Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Neue Ideen => Thema gestartet von: Kilian in 2009-08-19, 00:05:09

Titel: Umgefegt
Beitrag von: Kilian in 2009-08-19, 00:05:09
Wie ich - das muss man ihm lassen - seit diesem ZwiFi (http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,462908,00.html) weiß, geht es in und um Trier lustig zu:

ZitatWo unsereins "nehmen" sagt, da sagt der Trierer "holen". Das gilt auch für Zusammensetzungen. So fragt der Trierer: "Kannst du mich mitholen?", wenn er mitgenommen werden will. Und er überholt nicht nur andere Autos, sondern auch Verantwortung. Und wenn er erfolgreich gefastet hat, kann er voller Stolz verkünden: "Ich hab zehn Kilo abgeholt!"

Analog kam mir gerade die Idee einer Gegend, wo man statt kehren grundsätzlich fegen sagt. Die Bewohner dieser Gegend wären vom Normaldeutschen bestimmt verworren - und umgefegt. In Fernsehserien gäbe es wiederfegende Personen und in der Schiffsfahrt kennte man den Schubumfug.

Was für andere Gemeinden dieser Art kekünne man in Neutschland gründen?
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Thetabet in 2009-08-19, 15:19:33
Na , wenn da zuviele dran teilholen, dann könnte so mancher einige Sachen verfegt verstehn...
zum Glück verfege ich nicht in solchen Kreisen und würd, wenn, solche Sachen nicht anholen !
:D
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Kilian in 2009-08-25, 12:18:54
halten heißt im Schwäbischen ja heben. Dass man sich allerdings mit jemandem unterhebt, eine Tagung abhebt, die Fassung behebt, das Auto anhebt und dabei sämtliche Vorschriften einhebt, die die StVO enthebt, das ist einstweilen noch fiktional, wie auch das verhobene Lachen und Vorhübe, die man jemandem wegen unterlassener Unterhubzahlungen macht.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Berthold in 2009-08-25, 13:12:53
Zitat von: Kilian in 2009-08-25, 12:18:54
(...) Vorhübe, die man jemandem wegen unterlassener Unterhubzahlungen macht.

Oder heb 'unterlassener Unterhubszahlungen wegen'.

Google:
Unterhaltszahlung: ca. 163.000 (trotz der '-tsts-'-Aussprache!)
Unterhaltzahlung: ca. 2.930 ('thts' sagt sich heb auch nicht leichter.)
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Übertreiber in 2009-08-25, 21:36:32
Mir schworr eine Sagen-statt-sprechen-Gemeinde durch den Kopf, doch meine ich, dass dies zu viele Verwürre enthübe.

Dies entsagt Verordnung Nummer Sowieso.
Ist das Thema eigentlich schon angesagt worden?
Natürlich wird alles klappen. Wir haben uns ganz genau abgesagt.
Wirst du dein Versagen auch halten?
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Kilian in 2009-08-25, 23:37:20
Zitat von: Berthold in 2009-08-25, 13:12:53
Zitat von: Kilian in 2009-08-25, 12:18:54
(...) Vorhübe, die man jemandem wegen unterlassener Unterhubzahlungen macht.

Oder heb 'unterlassener Unterhubszahlungen wegen'.

Google:
Unterhaltszahlung: ca. 163.000 (trotz der '-tsts-'-Aussprache!)
Unterhaltzahlung: ca. 2.930 ('thts' sagt sich heb auch nicht leichter.)

Wenn nicht sogar schwerer, und dieses Problem besteht bei hub eben nicht. Ich hab überlegt und mich gegen das Fugen-s entschieden, weil ich ahne, dass es sich, wenn es Unterhub hieße, nicht gebolden hätte.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Kilian in 2009-08-25, 23:43:16
Zitat von: Übertreiber in 2009-08-25, 21:36:32
Mir schworr eine Sagen-statt-sprechen-Gemeinde durch den Kopf, doch meine ich, dass dies zu viele Verwürre enthübe.

Dies entsagt Verordnung Nummer Sowieso.
Ist das Thema eigentlich schon angesagt worden?
Natürlich wird alles klappen. Wir haben uns ganz genau abgesagt.
Wirst du dein Versagen auch halten?


Ganz im Sinne der mmU. Genehm. :)
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Berthold in 2009-08-26, 14:39:06
Zitat von: Kilian in 2009-08-25, 23:37:20
Zitat von: Berthold in 2009-08-25, 13:12:53
Zitat von: Kilian in 2009-08-25, 12:18:54
(...) Vorhübe, die man jemandem wegen unterlassener Unterhubzahlungen macht.

Oder heb 'unterlassener Unterhubszahlungen wegen'.

Google:
Unterhaltszahlung: ca. 163.000 (trotz der '-tsts-'-Aussprache!)
Unterhaltzahlung: ca. 2.930 ('thts' sagt sich heb auch nicht leichter.)

Wenn nicht sogar schwerer, und dieses Problem besteht bei hub eben nicht. Ich hab überlegt und mich gegen das Fugen-s entschieden, weil ich ahne, dass es sich, wenn es Unterhub hieße, nicht gebolden hätte.

Tja, da hast Du froychl recht ('Recht' schreib ich vor der Hand nicht).

Google:
Aushubzone: 59
Aushubszone: 1

Mag aber sein, daß hier die Aussprache '-psts-' regional bevorzonck wird. - Das Google-Beispiel ist aus der Schweiz.
Obwohl (das ist nun ein bisserl was anderes) auch in Österreich 'Werkvertrag' guschrimp wird, sprechen viele vom 'Werksvertrag'.

'ûb' ist jedenfalls eine seltene Reimklasse. Peregrinus Syntax bietet (mit Ausnahme der vielen Zusammensötze und - das schreib ich jetzt einfach her -> ein paarer Formen mit Apostroph) nur:
der Bub (zumindest Österreich: 'des Buben', 'die Buben'. Die 'Lausbubenzwinge' kekünne ein verbotener Ringergriff sein.)
er grub
der Hub ('des Hubes'; gibt's auch 'die Hübe'?)
er hub
der Schub ('des Schub(e)s', 'die Schübe'.

Bei 'ûp' steht im P. S. wagn G'scheites: der Pup (na gut) / pup! / sup! / stup!

Somit lassen sich für unsere Frage wägne Beispiele finden.
Falls ich 'Pup' recht verstund und es solchernen auch in WIen gäbe (was nicht so ist; die Kindersprache kennt nur den 'Bu{h}'), hieße eine Strafe für einen Kinderfurz bei uns weit eher 'Pupszüchtigung' als - das sehr befremdende - 'Pupzüchtigung'.
Vielleicht kann ein 'ts-' ein vorausgehendes '-p<-' auch zur Assimilur '-ps<-' zwingen.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Automobil in 2009-08-26, 16:40:16
Zitat von: Berthold in 2009-08-26, 14:39:06
Vielleicht kann ein 'ts-' ein vorausgehendes '-p<-' auch zur Assimilur '-ps<-' zwingen.

So wie Hupszeichen
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Übertreiber in 2009-08-26, 21:46:08
Zitat von: Kilian in 2009-08-25, 23:37:20
Zitat von: Berthold in 2009-08-25, 13:12:53
Zitat von: Kilian in 2009-08-25, 12:18:54
(...) Vorhübe, die man jemandem wegen unterlassener Unterhubzahlungen macht.

Oder heb 'unterlassener Unterhubszahlungen wegen'.

Google:
Unterhaltszahlung: ca. 163.000 (trotz der '-tsts-'-Aussprache!)
Unterhaltzahlung: ca. 2.930 ('thts' sagt sich heb auch nicht leichter.)

Wenn nicht sogar schwerer, und dieses Problem besteht bei hub eben nicht. Ich hab überlegt und mich gegen das Fugen-s entschieden, weil ich ahne, dass es sich, wenn es Unterhub hieße, nicht gebolden hätte.

Vielleicht liegt es daran, dass in meiner Region Fugen-Esse sehr beloben sind, doch ich wäre indertat für Unterhubszahlung und Aushubszone, weniger aus logischen Überlegungen, denn vielmehr aus spontäner Intuitié.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Berthold in 2009-08-27, 11:31:18
Zitat von: Übertreiber in 2009-08-26, 21:46:08
Vielleicht liegt es daran, dass in meiner Region Fugen-Esse sehr beloben sind, (...)

Heb regional, oder? - Erst frug ich mich - das ist kein Schmäh -, wo denn die Region Fugen-Esse sei und welche Sachen dort sehr belomp seien.
Unsereins weiß doch oft nicht, was beim Deutschensdeutsch alles geht.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Übertreiber in 2009-08-27, 13:14:48
Zitat von: Berthold in 2009-08-27, 11:31:18
Heb regional, oder? - Erst frug ich mich - das ist kein Schmäh -, wo denn die Region Fugen-Esse sei

Du wirst es kaum glauben, doch es handelt sich um eine Region, deren Umkreismittelpunkt genau auf dem Mittelpunkte der Strecke zwischen Fugen (http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Fugen) und Esse (http://de.wikipedia.org/wiki/Esse_%28Diemel%29) liegt. Dort wird das hochberohmene Fugenessener Deutsch gesprochen, welches dadurch, dass es als einzige nichtjaponesische Sprache japanische Schriftzeichen benützt, bekannt wurde. Die Region ist aufgrund ihrer Lage stark von der Außenwelt abgeschnitten und leidet starkes Bevölkerungssschwundes, alldieweil die Jugend das Leben ihrer Eltern nicht fortsetzen will und auswandert, teils nach Deutschland (allerdings eher seltener, da sie Schwierigkeiten mit dem lateinischen Alphabet haben), teils nach Japan (zu ca. 68 %), teils nach Papua-Neuguinea (weil's der Name so schön ist). Sprachforscher des Goetheinstitutes nehmen an, dass das Fugenessener Deutsch in etwa 130 Jahren ausgestorben sein wird und bitten daher die Bundesregierung um Fördergelder um eine Rettungskampagne für diese bemerkenswerte Sprache ins Rollen zu bringen.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Berthold in 2009-08-27, 14:34:41
Ja da schau her!

Indessen glaube ich, daß vier bernmohen Philologen kurz nach dem 2. Weltkrieg die Flucht nach Deutschland gilnung sein muß. Jene Sprachbesonderheit kann fast nur IHR Werk sein!

Lies nach im wundersamen Werk 'The Chinese Language - Fact and Fantasy' by John DeFrancis.
Published by University of Hawaii Press.'
(Der große Sinologe Professor DeFrancis starb übrigens heuer, im 98. Jahr.)

Introduction - The Singlish Affair.

'This is a report on my discovery of material exposing what has since come to be called The Singlish Affair. The discovery came about when I chanced upon a forgotten carton of wartime documents in the Toyo Bunko Library in Japan while pursuing research on the fate of the Chinese writing system in China, Korea, Japan, and Vietnam.
The material consists of a hodgepodge of manuscript documents and notes prepared by a small secret group of scholars with the innocuous name of the committee on English Language Planning. Attached directly to the office of General Tojo, the supreme commander of the Japanese armed forces, the committee was headed by his close personal friend, Prof. Ono Kanji, and included only three other members, all collaborationists from the lands occupied by the Japanese -- a Chinese, Li Yilian; a Korean, Kim Mun-yi; and a Vietnamese, Phi De Giua. Information is lacking on how these four scholars came to be selected for membership in the committee, a point of considerable interest, for it would be hard to imagine a less harmonious group of coworkers. The documents reveal that they were continuously involved in ethnocentric bickering on what to an outsider seem to be quite trivial points of detail.
On only one thing were they fully agreed. This was the astonishing notion that, in anticipation that first Hawaii, then Australia and New Zealand, and eventually the continental United States itself would be conquered and incorporated within the Japanese empire as part of an expanded East Asia Coprosperity Sphere, it was necessary to plan for the day when policy would be implemented for reforming the writing systems of these English-speaking countries by forcing them to abandon their traditional orthography based on the Latin alphabet and to adopt instead a system based on Chinese characters.'

Wie oben schon guschrimp ist ein Switsch nach Dschöameni wahrscheinlich. Ins offenbar unmusikalische 'Esse-Fugen'.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Übertreiber in 2009-08-29, 20:04:29
Fatal! Ein Komplott wider die Antiqua! Doch ist es beruhigend, dass diese vier Verschwörer auf halber Strecke stehengeblieben sind.
Indes scheinen wir nicht die Einzigen zu sein, die dieser Konspiration auf die Schliche gekommen sind, wo doch vor Kurzem Stimmen laut geworden sind, die fordern, dass Einwanderer aus Fugen-Esse ihr Herkunftsland kundtun müssen um anschließend einem Patriotismustest unterzogen zu werden. Offenbar glaubt man, so die Vier, so sie denn noch leben, oder zumindest ihre Anhänger dingfest zu machen. Extremisten gehen noch einen Schritt weiter und verlangen DNS-Tests aller Einwanderer und ein Einreiseverbot für alle, die das Essefu-Gen in sich tragen. Der Bundesinnenminister hat bereits alle diesbezüglichen Berichte dementiert.

PS: Grandios, wie findest du solche authentischen Quellen, während ich mir hier alles mühsam aus den (mittlerweile fast leeren) Fingern saugen muss? :o
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Berthold in 2009-08-31, 11:00:30
Zitat von: Übertreiber in 2009-08-29, 20:04:29
(...), wie findest du solche authentischen Quellen, während ich mir hier alles mühsam aus den (mittlerweile fast leeren) Fingern saugen muss? :o

Gar nix grandios, ich hab heb einfach das zitrone Buch vom Professor DeFrancis golens.
'The Singlish Affair' ist so ein unglaubliches Kapitel, daß ich schon dessen twegen (zwegen) das ganze Buch empfehle. Das Kapitel ward von Fachkollegen zumeist geglomp! Von den Namen der vier Forscher ist nur Ono Kanji leicht zu erklären - namchl 'O NO!! - KANJI!!'
Im Gegensatz zu den Herren Heisig, Richardson & Rauter (und, mit Riesenabstand, Janeček) hielt DeFrancis Hanzi oder Kanji für nachteilig, obwohl er zweifellos tausende bombensicher kekunn.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Übertreiber in 2009-09-01, 01:46:42
Zitat von: Berthold in 2009-08-31, 11:00:30
Gar nix grandios, ich hab heb einfach das zitrone Buch vom Professor DeFrancis golens.
'The Singlish Affair' ist so ein unglaubliches Kapitel, daß ich schon dessen twegen (zwegen) das ganze Buch empfehle. Das Kapitel ward von Fachkollegen zumeist geglomp! Von den Namen der vier Forscher ist nur Ono Kanji leicht zu erklären - namchl 'O NO!! - KANJI!!'
Im Gegensatz zu den Herren Heisig, Richardson & Rauter (und, mit Riesenabstand, Janeček) hielt DeFrancis Hanzi oder Kanji für nachteilig, obwohl er zweifellos tausende bombensicher kekunn.

Dass du's gelesen hast, beweiß ich durchaus, denn anders diesen Ausschnitt zu finden stelle ich mir geziemlich schwierig vor. Was indes Herr DeFrancis an Kanji nachteilig findt, kann ich (zumindest nach einem kurzen Wikipädie-Überflug) gut nachvollziehen: verschiedene Lesarten, die man dazu nicht ableiten kann -- wenn man auf etwas wie superkalifragilistigexpialligetisch stößt, weiß man es zumindest auszusprechen, auch wenn das wenig hilft -- , und dazu noch die schiere Unmenge ihrer. Ich tarr es direkt für gewöhn'che Sprachökonomie halten; so, wie in Deutschland halt ganze Wörter aussterben oder starke Verben verschwachen.

PS: Ich habe noch eine gesoochene Gemeinde gefunden. In Wörterwechselstett sagt man statt "fliegen" "fliehen", mit wenig verwirrenden Resultaten:

Na, ist deine gute Stimmung schon verflohen?
Meine Eltern sind letztes Jahr zum Urlaub in die USA geflohen.
Die gemeine Fliehe ist nicht mit dem Floh zu verwechseln. Dieser springt, jene flieht.
Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Berthold in 2009-09-01, 12:17:09
Zitat von: Übertreiber in 2009-09-01, 01:46:42
(...) Was indes Herr DeFrancis an Kanji nachteilig findt, kann ich (zumindest nach einem kurzen Wikipädie-Überflug) gut nachvollziehen: verschiedene Lesarten, die man dazu nicht ableiten kann -- wenn man auf etwas wie superkalifragilistigexpialligetisch stößt, weiß man es zumindest auszusprechen, auch wenn das wenig hilft -- , und dazu noch die schiere Unmenge ihrer.
(...)

Hanzi plus Haiku

Das mit den verschiedenen Lesarten gilt eher fürs Japanische, für sehr viele Kanji).
Etwa 80% der chinesischen Zeichen (Hanzi) hingegen haben einen Teil, der zumindest einen Hinweis auf die Bedeutung gibt, während die andere Hälfte auf die Aussprache der Silbe hinweist (oder doch früher hinwies).

'Palimpsest' kann man zwar irgendwie aussprechen. Was es ist jedoch, weiß man, oder weiß man nicht.
Liest dagegen eine Chinesin (ein simples Beispiel, das eh jeder schriftkundige Chinese, ohne erst nachzudenken, kennt), dann weiß sie an den zwei Mündern oben, daß da irgendwie galarmp oder gustrindt wird. Am Pferd unten erkennt sie, daß das Zeichen ähnlich wie Pferd (ma3) ausgespronch wird.
Nun, das Zeichen bedeutet 'accuse, blame, curse, scold'.

Beim Lernen nach der Heisigschen Methode wird man sich etwa, ein paar Minuten lang, zwei Kutscher (oder, für mich: Wiener Fiaker) vorstellen, die hinter einem Pferdegespann stehen und miteinander, mit groben Wörtern, streiten. Der Herr Heisig hätte hinzugefonck, daß man das friedlich dastehende Pferd sehen, vielleicht sogar riechen oder auch bemitleiden sesülle, während einem die groben Worte - erst A, dann B, dann wieder A ..., in den Ohren zu gellen haben und selber wütend machen sollen. - Dann läßt sich dieses Zeichen kaum mehr vergessen.

Ich glaube, daß sehr schriftkundige Chinesen (inhaltlich) schneller lesen können als unsereins.
Die Menge an Reimen und passenden Bildern macht ein klassisches chinesisches Gedicht (etwa von Mao Zedong) zu einer besonders gefühlsträchtigen Sache, während sich selbst ein Meister-Haiku (das folgende Beispiel stammt vom großen Bashô) halt 'nur' so liest:

'Furu ike ya   
Kawazu tobikomu   
Mizu no oto'

Das ist bestimmt ursuper plus eine tiefe Zen-Erfuhr, - aber sagen muß dir das wohl irgendwann irgendwer.  
Den meisten Japanern hinwiederum wird Goethes 'Über allen Gipfeln ist Ruh'' besser gefallen als sämtliche seiner längeren Gedichte.
   


Titel: Re: Umgefegt
Beitrag von: Übertreiber in 2009-09-01, 19:45:36
Richtig, ich hatte mich, bevor ich ſchrieb, insbeſondere des Japoneſiſchen informoren, da ich dieses geringfügig beſſer als das Chineſiſche beherrſche -- beide im Übrigen noch beſſer als Suaheli, obgleich deſſen Verbrittgebiet doch ſo näher als das jener Sprachen iſt.

Was du beſchreibſt klingt mir arg darnach, wie Kanji- und Hanzinutzer ihre Schrift verſtehen. Und abgeſehen davon, daß wir die lateiniſchen Lettern an Piktogrammen ſtatt benutzen, läuft es im Deutſchen doch recht ahln ab.

Man lieſt "beſchuldigen" und trennt es ſelbſtändig auf: be-ſchuldig-en. "Be" erkennt man als Präfix, das einen Hintransport, ein Geben bedüt, während man fast gleichzeitiglich "ſchuldig" auf "Schuld" zurücke führt und damit die Gesamtbedüt erfährt: jemanden ſchuldig machen, ihm Schuld zuweisen.

Die Chinesen ſehen alſo das Bild, das ſie als ſtreitende Menſchen erkennen, während der Deutſche das Wort "Schuld" lieſt, deſſen Bedüt er kennt.

Nur die Haikü betreffend verliese ich irgendwie deine Spur, der Geſamtſinn deiner Ausführe enerſchleußt ſich mir. Was muſs mir irgendwer irgendwann ſagen? Daſs Haikü eine Zen-Erfuhr ſind? Ich fircht, daß du mir dies noch mal erklären müſſen wirſt.