Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Sprache => Thema gestartet von: Agricola in 2007-12-09, 06:22:39

Titel: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Agricola in 2007-12-09, 06:22:39
Gerade fand ich, dass in der wikipedia ein definitiver Unterschied zwischen Lesbarkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Lesbarkeit) und Leserlichkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Leserlichkeit) gemacht wird. Dabei bezieht sich die Lesbarkeit auf die sprachliche Gestaltung eines Textes, die Leserlichkeit jedoch auf die graphische. Ich war über diese Unterscheidung einigermaßen überrascht. Handelt es sich dabei um eine aus der Begriffsgeschichte resultierende Bedeutungszuweisung oder um die Festlegung irgend einer Kommission? Oder ist der Unterschied zwischen den Begriffen aus der Wortbildung selbst ableitbar? Oder handelt es sich um eine willkürliche Unterscheidung der wikipedia-Autoren?
Titel: Re: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Fieselschweif in 2007-12-09, 08:38:43
Das wissen wir nicht, Onkel Donald.
Titel: Re: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Kilian in 2007-12-09, 13:16:28
ZitatOder ist der Unterschied zwischen den Begriffen aus der Wortbildung selbst ableitbar?

Das gewiss nicht. Aber bereits bei Grimm (http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?word=lesbar&wb=G&mode=hierarchy&lemmode=lemmasearch&lemid=GL04906&textsize=600&onlist=&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=) findet sich leserlich nur in der grafischen, lesbar indes in beiden Bedeutungen. So entspricht es auch meinem Sprachempfinden. Da lag es für sich wissenschaftlich mit Lesbarkeit unter sprachlichen Gesichtspunkten Beschäftigende (siehe Quellen des Wikipädie-Artikels) vermutlich nahe, sich Lesbarkeit zu erkiesen und in einem der Umgangssprache gegenüber eingeongenen Sinne zu verwenden.
Titel: Re: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Agricola in 2007-12-09, 13:22:13
Was ist leserlich eigentlich für eine Bildung? Gibt es Parallelen?

begehbar > begeherlich
begehrbar > begehrerlich
faltbar > falterlich
haftbar > hafterlich

nee, nur das fällt mir gerade ein:

furchtbar > fürchterlich

was mir aber auch Synonyme zu sein scheinen.
Titel: Re: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Kilian in 2007-12-09, 13:36:20
Zitatfürchterlich, das an die stelle des erloschenen furchtlich (s. d.), fürchtlich trat, ist ein in so fern unorganisches gebilde, als es nach dem vorbilde von ärgerlich, erinnerlich, hinderlich, veränderlich, veräuszerlich, verwunderlich u. s. w. entstand, die mit verbis auf -ern zusammengesetzt sind, während es kein fürchtern gibt, das bei fürchterlich zu grunde liegen könnte. vgl. gramm. 2, 685. es sollte wirklich, wie ebenda weiter bemerkt ist, fürchtlich lauten, zusammengesetzt mit fürchten, und mit recht vergleicht JACOB GRIMM auf einem zettel zu fürchterlich die wörter bleiberlich, singerlich, die, mit bleiben und singen zusammengesetzt, unorganisches -er haben, als wenn ein bleibern und singern vorhanden wäre.

Grimm (http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=hierarchy&textsize=600&onlist=&word=furchterlich&lemid=GF12224&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=#GF12224L0)
Titel: Re: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Agricola in 2007-12-09, 13:38:22
Dann muss man mit Grimm hinzufügen: Auch leserlich gehört zu den fürchterlich unorganischen Worten, oder?

Arzt: Ich empfehle, diese Geschwulst zu lasern.

Patient: Da war ich aber gerade bei Ihrem Kollegen, der mir gesagt hat, solche Geschwulste seien vollkommen unlaserlich.
Titel: Re: Lesbarkeit und Leserlichkeit
Beitrag von: Kilian in 2007-12-09, 14:15:15
Ja, laut Grimm älter und berechtigter ist leslich. Die Lasertechnik ist ein guter Anlass, wieder zu ihm zurückzukehren. :)