Geht es Euch auch so, dass Ihr irgendwelche Sachen inflationär immer wieder in die Ohren gehauen bekommt, dass es Euch schon wieder zu selbigen rauskommt?
Nehmen wir mal die Tagessau:
Gibt es da EINE, aber auch nur eine Sand, in der nicht
- Vorschläge begrüßt (Hallo, wie gehts?)
- Gesetze verabschiedet (Nun machs mal gut!)
- Angriffe verurteilt (Strafmaß unbekannt)
werden?
Mir hängts zum Halse raus.
Was gibts da eigentlich noch alles?
Kann man da nicht mal irgendwas draus machen?
Mein Brechmittel des Jahres lautet "auf Augenhöhe". Ich kann diesen Spruch mittlerweile nicht mehr hören oder lesen >:(
Unwort des Behördisch ist ja "bringen":
Renten werden "in Zugang gebracht" statt (zur Zahlung) angewiesen,
Beträge für andere Stellen werden "in Abzug gebracht"
und wenn der Anspruch endet, wird die Zahlung "in Wegfall gebracht"
(zumindest bei unserer Hauptverwaltung in Bochum).
Gräßlich find ich's ja auch immer wieder, wenn irgendwelchen Unterlagen noch beigebracht werden müssen. Wem bitteschön wird da irnxwas gelernt?
Eine der nervigsten, mir noch relativ neuen Phrasen im Alltag ist:
Ich bitte dies zu kommunizieren.
Ich weiß, dass es richtig ist, das Wort kommunizieren so zu verwenden, nur hat man nicht bisher immer miteinander kommuniz georen? ???
Noch etwas zu früher und heute:
Ich kann mich noch dunkel erinnern, dass man früher mal an z. B. Wettbewerben teilgenommen hat, heute partizipiert man ja. ::)
Ich gehe davon aus, dass wir im operativen Geschäft des Verbenstärkens in 2007 draußen im Lande bei unseren Wählerinnen und Wählern vor Ort gut aufgestellt sind, und dass es Sinn macht, das Notwendige und Machbare zu tun, um weitere high potentials zu rekrutieren.
Zitat von: Blindfisch in 2007-08-23, 19:49:21
Ich kann mich noch dunkel erinnern, dass man früher mal an z. B. Wettbewerben teilgenommen hat, heute partizipiert man ja.
Früher hatten Stürmer beim Fussball einen Torriecher, heute
antezipieren sie die Situation :P
Zitat von: VerbOrg in 2007-08-23, 18:13:24Nehmen wir mal die Tagessau:
Gibt es da EINE, aber auch nur eine Sand, in der nicht
- Vorschläge begrüßt (Hallo, wie gehts?)
- Gesetze verabschiedet (Nun machs mal gut!)
- Angriffe verurteilt (Strafmaß unbekannt)
werden?
Ich finde diese Substantiv-Verb-Verbindungen höchst faszinant.
Zitat von: Kilian in 2004-12-29, 11:41:35Interessanterweise gibt es auch an sich sehr schillernde und oft bedeutungsreiche Verben, die in bestimmten Zusammenhängen, in Kombination mit bestimmten Substantiven... nun, ich will nicht gerade sagen, als Funktionsverben dienen, aber zumindest deutlich weniger eigener Bedeutung haben als sonst.
So kommt man Aufforderungen nach, entspricht Bitten, legt Eide ab, geht Verpflichtungen ein, erlässt Verordnungen, leistet Abbitte, nimmt Rücksicht, übt Nachsicht, verabschiedet Gesetze und versieht seinen Dienst.
In den meisten Fällen könnte eigentlich genauso gut macht dort stehen, was zwar völlig unidiomatisch wäre, aber der Bedeutung und Verständlichkeit kaum Abbruch täte. Statt dessen wird die Tristesse des Nominalstils durch Verbenvielfalt abgemildert. :)
Was hammer noch? Man
verübt Anschläge,
gibt Bestellungen und
nimmt Gespräche
auf,
bringt Vertrauen
entgegen,
erteilt Aufträge und
erweckt Anscheine. Alle Dinge
finden oder
nehmen irgendwann ein Ende, Kontakte werden
hergestellt, man
nimmt Einfluss und dabei hoffentlich auch ein wenig Rücksicht,
trifft, nachdem genügend Argumente
vorgebracht wurden, Entscheidungen, Vorbereitungen und schließlich Maßnahmen.
Eine solche Verbenvielfalt trotz Nominalstils ist doch durchaus für Verwurr und Subversion gut. Das versuche mal einer im Englischen:
In 1823 the continental congress said goodbye to the Declaration of Independe, weiß der Amateurwörterbuchbenutzer.
ZitatKann man da nicht mal irgendwas draus machen?
Vielleicht die eisernen Verbindungen zwischen Substantiv und Verb auflösen. Gesetze dem Volke
entgegenbringen? Angriffe
abgurgeln? Vorschläge
überstreifen? Man kekünne einmal eine ganze Nachrichtensendung mit sukzessive weiter aus dem Rahmen fallenden Verben produzieren und einem amüsorenen oder irritorenen Testpublikum vorführen.
Manchmal wewünsche ich, in einem Amt zu arbeiten, um all die behördischen Wendungen am lebenden Objekt studieren zu können... sammle, VerbOrg sammle! :) In der Firma, in der ich gerade praktiziere, wurde ich heute per Strompost ermornten, durch neue Skills meine Employability zu optimieren, aber irgendwie ist das nicht dasselbe.
ZitatIch kann mich noch dunkel erinnern, dass man früher mal an z. B. Wettbewerben teilgenommen hat, heute partizipiert man ja.
Ich habe mir [...] Gedanken darüber gemacht, ob es "Partizipienten" oder "Partizipanten" heißen muss, und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich in Zukunft weiterhin "Teilnehmer" sagen werde... (Matthias Warkus)
Zitat von: Günter Gans in 2007-08-23, 20:51:54
Ich gehe davon aus, dass wir im operativen Geschäft des Verbenstärkens in 2007 draußen im Lande bei unseren Wählerinnen und Wählern vor Ort gut aufgestellt sind, und dass es Sinn macht, das Notwendige und Machbare zu tun, um weitere high potentials zu rekrutieren.
Dies sesöllen wir noch mal in Ruhe
eruieren.
Noch so ein Modewort, dass überallst benotzen wird, oft in Unkannt der Bedut.
Bei einer Kollegin kann es neben
herausfinden etc. noch bedeuten:
uns durch den Kopf gehen lassen,
drüber reden.
Gibt bestummen noch tsich andere unmolge Bedütmölge...
Unter Ausnutzung des sich bietenden Zeitfensters wurde die Verbringung des Inhaftierten zur JVA Gelsenkirchen abgewickelt. Seine Einlassungen zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen werden gegenwärtig zu Protokoll genommen (bisweilen wird ihnen auch Gehör geschenkt). Wie von seinem Rechtsvertreter verlautbart, wird Klaus B. sämtliches beweisträchtiges Material dem Gericht zugänglich machen.
Ich werde den 'kurzen Prozeß' noch mal einer Überdenkung unterziehen, bitte in diesem Kontext aber um die Einrichtung eines entsprechenden Zeitfensters (ich liebe diese kleinen Luken, durch die die Zeit blinzelt). :D
ohne Worte (http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,501730,00.html)
Könstrüöre ich einen Satz unserer BOKU, dann überschritte ich mit dem folgenden nicht weit die Warchlk:
Unter Bezugnahme auf normkonforme, gesetzlich verankerte Referenzbedingungen und somit eine weitestreichende Umgehung der Auswirkungen anthropogener Impakte auf die limnischen Ökosysteme und Biozönosen, würde das angestrebte Projekt für die Wissenschafter des Moduls Benthische Stillwasserökologie, Department für ... der U. f. B., die einzigartige Möglichkeit bieten, voll und fundiert die Restrukturierungs- und Renaturalisierungsschiene zu fahren und, im Spannungsfeld, auf einer Gratwanderung zwischen den vorgegebenen ökonomischen Sachzwängen und den dringend notwendigen ökologischen Postulaten, eine breite Palette an natürlichen Ressourcen nachhaltig und im weitgesteckten Rahmen der entsprechenden EU-Normen sowie synergetisch durch inter- wie transnationale, praxistaugliche, bürgerbezogene und flächendeckende Erfahrungsakkumulation zu nutzen.
Zitat von: Agricola in 2007-08-24, 10:08:47
ohne Worte (http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,501730,00.html)
http://www.drni.de/blog/archives/339-GEZ-Komposita-zum-automatischen-Selbst-Abgemahnt-Werden.html
Noch ne Kollokation:
Raubbau betreibenZitatDu kannst auch mausgrau sein und lieben.
Du kannst aber auch ne Hausfrau sein und lieben.
Du kannst auch Raubbau sein und lieben.
Nein, das geht leider nicht, den Raubbau kann man nur betreheiben.
Dann kann ich diesen Reim nicht leiden.
Malediva (http://www.youtube.com/watch?v=qaObg3HmCa4)
Ich fand noch was Nettes zum Thema Beamtisch in einer Arbeitsanweisung:
Wird der Hinweis (...) angedruckt, so ist zu prüfen, ob (...). Bejahendenfalls sind ggf. (...) zu speichern.
Schon allein das Wort bejahendenfalls ist augenfällig, die Paarung mit ggf. schlägt dem König die Krone aus dem Gebiss.
Ich bemoh mich, den Ausdruck bejahendenfalls in den aktiven Sprachgebrauch aufzunehmen und stoll es auch meinen Mitarbeitern anheim.
Anheimstellen ist ja bereits ein Inflationsausdruck im Behördischen.
Ach ja:
In einem vorgefartogenen Schreiben fand ein Kollege den Satz:
Wir bitten Sie, den beiliegenden Vordruck vollständig auszufüllen und wieder nach hier zu senden.
Er fand die Formulur so grauenvoll, dass er sie übernommen hat und bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit die Leute damit quält - oder zu einem schiefen Grinsen bringt.
Kann man bejahendenfalls auch steigern? Falls Du dieser Idee nicht völlig abgeneigt gegenüberstehen solltest — also vorsichtig ausgedrückt: bejahenderenfalls — wäre nur noch die Frage zu lösen, ob es auch einen Superlativ gibt.
Zitat von: Agricola in 2007-11-03, 23:13:55
Kann man bejahendenfalls auch steigern? Falls Du dieser Idee nicht völlig abgeneigt gegenüberstehen solltest — also vorsichtig ausgedrückt: bejahenderenfalls — wäre nur noch die Frage zu lösen, ob es auch einen Superlativ gibt.
verneinendenfalls käme möglichenfalls vielleichtendenfalls infrage