Weil der Romanist ist, wende ich mich vor allem an den amarillo.
Denn: 'Hier können alle Fragen geklärt (...) werden, die allgemein mit Sprache zu tun haben.'
Die folgende Frage wird den meisten wurscht sein. Sie betrifft eine mir rätselhafte Etymologie.
Hintergrund: Die mit mir ehemals verlobte Frau Dr. R. M. W. züchtet seit Jahren eine seltene Ziegenrasse der Schweizer (und womochlg ehedem auch der österreichischen) Alpen: die 'Pfauenziege'. Nun geht's mir drum, warum die so heißen kekünne.
So auf Wikipedia-Niwoo, erfährt man im Internet, daß der Name mit 'Pfau' nichts zu tun habe/hätte. Vielmehr gehe/ginge er auf eine rätoromanische Bezoynch entweder der schwarzen Kopfbänder oder der Fleckung überhaupt zurück. Das 'Pfauen' sei/wäre weiters durch einen Schreibfehler aus 'Pfaven' entstanden.
Ich kann es aus folgenden Gründen nicht glauben:
a) Die dunklen Bänder an den Kopfseiten erinnern tatsächlich ein wagn an die Bänderung beim Pfauenkopf.
b) Ich kann mir nicht vorstellen, daß 'Pfaven' romanisch sein sesülle. Das 'Pf-' am Anfang deutet doch darauf hin, daß das Wort zumindest den althochdeutschen Lautverschub mitgamaŋch hat.
c) Im 'Handwörterbuch des Rätoromanischen (Bernardi, R. et al.,1994, 2. Band) gibt es keine Hinweise, daß irgendein Band oder Fleck 'paven', 'pavon' oder so ähnlich heißen kekünnen.
Ein 'Pfaffe' kekünne nur bei später Entlahn 'Pfave' (oder so ähnlich) heißen.
Im Rätoromanischen gibt es (z. T. ohne Diakritika guschrimp; ich beschränke mich aufs männliche Geschlecht und verzichte auf etliche Dialektwörter) 'pauper/pover' für 'arm, mittellos, bedurfgt ...);
'pavel/pevel' heißt 'Futter', 'pavlar oura/pavler our' meint '(Galtvieh auf dem Maiensäß) 'ausfüttern';
'pavi/spevg' ist 'scheu';
der 'Pfau' heißt 'pivun', 'pavun' oder 'pivung'.
Auch die Brüder Grimm haben mir, wie schon oft, ihre Hilfe verwirŋk.
Warum heißt also die 'Pfauenziege' 'Pfauenziege'?
Ganz, gaanz herzlich!
Der Berthold
Ich habe nicht den geringsten Schimmer eines Schimmers!
Auch muß ich gestehen, daß mir die Existenz eines Tieres besugenen Namens bis vor wenigen Sekunden gälnz unbekonnen war. Zur Klur der Etymologie stehen mir leider auch keine weiterführenden Werke zur Verfug.
"Ein 'Pfaffe' kekünne nur bei später Entlahn 'Pfave' (oder so ähnlich) heißen. " Hierzu fällt einem ja vielleicht noch der Dompfaff ein, dann endet aber auch schon mein kleines Einmaleins der Ornithologie.
Zitat von: Berthold in 2008-08-22, 12:52:09a) Die dunklen Bänder an den Kopfseiten erinnern tatsächlich ein wagn an die Bänderung beim Pfauenkopf.
Nur ein kleiner Einwurf: Hier sehe ich keinen Widerspruch. Es scheint mir ziemlich häufig vorzukommen, dass die Leute sich erst verhören und dann plötzlich eine plausible Volxetymologie haben.
Als Beispiele fallen mir zwar jetzt nur die vielen Geschichten über Verballhornungen von Ausdrücken französicher Besatzer ein, wie "mutterseelenallein", über deren Wahrheitsgehalt ja ständig Widersprüchliches zu hören ist, aber... (typisches "aber", das in der Luft hängenbleibt)
Lieber amarillo! Lieber Kilian!
Danke für Eure raschen Antworten.
Nja, an den Dompfaff(en) hab ich auch schon gedacht. Die seltsamen Farben der Pfauenziege kekünnen besonders an jene Ordensgewänder anknüpfen (Halloo, das ist ja ein Wortspiel), bei denen sich Weiß und Schwarz oder Weiß und Grau mischen. 'Bfoffmgaas' und 'Bfoffmgaasboog' erschienen mir selbst für Wien(er Neustadt) - obwohl solche Wörter wohl nicht vorkommen - als denkbare Dialektausdrücke.
Du, lieber Kilian, beziehst Dich wohl auf eine 'vorschriftliche', orale Weitergabe von Wörtern.
Als Kind war ich auch bisweilen zufrieden, wenn ich mir Unklares selbst einzerfratz (= interpretierte)/einzerfranz hatte. Man kekünne das die Wumbaba-Zeit der Menschen nennen.
'Autofahrer und der Krebs' ('... unterwegs') war einmal eine österreichische Rundfunksendung. (Ich schau jetzt nicht nach, ob es die immer noch gibt.) 'Von Tannen er kommen wird': Da ließ ich den Jesus aus einem Wald hervortreten. 'Der Echse Kutor' war ein unguter, reptilhafter Typ. Mein Vater mußte im Lehrberuf oft 'so blia-n' ('so blühen'; supplieren), das hieß, im blühte etwas Ungutes, wenn er länger in der Schulöe bleiben memuß. Aus dem Kamin drang immer, wenn die Asche ausgeriulnt ward: 'Dienstag, Dienstag'. Beim 'Semmering' fiel mir oft das rätselhafte Wort 'Semextutem' ein, usw.
Manches kekünne nicht den Weg der Buchetymologie gehen. Beim rätoromanischen 'Pavegl' versichern uns Bernardi et al. (siehe oben), daß das von 'Papilio' kommt, während mir spontan unser ländlicher 'Beinvogel' (=Biene) einfiel.
Berichtenswert erscheint mir weiters, daß die Nazis offenbar sogar einige Haustierrassen zum Aussterben bringen wollten:
'Entscheident war das Jahr 1938 dort wollten sie die Rasse bereinigen. Damals wurde die Pfauenziege als nicht förderungs würdig betrachtet und sozusagen zum Verschwinden verurteilt.' So heißt es nicht nur bei http://www.meine-pfauenziegen.de/geschichte.html. (Textstück aus dem Aufsatz kobmor.)
Da hab ich jetzt meinen Volksschulkollegen Peter G. vor mir, der aus einer jüdischen Familie stomm, die, als Vorstadt-Landwirte, vielleicht auch nicht die weiße theutsche Einheitsziege (mit hornlosen Weibchen) hielten. Auch meine Mutter erzahl mir heute, daß sie als junge Frau mit einer Freundin zusammen in unserer Vorstadt - nahe der Südbahn - Ziegen gehiont habe, von denen eine offenbar einer 'Tauernschecke' ähnelte (für diesen Verbtyp sesülle ich mir vielleicht noch etwas einfallen lassen).
Zitat von: Kilian in 2008-08-22, 16:28:07Als Beispiele fallen mir zwar jetzt nur die vielen Geschichten über Verballhornungen von Ausdrücken französicher Besatzer ein, wie "mutterseelenallein", über deren Wahrheitsgehalt ja ständig Widersprüchliches zu hören ist, aber... (typisches "aber", das in der Luft hängenbleibt)
Wozu sich das Hirn nach Beispielen zermartern, wenn dies schon andere taten: http://de.wikipedia.org/wiki/Volksetymologie#Beispiele
(http://verben.texttheater.de/images/8/8e/Pfauenziegenbock.JPG)
Das Tier scheint die Antwort auch nicht zu kennen.
Zitat von: Kilian in 2008-08-22, 20:54:49
Zitat von: Kilian in 2008-08-22, 16:28:07Als Beispiele fallen mir zwar jetzt nur die vielen Geschichten über Verballhornungen von Ausdrücken französicher Besatzer ein, wie "mutterseelenallein", über deren Wahrheitsgehalt ja ständig Widersprüchliches zu hören ist, aber... (typisches "aber", das in der Luft hängenbleibt)
Wozu sich das Hirn nach Beispielen zermartern, wenn dies schon andere taten: http://de.wikipedia.org/wiki/Volksetymologie#Beispiele
Gähn! Fäule ich nicht so sehr, so trüge ich bei Wikipedia noch zigge Träge ein.
Zitat von: Berthold in 2008-08-22, 17:24:25
'Entscheident war das Jahr 1938 dort wollten sie die Rasse bereinigen.'
Es ist evidend, dass Partizipien auf -ent enten müssen, auch das lehrt die Volx- und Verbungetümologie.
Zitat von: Agricola in 2008-08-23, 00:59:03
Zitat von: Berthold in 2008-08-22, 17:24:25
'Entscheident war das Jahr 1938 dort wollten sie die Rasse bereinigen.'
Es ist evidend, dass Partizipien auf -ent enten müssen, auch das lehrt die Volx- und Verbungetümologie.
MeinGottnaa(n), das kekünnen Rätoromanen herguschrimp haben, die des Thaütschen nicht ganz firn, Pardon, firm sind.