Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Sprache => Thema gestartet von: Homer in 2015-07-05, 01:14:27

Titel: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-05, 01:14:27
Zitat von: Kilian in 2015-07-04, 23:21:26
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-04, 19:52:27
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Ich lasse von Opa den Rasen mähen.
Stimmt, hier fehlt der A und steht nur ein I, vielleicht daher die merkwürdige Einsortur. Wobei ich denke, dass der A einfach elidoren ward. Denn anders, als es bei einem Modalverb der Fall wäre, reicht lassen das Subjekt ja gerade nicht an den untergeordneten Infinitiv weiter, sondern das sind hier zwei verschiedene semantische Rollen.

Ob da wirklich der A einfach elidoren ist?

*Ich lasse Opa mir die Haare schneiden scheint mir ungrammatisch oder mindestens zweifelhaft. Stattdessen würde man wohl sagen Ich lasse mir von Opa die Haare schneiden, was eine sehr seltsame Konstruktion ist, da keine Passivform vorliegt, von der die Agens-Angabe abhängen könnte. Offenbar steckt in lassen 1. das aktive "veranlassen" und 2. bereits die vorweggenommene Passivkomponente des Infinitivs, die deshalb dort nicht mehr ausgedrückt wird. Lassen wäre also = werden veranlassen. Dann wäre aber kein Platz mehr für einen A.

Aber es ist außerdem noch zu beachten, dass lassen drei Bedeutungen haben kann:

Ich lasse Opa rufen kann heißen

1. "Ich veranlasse, dass Opa gerufen wird";
2. "Ich veranlasse Opa, zu rufen";
3. "Ich erlaube Opa, zu rufen".

Dem entsprechen beim Rasenmäh-Beispiel zwei Varianten:

1. "Ich veranlasse, dass der Rasen von Opa gemäht wird" = Ich lasse den Rasen von Opa mähen.
2.+ 3. "Ich veranlasse Opa, den Rasen zu mähen" und "Ich erlaube Opa, den Rasen zu mähen" = Ich lasse Opa den Rasen mähen.

Kurios ist, dass 1. und 2. sinngleich, aber 2. und 3. konstruktionsgleich sind.

2. und 3. sind die Varianten mit A. Ich weiß nun nicht, inwieweit es vorzuziehen ist, ein 1. Ich lasse den Rasen mähen als elliptische Form von 2./3. Ich lasse Opa den Rasen mähen aufzufassen, statt anzunehmen, dass innerhalb von 1. beim "Passiv-Lassen" eine Agens-Angabe wie von Opa fehlt.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-05, 02:04:50
Zitat von: Kilian in 2015-07-04, 23:21:26
Zitat
Vielleicht wenn man es so verwendet:
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Ich lasse von Opa den Rasen mähen.

Stimmt, hier fehlt der A und steht nur ein I, vielleicht daher die merkwürdige Einsortur. Wobei ich denke, dass der A einfach elidoren ward. Denn anders, als es bei einem Modalverb der Fall wäre, reicht lassen das Subjekt ja gerade nicht an den untergeordneten Infinitiv weiter, sondern das sind hier zwei verschiedene semantische Rollen.
Na ja, im Falle von "Ich lasse mir die Haare schneiden" kann man eigentlich gar keinen Akkusativ ergänzen, vielmehr hieße es "Ich lasse mir von meiner Frau die Haare schneiden". Und bei dem Satz mit Opa (ich mien natürlich nicht "dem Opa seinen Rasen" sondern "Ich lasse meinen Rasen von Opa mähen" memüsse man immerhin die von-Konstruktion eliminieren, ehe man den Akkusativ wieder ergänzen kann.

Zitat
Zitat
Aber so wie "ich möchte abgeholt werden" lässt sich lassen wohl gar nicht mit einem passiven Verb verbinden.

Hier verstehe ich nicht, was du meinst.
Ich meine, dass es keinen Satz gibt, der "ich lasse PARTIZIP werden" lautet. Also z.B. "Ich lasse saubergemacht werden".
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-05, 03:37:22
Entschuldigung, ich hatte meine Antwort geschrieben, ehe ich Deine, Homer, las. Dadurch hat sich das nun überschnitten.

Zitat von: Homer in 2015-07-05, 01:14:27
Aber es ist außerdem noch zu beachten, dass lassen drei Bedeutungen haben kann:

Ich lasse Opa rufen kann heißen

1. "Ich veranlasse, dass Opa gerufen wird";
2. "Ich veranlasse Opa, zu rufen";
3. "Ich erlaube Opa, zu rufen".

Dem entsprechen beim Rasenmäh-Beispiel zwei Varianten:

1. "Ich veranlasse, dass der Rasen von Opa gemäht wird" = Ich lasse den Rasen von Opa mähen.
2.+ 3. "Ich veranlasse Opa, den Rasen zu mähen" und "Ich erlaube Opa, den Rasen zu mähen" = Ich lasse Opa den Rasen mähen.

Kurios ist, dass 1. und 2. sinngleich, aber 2. und 3. konstruktionsgleich sind.

2. und 3. sind die Varianten mit A. Ich weiß nun nicht, inwieweit es vorzuziehen ist, ein 1. Ich lasse den Rasen mähen als elliptische Form von 2./3. Ich lasse Opa den Rasen mähen aufzufassen, statt anzunehmen, dass innerhalb von 1. beim "Passiv-Lassen" eine Agens-Angabe wie von Opa fehlt.

Diese Erklärung scheint mir der Sache auch noch nicht ganz auf den Grund zu gehen. Wenn man einmal analog analysiert:

Ich lasse das Essen kommen.

1. "Ich veranlasse, dass das Essen gekommen wird";
2. "Ich veranlasse das Essen, zu kommen";
3. "Ich erlaube dem Essen, zu kommen".

Dann trifft keine der drei Erklärungen wirklich die Bedeutung von "lassen".
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-05, 09:59:02
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 03:37:22
Diese Erklärung scheint mir der Sache auch noch nicht ganz auf den Grund zu gehen. Wenn man einmal analog analysiert:

Ich lasse das Essen kommen.

1. "Ich veranlasse, dass das Essen gekommen wird";
2. "Ich veranlasse das Essen, zu kommen";
3. "Ich erlaube dem Essen, zu kommen".

Dann trifft keine der drei Erklärungen wirklich die Bedeutung von "lassen".

Stimmt. Dann muss 2. wohl etwas umformuliert werden:

2. Ich veranlasse, dass Opa ruft bzw.
2. Ich veranlasse, dass das Essen kommt.

Dann wird auch noch klarer, wie merkwürdig es ist, dass es für den Satz Ich lasse Opa rufen eine aktivische (1.) und eine passivische (2.) Interpretation gibt.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-05, 10:49:32
Umgekehrt natürlich: 1. passivisch, 2. aktivisch.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Kilian in 2015-07-05, 11:05:05
Zitat von: Homer in 2015-07-05, 01:14:27
Zitat von: Kilian in 2015-07-04, 23:21:26
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-04, 19:52:27
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Ich lasse von Opa den Rasen mähen.
Stimmt, hier fehlt der A und steht nur ein I, vielleicht daher die merkwürdige Einsortur. Wobei ich denke, dass der A einfach elidoren ward. Denn anders, als es bei einem Modalverb der Fall wäre, reicht lassen das Subjekt ja gerade nicht an den untergeordneten Infinitiv weiter, sondern das sind hier zwei verschiedene semantische Rollen.

Ob da wirklich der A einfach elidoren ist?

*Ich lasse Opa mir die Haare schneiden scheint mir ungrammatisch oder mindestens zweifelhaft. Stattdessen würde man wohl sagen Ich lasse mir von Opa die Haare schneiden

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 02:04:50
Na ja, im Falle von "Ich lasse mir die Haare schneiden" kann man eigentlich gar keinen Akkusativ ergänzen, vielmehr hieße es "Ich lasse mir von meiner Frau die Haare schneiden". Und bei dem Satz mit Opa (ich mien natürlich nicht "dem Opa seinen Rasen" sondern "Ich lasse meinen Rasen von Opa mähen" memüsse man immerhin die von-Konstruktion eliminieren, ehe man den Akkusativ wieder ergänzen kann.

Findet ihr? MUSEN geht das sehr wohl, wenn auch die von-Variante idiomatischer ist.

Es scheint mir somit, als könnte man alle Fälle unter diese Konstruktion subsumieren: lassen steht mit Infinitiv. Vor dem Infinitiv steht optional ein Akkusativ, der das Subjekt des Infinitivs angibt. Fehlt dieser Akkusativ, kann das Subjekt stattdessen durch eine von-Ergänzung angegeben werden. Letzteres scheint in der Regel idiomatischer zu sein, wenn der Infinitiv Akkusativ- oder Dativobjekte oder -ergänzungen aufweist. Es scheint, als würden die sich mit einem vorangestellten A irgendwie auf die Füße treten.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-05, 12:17:01
Richtig lustig wird es übrigens, wenn der Infinitiv nicht nur aktivisch oder passivisch, sondern auch noch intransitiv ausgelegt werden kann:

Ich lasse Opa kochen.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-05, 16:53:37
Zitat von: Homer in 2015-07-05, 12:17:01
Richtig lustig wird es übrigens, wenn der Infinitiv nicht nur aktivisch oder passivisch, sondern auch noch intransitiv ausgelegt werden kann:

Ich lasse Opa kochen.
Ist das nicht nur eine Bedeutungsvariante? Wenn man das Wort "kochen" im Sinn von "Essen machen" verwendet, ist es doch auch intransitiv, oder? Eine Mehrfunktionalität kekünne natürlich bei Verben mit potentiellen zwei unterschiedlich gearteten Akkusativobjekten entstehen:

Homer lässt sich lehren.

1. Man kann Homer (als Unterrichtsgegenstand) gut lehren.
2. Man kann Homer (als Schüler) gut lehren.
3. Homer veranlasst, dass ein Lehrer ihm Unterricht gibt.
4. Homer, dem sonst alles oberlehrerhafte abgeht, lässt ausnahmsweise einmal zu, dass er die Welt (be)lehrt.
5. Homer veranlasst, dass er als Unterrichtsgegenstand behandelt wird.

und vielleicht noch ein paar Sinnrichtungen mehr, wenn man nur lange genug darüber nachdenkt.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-05, 18:39:53
Im reflexiven Gebrauch kann lassen, wenn es im Sinne von "zulassen, dass etwas getan wird" gebraucht wird, offensichtlich bei gleichem grammatischen Subjekt (mindestens) zwei Arten der semantischen Subjektivität ausdrücken:

Herr Meyer lässt sich wählen.

1. Ich finde, Herr Meyer lässt sich wählen (= dass man Herrn Meyer ohne Bedenken wählen kann).

2. Herr Meyer tut nichts dagegen, dass er gewählt wird.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-06, 11:15:43
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 16:53:37
Ist das nicht nur eine Bedeutungsvariante? Wenn man das Wort "kochen" im Sinn von "Essen machen" verwendet, ist es doch auch intransitiv, oder? Eine Mehrfunktionalität kekünne natürlich bei Verben mit potentiellen zwei unterschiedlich gearteten Akkusativobjekten entstehen:

Ich würde unterscheiden zwischen 1. Intransitivität (das Verb bindet kein Akkusativobjekt) und 2. absolutem Gebrauch eines im Prinzip transitiven Verbs (d.h. das Akk.-Obj. wird nicht ausgedrückt, weil es impliziert ist o.ä.). Kochen ist ein Verb, bei dem beides möglich ist:

1. Opa kocht (weil ihm heiß ist, vor Wut, weil er in einem Kannibalen-Suppentopf steckt usw.).
2. Opa kocht (irgendein Essen).
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-06, 14:32:42
Zitat von: Homer in 2015-07-06, 11:15:43
Ich würde unterscheiden zwischen 1. Intransitivität (das Verb bindet kein Akkusativobjekt) und 2. absolutem Gebrauch eines im Prinzip transitiven Verbs (d.h. das Akk.-Obj. wird nicht ausgedrückt, weil es impliziert ist o.ä.). Kochen ist ein Verb, bei dem beides möglich ist:

1. Opa kocht (weil ihm heiß ist, vor Wut, weil er in einem Kannibalen-Suppentopf steckt usw.).
2. Opa kocht (irgendein Essen).
Ob die Unterscheidung zwischen Intransitivität und absolutem Gebrauch transitiver Verben wirklich trägt, bezweifele ich. Ist dann fahren auch ein transitives Verb, das nur absolut gebraucht wird, wenn wir sagen "Ich fahre auf der Straße."? Denn man kekünne ja auch sagen "Ich fahre mein Auto auf der Straße", oder "Ich fahre zwei Kilometer auf der Straße." Wenn ich sage "An Wochentagen kocht meine Mutter, am Wochenende mein Vater.", dann empfinde ich das nicht als absoluten Gebrauch eines transitiven Verbs, sondern als intransitiven Gebrauch eines Verbs, das transitiv oder intransitiv verwendet werden kann. Ebenso wäre gehen ein normalerweise intransitives Verb, obwohl man (ebensowenig, wie man in deinem sogenannten absoluten Sinn kochen kann, ohne irgendetwas zu kochen) gar nicht gehen kann, ohne wenigstens einen, meistens jedoch mehrere Schritte zu gehen.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-06, 16:08:00
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 14:32:42
Ob die Unterscheidung zwischen Intransitivität und absolutem Gebrauch transitiver Verben wirklich trägt, bezweifele ich. Ist dann fahren auch ein transitives Verb, das nur absolut gebraucht wird, wenn wir sagen "Ich fahre auf der Straße."? Denn man kekünne ja auch sagen "Ich fahre mein Auto auf der Straße", oder "Ich fahre zwei Kilometer auf der Straße." Wenn ich sage "An Wochentagen kocht meine Mutter, am Wochenende mein Vater.", dann empfinde ich das nicht als absoluten Gebrauch eines transitiven Verbs, sondern als intransitiven Gebrauch eines Verbs, das transitiv oder intransitiv verwendet werden kann. Ebenso wäre gehen ein normalerweise intransitives Verb, obwohl man (ebensowenig, wie man in deinem sogenannten absoluten Sinn kochen kann, ohne irgendetwas zu kochen) gar nicht gehen kann, ohne wenigstens einen, meistens jedoch mehrere Schritte zu gehen.

Dass man sich von Fall zu Fall einmal über die Einordnung als intransitiv oder transitiv-absolut streiten kann, spricht nicht gegen die grundsätzliche Gültigkeit der Kategorisierung. Das kann man ja an Opa kocht1 vs. Opa kocht2 sehr schön sehen, wo die beiden Fälle klar distinkt sind und sich nicht einer aus dem anderen herleiten lässt. Bei fahren, das sowohl transitiv als auch intransitiv gebraucht werden kann, ist im Einzelfall die Einordnung nicht so einfach. Wir fahren in Urlaub ist klar intransitiv – niemand würde es als elliptisch für Wir fahren uns (oder den BMW) in Urlaub auffassen. Anders vielleicht bei Ich habe getrunken, Paul fährt (sc. uns). Das, was man bei uns im Fach die "inneren" Akkusative nennt (wofür es bestimmt einen besseren t.t. gibt), also einen Weg gehen, ein Leben leben, 12 km wandern usw., ist eine spezielle Kategorie des Akk., der aus der Frage der Transitivität völlig herausgehalten werden muss. Als transitiv werden übrigens solche Verben bezeichnet, die eine obligatorische Objektergänzung haben, wobei – wie bei Opa kocht2 – die Ergänzung manchmal weggelassen werden kann. Die Leerstelle ist dann deutlich zu fühlen: Eine naheliegende Frage wäre Was kocht er denn?
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Und bei den inneren Akkusativen scheint mir die Grenze zur Transitivität auch unscharf zu sein.
Ich gehe eine halbe Stunde — OK, hier würde ich auch keine Transitivität sehen.
Ich gehe 10 Kilometer — mir nicht mehr ganz klar, ich sehe da einen Unterschied. Die 10 Kilometer können entweder im Sinne von "zehn Kilometer weit" aufgefasst werden — dann ist es vielleicht ein innerer Akkusativ oder auch etwas anderes — oder im Sinne von einer bewältigten Gehdistanz — dann bewegt es sich sehr aufs Transitive zu, weil die Wegstrecke das Objekt ist, das durch das Gehen bewältigt wird.
Ich gehe oft diesen Weg — sehr ähnlich, aber wie die passive Formulierung "Der Weg wird von mir oft gegangen" zeigt, ist das Verb hier schon echt transitiv.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-06, 19:10:33
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Das ist kein ernstgemeinter Einwand, oder?

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Du kannst danach fragen oder es lassen, aber es handelt sich um ein Verb, das eine Objektstelle vorsieht, die in elliptischer Sprechweise oft unausgefüllt bleibt, wenn der implizierte Objektbegriff der allgemein erwartete ist: Statt Opa kocht Essen sagt man einfach Opa kocht, statt Paul putzt die Wohnung einfach Paul putzt usw. Wenn ein Satzteil problemlos zu ergänzen ist (auch aus dem Zusammenhang), lässt man ihn gern weg, nichts Besonderes.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und bei den inneren Akkusativen scheint mir die Grenze zur Transitivität auch unscharf zu sein.
Ich gehe eine halbe Stunde — OK, hier würde ich auch keine Transitivität sehen.
Ich gehe 10 Kilometer — mir nicht mehr ganz klar, ich sehe da einen Unterschied. Die 10 Kilometer können entweder im Sinne von "zehn Kilometer weit" aufgefasst werden — dann ist es vielleicht ein innerer Akkusativ oder auch etwas anderes — oder im Sinne von einer bewältigten Gehdistanz — dann bewegt es sich sehr aufs Transitive zu, weil die Wegstrecke das Objekt ist, das durch das Gehen bewältigt wird.
Ich gehe oft diesen Weg — sehr ähnlich, aber wie die passive Formulierung "Der Weg wird von mir oft gegangen" zeigt, ist das Verb hier schon echt transitiv.

"Gehen" hat keine obligatorische Akk.-Objekt-Stelle, also ist es nicht transitiv. Die Möglichkeit der Passivumformung beweist nichts, abgesehen davon, dass man fragen kann, ob Der Weg wird von mir gegangen eine nach strenger Norm akzeptable Umformung von Ich bin den Weg gegangen ist. Schon das Hilfsverb "sein" weist "gehen" als intransitiv aus.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-07, 00:28:43
Zitat von: Homer in 2015-07-06, 19:10:33
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Das ist kein ernstgemeinter Einwand, oder?
Doch.
Zitat
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Du kannst danach fragen oder es lassen, aber es handelt sich um ein Verb, das eine Objektstelle vorsieht, die in elliptischer Sprechweise oft unausgefüllt bleibt, wenn der implizierte Objektbegriff der allgemein erwartete ist: Statt Opa kocht Essen sagt man einfach Opa kocht, statt Paul putzt die Wohnung einfach Paul putzt usw. Wenn ein Satzteil problemlos zu ergänzen ist (auch aus dem Zusammenhang), lässt man ihn gern weg, nichts Besonderes.
Ob etwas problemlos ergänzt werden kann oder obligatorisch ist, ist ein großer Unterschied. Zumal er in den genannten Fällen nur für denjenigen ergänzbar ist, der über Informationen verfügt, die der Sprecher nicht gibt und über die er möglicherweise auch gar nicht verfügt.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-07, 09:13:03
Du kannst natürlich gegen eingeführte grammatische Termini rebellieren, wenn Du möchtest. Aber ich kann nicht erkennen, welchen Sinn es haben soll, den klaren Unterschied zwischen Opa kocht1 (ohne planmäßige Akk.-Stelle) und Opa kocht2 (mit planmäßiger Akk.-Stelle, die aber in der Oberflächenstruktur unausgefüllt bleiben kann, wobei ein Akk.-Obj. wie "Essen" weiterhin impliziert ist, ein Akk. also tiefenstrukturell vorhanden ist) zu verwischen, indem man beides "intransitiv" nennt. Ich bin mit der üblichen Terminologie der Meinung, dass man "intransitiv" nur die Verben nennen sollte, die keine Akk.-Stelle zulassen. Im Sinne dieser Definition sind kochen1 und kochen2 dann unterschiedliche Verben.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Zitat von: Homer in 2015-07-07, 09:13:03
Du kannst natürlich gegen eingeführte grammatische Termini rebellieren, wenn Du möchtest.
Wie eingeführt oder akzeptiert das ist, weiß ich nicht. Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Natürlich verhalten sich die beiden Bedeutungen von ,,kochen" insofern unterschiedlich, als die eine ein Objekt zulässt und die andere nicht. Ob man das nun unter dem Begriff ,,intransitiv" subsumiert oder nicht, scheint mir eine letztlich müßige Frage zu sein. Aber das eine davon transitiv zu nennen, obwohl man meistens nach dem Objekt gar nicht fragt, scheint mir ebenso fragwürdig. Hier von verschiedenen Verben zu sprechen, scheint mir doch abwegig. Natürlich gibt es ähnliche Fälle, in denen die verschiedenen Bedeutungsvarianten unterschiedliche Formen bilden (brechen: Perfekt mit sein oder haben; erschrecken: stark oder schwach gebeugt) und andere Fälle, in denen auch die Grundform unterschiedlich gebildet wird (säugen / saugen), aber wenn wie im Falle von kochen alle Verbformen gleich und offensichtlich nicht nur zufällig gleich geworden sind und nur in Rektion und Bedeutung ein Unterschied besteht, weiß ich nicht, warum man von verschiedenen Verben sprechen sollte.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-07, 15:54:12
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Wie eingeführt oder akzeptiert das ist, weiß ich nicht. Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Terminologie ist natürlich nur eine Frage der Konvention. Also einverstanden, wenn Du zwischen "verschlingen" und "singen" terminologisch unterscheiden willst und nicht beide gleichermaßen "transitiv" nennen willst. Man sollte nur "singen" ohne (auf der Oberfläche) unausgedrücktes, aber impliziertes Objekt nicht "intransitiv" nennen. Ich bleibe dabei, dass es sinnvoll ist, diesen Begriff für Verben ohne Akk.-Planstelle zu verwenden.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Natürlich verhalten sich die beiden Bedeutungen von ,,kochen" insofern unterschiedlich

Da bekämst Du aber richtig Ärger mit Chomsky, der Dir zeigen würde, dass das eine Frage der Syntax ist und nicht der Semantik. :D

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Ob man das nun unter dem Begriff ,,intransitiv" subsumiert oder nicht, scheint mir eine letztlich müßige Frage zu sein.

Du argumentierst immer von der Sprachoberfläche, der Erscheinungsform, aus. Ich glaube, die Linguistik tut gut daran, hier nach Tiefenstrukturen zu fragen. Wenn man den Begriff "intransitiv" nicht völlig entwerten will, indem man zwei ganz unterschiedliche Strukturen darunter subsumiert, wird man terminologisch unterscheiden müssen, was ja auch geschieht.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Hier von verschiedenen Verben zu sprechen, scheint mir doch abwegig. Natürlich gibt es ähnliche Fälle, in denen die verschiedenen Bedeutungsvarianten unterschiedliche Formen bilden (brechen: Perfekt mit sein oder haben; erschrecken: stark oder schwach gebeugt) und andere Fälle, in denen auch die Grundform unterschiedlich gebildet wird (säugen / saugen), aber wenn wie im Falle von kochen alle Verbformen gleich und offensichtlich nicht nur zufällig gleich geworden sind und nur in Rektion und Bedeutung ein Unterschied besteht, weiß ich nicht, warum man von verschiedenen Verben sprechen sollte.

Das würde Dir ein Syntaxtheoretiker wie Chomsky rundweg bestreiten: Bedeutung, Formengleichheit und Sprachgeschichte sind keine im Sinne seiner Syntaxtheorie validen Größen. Aber vielleicht gibt es ja andere Syntaxtheorien, die erfolgreich mit diesen Parametern arbeiten, das weiß ich nicht genau. Leicht haben sie es sicher nicht.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-07, 18:49:16
Zitat von: Homer in 2015-07-07, 15:54:12
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Wie eingeführt oder akzeptiert das ist, weiß ich nicht. Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Terminologie ist natürlich nur eine Frage der Konvention. Also einverstanden, wenn Du zwischen "verschlingen" und "singen" terminologisch unterscheiden willst und nicht beide gleichermaßen "transitiv" nennen willst. Man sollte nur "singen" ohne (auf der Oberfläche) unausgedrücktes, aber impliziertes Objekt nicht "intransitiv" nennen. Ich bleibe dabei, dass es sinnvoll ist, diesen Begriff für Verben ohne Akk.-Planstelle zu verwenden.

Es ist die Frage, wie viele Begriffe man braucht und wieviel Unschärfe man einem Begriff zugestehen will.
Wenn man sich ,,bauen", ,,singen" und ,,sprechen" ansieht, sehe ich zum Beispiel drei Stufen:

1. ,,Bauen" kann man sich nicht ohne einen zu bauenden Gegenstand vorstellen. Im Fall von ,,Herr Meyer hat einen Bausparvertrag abgeschlossen und möchte so bald wie möglich bauen." ist sogar ziemlich klar, um was für einen Gegenstand es sich handelt. Wenn man im übertragenen Sinne sagt ,,darauf kann man bauen", ist dieser Gegenstand zwar nicht konkret, aber dass es sich um ein (metaphorisches) Gebäude handelt, das dort errichtet werden soll, steht außer Frage.

2. Im Fall von ,,singen" gibt es zwar oft einen Gegenstand — ein Lied, eine Arie, ein Chorwerk —, der gesungen wird, aber wenn wir sagen, dass die Kinder beim Spielen singen, ist es keineswegs sicher, dass sie ein Lied oder etwas ähnliches als Gegenstand Bezeichenbares singen. Vielleicht improvisieren sie ja nur mit ihren Stimmen. Sich auf ,,sie singen aber Töne oder Melodien" zurückzuziehen, läge auf der gleichen Ebene wie wenn wir sagen, dass jeder Mensch, der geht, Schritte oder Wege gehen muss. In einem Satz wie ,,Ich finde, Maria singt schöner als Klara." lässt sich das Akkusativobjekt ebenfalls nicht einmal mit Mühe ergänzen, ohne die Satzaussage zu verändern.

3. Das Verb sprechen wird wohl in der Regel eher als intransitiv empfunden werden, weil es in den allermeisten Fällen kein Akkusativobjekt hat, aber man kann eben auch sagen ,,Der Pfarrer spricht den Segen." oder ,,Ich möchte den Abteilungsleiter sprechen." Aber ist ,,singen" und ,,sprechen" nicht in dieser Hinsicht wieder sehr vergleichbar, nur dass eben bei ,,sprechen" die Fälle des Gebrauchs ohne Akkusativobjekt häufiger vorkommen? Man kann ebenso einen Vers sprechen wie man ein Lied singen kann.

Bei ,,bauen" würde ich am ehesten noch zugestehen, dass es sich um ein transitives Verb mit in der Regel obligatorischem Akkusativobjekt handelt, das nur ausnahmsweise einen absoluten Gebrauch gestattet.

Bei sprechen würdest wahrscheinlich nicht einmal du behaupten, dass es ein transitives Verb sei, das man auch absolut verwenden kann. Sich auf die Aussage zurückzuziehen, dass ,,mit jemandem sprechen", ,,einen Text sprechen" und ,,jemanden sprechen" drei veschiedene Verben seien, kommt mir nach einer Flucht vor der Realität zur Rettung einer Theorie vor. Natürlich handelt es sich um dasselbe Verb, das nur in unterschiedlicher Weise verwendet werden kann.

Und singen liegt halt sehr schön in der Mitte zwischen bauen und sprechen.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-07, 20:32:33
Jede Einteilung und Terminologie, die die Phänomene vollständig und trennscharf beschreibt, ist natürlich willkommen. Aber die syntaktischen Eigenschaften wollen bei der Frage, ob man es mit einem Verb oder mit zwei verschiedenen zu tun hat, mitbedacht werden. Denn "transitiv" und "intransitiv" sind ihrem Anspruch nach Termini der Syntaxanalyse, und die kann man nicht auf semantischer Basis durchführen.

Ich bin mit der Idee, dass es sich bei intransitivem kochen1 und "krypto-transitivem" kochen2 – na, wie findest Du meinen Ad-hoc-Terminologie-Vorschlag? – um zwei verschiedene Wörter handelt, auch nicht rundum glücklich. Aber das ist weniger radikal, als das, was üblich ist, wenn man dem Wikipedia-Artikel "Transitivität" glaubt, wo es um transitives vs. "krypto-transitives" lesen geht:

(14) a.    Der Mann liest das Buch
       b.    #    Der Mann liest

Liegt das Hauptaugenmerk des ersten Satzes darauf, dass der Mann das Buch liest, und nicht etwa eine Zeitung, steht im zweiten Satz nur die Tatsache im Vordergrund, dass der Mann überhaupt liest. Syntaktisch wie semantisch betrachtet geht man meist davon aus, dass es sich beim ersten lesen um ein anderes Wort handelt als das lesen im zweiten Satz.


Wie gesagt, intuitiv nicht mein Ansatz. Ich denke nach wie vor, dass man b. als Variante von a. analysieren sollte. Aber vielleicht wird man von strengen und umfassenden Analysekriterien zu der Schlussfolgerung gezwungen, dass das zwei verschiedene Wörter sind.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-07, 21:14:16
Zitat von: Homer in 2015-07-07, 20:32:33
Wie gesagt, intuitiv nicht mein Ansatz. Ich denke nach wie vor, dass man b. als Variante von a. analysieren sollte. Aber vielleicht wird man von strengen und umfassenden Analysekriterien zu der Schlussfolgerung gezwungen, dass das zwei verschiedene Wörter sind.
Um dazu gezwungen zu werden, bräuchte man eine Definition, was ,,ein Wort" ist. Gibt es eine allgemein akzeptorene Definition, oder vielleicht abhängig von der Wissenschaftssparte, mit der man sich gerade beschäftigt, verschiedene, aber jeweils in diesem Bereich allgemein anerkannte Definitionen? Mir kommt es eher so vor, als müsse man sich auch hier mit verschiedenen Definitionen innerhalb derselben Fachgebiete herumschlagen, und dann könnte man die obige Frage nur für jeweils einen spezifischen Wortbegriff entscheiden.

Mir kommt es so vor, als bräuchte man für die sprachwissenschaftliche Definition des Wortbegriffs ein dem biologischen Kriterium vergleichbares Merkmal, ob die Individuen verschiedener Varianten sich paaren und zeugungsfähigen Nachwuchs erzeugen können.

Bei dem Verb ,,lesen" kommt mir die Unterscheidung zweier verschiedener Wörter weltfremd vor, weil ein normaler Sprecher (möchte ich einmal behaupten) in der Satzfolge ,,Morgens sieht man viele lesende Leute in der U-Bahn, aber die meisten von ihnen lesen keine gedruckten Texte, sondern lesen auf ihrem Smartphone" keinen Verbwechsel empfindet. Anders scheint es mir zu sein, wenn man sagt ,,Meine Mutter geht jetzt erstmal, weil der Kuchenteig erst gehen muss, ehe sie ihn weiter verarbeiten kann.", denn entweder bemerkt man gar nicht, dass die Verben im ersten und zweiten Satz gleich lauten, oder man stutzt einen Augenblick. In der letzten Instanz müsste eine Definition des Wortbegriffs auf solche Wahrnehmungen rekurrieren, denke ich, und die formalen Analysen können dabei höchstens Hilfsmittel sein.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-07, 23:06:22
Du hast Recht: "Wort" ist kein anerkannter, präziser Terminus der Sprachwissenschaft. Er reicht aber für viele Zwecke zur Verständigung vollkommen aus. In dem Beispiel aus dem Wikipedia-Artikel wird eingeschränkt, dass es sich bei den Fällen von lesen "syntaktisch wie semantisch" um verschiedene Wörter handeln soll. Damit ist ein Bereich abgesteckt, in dem analysiert werden kann. Bei der Analyse auf "Wahrnehmungen" statt auf formale Analysen zu rekurrieren, wäre dabei allerdings völlig falsch. Ich denke, nicht einmal Kilian wäre der Meinung, dass man syntaktische oder semantische Analysen mit Hilfe von empirischen psycholinguistischen Studien durchführen sollte. :D
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-08, 02:35:24
Zitat von: Homer in 2015-07-07, 23:06:22
Ich denke, nicht einmal Kilian wäre der Meinung, dass man syntaktische oder semantische Analysen mit Hilfe von empirischen psycholinguistischen Studien durchführen sollte. :D
Das wäre ja auch vollkommen abwegig, und ich bin auch nicht einmal ansatzweise dieser Meinung. Ganz im Gegenteil meine ich, dass man die psycholinguistischen Studien (die nicht unbedingt empirisch sein müssen) mit Hilfe von syntaktischen oder semantischen Analysen durchführen sollte. Schließlich sind die syntaktischen und semantischen Strukturen das Ergebnis psycholinguistischer Vorgänge und nicht umgekehrt. :D
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-08, 02:47:42
Wenn es sich bei den beiden lesen-Varianten syntaktisch und semantisch um verschiedene Vokabeln handelte, müsste man über einen Satz wie

Hans liest viel, und zwar am liebsten Romane.

eigentlich stolpern, ähnlich wie man tatsächlich wohl über die Sätze

Mutter und der Kuchen gehen jetzt erst einmal. (semantische Dissonanz)

oder

In der Geisterbahn erschrecken die Mitarbeiter nicht selbst, aber ihre Kunden. (syntaktische Dissonanz)

stolpern würde.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Kilian in 2015-07-08, 04:12:30
Mit so einem Ellipsentest lässt sich auch schön zeigen, dass Homer Recht hat und transitives und "krypo-transitives" kochen enger zusammengehören als jeweils mit dem intransitiven kochen:

Opa kocht gerne, heute zum Beispiel Suppe.
*Gestern hat Opa noch für uns gekocht, heute im Kessel der Kannibalen.
*Gestern hat Opa noch Suppe gekocht, heute im Kessel der Kannibalen.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Kilian in 2015-07-08, 04:21:49
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Hier wittere ich eine mögliche Generalisierung: verschlingen, beibringen, zerstören und ausdrücken haben auch wieder perfektive Bedeutung, sie bezeichnen immer einen abgeschlossenen Vorgang mit einem bestimmten Objekt und können keine andauernde oder wiederholte Handlung mit möglicherweise verschiedenen Objekten ausdrücken wie kochen, bauen oder singen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Objekt hier wirklich obligatorisch realisiert werden muss und nicht wie bei anderen transitiven Verben weggelassen werden kann.

Auch das stützt Homers Standpunkt, dass transitives und "krypto-transitives" kochen dasselbe Verblexem sind, denn wenn eine semantische Regel erklärt, warum bei manchen Verben das Objekt weggelassen werden kann und bei manchen nicht, muss man umso weniger annehmen, dass das Lexikon das spezifiziere.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:30:31
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 04:21:49
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Hier wittere ich eine mögliche Generalisierung: verschlingen, beibringen, zerstören und ausdrücken haben auch wieder perfektive Bedeutung, sie bezeichnen immer einen abgeschlossenen Vorgang mit einem bestimmten Objekt und können keine andauernde oder wiederholte Handlung mit möglicherweise verschiedenen Objekten ausdrücken wie kochen, bauen oder singen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Objekt hier wirklich obligatorisch realisiert werden muss und nicht wie bei anderen transitiven Verben weggelassen werden kann.

Der Unterschied leuchtet mir nicht vollkommen ein. ,,In der Rechenstunde bringt der Lehrer den Schülern in diesem Halbjahr das Rechnen mit Zahlen bis 100 bei." drückt ebensowenig einen abgeschlossenen Vorgang aus wie ,,Montags kocht Opa immer Spaghetti.", und der Beibringvorgang lässt sich ebenso mit verschiedenen Objekten wiederholen.

ZitatAuch das stützt Homers Standpunkt, dass transitives und "krypto-transitives" kochen dasselbe Verblexem sind, denn wenn eine semantische Regel erklärt, warum bei manchen Verben das Objekt weggelassen werden kann und bei manchen nicht, muss man umso weniger annehmen, dass das Lexikon das spezifiziere.

Dass es sich um dasselbe Verblexem handelt, ist ja auch mein Standpunkt. Ich denke eben nur, dass die Verben ,,singen" und ,,sprechen" zeigen, dass die Grenzen zwischen ein Akkusativobjekt in der Regel fordernden und normalerweise ohne das auskommenden Verben fließend sind. Ich würde es daher bei diesen Verben vorziehen, von ,,transitivem Gebrauch" zu sprechen, anstatt die Verben als ,,transitive Verben" zu bezeichnen, welchletzteres meines Erachtens implizöre, dass bei absolutem Gebrauch eine semantische Leerstelle entsteht.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:37:49
P.S.

Ist ,,Verblexem" ein Synonym für ,,Tuwort", oder handelt es sich im Gegensatz zu ,,Wort" um einen wissenschaftlich exakt definierten oder definierbaren Begriff?

,,Lexem" gehört nicht zu meinem aktiven Wortschatz, und ich denke dabei immer an Ekzem. :-\
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-08, 08:39:42
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 04:21:49

Hier wittere ich eine mögliche Generalisierung: verschlingen, beibringen, zerstören und ausdrücken haben auch wieder perfektive Bedeutung, sie bezeichnen immer einen abgeschlossenen Vorgang mit einem bestimmten Objekt und können keine andauernde oder wiederholte Handlung mit möglicherweise verschiedenen Objekten ausdrücken wie kochen, bauen oder singen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Objekt hier wirklich obligatorisch realisiert werden muss und nicht wie bei anderen transitiven Verben weggelassen werden kann.

Auch das stützt Homers Standpunkt, dass transitives und "krypto-transitives" kochen dasselbe Verblexem sind, denn wenn eine semantische Regel erklärt, warum bei manchen Verben das Objekt weggelassen werden kann und bei manchen nicht, muss man umso weniger annehmen, dass das Lexikon das spezifiziere.

Also der Verbalaspekt als mitbestimmender Faktor – das überzeugt mich sehr.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Kilian in 2015-07-08, 23:04:04
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:30:31
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 04:21:49
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Hier wittere ich eine mögliche Generalisierung: verschlingen, beibringen, zerstören und ausdrücken haben auch wieder perfektive Bedeutung, sie bezeichnen immer einen abgeschlossenen Vorgang mit einem bestimmten Objekt und können keine andauernde oder wiederholte Handlung mit möglicherweise verschiedenen Objekten ausdrücken wie kochen, bauen oder singen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Objekt hier wirklich obligatorisch realisiert werden muss und nicht wie bei anderen transitiven Verben weggelassen werden kann.

Der Unterschied leuchtet mir nicht vollkommen ein. ,,In der Rechenstunde bringt der Lehrer den Schülern in diesem Halbjahr das Rechnen mit Zahlen bis 100 bei." drückt ebensowenig einen abgeschlossenen Vorgang aus wie ,,Montags kocht Opa immer Spaghetti.", und der Beibringvorgang lässt sich ebenso mit verschiedenen Objekten wiederholen.

Hm, stimmt, so richtig Sinn macht das Konzept "perfektives Verb" bei längerem Nachdenken auch nicht. Eher ist eine bestimmte Verwendung perfektiv oder nicht.

Scheint also, als wären echt alle Übergänge fließend. Panta rhei. :D
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Kilian in 2015-07-08, 23:05:18
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:37:49
P.S.

Ist ,,Verblexem" ein Synonym für ,,Tuwort", oder handelt es sich im Gegensatz zu ,,Wort" um einen wissenschaftlich exakt definierten oder definierbaren Begriff?

Ja, ich meinte jetzt Lexem im Sinne von "Lexikoneintrag, Vokabel". Exakt und eindeutig definiert ist das auch nicht, eher hatte ich mich an einer Definition versucht... und war glaubich nicht allzu erfolgreich.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-09, 00:20:56
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 23:04:04
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:30:31

Der Unterschied leuchtet mir nicht vollkommen ein. ,,In der Rechenstunde bringt der Lehrer den Schülern in diesem Halbjahr das Rechnen mit Zahlen bis 100 bei." drückt ebensowenig einen abgeschlossenen Vorgang aus wie ,,Montags kocht Opa immer Spaghetti.", und der Beibringvorgang lässt sich ebenso mit verschiedenen Objekten wiederholen.

Hm, stimmt, so richtig Sinn macht das Konzept "perfektives Verb" bei längerem Nachdenken auch nicht. Eher ist eine bestimmte Verwendung perfektiv oder nicht.

Scheint also, als wären echt alle Übergänge fließend. Panta rhei. :D

Jetzt gibst Du aber vielleicht schneller auf als nötig. Perfektive Verben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Grenze der Handlung implizieren oder mindestens eine Zustandsveränderung. "Beibringen" wäre also ein perfektives Verb, da der Vorgang eine Änderung impliziert. Dass er, wie jeder andere Vorgang auch (etwa "verzehren"), wiederholbar ist, ist uninteressant, ebenso, dass er eine gewisse Zeit dauern kann. Ein imperfektives Verb wäre im Gegensatz dazu "laufen", das weder eine hintere Grenze hat noch eine Zustandsänderung ausdrückt. Es gibt nun offenbar eine gewisse Tendenz, dass transitive Verben besonders gern, aber nicht notwendigerweise perfektiv sind (eine Ausnahme wäre etwa "lieben") – immerhin.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-09, 01:19:00
Aber ,,kochen" impliziert doch auch eine Änderung — etwas Rohes wird gar — ich sehe da den Unterschied nicht.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-09, 08:48:41
Eben, "kochen" im Sinne von "Essen zubereiten" ist klar perfektiv. Dagegen ist "kochen" in dem Satz Opa kocht vor Wut imperfektiv (kein Ende und keine Änderung impliziert). Es ergibt deshalb angesichts des tendenziell starken Zusammenhangs der Merkmale "perfektiv" und "transitiv" guten Sinn, das perfektive "kochen" nicht ebenso wie das imperfektive als "intransitiv" zu bezeichnen, nur weil die (vorhandene) Objektstelle unbesetzt bleibt. Wenn man sich nun scheut, dieses absolut gebrauchte "kochen" im eigentlichen Sinne "transitiv" zu nennen – wofür sich Gründe anführen lassen, wie ich mittlerweile auch sehe –, dann braucht man eine neue Bezeichnung, die aber klar machen sollte, dass eine große Nähe zu "etwas kochen" besteht, eine große Entfernung dagegen zu echt intransitivem "kochen". Deshalb mein Vorschlag "krypto-transitiv".
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-09, 08:58:26
Dein Beitrag geht an der Sache vorbei. Es ging nämlich in der aktuellen Diskussion um den Unterschied zwischen z.B. ,,Opa kocht heute Abend [Essen]" und ,,Opa bringt mir heute Abend [ein Lied] bei", also um die Frage, warum im ersten Fall die Objektstelle frei bleiben kann und im zweiten Fall nicht. Wenn kochen in diesem Fall genauso perfektiv ist wie beibringen, trägt der Begriff zur Klärung der Frage nichts bei, und das war der Grund, weshalb Kilian seine Idee zurückgezogen hat.

Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 23:04:04
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:30:31
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 04:21:49
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Hier wittere ich eine mögliche Generalisierung: verschlingen, beibringen, zerstören und ausdrücken haben auch wieder perfektive Bedeutung, sie bezeichnen immer einen abgeschlossenen Vorgang mit einem bestimmten Objekt und können keine andauernde oder wiederholte Handlung mit möglicherweise verschiedenen Objekten ausdrücken wie kochen, bauen oder singen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Objekt hier wirklich obligatorisch realisiert werden muss und nicht wie bei anderen transitiven Verben weggelassen werden kann.

Der Unterschied leuchtet mir nicht vollkommen ein. ,,In der Rechenstunde bringt der Lehrer den Schülern in diesem Halbjahr das Rechnen mit Zahlen bis 100 bei." drückt ebensowenig einen abgeschlossenen Vorgang aus wie ,,Montags kocht Opa immer Spaghetti.", und der Beibringvorgang lässt sich ebenso mit verschiedenen Objekten wiederholen.

Hm, stimmt, so richtig Sinn macht das Konzept "perfektives Verb" bei längerem Nachdenken auch nicht. Eher ist eine bestimmte Verwendung perfektiv oder nicht.

Scheint also, als wären echt alle Übergänge fließend. Panta rhei. :D
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Homer in 2015-07-09, 09:14:35
Ok, da würde ich aber vor einer Kapitulation erst einmal darüber nachdenken, ob die Valenzstruktur von "beibringen" mit zusätzlichem obligatorischem Dativobjekt die Dinge nicht grundsätzlich ändert. Nehmen wir das synonyme "lehren": Dann kann man sagen "Ich lehre Euch Hauswirtschaft" oder "Ich lehre". Und dann stellen wir die Frage nach der Perfektivität noch einmal. Ich würde sagen, sie ist im ersten Fall gegeben (Zustandsänderung).
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-09, 09:43:29
Der Dativ alleine kann es nicht sein... Sonst wäre ,,Am Wochenende kocht mir immer meine Oma." unmöglich. Also läge es tatsächlich an der Obligatorik (^^) des Dativobjektes und nicht am Dativobjekt selbst... Dass das Dativobjekt etwas mit dem Unterschied zu tun haben könnte, leuchtet mir schon ein, aber was dessen Obligatorik mit der Perfektivität zu tun hat, verstehe ich wieder nicht.
Titel: Re: "lassen" und Argumentstrukturen
Beitrag von: Wortklaux in 2015-07-09, 10:05:58
Mir fällt gerade noch ein: ,,Du sollst den Armen [etwas] geben."
Hier sorgt das Dativobjekt sogar erst dafür, dass das Akkusativobjekt weggelassen werden kann, denn in dem Satz ,,Du sollst etwas geben." ist das Objekt nach meinem Sprachempfinden nicht entbehrlich.
Zwischen ,,Du sollst den Armen [etwas] geben." und ,,Du sollst den Kindern [etwas] beibringen." finde ich einzig in der Semantik und der Sprechgewohnheit einen Unterschied: Offensichtlich wird das ,,den Armen geben" als eine von dem Gegebenen unabhängig zu würdigende Handlung betrachtet, während es bei ,,den Kindern beibringen" nicht so ist. Es kommt mir aber so vor, dass das wirklich eine reine Gewohnheit ist und dass sich die sprachliche Möglichkeit einzig aufgrund einer Änderung des kulturellen Umfeldes ändern kekünne.