Zitat von: Gryphius in 2008-04-24, 10:45:42
Urzutand
Wäre es denn eine Idee, mal einen neuen Faden für solche lustigen Wortschopfe anderer (sprich: Nicht-GSVler) einzurichten - jeweils mit Beispielsatz und Quallenangabe? Und natürlich einer lustigen neuen Definur?
Zitat von: Kilian in 2008-04-24, 13:45:17
Eine gute Idee sogar.
Da tätsch vorschlagen:
Urzutand = Modisches Beiwerk (neutsch: Accessoire) für die Gattinen von Australopithecinen.
Pieße dies hierher?:
,,Durchaus aggressiv, aber weder überladen noch
überschmikt wirkt der neue Nissan." (Spiegel an der Leine*, 24.4.08)
schmik (Adj.) = durch etwas Schminke schicker gemacht
schmiken (V.) = mittels etwas Makeups** verschönern (klappt nicht immer)
*) Die SpadL-Redaktoren sind aber auch billige Beute, mit ihrer Tutti-Frutti-Tastaturbehandlung, ihren SPONtanen Interpunkjektionen*** und ihrer teils krassbrontalen Neandertal-Grammatik.
**) Abschwiff: Wer zum Teufel ist Ma Keup? Eine ältliche Kosmete?
***) Gut unterrochtene Berichtbestatter aus der Redaktion lassen unterderhand verlauten, die Reinigungskräfte seien angewiesen, allmorgenlich Zuckerstreuer mit Kommata zu befüllen und auf jedem Schreibtisch platz zu ieren. Die Artikel werden grundsaltz kommalos verfossen; der Schlussredaktor streut dann ebenso wahllos wie großzügig über den Bildschirm. Daher das Phänomen des Streukommas (http://www.sun1001.com/de/writing/45458.php) (die Seite lohnen zu sich ganz lesen).
Klasse! Gefällt mir sehr gut! Sowohl die Definition als auch der neue Faden und seine Benamsung (Benoms?).
Und ja, die Spiegel-Schreiber sind wirklich überaus kreativ im Erfinden neuer, bislang unbekannter Worte. Ich habe fast jeden Tag etwas zum Lachen (oder eben Kopfschütteln). Wir sollten diese Kreationen hier mal peu a peu zusammentragen.
Schmiken ist ein tolles Beispiel!
Tintenbarock, entfuhr es einer Kollegin einmal, und von Schneeglückchen sprach sie auch.
Ma Keup - klingt wie ein Kon der in Mesopotamien harrsch...
MIAL
Aber die gängigen Voruteile, die viele Deutsche über Türken haben - Kriminalität, Drogen, Integrationsverweigerung - die sind Marwin schon fremd.
Voruteil, das: Vorne am Kühler angebrachtes markantes Designelement, z.B. beim Alfa-Romeo.
Ebendort in einem anderen Artikel:
Die besten Eisendungen sammelt das Goethe-Institut in einem Buch.
Eisendung, die: missverständliche Form (bei Flexion von Verben, Substantiven, Adjektiven etc.), durch die der Leser aufs Glatteis geführt wird.
Ich glaube langsam, die "Spiegel Online"-Redakteure sind verpflichtet, jeden Tag mindestens ein neues Wort zu erfinden, sei es deutsch oder denglisch.* Folgendes Exemplar fand ich heute:
Zum Glück ist das Licht im Raum heruntergedimmt.
Nicht nur das Licht im Raum, sondern auch sein Verständnis von Sprache scheint mir ziemlich heruntergedimmt zu sein. Bin gespannt, in welchem Artikel er das Licht demnächst wieder heraufdimmt! >:(
* Oder schreiben mittlerweile die Praktikanten und Aushilfen diese Texte?
Was soll daran schlecht oder auch nur falsch sein?
Zitat von: Kilian in 2008-04-27, 01:02:16
Was soll daran schlecht oder auch nur falsch sein?
Fragst Du das allen Ernstes? :o
Jegliche Klugscheißerei in einem Forum mit so vielen Sprachinteressierten und -begabten liegt mir absolut fern, aber wenn eine Erklärung gewonschen wird, liefere ich diese (wenn auch
widersträubend!):
Das engl. "to dim" wird nunmal mit verdunkeln/dämpfen/abblenden übersotzen; also ist im Wort "dimmen" das Herabsetzen der Helligkeit notwendigerweise schon enthalten und bedarf es des "herunter" gar nicht. Wenn Licht gedimmt ist, ist es gedimmt - fertig aus.
"Herunterdimmen" ist ein Pleonasmus, den ich von Journalisten schlichtweg nicht erwarte. Ganz abgesehen davon, dass es schlechter Stil ist, wenn man passende deutsche Worte krampfhaft mit englischen, schlimmer noch denglischen Worten zu ersetzen sucht. Aber das kommt davon, wenn man als Schreiber selbst nicht weiß, was fremdsprachige Worte eigentlich bedeuten. Dann behilft man sich eben damit, dass man einfach noch ein deutsches Wort davorpappt; dann passt's schon irgendwie. Und wir verstehen ja schließlich, was gemeint ist, gell? Dass dabei die Sprache verhonzen wird, ist doch wurscht.
Aber ich will das Thema hier nicht hochstilisieren :D - unter den schlechten Schreibern sind die Spiegel-Journalisten ja immer noch die besten. Und als solche werden Sie noch viele blöde, ähhh schöne, neue Worte schöpfen.
Zitat von: Gryphius in 2008-04-27, 14:30:52Das engl. "to dim" wird nunmal mit verdunkeln/dämpfen/abblenden übersotzen
Ach so, an
to dim hatte ich gar nicht gedacht. In meinem Spracherwerb kam
dimmen lange vor
to dim und bedut einfach
stufenlos regulieren.
P.S.
Herunterdimmen legt den Schluss nahe, dass dimmen lediglich eine Helligkeitsveränderung bedeutet und durch das herunter extra erklärt werden muss, in welche Richtung die Helligkeit verändert wird. Dieser Logik zufolge sollte Schreiber selbigen Unsinns also für einen Raum, der übermäßig hell erleuchtet ist, das Wort heraufdimmen verwenden.
Wir hatten die Diskussion hier irgendwo schon einmal um Wörter wie "absenken", "abdämpfen", "aufsteigen" etc. Das "herunterdimmen" finde ich hier auch nicht besonders schön, aber ich bin immer noch der Meinung, dass man solche Wörter nicht aus Prinzip verdammen sollte. Erstens sind sie nicht immer so überflüssig, wie es auf den ersten Blick scheint (immerhin kann man einem Wanderer auch beim Abstieg begegnen); zweitens enthält die Vorsilbe oft eine Präzisierung der Bedeutung. Immerhin könnte man jetzt "herunterdimmen" und "hinunterdimmen" unterscheiden; mit dem Wort "herunterdimmen" könnte also die Nuance verbunden sein, dass man das Licht von einer unvernünftigen, von unseren Vorstellungen entfernten Helligkeit auf eine vernünftige, uns naheliegende gedimmt hat.
Im übrigen denke ich, dass im Deutschen die Bedeutung des Wortes "dimmen" mit einer speziellen Technik verbunden ist. Würde man die Lichtgebung einer Lampe beispielsweise durch einen dunklen Schirm verringern, würde man den Ausdruck "dimmen" nicht verwenden. "Dimmen" bedeutet also "einen Dimmer betätigen". Ob man deshalb nach dem "herabdimmen" auch von "wieder hinaufdimmen" sprechen kann? Vielleicht schon.
Zitat von: Agricola in 2008-04-27, 16:17:12
Wir hatten die Diskussion hier irgendwo schon einmal um Wörter wie "absenken", "abdämpfen", "aufsteigen" etc. Das "herunterdimmen" finde ich hier auch nicht besonders schön, aber ich bin immer noch der Meinung, dass man solche Wörter nicht aus Prinzip verdammen sollte. Erstens sind sie nicht immer so überflüssig, wie es auf den ersten Blick scheint (immerhin kann man einem Wanderer auch beim Abstieg begegnen); zweitens enthält die Vorsilbe oft eine Präzisierung der Bedeutung. Immerhin könnte man jetzt "herunterdimmen" und "hinunterdimmen" unterscheiden; mit dem Wort "herunterdimmen" könnte also die Nuance verbunden sein, dass man das Licht von einer unvernünftigen, von unseren Vorstellungen entfernten Helligkeit auf eine vernünftige, uns naheliegende gedimmt hat.
Im übrigen denke ich, dass im Deutschen die Bedeutung des Wortes "dimmen" mit einer speziellen Technik verbunden ist. Würde man die Lichtgebung einer Lampe beispielsweise durch einen dunklen Schirm verringern, würde man den Ausdruck "dimmen" nicht verwenden. "Dimmen" bedeutet also "einen Dimmer betätigen". Ob man deshalb nach dem "herabdimmen" auch von "wieder hinaufdimmen" sprechen kann? Vielleicht schon.
Deine Erklärungsversuche in allen Ehren, Agricola, aber das sind für mich - bei allem Respekt - bloße Haarspaltereien, die iiiirgendwie rechtfertigen wollen, dass
dimmen hier zu einem Pleonasmus verwurstet wurde, der weder notwendig noch sinnvoll ist. Letzten Endes lässt sich auf die eine oder andere gewundene Art die Verwendung jedes noch so dämlichen denglischen Wortes begründen. Ein Streit darüber liegt mir indes fern - dazu ist das Ganze doch zu banal. Die Welt wird sich mit und ohne
herunterdimmen weiterdrehen.
Zitat von: Gryphius in 2008-04-27, 14:30:52Das engl. "to dim" wird nunmal mit verdunkeln/dämpfen/abblenden übersotzen; also ist im Wort "dimmen" das Herabsetzen der Helligkeit notwendigerweise schon enthalten
Das folgt mitnichten daraus. Wenn das Ding, mit dem ich das Licht dunkler
und heller machen kann,
Dimmer heißt, dann ist es ja wohl nicht außergewöhnlich, daraus das Verb
dimmen in einer Bedeutung zu rekonstruieren, die die Bewegungsrichtung
nicht enthält.
dimmen ist ja nicht dasselbe Wort wie
to dim.
Man möge mir die an Arroganz grenzende Chuzpe verzeihen, mich selbst zu zitieren:
Zitat von: Gryphius in 2008-04-27, 21:13:32
Ein Streit darüber liegt mir indes fern - dazu ist das Ganze doch zu banal.
Vielleicht habe ich mich ja schlichtweg geirrt. Kein Grund, den Sand in den Kopf zu stecken. :)
"Mineröl-Reste in Schokolade"
(Spiegel an der Leine, wer denn sonst. Die haben's immerhin nach einer Weile bemorken. Als geschakene Verkorz kreativ fand' ich's schon)
"Merkel setzt weiter auf Salamitakt bei der Krisenlösung."
(Die Quelle dürft Ihr selber raten)
"Deine Fernbuslinie ab Augsburg: Mit dem FlixBus Fernbus kommst du jetzt günstig und gequem direkt von Augsburg nach München, Günzburg und Stuttgart."
gequem find' ich ja einen tollen Wortschupf.
horizont.net zu einem geschotzenen Satiremagazin:
"Die 'Titanic' selbst wird zwischen solchen Texten vor allem durch Karikaturen und Comics bunt, die dafür sorgen, dass die nach oben gezogenen Wundwinkel nicht abrutschen."