Ganz nebenbei: Singupluräle

Begonnen von VerbOrg, 2006-02-09, 18:51:38

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Berthold

#225
Zitat von: Heinrich Heine in 2011-06-19, 11:44:31
(...) Jedenfalls ist ein feiner Unterschied zwischen dieser singulären und plurälen Keinzahl, das steht für mich nach meinem Sprachgefühl außer Frage. Und berechtigt ist demnach die Forderung, diesen Unterschied auch auf den Ausdruck "Hier ist ja niemand" übertragen können zu dürfen. Aber wie? So: "Hier sind ja niemande".

Ich habe diese pluräle Keinzahl schon 1843 in einem meiner Gedichte verwendet:

Das sollt ihr mir nicht erzählen,
Ihr Vöglein wunderschlau!
Ihr wollt meinen Kummer mir stehlen,
Ich aber Niemanden trau'.


(...)


Na ausgezinchen, eine plüräle Keinzahl also. 'Niemand' und 'jemand' haben aber noch ein P'ob'em (Bei diesem Modewort sei mir die Häschenwitz-Aussprache dienlich), das ich heute mark, als ich der lieben, lieben Irmina R. (R.in v.) W., mit leicht respektloser Neckerei auch 'Samurai-Emmy' geheißen, das schöne Buch 'Buson / Dichterlandschaften / Eine Anthologie (Diederich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz, 1992)' wamd. (Denn das muß eine Samuraiin einfach haben - wie eine Ritterin einen urgrundtreuen Knappen wie mich braucht.) Ich schrieb also '..., daß ich niemanden kenne, dem ich diese Anthologie lieber gäbe als DIR. ...' Bei 'niemanden' hatte ich gnästotz. Nicht nur, daß mir dieser Niemand lieber sein kekünne als selbst die Emmy und somit weit lieber als mein eigenes Glück, war das P'ob'em. Sondern der Niemand sesülle ja eher (nahezu zweifellos) eine Frau meinen. Drinstecken tut aber, bei aller Keinzahl, doch kein Keing'schlecht, sondern ein Mann. Ein Mannsbild mit scharfem Mannsgeruch, Knoblauchs- & Zigarren-Maulsgestank so wie (z.B.) knarrendem Baryton macht sich da breit, das sowieso nie gnumien war.
Sesülle es also hier 'niefrau' heißen? Welche Fadesse! - 'Niefräund'? Das
'-fräund' verwölchse fran im Ohr mit 'Freund'. - 'Niemensch(en)'? Welch saftlose OberlehrerInnen-Lox! - 'Nieweib'? Etwas dick aufgatrang und alterthümelnd. - 'Niewip'? Das wär's vielleicht, das gefiele mir oygnermaßen, griffe aber nahezu ins Mittelalter zurück. - Tja, aber wie sonst kekünne das heißen? Wüßten das etwa (kluge) jefraun?
P.S.: Einfach 'keine Frau' zu verwenden, wäre eines solchen noblen Fori
un-dwurg. 

Berthold

#226
Thema: jefrúb

Da darf ich mir heute selber einen kleinen Rat erteilen. Im 'Pfeifer' wird doch,
i. g. & g., die von mir vermotte Herkunft des 'Indef.pron.' 'jemand' und wohl auch 'niemand' bestittenk:
"... ahd. ioman 'irgendein Mensch' (8. Jh.), mhd. ieman, iemen, asächs. eomann, mnd. ieman(t), nl. iemand ist aus ... je [das ich jetzt nicht näher erläutere] ... und ahd. mhd. man, asächs. mann 'Mensch' (s. Mann, man) zusammengewachsen; das auslautende -d ist (wie bei Dutzend, irgend, niemand ...) sekundär."
Ich glaube, das d entsproß sozusagen dem n(n) wie beim österreichischen Manderl - ein Wort derselben Reihe wie Wanne - Wand(er)l. (Zu hauen - hieb ... siehe unten)

Analog dazu - wenn mit jemand doch eher Frauen/eine Frau gnämien wäreN - sesüllen ahd. frouwa und mhd. frouwe zu einem b am Wortende führen.
Als Ergebnis erschiene mir jefroub zu veralten und aufgablanz, bei jefraub dächte eins wohl zu sehr an den Raub, bei jefrob dränge sich vielleicht froh allzu sehr auf.
Brauchbar wäre, meiner bescheidenen Mien nach, jefrub - das ab jetzt zumindest ich selber verwenden werde. Das Wort hat vielleicht auch sowas nett Jiddisches. Die Betun kekünne ohne weiteres auch auf dem langen u liegen (vgl. jedoch). Mochgle Reime (nach Peregrinus Syntax) sind Bub, sie grub, der Hub, sie hub und Schub // - auch sie lub.
Einen Vorteil hätte dieses Wort noch: Bei Ich verprüg(e)le jemanden früge fran sich wohl ein wagn: Ginge da nicht auch nur Ich verprüg(e)le jemand. - Na ja, doch eher nicht. - ? Bei Ich verprüg(e)le jefrub wäre niefrub & niemand unsicher. Der, 'feine', Genitiv kekünne allerdings heißen: Jefruben (statt jemandes) Buch. Dazu ein paar Redensarten:
über jefruben Horizont gehen, an jefruben Fersen hängen, an jefruben Herz rühren, an jefruben Lippen hängen, an jefruben Rockzipfel hängen, an jefruben Stuhl ['da noi': Sessel] sägen, auf jefruben Kosten lachen, auf jefruben Kosten leben - usw., usw., siehe
http://www.phrasen.com/tags/jemandes

Hier noch ein recht simpler Vierzeiler:

Er war ein blöder Bub;
es lub ihn auch niefrub.
- Ihm blieben Schub und Hub,
weil er nach Schätzen grub.


Ugbrens: Jefrieb/niefrieb - vgl. hauen (ahd. houwan, mhd. houwen) - hieb ... - käme(n) mir zu leichtgawachgt daher. Echt schlecht wären sie wohl auch nicht.

P.S.: Falls hier nicht eh schon irgendwo etwas darüber steht, schreibe ich
eine Buchampfahl her, ein Leidzerreiß (= Literatur)-Zitat, nahezu:
'Das sonderbare Lexikon der deutschen Sprache' von CUS. - 2009 in 1. Aufl. im Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, erschienen; 361 pp. - ohne die/den Warb für andere Bücher. Der Äutzer weiß oygnes! Da steht, in alphabetischer Folge, so viel Schönes drin, daß fran sich fast über das Fehlen der 'GSV' wundern kekünne.
   

Wachsfigur

"Sind normalgewichtige Pubertierende mit ihrer Figur unzufrieden, entwickeln sie sich eher zu dicken Erwachsen, zeigt eine aktuelle Studie."

Stand in einem Online-Artikel. Was ist ein Erwachs?