Liebe Mitglieder dieses Forums! Kann mir jemand von Euch einen Tipp geben, wo ich leicht verständliche Hinweise zur Grammatik-Form Aorist bekomme. Möglichst Online in deutscher Sprache und mit vielen Beispielen. Vielen Dank! Leppom
Zitat von: leppom in 2005-02-12, 16:53:25
Liebe Mitglieder dieses Forums! Kann mir jemand von Euch einen Tipp geben, wo ich leicht verständliche Hinweise zur Grammatik-Form Aorist bekomme. Möglichst Online in deutscher Sprache und mit vielen Beispielen. Vielen Dank! Leppom
Für welche Sprache brauchst Du das denn? Im Deutschen ist der Aorist schon lange tot...
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-12, 19:29:13
Zitat von: leppom in 2005-02-12, 16:53:25
Liebe Mitglieder dieses Forums! Kann mir jemand von Euch einen Tipp geben, wo ich leicht verständliche Hinweise zur Grammatik-Form Aorist bekomme. Möglichst Online in deutscher Sprache und mit vielen Beispielen. Vielen Dank! Leppom
Für welche Sprache brauchst Du das denn? Im Deutschen ist der Aorist schon lange tot...
Es gab auf deutsch mal einen Aorist?
Jetzt würde mich das auch interessieren.
ist aber laaaaaaaaaange her. vermutlich würdest du das deutsch, das noch aoriste hatte, nicht als solches bezeichnen.
Oha, das ist schon soo lange her...
Also ich will mal so sagen: Im "Deutschen" ist er immer schon tot, bis ins Mittelhochdeutsche hatten sich aber noch einige Restformen erhalten, die mittlerweile aber alle abgestorben sind.
Zitat von: caru in 2005-02-12, 20:26:57
ist aber laaaaaaaaaange her. vermutlich würdest du das deutsch, das noch aoriste hatte, nicht als solches bezeichnen.
*LOL* Ehm ... jap so ungefähr ;)
Ihr seid ja kool! Hätte nicht gedacht, dass da gleich jemand antwortet. Ich lerne in einem wunderbaren Tool aus den USA (Concordanter Verlag), die Altgrieschiche Sprache näher betrachten. Und da habe ich ehrlich gesagt mit dem Aorist meine Probleme. Mir fehlen zum besseren Verständnis vergleichsweise Beispiele. Der eine sagt, dass der Aorist eine Zeitform nahe dem Imperfekt ist, der andere meint, der Aorist ist überhaupt keine Zeitform. Mich interessiert nicht wer da recht hat; ich möchte selber dahintersteigen. Vielen Dank für Eure Hilfe. Leppom
Ohje... wir hatten hier schonmal eine kleine Aorist Diskussion... amarillo, caru? Wißt ihr noch, in welchem Strang wir das diskutiert haben?? :)
da (http://verben.texttheater.net/forum/index.php?board=5;action=display;threadid=88) gings ein bißchen um den aorist.
ich denke aber, auch sonst noch irgendwo.
passé simple (für's Französische) und pretérito indefinido (für's Spanische) aber den Faden habe ich im Moment nicht parat.
Gibt es hier eigentlich eine Suchfunktion?
Was der Aorist im Altgriechischen und im Vordeutschen geleistet hat, weiß ich nicht. Im Französischen (hier stirbt er langsam vor sich hin) und Spanischen (hier ist er sehr aktiv) ist er eine Vergangenheitsform, die vor allem den Ereignischarakter einer vergangenen Begebenheit hervorhebt. Im Gegensatz dazu steht das Imperfekt für Beschreibung und immer wiederkehrende Handlungen.Kürzer ging es im Moment nicht.
hm, was list der aorist im altgriechischen denn nun alles. mal nachdenken.
1) die griechen benatzen ihn als erzählzeit: wenn auf altgriechisch von vergangenen ereignissen berochten wird, steht fast alles im aorist. außer längeren bzw. nicht abgeschlossenen handlungen (für die ist das imperfekt) und solchen, bei denen es gerade auf die abgeschlossenheit ankömmt (perfekt).
2) im gegensatz zu den zwei anderen vergangenen tempüssen steht der aorist im engeren sinne für eine vergangene punktuelle handlung - die relativ schnell vorbeiging und eine zustandsänderung bewark.
3) insbesondere gibts noch den ingressiven aorist, der den anfang einer handlung ausdrückt: edákrysen (3.sg.aor. von dakrýo "weinen") nicht "er weinte", sondern "er brach in tränen aus".
4) und dann noch der gnomische aorist - für sprichwort- oder maximenartige aussagen zeitloser geltung: "so war's schon immer, und das bleibt auch so".
irgendwie habe ich im hinterkopf, daß das im gotischen ähnlich aussieht. Magoo? ???
im altindischen galten zunächst wohl ähnliche unterscheidungen zwischen aorist, imperfekt und perfekt wie im griechischen, aber die sind im klassischen sanskrit bereits restlos verschwommen: da ist der aorist ein vergangenheitstempus ganz allgemeiner art, und da seine formen selten begegnen und oft schwierig zu bilden sind, wird er auch als solches meist nur von gelehrten dichtern gebrocht, die ihre grammatikkentnisse demonstrieren wollen.
Zitat von: amarillo in 2005-02-12, 20:59:25
passé simple (für's Französische) und pretérito indefinido (für's Spanische) aber den Faden habe ich im Moment nicht parat.
Gibt es hier eigentlich eine Suchfunktion?
Was ist das passé simple?
Ich kenn nur passé composé (j'ai regardé) und imparfait...
Bis wann gab es denn bei uns den Aorist?
Diese ingressive Form findet sich auch noch im Französischenund Spanischen:
sabía = ich wußte (schon vorher) / supe = ich erfuhr, mir fiel ein
je savais " je sus "
Zitat von: amarillo in 2005-02-12, 21:45:46
Diese ingressive Form findet sich auch noch im Französischenund Spanischen:
sabía = ich wußte (schon vorher) / supe = ich erfuhr, mir fiel ein
je savais " je sus "
Also savoir - je sus?
Das hatte ich in der Schule aber nicht. ;D
Passé simple ist ins Französische nur noch in sehr gehobener Sprache und literarischer Form erhalten. (Mitterand sprach es noch in seinen Reden, und die Nation hat ihn dafür bewundert)
Stell Dir vor, jemand ging durch Paris:
Il voyait (er sah) les gens qui traversaient (das taten sie die ganze Zeit) les rues. Tout à coup il vit (er erblickte, ist aber auch von "voir" , nur eben die passé simple Form) son vieux copain Marius.
Zitat von: amarillo in 2005-02-12, 21:52:13
Passé simple ist ins Französische nur noch in sehr gehobener Sprache und literarischer Form erhalten. (Mitterand sprach es noch in seinen Reden, und die Nation hat ihn dafür bewundert)
Stell Dir vor, jemand ging durch Paris:
Il voyait (er sah) les gens qui traversaient (das taten sie die ganze Zeit) les rues. Tout à coup il vit (er erblickte, ist aber auch von "voir" , nur eben die passé simple Form) son vieux copain Marius.
Ah, jetzt hab ichs.
So ne Form ist aber auch so sinnvoll wie'n Regenschirm unter der der Dusche...
Zitat von: Ly in 2005-02-12, 21:52:11
Also savoir - je sus?
Das ist traurig, aber im Moment nicht zu ändern. Die Formen des passé simple muß man sich - mehr oder weniger mühevoll - gesondert draufschaffen. Zu meiner Zeit (Abitur 1973) wurde das passé simple noch wie von selbstverständloch gelehrt. Später in den 70ern hat man das dann eingestellt - dem Himmel sei's geklagt.
Zitat von: amarillo in 2005-02-12, 21:57:36
Zitat von: Ly in 2005-02-12, 21:52:11
Also savoir - je sus?
Das ist traurig, aber im Moment nicht zu ändern. Die Formen des passé simple muß man sich - mehr oder weniger mühevoll - gesondert draufschaffen. Zu meiner Zeit (Abitur 1973) wurde das passé simple noch wie von selbstverständloch gelehrt. Später in den 70ern hat man das dann eingestellt - dem Himmel sei's geklagt.
Na ja, ich hab erst 2 1/2 Jahre französisch gelernt, vielleicht kommt das auch noch....
Eigentlich hast Du recht, man kann das passé simple getrost durch das passé composé ersetzen (was im alltäglichen Französisch auch geschieht), dem Verständnis tut das keinen Abbruch.
Ich frage mich allerdings immer noch, warum es im Spanischen (das pretérito indefinido) so überaus lebendig ist; uns Deutschen scheint es einfach so überflüssig wie ein Kropf.
Zitat von: amarillo in 2005-02-12, 22:01:36
Eigentlich hast Du recht, man kann das passé simple getrost durch das passé composé ersetzen (was im alltäglichen Französisch auch geschieht), dem Verständnis tut das keinen Abbruch.
Ich frage mich allerdings immer noch, warum es im Spanischen (das pretérito indefinido) so überaus lebendig ist; uns Deutschen scheint es einfach so überflüssig wie ein Kropf.
Das pretérito indefinido ist das "pretérito perfecto simple", oder?
Also der Aorist.
Wir hatten auch dies schon einmal kurz angerissen - war's im Doppelperfekt-Strang? Ich weiß es nicht mehr genau - wie auch immer:
Das Spanische gehört zur südlichen Zone der synthetischen Vergangenheitstempora.
Ich mußte das mal in einem Referat darlegen - ich will's mal kurz wiederholen:
Für das
Erzähltempus
(und
NUR dafür - mittlerweile auch
nur noch theoretisch --> dazu komme ich gleich noch)
wird in den zentraleuropäischen Sprachen, namentlich das Süddeutsche, das Norditalienische und das Nordfranzösische, eine
analytische (d.i. eine aus zwei Formen, Hilfs- und Vollverb bestehende) Vergangenheitsform bevorzugt;
im Süddeutschen: das Perfekt
im Norditalienischen: das Passato Prossimo
im Südfranzösischen: das Passé Composé.
Die Sprachen nördlich dieses zentraleuropäischen Kerns, z.B. Englisch, Norddeutsch, Schwedisch, Niederländisch, etc., bevorzugen eine synthetische (d.i. eine aus einer Verbform bestehende) Vergangenheitsform, welche man im Grunde mit dem deutschen
Präteritum gleichsetzen kann.
Die Sprachen südlich des Kerns (z.B. Süditalienisch, Südfranzösisch, Portugiesisch, Bulgarisch) weisen eine Besonderheit auf:
Neben der analytischen Vergangenheitsform, dem
Perfekt, besitzen sie zwei synthetische, von denen die eine generell als
Imperfekt bezeichnet wird (so z.B. das Imparfait im Französischen, das Imperfecto im Spanischen, das Imperfetto im Italienischen), die andere generell als
Aorist (z.B. das Passé Simple im Französischen, das Pretérito Perfecto Simple im Spanischen und das Passato Remoto im Italienischen).
Der
Aorist ist hier die Zeit, die als Erzähltempus (theoretisch!!) bevorzugt wird.
--> Daher ist im Spanischen das Pretérito Perfecto bzw. Indefinido noch immer üblicher als im Deutschen das Präteritum - mit dem es aber nicht gleichgesetzt werden darf! (Daher übrigens auch die Neubenennung des "Imperfekt" in "Präteritum" im Deutschen!)
So und nun noch ein Wort zum "theoretischen Erzähltempus":
Theoretisch deshalb, weil die Untersuchungen, die ich für das Referat verwandte einerseits schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben und andererseits es diese klare Abgrenzung der Erzähltempora nicht mehr gibt: Das Perfekt, d.h. also die analytischen Zeitformen sind in vielen Sprachen auf dem Vormarsch, selbst im südlichsten Italien wird mittlerweile das Passato Prossimo bevorzugt, das Passé Simple im Französischen stirbt ab, auch im Niederländischen verdrängt das Perfekt die synthetische Bildungsweise genauso wie im norddeutschen Sprachraum.
Im süddeutschen Sprachraum ist das Präteritum schon (fast) völlig geschwunden, man spricht vom "Oberdeutschen Präteritumschwund", und durch das Perfekt ersetzt.
im Spanischen ist es deshalb lebendig weil notwendig um einen Unterschied zu machen zwischen ich kannte ihn (lo conocia) und ich lernte ihn kennen (lo conoci). Fuer einen Spanier ist es anscheinend auch wichtig ob Zarathustra gewohnheitsmaessig so gesprochen hat oder zu dem und dem Anlass an dem und dem Ort. Aus "Also sprach Z." wird das nicht ersichtlich. Man muss im deutsche den Kontext kennen oder es umschreiben.
Natuerlich hatte und habe ich als Deutscher grosse Schwierigkeiten zwischen den beiden Formen "hablaba" (so sprach er immer oder damals) und hablo ("so sprach er dann und dort"). Die Testfrage ist fuer das pret. indef. :"Was war?" hablaba und "was geschah?" hablo
Vermutlich ist "was geschah?" auch fuer den Aorist die Testfrage.
Zitat von: gehabt gehabt in 2005-02-12, 23:30:40
im Spanischen ist es deshalb lebendig weil notwendig um einen Unterschied zu machen zwischen ich kannte ihn (lo conocia) und ich lernte ihn kennen (lo conoci). Fuer einen Spanier ist es anscheinend auch wichtig ob Zarathustra gewohnheitsmaessig so gesprochen hat oder zu dem und dem Anlass an dem und dem Ort. Aus "Also sprach Z." wird das nicht ersichtlich. Man muss im deutsche den Kontext kennen oder es umschreiben.
Natuerlich hatte und habe ich als Deutscher grosse Schwierigkeiten zwischen den beiden Formen "hablaba" (so sprach er immer oder damals) und hablo ("so sprach er dann und dort"). Die Testfrage ist fuer das pret. indef. :"Was war?" hablaba und "was geschah?" hablo
Vermutlich ist "was geschah?" auch fuer den Aorist die Testfrage.
Hättest Du das nicht eher schreiben können, gehabt gehabt? Ich glaube das ist genau das, wonach Ly ganz am Anfang frug! ;)
Genau, aber wenn Du hier mit regelmäßigen Verben das indefinido bildest, darfst Du wirklich nicht den Akzent verschludern, sonst ist die ganze Geschichte nicht mehr vom Präsens unterscheidbar, solange man nur liest.
Pedro (él) habló (indefinido)
(yo) hablo (presente)
Die neuesten Forschungen über den Aorist im Altindischen (Vedischen) haben ergeben, dass der Aorist eine Handlung beschreibt, die vor ziemlich kurzer Zeit passor, während der Imperfekt eine schon weiter zurückliegende Handlung beschreibt. So kann man im Rgveda 10 107, 1 folgendes lesen (gesprochen durch die PaNis, welche die Kühe Indras gestolen haben, zu SarámA, der Hündin Indras, die gekommen ist, um die Kühe wiederzuholen):
kím ichántI sarámA prédám AnaD (3. sg. aorist ind.akt.) ... katháM rasÁyA ataraH (2. sg. imperfekt akt.) páyAMsi "Mit welchem Ziel ist SarámA hierher gekommen (gerade angekommen)? ... Wie überquorst du die Fluten der Rasa (ein Fluss; dies liegt schon weiter zurück, nämlich bevor SarámA zu den PaNis kam)?
hm, warscheinlich keine Hilfe für den, der Klassisches Griechisch lernen will, aber meines Erachtens doch interessant...
himmel. ist es schon so weit gekommen? ein vedist, der "DER imperfekt" schreibt? mach das ja nicht in wien, unser lokaler vedist würde schäumen :D
ähm, wo finden sich denn diese neuen forschungen betreffs aorist im vedischen? gibts da einen netten artikel in irgendeiner zeitschrift, oder so? täte mich interessieren.
Fuer mich beschreibt der Aorist so wie ich glaube verstanden zu haben keine Zeit sondern einen Aspekt: ob eine Begebenheit ein Zustand ist oder eine Aenderung desselben. Wenn dem so ist muesste man ihn in untergegangenen Formen auch in der gegenwart und der Zukunft konstruieren koennen. Ich bin ja kein Profi aber wenn der Aorist eine Zustandsaenderung beschreibt, haette ich ein Beispiel im Deutschen. Mal schae, ob das fuer die Experten im Forum Sinn ergibt:
Angenommen sein und werden sind Formen desselben Verbs naemlich der Infinitiv Gegenwart nicht Aorist und Aorist. Dann ist:
Ich bin krank Gegenwart nicht-Aorist
Ich werde krank gegenwart Aorist
Ich war krank Vergangenheit nicht-Aorist
Ich wurde krank Vergangenheit Aorist
Im Spanischen gibt es ja bekanntlich kein extra Wort fuer werden aber in der Vergangenheit kann man es durch die beiden vergangenheitsformen ausdrucken:
en 1804 era emperador 1804 war er Kaiser
en 1804 fue emperador 1804 wurde er kaiser
beide formen fue und era sind Vergangenheitsformen von ser (sein). In der Gegenwart kann man aber nur sagen:
Es emperador (er ist Kaiser), wenn man sagen will, dass einer Kaiser wird muss man es umschreiben: Se hace oder se convierte en emperador.
(Die Faelle, un denen im Deutschen Werden eher einen Zustand denn eine Zustandsaenderung ausdruecken, muss man an den Haaren herbeiziehen: ueber Jahrhunderte wurden meine Vorfahren Bauern, der Spanier wuerde in diesem Falle auch sagen: ueber Jahrhunderte waren sie Bauern ).
Frage an die Experten: sind die Saetze "es wurde Licht" und "es ward Licht" eigentlich identisch?
sind die Saetze "es wurde Licht" und "es ward Licht" eigentlich identisch?
ich würde sagen, ja.
- "der Imperfekt": Eigentlich das Imperfekt? Bin nur zur Hälfte deutsch und lebe in Schweden...
- zum Aorist: Die Theorie über den sog. "aktuellen Aorist" im Vedischen stammt von E. Tichy. Leider weiß ich nicht, ob sie etwas zum Thema veröffentlicht hat, ich habe es von meiner Vedischlehrerin erzählt bekommen und die kann es auch direkt von Frau Tichy haben... Ich könnte natürlich mal fragen...
Zitat von: gehabt gehabt in 2005-02-14, 23:05:44
Frage an die Experten: sind die Saetze "es wurde Licht" und "es ward Licht" eigentlich identisch?
Für meinen Geschmack beinhaltet "es wurde Licht" eine Nuance, die meht den Aspekt des Vorgangs beleuchtet, während "es ward Licht" das Resultat eben jenes Vorgangs hervorhebt.
Etwas Ähnliches gibt es ins Englische "he has gone" und "he is gone"
ward ist, so weit ich weiß, eine ältere und gleichbedeutende Form von wurde. Noch z.B. in Heinrich Manns Roman Der Untertan (1919) findet man auch in völlig "unpathetischen" Zusammenhängen ganz selbstverständlich ward, wo man heute nur noch wurde süge.
Richtig - "ward" ist absolut gleichbedeutend mit "wurde".
wurde ist der einzige im heutigen Deutsch erhaltene Rest einer besonderen Bildungsweise aus dem Frühneuhochdeutschen:
Das meisten Formen des Präteritum waren noch zu mittelhochdeutscher Zeit durch eine weitere Ablautstufe in Singular und Plural unterschieden, so hießen die Stammformen von "werden" im Mittelhochdeutschen so:
werden - ward/wurden - geworden
werden ging also genau wie "helfen":
helfen - half/hulfen - geholfen
Zum Neuhochdeutschen hin sind diese zwei Ablautstufen an jeweils eine angeglichen worden. Das geschah in unterschiedlicher Weise, so wurde "helfen" z.B. an den Singular angeglichen:
ich half / wir halfen,
jedoch "reiten" (- reit/ritten - geritten) an den Plural:
ich ritt / wir ritten.
Spuren dieser zweiten Ablautstufe sind noch heute in einigen Doppelformen des Konjunktivs erhallten, z.B.
ich hälfe und ich hülfe.
Im Frühneuhochdeutschen bildeten sich sprezielle Formen heraus: An die Präteritumform der 1. und 3. Person Singular, die normalerweise endungslos war, wurde die Endung -(t)e nach dem Prinzip der schwachen Verba angehängt:
sehen - ich/er sahe
helfen - ich/er halfe
reiten - ich/er ritte
binden - ich/er band(t)e
werden - ich wurd(t)e
usw.usw.
Diese "verschlimmbesserten" Formen sind später wieder beseitigt worden, doch hat ein einziges Verb diese Endung bis heute erhalten:
Bei werden lautet die Vergangenheitsform "wurde", also mit der frühneuhochdeutschen Endung "-(t)e" und dem alten Ablaut des Plurals "u".
Ein Freund von mir sagt häufig "Ich fande..." statt "Ich fand..." und wird deswegen immer korrigoren. Fulg finden auch dieser frühneuhochdeutschen Bildungsweise? Dann könnte ich bein nächster Gelegenheit ein gutes Wort für ihn einlegen. :D
Zitat von: Kilian in 2005-02-15, 22:53:56
Ein Freund von mir sagt häufig "Ich fande..." statt "Ich fand..." und wird deswegen immer korrigoren. Fulg finden auch dieser frühneuhochdeutschen Bildungsweise? Dann könnte ich bein nächster Gelegenheit ein gutes Wort für ihn einlegen. :D
Ja natürlich, dasselbe gilt auch für "ich/er
fande". :D
Zitat von: Caspar Jordan in 2005-02-14, 12:22:30
Die neuesten Forschungen über den Aorist im Altindischen (Vedischen) haben ergeben, dass der Aorist eine Handlung beschreibt, die vor ziemlich kurzer Zeit passor, während der Imperfekt eine schon weiter zurückliegende Handlung beschreibt. So kann man im Rgveda 10 107, 1 folgendes lesen (gesprochen durch die PaNis, welche die Kühe Indras gestolen haben, zu SarámA, der Hündin Indras, die gekommen ist, um die Kühe wiederzuholen):
kím ichántI sarámA prédám AnaD (3. sg. aorist ind.akt.) ... katháM rasÁyA ataraH (2. sg. imperfekt akt.) páyAMsi "Mit welchem Ziel ist SarámA hierher gekommen (gerade angekommen)? ... Wie überquorst du die Fluten der Rasa (ein Fluss; dies liegt schon weiter zurück, nämlich bevor SarámA zu den PaNis kam)?
hm, warscheinlich keine Hilfe für den, der Klassisches Griechisch lernen will, aber meines Erachtens doch interessant...
Diesern Aspekt des gerade kuerzlich vor laengerer Zeit Geschehenen gibt es im Spanischen Preterito indefinido (=Aorist) vs. Imperfecto , wohl aber in den beiden Formen des Plusquamperfekts im Spanischen (Pluscuamperfecto: habia entrado, Preterito anterior: hubo entrado) Beispiel
Ya habian entrado, cuando llegu'e al teatro. (Sie waren schon hineingegangen als ich am Theater ankam)
Aber
Los policias apenas huberion entrado en el piso cuando se oy'o ena explisi'on. Kaum hatten die Polizisten die Wohnung betreten, hoerte man eine Explosion.
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-12, 20:29:16
Oha, das ist schon soo lange her...
Also ich will mal so sagen: Im "Deutschen" ist er immer schon tot, bis ins Mittelhochdeutsche hatten sich aber noch einige Restformen erhalten, die mittlerweile aber alle abgestorben sind.
Beispiele, bitte. :D
Zitat von: Ly in 2005-06-05, 18:37:19
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-12, 20:29:16
Oha, das ist schon soo lange her...
Also ich will mal so sagen: Im "Deutschen" ist er immer schon tot, bis ins Mittelhochdeutsche hatten sich aber noch einige Restformen erhalten, die mittlerweile aber alle abgestorben sind.
Beispiele, bitte. :D
Die Formen der 2. Person Singular Präteritum aller starken mittelhochdeutschen Verben haben den umgelauteten Präteritumvokal des Plurals und enden auf -e.
Das scheint entweder ein Rest des alten Aorists zu sein oder aber es ist einfach eine Optativform, die sich "verlaufen" hat (da scheinen sich die Linguisten wohl nicht so einig...).
Also z.B. Formen wie:
dû hülfe (statt halfst)
dû gaebe (statt gapst)
dû waere (statt wast)
dû ritte (statt rittest)
dû züge (statt zôhst)
dû fünde (statt fandst)
dû würde (statt wardst)
dû laese (statt last)
dû hienge (statt hiengst)
usw.usw. ... ;)
Zitat von: MrMagoo in 2005-06-05, 18:48:23
Zitat von: Ly in 2005-06-05, 18:37:19
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-12, 20:29:16
Oha, das ist schon soo lange her...
Also ich will mal so sagen: Im "Deutschen" ist er immer schon tot, bis ins Mittelhochdeutsche hatten sich aber noch einige Restformen erhalten, die mittlerweile aber alle abgestorben sind.
Beispiele, bitte. :D
Die Formen der 2. Person Singular Präteritum aller starken mittelhochdeutschen Verben haben den umgelauteten Präteritumvokal des Plurals und enden auf -e.
Das scheint entweder ein Rest des alten Aorists zu sein oder aber es ist einfach eine Optativform, die sich "verlaufen" hat (da scheinen sich die Linguisten wohl nicht so einig...).
Also z.B. Formen wie:
dû hülfe (statt halfst)
dû gaebe (statt gapst)
dû waere (statt wast)
dû ritte (statt rittest)
dû züge (statt zôhst)
dû fünde (statt fandst)
dû würde (statt wardst)
dû laese (statt last)
dû hienge (statt hiengst)
usw.usw. ... ;)
Thank you very much. :D
Was den Optativ betrifft: Ich dachte, der sei zu unserem Konjunktiv geworden?
Zitat von: Ly in 2005-06-05, 18:49:41
Zitat von: MrMagoo in 2005-06-05, 18:48:23
Zitat von: Ly in 2005-06-05, 18:37:19
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-12, 20:29:16
Oha, das ist schon soo lange her...
Also ich will mal so sagen: Im "Deutschen" ist er immer schon tot, bis ins Mittelhochdeutsche hatten sich aber noch einige Restformen erhalten, die mittlerweile aber alle abgestorben sind.
Beispiele, bitte. :D
Die Formen der 2. Person Singular Präteritum aller starken mittelhochdeutschen Verben haben den umgelauteten Präteritumvokal des Plurals und enden auf -e.
Das scheint entweder ein Rest des alten Aorists zu sein oder aber es ist einfach eine Optativform, die sich "verlaufen" hat (da scheinen sich die Linguisten wohl nicht so einig...).
Also z.B. Formen wie:
dû hülfe (statt halfst)
dû gaebe (statt gapst)
dû waere (statt wast)
dû ritte (statt rittest)
dû züge (statt zôhst)
dû fünde (statt fandst)
dû würde (statt wardst)
dû laese (statt last)
dû hienge (statt hiengst)
usw.usw. ... ;)
Thank you very much. :D
Was den Optativ betrifft: Ich dachte, der sei zu unserem Konjunktiv geworden?
Ist er auch... irgendwie.
Eigentlich sind dies zwei verschiedene Modi, die in einigen Sprachen wohl auch unterschieden werden (Optativ für Wunschsätze, Konjunktiv für irreale Handlungen) - wie genau das aussieht, wie was ersetzt wurde und was davon heut noch tatsächlich erhalten ist, weiß ich leider auch nicht.
Der Optativ scheint jedoch zu unserem Konjunktiv geworden zu sein, und weil wir diesen eher für irreale Handlungen verwenden, ist die Bezeichnung "Konjunktiv" wohl üblicher geworden.
(Aber dazu bin ich zu wenig bewandert um das genauer ausklamüsern zu können...)
Zitat von: MrMagoo in 2005-06-05, 18:56:11
Zitat von: Ly in 2005-06-05, 18:49:41
Zitat von: MrMagoo in 2005-06-05, 18:48:23
Zitat von: Ly in 2005-06-05, 18:37:19
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-12, 20:29:16
Oha, das ist schon soo lange her...
Also ich will mal so sagen: Im "Deutschen" ist er immer schon tot, bis ins Mittelhochdeutsche hatten sich aber noch einige Restformen erhalten, die mittlerweile aber alle abgestorben sind.
Beispiele, bitte. :D
Die Formen der 2. Person Singular Präteritum aller starken mittelhochdeutschen Verben haben den umgelauteten Präteritumvokal des Plurals und enden auf -e.
Das scheint entweder ein Rest des alten Aorists zu sein oder aber es ist einfach eine Optativform, die sich "verlaufen" hat (da scheinen sich die Linguisten wohl nicht so einig...).
Also z.B. Formen wie:
dû hülfe (statt halfst)
dû gaebe (statt gapst)
dû waere (statt wast)
dû ritte (statt rittest)
dû züge (statt zôhst)
dû fünde (statt fandst)
dû würde (statt wardst)
dû laese (statt last)
dû hienge (statt hiengst)
usw.usw. ... ;)
Thank you very much. :D
Was den Optativ betrifft: Ich dachte, der sei zu unserem Konjunktiv geworden?
Ist er auch... irgendwie.
Eigentlich sind dies zwei verschiedene Modi, die in einigen Sprachen wohl auch unterschieden werden (Optativ für Wunschsätze, Konjunktiv für irreale Handlungen) - wie genau das aussieht, wie was ersetzt wurde und was davon heut noch tatsächlich erhalten ist, weiß ich leider auch nicht.
Also so wie ich das auf der Wikipedia verstanden habe, ist der urindogermanische Optativ zu unserem Konjunktiv geworden, während der echte Konjunktiv verschwunden ist...
Das mit dem Zitieren üben wir aber nochmal, ne? Weniger ist mehr... :)
Zitat
Was den Optativ betrifft: Ich dachte, der sei zu unserem Konjunktiv geworden?
Jetzt weiß ich endlich, was mein Augenarzt meinte, als er eine Konjunktivitis diagnostizor. Und deshalb schak er mich zum Optiker? Ahhh. ::)
erst wenn er sagt "optativitis", mußt du dir wirklich sorgen machen ;D
Was ist denn der "urindogermanische Optativ?" muss man damit zum Augenarzt oder zum Urologen ;-) ?
vielleicht zum tierarzt. ein "dogerman" ist doch ein hund, oder?
Oder zum Neurologen/Psychiater? Ich meine wegen der "manischen" Komponente. :D
Zumindest öre ich hier konstat, daß es sich um eine seltene interdisziplinäre Krankheit handelt.
alles manisch, alles manisch
man isch doch nicht vom hund gebissen!
Alemannisch, alemannisch - gell?
oberdeutsch und frauenfeindlich?
Zitat von: philemon in 2005-06-07, 18:11:43
oberdeutsch und frauenfeindlich?
Och warum, ich kenne einige sehr nette Alefrauen ;D
aber bei der christlichen seefahrt nehmen sie wohl nur männer. da heißt es immer "alemann' an deck!"
die wollten Bier, tüüpisch... Ale, Mann , an Deck !
Zitat von: caru in 2005-06-07, 18:24:22
aber bei der christlichen seefahrt nehmen sie wohl nur männer. da heißt es immer "alemann' an deck!"
Und wenn es nun Bayern sind statt Alemannen? xD
Zitat von: caru in 2005-06-07, 18:24:22
aber bei der christlichen seefahrt nehmen sie wohl nur männer. da heißt es immer "alemann' an deck!"
Klar, besonders auf spanischen Schiffen, wenn die einheimische Besatzung mal wieder mit ihrem Spanisch am Ende ist. :D