Präteritum/Perfekt

Begonnen von philemon, 2005-06-05, 17:54:08

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gehabt gehabt

Ich glaube, in diesem Falle sind die Regeln sehr weich. Es ist mehr eine Stilfrage. Ich vermute, unsere McPommersche Hamburgerin benutzt das Praeteritum noch fleissig und unser Wiener Palindromist weniger. Stimmts?

Kilian

Zitat von: philemon in 2005-06-07, 13:31:41
Mir ging es jetzt einfach darum, zu erfahren, wie ihr das benutzt, nicht wie es genau in den Regeln steht.

So hamwer doch auch antgewurten!

amarillo

Schriftlich lebt bei mir das Präteritum hoch.

Mündlich habe ich noch nicht ausreichend neben mir gestanden.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Ly

#18
Zitat von: gehabt gehabt in 2005-06-07, 12:40:02
In den meisten Situationen kann man Perfekt und Praeteritum benutzen wie man will. Aber es gibt einige ins Auge springende Wendungen, wo das Perfekt notwendig ist: Ich habe mir gestern ein Auto gekauft (und bin der stolze Besitzer) aber: als ich gestern das Auto kaufte, merkte ich, dass ich zu wenig Geld hatte.

Als i mir gestern's Auto kauft han, han i gmerkt dass i koe Geld ghet han - bei uns Schwaben kein Problem ;D

Und selbst wenn ich nicht gerade mit meiner Oma rede, also mich  halbwegs hochdeutsch ausdrücke, kommt mir der Satz nicht falsch vor.

Zitat von: gehabt gehabt in 2005-06-07, 12:40:02
Oder: man schaut aus dem fenster und ruft: Es schneite!!   Das geht natuerlich nicht.

Auch wieder wahr. Machen wir's doch einfach so: Präteritum für plötzliche Aktionen wie das passé composé und Perfekt für längere Vorgänge wie das imparfait. (Das ist auf Spanisch, wo es sowohl Perfekt und Imperfekt als auch Präteritum gibt sicher noch komplizierter...)

"Ich habe gespielt, als du hereinkamst."
"Je jouais, quand tu es entré."

Geht doch.

Zitat

War wird aber meist im praeteritum benutzt: Gestern waren wir in der Stadt. Gestern sind wir inder Stadt gewesen klingt a bisserl Kraxlhuberisch.

Gestern simmer in dr Stadt gwä - Schwäbisch durchaus akzeptabel, aber auf Hochdeutsch klingt's wirklich bisschen komisch...
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

VerbOrg

Zitat von: Ly in 2005-06-08, 23:55:05
"Ich habe gespielt, als du hereinkamst."
Nein, Ly.
"Als du hereinkamst, spielte ich."

Hier geht es nur um das Spielen an sich, ganz ohne eine Fortdauer in die Gegenwart. So lange du nur die reine Aktion bezeichnest, ist das ein klarer Fall für's Präteritum. (zumindest in den papiernen Regeln)

Aber so langsam dämmert es mir, warum unsere Russischlehrerin damals versucht hat, uns die russische Grammatik anhand der englischen und nicht der deutschen zu erklären.
(Der Erfolg war trotzdem nur mäßig.)

Ezilopp

Tja, die russische und die englische Grammatik sind da auch nicht ganz deckungsgleich, wie sie es auch mit den romanischen Grammatiken nicht sind...

yunus_delikaya

Also ich selbst benutze das Präteritum(a) bei längeren Zuständen, Handlungen etc in der Vergangenheit oder(b) bei früheren Gewohnheiten etc und (c) bei aufeinander folgenden Handlungen  in der Vergangenheit, die keinen Bezug mehr zur Gegenwart haben (im Mündlichen wie auch im Schriftlichen)   :

(a) Ich las den Kindern etwas aus dem Buch vor.(Damit ist gemeint, dass ich es lange tat.)
(b) Früher ging ich immer nach der Schule zu meiner Tante.
(c) Erst fing ich an, die Kartoffeln zu schälen. Daraufhin wusch ich sie. Anschließend backte (buk) ich sie im Ofen.
Jetzt sind sie fertig gebacken worden. (Perfekt!)

Das Perfekt benutze ich (a) bei Zuständen, Handlungen etc , die sich entweder einen Bezug zur Gegegnwart haben oder auch Folgen. Weiterhin benutze ich es (b) bei allgemeingültigen  Sachen, wo das Perfekt den Vollzug einer Handlung zeigt. Außerdem kommte es bei mir in Gebrauch, (c) wenn ich einen Abschluss in der Zukunft signalisieren möchte.(Dabei konkurriert bei mir das Perfekt mit dem Futur II !)

(a) Ich habe gewonnen (Jetzt kann ich mir den Preis abholen.)
Wenn man sagte : "Ich gewann." würde einem nicht so richtig klar werden, dass der Gewinn für die Person noch wichtig ist!
(b) Wenn der Pfeil seinen Bogen verlassen hat, fliegt er seine Bahn.
(c) Bis morgen habe ich eure Arbeiten kontrolliert oder auch : Bis morgen werde ich eure Arbeiten kontrolliert haben.

Ich hoffe, diese Erklärungen werden euch weiter helfen.

Ezilopp

Das Präteritum ist das klassische Erzähltempus der Literatur, teilweise noch der Gegenwart. Das einzige Tempus, das mit ihm da konkurrieren kann/soll, ist das Plusquamperferkt, bestimmt für Handlungen/Zustände, die noch vor der
Das Perfekt benutzen sollte man bei einmaligen Handlungen, die einen eindeutigen Bezug zur Gegenwart haben - so etwa wie das pretérito perfecto im (lateinamerikanischen) Spanischen odert das present perfect im Englischen. Da wäre für mich "Ich bin gestern in X gewesen" eindeutig verkehrt, auch wenn es im heutigen Italienischen die Norm ist. Früher benutzte man dorten fast ausschließlich das passato remoto (die "ferne" Zukunft), heute weicht es fast überall (diatopisch wie diastratisch) dem passato prossimo (der "nahen" Zukunft).

amarillo

Zitat von: Ezilopp in 2005-12-29, 03:01:15
Das Präteritum ist das klassische Erzähltempus der Literatur, teilweise noch der Gegenwart. Das einzige Tempus, das mit ihm da konkurrieren kann/soll, ist das Plusquamperferkt, bestimmt für Handlungen/Zustände, die noch vor der

Das habe ich nicht verstanden, kannst Du mir den ersten Satz, besonders den Teil nach dem Komma,  bitte erklären?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

yunus_delikaya

Kann jemand einmal erklären, wann welches Tempus verwendet wird? Gibt es vielleicht auch Signalwörter, vielleicht wie "früher" für das Präteritum ?

VerbOrg

Vielleicht hilft dir ja diese Tabelle über die Tempusformen und die folgenden Ausführungen zu den Abfolgen der Zeitformen

Ansonsten fand ich deine Unterscheidung gar nicht so übel.

Ich glaube nicht, dass man eine Zeitform an festen Signalwörtern festhalten kann.

Beispiel:

A: "Gestern regnete es. Deshalb blieben wir drinnen und spielten Karten."

B: "Der Weg ist aber ganz schön matschig!"
A: "Ja, gestern hat es hier ja auch in Strömen geregnet."

yunus_delikaya

B: "Der Weg ist aber ganz schön matschig!"
A: "Ja, gestern hat es hier ja auch in Strömen geregnet."
Noch dazu etwas: Man kann ja aber auch sagen :
"Der Weg ist ganz schön matschig!" Und daraufhin könnte
A antworten A:"Ja, gestern regnete es hier ja auch in Strömen."
Vielleicht möchte A dann die Dauer des Regens wiedergeben.
(Ich weiß, dass die deutsche Sprache sehr schwer ist und viele Methoden aufweist, aber trotzdem kann man sich selbst Regeln basteln.)Yunus

VerbOrg

Der Satz: "Gestern hat es hier ja auch in Strömen geregnet" war als Erklärung dafür gemeint, dass der Weg nun matschig ist.

In deinem Beispiel reden die Leute aneinander vorbei.

Wenn das vergangene Ereignis Auswirkungen auf die Gegenwart hat, dann handelt es sich um einen klassischen Fall für das Perfekt.

gestern Regen => heute Matsch

amarillo

Eigentlich gibt es keine verbindliche Regel für den Gebrauch des Präteritums und des Perfekts. Ich finde das sehr schön, wenn man mal bedenkt, daß die deutsche Regelungswut bereits sprichwörtlichen Charakter besitzt. Warum sollte man in dieser Frage auch noch eine Regel schaffen? Man kann doch soviseau nichts (grundsätzlich) falsch machen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Genau so sahen es ja auch die Macher bei canoo.net in den Ausführungen zur Zeitenabfolge.
ZitatIm Gegensatz zu anderen Sprachen ist die Folge der Zeiten im Deutschen nicht streng geregelt. In längeren geschriebenen Texten herrscht zwar gewöhnlich das Präsens oder das Präteritum vor, aber es gibt keine obligatorische Zeitenabfolge (Consecutio Temporum) in aufeinander folgenden Sätzen.

Hielte man sich streng an irgendwelche Regeln, klänge die Sprache wohl recht hölzern und eintönig.