeutsche ist übrigens im 16. Jahrhundert in ganz Deutschland als Schriftsprache festgelegt worden, natürlich durch die herrschenden Gesellschaftsschichten (und die saßen zumeist in Süddeutschland!).

Vergleiche einfach mit den heutigen deutschen Dialekten:
Spricht man heute seinen Dialekt, beispielsweise ostfriesisch, westfälisch, oder gar sächsisch - dann ist das gegen die Norm (= Standarddeutsch) und wird sofort abgetan als 'schlecht'.
In niederdeutschen Mundarten wird zum Beispiel nicht klar zwischen Dativ und Akkusativ unterschieden, so kann man im Westfälischen so etwas hören wie "Gib mich mal den Korb mit die Eier!"; mundartlich ist dies absolut üblich, es entspricht aber nicht der geltenden Norm, dem Standarddeutschen und somit wird eine derartige Konstruktion (nach standarddeutscher Norm) als falsch abgestempelt und derjenige, der es dennoch verwendet, gilt als dumm.
Daher ist normalerweise sämtliche in Mundarten verfaßte Literatur "komisch", vorwiegend spielen Narren, Dorftrottel und Dummköpfe mit, über die sich lustig gemacht wird, v.a. dann, wenn sie Dialekt sprechen.

Dies gilt natürlich in diesem Maße vor allem für die niederdeutschen Mundarten, da diese dem Standarddeutschen noch fremder sind als hochdeutsche Mundarten.

Das Gegenteil sieht man übrigens im Niederländischen. Dies ist sehr eng mit dem Niederdeutschen verwandt, ist aber in den Niederlanden geltende Norm; wäre das Niederdeutsche im 16. Jahrhundert Schriftsprache und damit Norm geworden, dann würden wir uns heute über die hochdeutschen Dialekte lustig machen, denn diese gehörten dann 'nicht dazu'.
Zitat
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Kilian

Zitat von: MrMagoo in 2005-02-21, 15:53:26Es ist übrigens nicht richtig anzunehmen, das Gotische sei eine Vorstufe unseres heutigen Deutsch, also eine Art Vorläufer des Althochdeutschen - das Gotische ist eine Art "Seitenzweig", keine Vorstufe des Deutschen.

*notiert sich*
Pilze sind Jazz.
Gotisch ist ein Neandertaler.

Ly

#8
ZitatDas Gegenteil sieht man übrigens im Niederländischen. Dies ist sehr eng mit dem Niederdeutschen verwandt, ist aber in den Niederlanden geltende Norm; wäre das Niederdeutsche im 16. Jahrhundert Schriftsprache und damit Norm geworden, dann würden wir uns heute über die hochdeutschen Dialekte lustig machen, denn diese gehörten dann 'nicht dazu'.

Was mich interessiert ist ja, ob das Niederländische überhaupt eine richtige Sprache ist? Ich meine, sehr viel weiter vom Hochdeutschen entfernt als Platt oder Friesisch ist es auch nicht... könnte man es nicht als deutschen Dialekt sehen? Meine Wenigkeit zumindest versteht (fast) alles.
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gehabt gehabt

Jedenfall mehr als bei manchem anderen Dialekt. Katalanisch versteht man auch wenn man Spanisch kann. Ich nehme an, es ist eine ideologische Frage, ob man eher zentrifugale oder zentripetale Plaene hegt.

katakura

#10
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-21, 15:53:26
Vergleiche einfach mit den heutigen deutschen Dialekten:
Spricht man heute seinen Dialekt, beispielsweise ostfriesisch, westfälisch, oder gar sächsisch - dann ist das gegen die Norm (= Standarddeutsch) und wird sofort abgetan als 'schlecht'.
In niederdeutschen Mundarten wird zum Beispiel nicht klar zwischen Dativ und Akkusativ unterschieden, so kann man im Westfälischen so etwas hören wie "Gib mich mal den Korb mit die Eier!"; mundartlich ist dies absolut üblich, es entspricht aber nicht der geltenden Norm, dem Standarddeutschen und somit wird eine derartige Konstruktion (nach standarddeutscher Norm) als falsch abgestempelt und derjenige, der es dennoch verwendet, gilt als dumm.
Daher ist normalerweise sämtliche in Mundarten verfaßte Literatur "komisch", vorwiegend spielen Narren, Dorftrottel und Dummköpfe mit, über die sich lustig gemacht wird, v.a. dann, wenn sie Dialekt sprechen.

... auch wenn schon lange niemand mehr in diesem faden geschrieben hat, möchte ich doch noch etwas hinzufügen, da ich dieses thema gerade jetzt erst entdocken habe ...

... in ergonz zu mr. magoos ausführungen möchte ich einmal eine lanze für die mundarten (eindeutschung für "dialekt") brechen ... es ist meiner ansicht nach ein absolutes unglück, daß seit jahrzehnten (und bis heute) die mundart von den meisten als "schlechtes / falsches deutsch" betrachtet und zumeist mit dummheit, primitivität und rückständigkeit assozioren wird (abgesehen von wenigen rühmlichen ausnahmen) ... die schulische erziehung tut da leider ein übriges, wertet zumeist die regionale mundart ab oder betrachtet sie gar als etwas, das überhaupt nicht von interesse ist ... doch was die meisten entweder vergessen oder nicht einmal wissen: die mundarten sind, wie dr. maggoo schon ausfohr, das "eigentliche" und "richtige" (weil ursprüngliche) deutsch ... das heutige hochdeutsch ist in wortschatz und grammatik letztendlich nur ein künstliches gebilde, das auf den mundarten beruht und ohne diese überhaupt nicht denkbar ist ... eine hochsprache ist daher letztlich auch nur ein dialekt ... bloß daß er eben weiter verbreitet ist als die regional mehr oder weniger begrenzten dialekte (mundarten) ... eine hochsprache steht also keinesfalls ÜBER, sondern einfach nur NEBEN den mundarten ...

... es ist daher viel schlimmer und eine größere dummheit, die mundarten abzuwerten als sie zu sprechen (i.e., zu pflegen)  und damit einen unglaublichen sprachlichen schatz, einen überaus wichtigen teil unseres kulturellen erbes zu bewahren ... gehen die feinheiten der mundarten verloren (und leider ist dies in den meisten mundarträumen so), verlieren wir unglaublich viel ... allein die tatsache, daß sich in vielen deutschen mundarten mittelhochdeutsche und sogar althochdeutsche sprachreste in wortschatz wie auch grammatik bis heute erhalten haben (die im hochdeutschen nicht mehr vorkommen) zeigt dies deutlich ... wieviel eindeutiger und treffender sind oft die mundartworte gegenüber der hochdeutschen entsprechung? ... wieviel stärker sind die mundartlichen schimpfwörter und flüche? ... nicht zu vergessen, daß gerade die mundarten mehr als vielleicht alles andere das gefühl von heimat, von zugehörigkeit, von identität vermitteln ... leider ist dies den meisten nicht bewußt, die ihre mundart verleugnen, abwerten oder als "falsches deutsch" betrachten ...

... seltsam (oder eben auch nicht) ist, daß derzeit ja ähnliches auch mit dem hochdeutschen passiert, wie wir im alltag sehen und hören können (stichwort: denglisch) ... aber dies ist schon wieder ein ganz anderes feld ...

... doch bedauern, jammern oder aufregen hin oder her - letztlich sind diese steten veränderungen (ob in mundart oder hochsprache) ein charakteristikum jeder sprache ...  panta rhei ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Grinsekater

Von dem fatalistischen ,,panta rhei" am Ende abgesehen falle ich gerne in den Gesang mit ein und halte meine Lanze neben die deinige. Ich muß allerdings ein klein wenig leiser singen, damit niemandem auffällt, daß ich keinen zusammenhängenden Satz in Dialekt sagen kann (wofür ich mich direkt schäme). Und das, obwohl ich im tiefsten Oberbayern geboren und aufgewachsen bin. Aber was soll man machen, mit zuagroaßten Leseratten als Eltern?

caru

geht mir so ähnlich, bin auch vom elternhaus her dialektlos. nehme allerdings in kurzer zeit die sprache jedes deutschen dialektgebiets so stark an, daß ich nach 14 tagen nicht mehr als zugereister auffalle.

und singen kann ich grad nicht, hab schnubbfm :P
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Agricola

Bin ebenso dialektlos, abgesehen von unserem Familiendialekt, der so ein Kauderwelsch aus japanisch und deutsch ist (oder eher zwei Kauderwelsche, nämlich ein Deutsch mit japanischen und ein Japanisch mit deutschen Einsprengseln).

Die Wertschätzung der Dialekte ist aber in den Regionen sehr unterschiedlich ausgeprägt. In Baden, wo ich studiert habe, und wo man sagt, dass es nur zwei Arten der Menschheit gäbe, nämlich die badischen und die unsymbadischen, ist der Dialektgebrauch allgemein anerkannt, und es gibt durchaus Universitätsprofessoren, die ihre Vorlesungen niemals auf Hochdeutsch halten würden. Ähnlich ist es in der Schweiz. Allerdings publiziert man auf Hochdeutsch (bzw. in der Schweiz auf "Schriftdeutsch", einer mit dem Hochdeutschen verwandten Sprache). In Berlin sprechen nur Busfahrer und Hausmeister Dialekt, nach meinem Eindruck. Allerdings ist der Dialekt im ehemaligen Ostteil etwas verbreiteter als im ehemaligen Westteil.

Ach ja, das Schweizer Schriftdeutsch ist ein interessanter Fall. Frühstück (hochdeutsch) heißt zum Beispiel Morgenessen (schriftdeutsch). Dafür gibt es mehrere Dialektwörter, z.B. "Znüni" (die zweite Morgenmahlzeit, die "zu neune" eingenommen wird).
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kilian

Zitat von: katakura in 2006-10-13, 16:40:18nicht zu vergessen, daß gerade die mundarten mehr als vielleicht alles andere das gefühl von heimat, von zugehörigkeit, von identität vermitteln ... leider ist dies den meisten nicht bewußt, die ihre mundart verleugnen, abwerten oder als "falsches deutsch" betrachten ...

... seltsam (oder eben auch nicht) ist, daß derzeit ja ähnliches auch mit dem hochdeutschen passiert, wie wir im alltag sehen und hören können (stichwort: denglisch) ... aber dies ist schon wieder ein ganz anderes feld ...

So habe ich das noch nie betrachtet, aber das finde ich sehr einleuchtend - das Zurückweichen des Deutschen zugunsten des Englischen würde ich gar nicht so unverwandt als unverwandt mit dem Dialektsterben im Deutschen bezeichnen - denn was ist schon der Unterschied zwischen einem Dialekt und einer Sprache? Einem fast jedem Gelehrten schon einmal zugeschriebenen Aphorismus zufolge ist eine Sprache nichts als ein Dialekt mit Armee. Und das trifft ziemlich ins Schwarze (gut, es müssen nicht unbedingt eigene Streitkräfte sein, im Falle des Katalanischen z.B. reicht ein gewisses Nationalbewusstsein).

Also leben wir in einem einzigen weltweiten Dialektraum mit je nach dem, wie fein man es betrachtet, bis zu über sechs Milliarden Dialekten (Idiolekten), wobei sich bestimmte Idiolektgruppen (Englisch, Hochdeutsch...) gegenüber anderen (Deutsch, deutsche Dialekte...) derzeit dominant "verhalten"... so kann man's sehen.

Völlig dialektlos ist ja niemand - ihr hättet MrMagoo auf der PerVers in Kassel erleben sollen, wie er regionale Färbungen raushörte, von denen der Sprecher selbst nichts gewusst hatte. ;D