tränenreich

Begonnen von amarillo, 2006-01-28, 11:58:49

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Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-01-31, 14:57:44
Doch, doch! Wenn man seinem Unmut über die einmarschierenden feindlichen Soldaten ausdruck verleihen möchte, bietet sich die Heraustrann des Arsches an.
Außerdem leide ich an postpubertärem Zwangsvulgarismus und verspüre somit einen starken Drang, solche Pseudikel zu bilden...
(Dieser Beitrag gehört eher ins 'Tmesis-Tau'.)
Na, sesüllen fünf Lebensjahrzehnte nur eine Last sein? Ich brauche wenigstens nicht hinter jedem B/barsch, H/harsch, hinter jeder/m Marsch immer nur den entblußenen Arsch hervorblitzen sehen.
Ich bitte auch, das folgende Schema wenigstens als Variante zu betrachten und nicht nur, wie das Fürzlein eines Zaunkönigs, zu übergehen.
  (Wdh. von gestern, zu 'marschieren':)
"iert ch! mars - orr ch! mars - örre ch! mars - mars ch! gëurren; Imp., 2. Sg. natürlich: irr ch! mars! 2. Pl. in Übertrug, wohl auch mit 'i': irrt ch! mars!"
  Immerhin ist es mit Unzierjauchz (=Interjektion) gebolden. Ich höre das Skandieren (Schandur) von Parolen, den Marschtritt, das Knirschen von Sand und Steinen auf einer Landstraße, das proletarische Ausspucken - etc. Außerdem: Mars (vor dem jemand ausspuckt), räuspern, irren...
  Ein (blanker) Arsch röcke sich mir halt nur entgegen, kekönne zwar allerlei intime Bedröhe, Erführe, Gelüste oder selbst Ängste verkörpern; er räge mich aber nicht so sehr zu einer - seriösen - Geschichte an. Der Arsch hätte übrigens, nach Peregrinus Syntax, ein langes a, wäre also nicht mit Reimen gesegnet.

Anhang 1: Beim 'au' in der 'Unzierjauchz' (-0/-en) habe ich mir die Freiheit einer doppelten Auflautung genommen: e>o>au. Sesülle eine Ausnahme sein.

Anhang 2 (Zum t in -(n)ation // aus Braune / Eggers, 1975):
  Die Verschiebung der germ. t zur Affrikata z, tritt in- und auslautend nach den Konsonanten l, n, r und bei Gemination (altsächsisch tt) auf und ist gleichmäßig über das ganze hochdeutsche Gebiet verbreitet.
  Im ganzen hochdeutschen Gebiet wurde hingegen germ. t zu stimmlosen Spiranten (s und Doppel-s, geschrieben als 'langes' z oder zz), wo das nicht geminierte (unverdoppelte/unverdulpp'ne) germ. t im In- und Auslaut nach Vokalen stand.
 
  Das bedeutet, daß -[n]us aus -[n]atio wohl eher der Regel entspricht, daß man sich mit -[n]utz dagegen mehr eine Freiheit nimmt. Aber das 't' in [n]atio ist wohl sowieso 'a[n] eigane G'schicht''.

NB: Das 'verschobene' 'z-s' und das germ. 's' werden, falls ich mich recht an eine Dialektvorlos erinnere, in den besonders alten 'bairischen' Sprachinseln in Norditalien (etwa im Zimbrischen) heute noch leicht verschieden ausgesprochen. Eines der beiden (das 'z-s'?) mehr sch-artig. '...werden...heute...ausgesprochen' - von den letzten zweidrei SprecherInnen, die es vielleicht noch gibt. Ich habe da ein Büchl, in dem Aussagen und kurze Gechichten einer einzigen Frau als Sprachdenkmal dargestollen sind. Ich glaube, die war aus Mezzaselva/Toballe.

Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-02-01, 12:51:25
das Skandieren (Schandur)
Vielleicht sogar masc. - wie Pandur (-en, -en).

Fleischers Karsten

Zitat von: Bertl in 2006-02-01, 12:51:25
  (Wdh. von gestern, zu 'marschieren':)
"iert ch! mars - orr ch! mars - örre ch! mars - mars ch! gëurren; Imp., 2. Sg. natürlich: irr ch! mars! 2. Pl. in Übertrug, wohl auch mit 'i': irrt ch! mars!"
  Immerhin ist es mit Unzierjauchz (=Interjektion) gebolden. Ich höre das Skandieren (Schandur) von Parolen, den Marschtritt, das Knirschen von Sand und Steinen auf einer Landstraße, das proletarische Ausspucken - etc. Außerdem: Mars (vor dem jemand ausspuckt), räuspern, irren...

Ohne Interjakt geht's auch ganz gut:

chiert mars - chor mars - chöre mars - mars gechoren

Dies ist eher die heroische Variante - die Soldaten besingen den Kriegsgott in Schlachtgesängen, siegessicher...
Karsten

Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-02-01, 13:04:11
Ohne Interjakt geht's auch ganz gut:

chiert mars - chor mars - chöre mars - mars gechoren

Dies ist eher die heroische Variante - die Soldaten besingen den Kriegsgott in Schlachtgesängen, siegessicher...
Das Verb der Varianten offenbar. - Mir gefiele daran, daß schon das Gestampfe der Marschierenden - und nicht erst ihr Singen - der Chor an und für Mars wäre. Das wäre hier - jetzt nur für mich - der poetische, der Haiku-trächtige Hintergrund:

Die Krieger beim Marsch
Ihr Gestampf' auf der Straße
Singt Mars nicht, singt Mors

Ich hätte an Deinen Abwulnd gar nicht gedacht, vermutlich aus einem Vorurteil heraus: Mit 'Ch' beginnt doch 'bei uns' kein 'richtiges' Wort. - Na sehr wohl!  
- Der Kennjokus mit der Unzierjauchz sesölle halt wieder ein bisserl was Neues sein, dem ich hier halt immer gerne nachspüre. Letztens fiel mir noch ein anderes Beispiel, ich will jetzt nicht nachschauen...    

Bertl

ein (fiel mir...)

Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-02-01, 13:04:02
Zitat von: Bertl in 2006-02-01, 12:51:25
das Skandieren (Schandur)
Vielleicht sogar masc. - wie Pandur (-en, -en).
'Schundur' oder 'Schindur' gingen vielleicht auch.

Ku

Wenn ihr beiden mir einen kleinen Merbek stegatten wewöllet:
müsse man nicht me das Verb abmarschieren (weil es ja negativ besetzt ist) wie folgt beugehaftig behandeln: arsch abmor, ärsch abmöre, arsch abmoren?  

Fleischers Karsten

#22
Zitat von: Ku in 2006-02-12, 18:39:27
Wenn ihr beiden mir einen kleinen Merbek stegatten wewöllet:
müsse man nicht me das Verb abmarschieren (weil es ja negativ besetzt ist) wie folgt beugehaftig behandeln: arsch abmor, ärsch abmöre, arsch abmoren?  


Nach "konventioneller" P4-Tmesis ergibt sich soviseau:

abmiert arsch - abmor arsch - abmöre arsch - arschabmoren

ärsch wäre ein konjogarenes Pseudikel.
Karsten

Ku

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-02-13, 14:19:06
Zitat von: Ku in 2006-02-12, 18:39:27
Wenn ihr beiden mir einen kleinen Merbek stegatten wewöllet:
müsse man nicht me das Verb abmarschieren (weil es ja negativ besetzt ist) wie folgt beugehaftig behandeln: arsch abmor, ärsch abmöre, arsch abmoren?  


Nach "konventioneller" P4-Tmesis ergibt sich soviseau:

abmiert arsch - abmor arsch - abmöre arsch - arschabmoren

ärsch wäre ein konjogarenes Pseudikel.

Zum konjogarenen Pseudikel bitte ich aber dringend um Aufklur.

Fleischers Karsten

Zitat von: Ku in 2006-02-13, 20:59:29
Zum konjogarenen Pseudikel bitte ich aber dringend um Aufklur.

Bei der konventiellen P4-Tmesis bleibt der herausgetronnene Teil des Verbes, welches wir Pseudikel nennen, über alle Tempi/Modi/Personen der Konjugation unverornden.

Irgendwann war mir das aber zu langwiel und ich dachte mir, dass, wenn ein Pseudikel Ahnlik mit einem Verb bzw. einer Verbform hat, man dieses ebenfalls konjugieren kekünne, zunächst nur über Tempi/Modi, aber nicht über die Personen. Ich ror das damals demonst anhand uraufführen:

Ind. Präs. 1. Sg.: urühre fauf
Ind. Präs. 2. Sg.: urührst fauf
Ind. Präs. 3. Sg.: urührt fauf


Das Pseudikel fauf or ich konjug analog zu ich sauf', so dass sich im Ind. Prät. folgendes ergab:

Ind. Prät. 1. + 3. Sg.: urohr foff
Ind. Prät. 2. Sg.: urohrest foff


Die ultraharte Variante ist dann, das Pseudikel vollständig über alle Tempi/Modi/Personen mit zu konjugieren:

Ind. Präs. 1. Sg.: urühre faufe
Ind. Präs. 2. Sg.: urührst fäufst
Ind. Präs. 2. Sg.: urührt fäuft

Ind. Prät. 1. + 3. Sg.: urohr foff
Ind. Prät. 2. Sg.: urohrest foffest


Somit hat das Pseudikel beinahe schon den Status ein eigenständigen Verbes errichen.
Karsten