warum ist Sprache komplex?

Begonnen von gehabt gehabt, 2004-12-29, 23:03:42

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amarillo

"He hecho" y "hice" son dos formas muy distintas

wir sagen doch auch nicht MrMagoo und amarillo sind dasselbe, nur unter anderem Namen
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

MrMagoo

#16
Zitat von: amarillo in 2004-12-30, 22:43:08
"He hecho" y "hice" son dos formas muy distintas

wir sagen doch auch nicht MrMagoo und amarillo sind dasselbe, nur unter anderem Namen

Moment - ist das "he" im ersten Beispiel ein Hifsverb? "Haben" zum Beispiel?
- Dann ist das Indefinido NICHT der Aorist im Spanischen, sondern das Preterito Perfecto Simple.

Es kommt hier nur auf die synthetischen Formen an (also die, die aus nur einer einzigen Verbform bestehen).
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

amarillo

genau das habe ich doch gesagt:
he (Hilfsverb) hecho = pretérito perfecto
hice (eine Form) = pretérito indefinido = Aorist

analog zum Französischen:

passé composé = j'ai fait (mit Hilfsverb "avoir")
passé simple = je fis (reine Form) = Aorist
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

MrMagoo

#18
Zitat von: amarillo in 2004-12-30, 23:30:14
genau das habe ich doch gesagt:
he (Hilfsverb) hecho = pretérito perfecto
hice (eine Form) = pretérito indefinido = Aorist

analog zum Französischen:

passé composé = j'ai fait (mit Hilfsverb "avoir")
passé simple = je fis (reine Form) = Aorist


Ja, aber neben dem Aorist gibt es noch das Imparfait, das auch eine synthetische Vergangenheitsform ist - und auf diese beiden Formen kommt es mir an, nicht auf die mit einem Hilfsverb zusammengesetzten! Neben dem Indefinido muß es im Spanischen eine weitere synthetische Form geben, das Preterito Perfecto Simple (~Präteritum), demnach ist das Indefinido mit dem was ich als Preterito Perfecto Simple bezeichnete, gleichzusetzen, welches demnach wohl der Aorist ist.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

Zitat von: MrMagoo in 2004-12-31, 00:32:15
Zitat von: amarillo in 2004-12-30, 23:30:14
genau das habe ich doch gesagt:
he (Hilfsverb) hecho = pretérito perfecto
hice (eine Form) = pretérito indefinido = Aorist

analog zum Französischen:

passé composé = j'ai fait (mit Hilfsverb "avoir")
passé simple = je fis (reine Form) = Aorist


Ja, aber neben dem Aorist gibt es noch das Imparfait, das auch eine synthetische Vergangenheitsform ist - und auf diese beiden Formen kommt es mir an, nicht auf die mit einem Hilfsverb zusammengesetzten! Neben dem Indefinido muß es im Spanischen eine weitere synthetische Form geben, das Preterito Perfecto Simple (~Präteritum), demnach ist das Indefinido mit dem was ich als Preterito Perfecto Simple bezeichnete, gleichzusetzen, welches demnach wohl der Aorist ist.

Analog im Französischen:

Passé Simple (=Aorist): Je fis
Imparfait (=Imperfekt): Je faisais

[Passé Composé: J'ai fait]
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

gehabt gehabt

Danke Caru,

deine Antwort ist plausibel. Das Volk spricht wie es will, kann aber nicht schreiben und nimmt deshalb zunaechst nicht die Sprachverfeinerungen der Gebildeten wahr. Wenn sie lesen lernen, und ein Standarddeutsch, finden sie eine verfeinerte Schriftsprache vor, die sie dann fuer gegeben uebernehmen.

Heute wuerde so etwas nicht mehr funktionieren, weil jetzt fast alle lesen koennen u durch die Schrift unsere Sprache festgeschrieben ist.

Es waere interessant, solch ein Scenario auch an anderen Sprachen zu verifizieren.

Von daher ist es auch plausibel, dass uns Luther noch verstaendlich ist, aber das mhd von vor 800 Jahren nicht mehr so ohne weiteres.

Da tut sich bei mir eine Frage auf, die vielleichtAmillo beantworten kann: Im ggs zum Deutschen scheint sich das Spanische weniger veraendert zu haben, den Cid kann man noch einigermassen im Original lesen. Wieso?

amarillo

Ich bin weit davon entfernt zu behaupten, daß ich es weiß. Allerdings erinnere ich mich dunkel, daß (so die Meinung meines Literaturprofessors) während der Conquista in Spanien ein leicht hysterischer Sprachkonservatismus geherrscht haben soll, der eine   nennenswert Umformung der Sprache unterdrückt haben mag. Alles aus Angst vor Beeinflussung durch die "moros". In der Tat ist der Einfluß des Arabischen auf das Spanische sichtbar, aber nicht prägend (in Andalusien mehr, als im Norden).

Andererseits haben wir im Französischen ja auch nicht die allergrößten Schwierigkeiten ein Original-Lai der Marie de France zu verstehen. Vielleicht liegt es daran, daß in der Romania keine Konfrontation mit dem Lateinischen stattfand - anders als im germanischen Sprachraum?

caru, übernehmen Sie?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

caru

keine ahnung, leute.

bin zwar ein großer fan romanischer sprachen und ihrer literaturen, habe aber absolut keine theoretischen kenntnisse über sie; weder grammatische, noch sprachgeschichtliche.

richtig ist auf jeden fall, daß der konflikt zwischen latein und seinen nachfolgesprachen naturgemäß geringer sein mußte und muß, als zwischen latein und germanisch (heute noch, man lese bloß mal "il nome della rosa" im original und achte darauf, wie selbstverständlich die lateinischen einsprengsel mit dem italienischen verschmelzen - besonders wenn man sich die in italien übliche latein-aussprache dazudenkt).

die angst vor den moros allein kann es wohl nicht gewesen sein: wie amarillo schon bemork, liegen die dinge in frankreich kaum anders (man vergleiche "altfranzösisch" mit "althochdeutsch" bezüglich des unterschieds zur jeweiligen gegenwartssprache, dabei hätte es durchaus die "konkurrenz" des keltischen zu fürchten gegeben!), und auch ein italiener kann das italienisch eines francesco d'assisi heute noch ganz gut verstehen (zu schweigen vom viel späteren dante). provenzalisch sieht für einen, der es nur lesen kann, sowieso über die zeitalter hinweg immer gleich aus.
rumänisch, andererseits, unterscheidet sich grammatisch stark vom übrigen romanisch und strotzt von deutschen, slawischen wie ungarischen einsprengseln. aber wer weiß, wie rumänisch vor ein paar jahrhunderten aussah? ich nicht.

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Nijntje - de echte nederlandse konijn

gehabt gehabt

Tatsache scheint zu sein, dass sich das Deutsche mehr veraendert hat als das Spanische oder Franzoesische. Vielleicht liegt es am Fehlen ausgepraegter Dialekte. In Deutschland kann man einen Ostfiesen oder Pfaelzer oder Schwarzwaelder nicht verstehen wenn man nicht aus der Gegend ist. Andererseits habe ich wenig Schwierigkeit, einen Andalusischen Bauern aus der Alpujarra zu verstehen (nach einiger Eingewoehnung) und das ist vielleicht der Extremfall in Spanien (wenn man von den eigenstaendigen Sprachen Katalanisch, Gallego und Baskisch absieht). Der erwaehnte Bauer spricht ungefaehr entsprechend wie wenn sich ein Pfaelzer Bauer bemueht, Hochdeutsch zu pimpfeln. Vielleicht kam im Deutschen das Potenzial zur Veraenderung auch aus den Dialekten, die es im Kastilischen anscheinend kaum gibt. Zudem gab es im Deutschen wenn ich mich nicht irre, nach Walter von der Vogelweide und bis ungefaehr 1700 noch was keine nennenswerte Literatur im Gegensatz zum Spanischen. So hat es vielleicht laenger gedaurt bis unsere Sprache festgeschrieben wurde. Zudem gab es in Deutschland immer wechselnde Machtzentren und vermutlich sind die eigentuemlichkeiten der Sprache aus diesen Machtzentren in den allgemeinen deutschen Wortschatz eingeflossen.

Es ist interessant, dass auch das Suedamerikanische kaum vom Spanischen divergiert.

caru

lustig ist dabei, daß die spanier ihre gar nicht so unterschiedlichen dialekte anscheinend als eigene sprachen empfinden bzw. bezeichnen.
wenn einer in madrid aufgewachsen ist, seine mutter aus andalusien stammt und sein vater von mallorca, erzählt er einem, er spräche von kind auf drei sprachen: andalúz, mallorquin und castellano.
katalanisch habe ich nie gehört, aber vom schriftbild her erscheint es mir auch nur als eine art spanisch. bei gallego weiß ich nicht, und baskisch hat mit spanisch außer ein paar lehnwörtern natürlich überhaupt nichts gemeinsam.

dagegen sind menschen zwischen schleswig-holstein und südtirol, von der schweiz bis nach brandenburg alle überzeugt, sie sprächen deutsch. gerade mal friesisch hat seit einiger zeit den status einer einzelsprache, aber das hat mehr mit identitätswahrung innerhalb der niederlande zu tun (nebenbei sind die unterschiede zwischen niederländisch, friesisch und verschiedenen plattdeutschvarietäten gering und fließend).
viele dieser "deutsch"-sprecher sind noch dazu überzeugt, sie sprächen das einzig richtige deutsch, und wenn jemand deutlich anders spricht, sei das dialekt! diese einstellung zeigen nahezu alle deutschen gegenüber österreichern.
hierher gehört auch das sächsische ehepaar, das, von einem bayrischen theaterstück erheitert, betrübt feststellte: "eeschendlisch schoode, deß mir geen dialeggd haam!"
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Nijntje - de echte nederlandse konijn

amarillo

#25
Zitat von: caru in 2005-01-01, 11:38:51
katalanisch habe ich nie gehört, aber vom schriftbild her erscheint es mir auch nur als eine art spanisch. bei gallego weiß ich nicht, und baskisch hat mit spanisch außer ein paar lehnwörtern natürlich überhaupt nichts gemeinsam.

Das Katalanische bildet sich viel auf seine gothischen Einflüsse ein, wo die sich verbergen, ist mir stets ein Rätsel geblieben.
Ich bin in Katalonien aufgewachsen, habe die Sprach aber nie gelernt, weil sie unter dem Regime Frankos stark unterdrocken wurde. Aus Angst vor Repressalien hat man mit uns immer nur Castellano gesprochen, man konnte ja nie wissen, ob den Deutschen zu trauen war.
In der Schule wurde nur Castellano gesprochen; gedrucktes Katalanisch gab es nicht. Nach dem Sturz Frankos wurde catalá als eigenständige Sprache erst anerkannt. Jetzt schwingt das Pendel in die andere Richtung, Schulen und Universtäten sind bemüht dem eigenen Idiom Ausschließlichkeit einzuräumen.
Tatsache ist, daß man Katalanisch recht gut lesen und verstehen kann, wenn man des Spanischen mächtig ist. Wie caru schon andot ist catalá auch nur eine weitere romanische Mundart.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

gehabt gehabt

Das Gallego kommt mir eher als portugiesischer Dialekt vor. Portugiesisch verhaelt sich zum Deutschen wie Niederlaendisch und Deutsch: Mit ein paar Lautverschiebungsmustern im Kopf kann man problemlos 80-90% verstehen, wenn man des Kastilischen maechtig ist.

Als wir mal in Portugal Urlaub machten,  und jemanden fragten ob er Spanisch verstehe, verneinte der das zunaechst. Als er dann aber merkte, dass wir keine Spanier sondern Deutsche waren, verstand er uns auf das Praechtigste.

Baskisch ist angeblich die/eine Ursprache in Europa, die durch das Indogermanische verdraengt wurde. Wortstaemmer mit Is* bedeuten habe ich gelesen Fluss und kommen angebeblich aus dem Baskischen und in vielen EUropaischen Orts und Flussnamen vor  (Isar, Isere...)

gehabt gehabt

Es kaempftjetztsogar das Valenzianische um Anerkennung als eigenstaendige Sprache, obwohl dieses wohl wirklich nur ein Dialekt des Katalanischen ist.

Ich verstehe nicht, warum die Katalanen so besessen sind ihre Sprache nicht nur zu sprechen sondern auch in der Uni zur Hauptsprache zu machen. Ueberall geht der Trend in die andere Richtung (in Deutschland werden viele Vorlesungen nun auf Englisch gehalten). Irgendwann werden die Katalanen in ihrem eigenen Saft kochen, weil alle Lehrer aus der Region sein muessen.

amarillo

#28
Das hat alles etwas von einem kaputten Reißverschluß; während die einen nach ober zuziehen und glauben, nun sei alles vereint, haben sie nicht bemerkt, daß unten schon wieder alles auseinander geht.
Die "großen Denker und Lenker" feiern vereintes Europa, während einzelne Regionen oder sogar Gemeinden der Idee längst den Abschiedskuss verpaßt haben und lieber ihr eigenes Süppchen kochen. Mir soll es recht sein; es lebe die Vielfalt (sprachlich)!

Katalanisch hört sich an, als habe man dem Hochspanischen 40% seiner Vokale gestrichen. Das müßte mal einer in Barcelona laut sagen. Teeren und Federn wären noch die geringsten Übel.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

caru

richtig: ganz europa verein(heitlich)en, aber gleichzeitig keine person oder gruppe in ihrer individualität benachteiligen - das geht nicht.

und wenn das vereinte europa möglichst englisch oder höchstens noch französisch sprechen und außerdem katholischen oder zumindest christlichen glaubens sein soll, dann geht das auch nicht.

die sprachvielfalt kämpft eigentlich gar nicht mehr ums überleben, die setzt sich ganz gut durch: siehe walisisch, bretonisch, manx, baskisch... und die religions- und kulturvielfalt faßt auch ganz ordentlich fuß, zumindest in den städten. in wien sind inzwischen so viele sprachen und weltanschauungen ganz selbstverständlich zu hause, nebeneinander und durcheinander, daß mir das einheits-getue gewisser politiker nur noch lächerlich vorkommt. nämlich, man muß nichts vereinheitlichen - man kann die vielheit so belassen, wie sie ist, und sie funktioniert!
gewisse rechtslastige gesellen sind wohl noch nie über einen wiener markt gegangen.
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