Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Sprache => Thema gestartet von: amarillo in 2006-09-07, 09:23:21

Titel: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2006-09-07, 09:23:21
Beim gestrigen Interview des ORF mit dem Entführungsopfer N.K. fiel mir auf, daß Letztere das Partizip "gewunschen" benotz.
Ein Blick in unsere Liste zieg mir, daß wir die nämliche Form bevorzugen (wünschen - wunsch - wönsche - gewunschen). Handelt es sich hier um einen externen Erfolg, frug ich mich und goolg heute diese Form. Es kamen mehr als 20.000 Einträge dabei heraus.

Handelt es sich hierbei um eine vor allem im österreichischen Sprachraum anzutreffende Form? Wie sagen unsere Wiener Kollegen? Wird das Präteritum in Österreich auch entsprechend GSV-Eintrag zur Anwendung gebracht?
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: caru in 2006-09-07, 10:08:10
"gewunschen" dünkt mich eine alte österreichische form zu sein, ebenso wie "geschumpfen".


N. K. spricht, aus gründen ihrer einzigartigen lebensgeschichte, wie eine frau der vorvorigen generation; dazu paßt für mein gefühl das "gewunschen".
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2006-09-07, 11:07:55
Also wirkt "gewunschen" auf Dich sanft verstaubt?
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2006-09-07, 12:00:44
geschumpfen und gewunschen stehen auch schon auf der Roten Liste (http://verben.texttheater.net/v3/roteliste.htm).
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: caru in 2006-09-07, 21:08:37
Zitat von: amarillo in 2006-09-07, 11:07:55
Also wirkt "gewunschen" auf Dich sanft verstaubt?

ja. von meiner 92jährigen oma kann ich mir "gewunschen" vorstellen, von jüngeren leuten schwer. ich glaube auch, in der hochsprache sagt man das auch bei uns nicht.

die form erscheint übrigens 1x im 3. akt von strauss/hofmannsthals rosenkavalier (http://www.opera-guide.ch/libretto.php?id=353&uilang=en&lang=de).
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: AmelieZapf in 2006-09-08, 22:27:06
Hallo zusammen,

"gewunschen" ist nbair. noch in allen Altersklassen gängig. "geschumpfen" nicht.

Grüße,

Amy
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2006-09-10, 13:14:12
"scheren" ist ein setsames Verb; ich meine jetzt nicht seine Bedut "sich kümmern".
Auch im Hinblick auf 'schneiden' sind mir zwei Konjugationen geläufig: stark (schor - geschoren) und schwach (scherte - geschert). Dabei kann ich die verschiedenen Bedüte nicht einmal genau ausmachen.

Zur Sommerzeit schor ich den Kater.(Nicht wirklich!)

Beim Herunterfallen scherte der Betonblock den Stahlträger förmlich ab.

Klar, in beiden Fällen wird geschnitten, aber....
Kennt noch jemand weitere Verben dieser Art?
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2006-09-10, 13:23:40
Zitat von: amarillo in 2006-09-10, 13:14:12Beim Herunterfallen scherte der Betonblock den Stahlträger förmlich ab.
Hier haben wir es dann mit dem Verb abscheren zu tun.
Mir war das Verb zwar bisher nicht bekannt, aber laut canoo.net (http://www.canoo.net/services/Controller?dispatch=inflection&input=abscheren&features=%28Cat+V%29%28Aux+haben%29%28Conjug+Weak%29&country=D&lookup=caseInSensitive) gibt es auch hier sowohl die regelmäßige als auch die unregelmäßige Flexion.
Das normale "scheren" wird ja hauptsächlich unregelmäßig, laut Duden aber (seltener) auch regelmäßig gebeugt. Und das eben in jenem schnittigen Sinne.

Ein seltsames Verb fürwahr.
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2006-09-10, 13:28:54
Am "ab" allein kann es nicht liegen:
Über Jahrmillionen scherte das sich aufwölbende Gebirge die darüber liegenden Sedimentmassen.
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2006-09-10, 13:37:04
Das ist aber ein "scheren" nicht im Sinne von abschneiden, sondern von abschleifen. Im DWDS (http://www.dwds.de/?woerterbuch=1&kompakt=1&qu=scheren&last_corpus=DWDS&old_corpus=DWDS) wird dies als eigene - zweite - Bedeutung aufgeführt.
Allerdings gibt's hier keine Hinweise darauf, ob es in dieser Bedeutung NUR schwach oder auch stark konjugiert werden kann.

Vielleicht sollten wir auf einen sprachlich bewanderten Gesteinsexperten warten...
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2006-09-14, 15:24:28
Zitat von: amarillo in 2006-09-10, 13:28:54
Am "ab" allein kann es nicht liegen:
Über Jahrmillionen scherte das sich aufwölbende Gebirge die darüber liegenden Sedimentmassen.
'Sich kümmern (um jmdn./etw.)' heißt bei uns auch 'sich scheren (um)'. Seine Stiefmutter hat sich um ihn nie geschert. (Wohl haupts. - nahezu immer? - als 'sich nicht scheren (um)' verwonden. Nebenbedoyt: sich einmischen: Scher dich nicht drum!)

Bei 'scheren' (von Schafen, Kömöndören etc.) gibt mein koreanisch - tajces/(und d. - k.) Wb. übrigens & sogar an: schierst, schiert, schier!
Aber das steht schon irgendwo.
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2006-09-14, 17:54:08
Zitat von: VerbOrg in 2006-09-10, 13:37:04
Das ist aber ein "scheren" nicht im Sinne von abschneiden, sondern von abschleifen. Im DWDS (http://www.dwds.de/?woerterbuch=1&kompakt=1&qu=scheren&last_corpus=DWDS&old_corpus=DWDS) wird dies als eigene - zweite - Bedeutung aufgeführt.
Allerdings gibt's hier keine Hinweise darauf, ob es in dieser Bedeutung NUR schwach oder auch stark konjugiert werden kann.

Vielleicht sollten wir auf einen sprachlich bewanderten Gesteinsexperten warten...
Meines Erachtens bedeutet es weder "abschneiden" noch "abschleifen", sondern "parallel zueinander verschieben".
http://de.wikipedia.org/wiki/Scherkraft
Das obige "Beim Herunterfallen scherte der Betonblock den Stahlträger förmlich ab." halte ich für eine irrtümliche Verwendung. Man recherchiere unter "Scherwiderstand", "Scherfuge", "Fugenscherung", "Scherfestigkeit", "Scherversuch", "Scherverformungen" usw.

Die "Schere" ist ein Gerät, bei dem zwei flache Metallstücke parallel (im Sinne der Flächenbewegung) gegeneinander verschoben werden. "Scheren" im Sinne von schneiden ist dann von diesem Wort abgeleitet. Im technischen Bereich hat "abscheren" jedoch noch eine andere, eigentlich dritte Bedeutung:
http://www.bauwerk-verlag.de/baulexikon/index.shtml?ABSCHEREN.HTM

Meines Erachtens wäre eine mögliche Verwendung dieses Begriffes (die nicht aus der Definition unmittelbar folgt):
"Wegen der plötzlichen Drehung des Kranes scherte der Betonblock vom Stahlträger ab und fiel herab." Was bedeutet, dass die Halterung, die den Betonblock mit dem Stahlträger verband, parallel zur Verbindungsebene belastet wurde und sich durch eben diese Belastung löste.
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2006-09-14, 20:39:21
In meinem Etymologiebuch (dem 'Pfeifer') finde ich zwei 'scheren':

1) scheren1 - '(eine Oberfläche) kahlschneiden, rasieren, etw. kurz abschneiden'. Das starke Verbum ahd. skeran 'schneiden, scheren' (8. Jh.), mhd. schern '(ab)schneiden, scheren, durch Scheren der Tonsur zum Mönch bestimmen, abernten, belästigen, quälen, abteilen, ordnen', mnd. schêren, mnl. scêren 'schaben, kratzen (Dieses 'scheren' gibt es auch bei uns - (oo)-schea-n], scheren, nl. scheren, aengl. sceran, engl. to shear 'scheren, abschneiden, mähen', anord. skera 'schneiden, schlachten', schwed. skära
hat neben sich ein (im Nhd. nicht erhaltenes) schwaches
Verbum ahd. skerren 'einordnen, einlassen, begrenzen' (um 800), mhd. schern '(ab)teilen, wohin schaffen, absondern, ausschließen, zuteilen', asächs. skerian 'zu-, einteilen', mnd. schêren, mnl. scêren 'zuteilen', aengl. scearian 'zuteilen, bestimmen'. Das schwache Verb gehört semantisch zu den unter Schar1 behandelten Substantivformen [- die ich hier nicht näher erwähne -] und ist wohl als Denominativum aufzufassen.
[Vermot: Ob nicht doch der G'scherte (Gscheade) eher auf dieses Verbum zurückgeht - einer, der ausgeschlossen, eingeordnet, begrenzt, zugeteilt ... - wird) als, wie fast jedeR zu wissen glaubt, auf die Kurzhaartracht ländlicher Unfreier? Ein geschorenes Schaf schwankt nämlich im Dialekt - wo überall? - zwischen 'gschead' und 'gschoa-n/gschua-n'. Vielleicht hat aber der 'G'scherte' verhindert, daß man leichthin auch ein geschorenes Schaf als 'gscheads Schoof' bezeichnet.]

Außergerman. sind verwandt ... griech. keírein 'abschneiden, scheren', lit. skìrti 'trennen, teilen, scheiden, zuteilen', lat. caro 'Fleisch'... sowie air. scar(a)im 'trenne'. Erschließbar ist eine ... Wurzel ie. *(s)ker(e - Schwalaut) - 'schneiden'. Hierher gehören Wendungen wie sich (nicht) um etwas scheren 'sich (nicht) kümmern, sorgen um etwas' (17. Jhdt.) [Ein 'positives Beispiel' - danke, lieber Thomas Ofenböck! - ist: 'Ich allein hab mich um dich geschert.'], heute meist schwach flektiert (unter Einfluß von scheren²?), wohl auf die Bedeutung von mhd. schern 'belästigen, quälen (...) zurückgehend; (alles) über einen Kamm scheren ... (16. Jh.); sein Schäfchen scheren (18. Jh.), ungeschoren ..., ahd. ungiscoran (10. Jh.), mhd. ungeschorn. Schererei ... (18. Jh.)

2) scheren² - 'sich fortmachen, sich packen, sich entfernen', älter 'schnell eilen, entkommen' (15. Jh.), vgl. nd. scheren 'gehen, eilen, laufen'. Die Herkunft des schwachen Verbs ist unsicher. Vielleicht kann es an ahd. skerôn 'mutwillig sein', aber auch an 'sich ausruhen' (9. Jh.) angeschlossen werden. Außergerman. sind ... griech. skaírein 'springen, hüpfen', ... russ. skóryj 'schnell, flink', ... vergleichbar, so daß auf die Wurzel ie. *(s)ker(e - Schwa) - 'springen, herumspringen', eigentl. '(sich) drehend bewegen, schwingen' zurückgegangen werden kann. Zu deren Erweiterungen gehören Scherz und schrecken1. ...

ausscheren 'aus der Reihe gehen, den Kurs verlassen, aus dem Schiffsverband herausfahren' (19. Jh.), allgemein 'sich von einer Gemeinschaft absondern' (20. Jh.). Aus der Seemannssprache; vgl. nd. scheren 'gehen, eilen, laufen', auch 'hin und her schweben, fliegen oder fahren' und 'beim Schlittschuhlaufen nach beiden Seiten in Halbkreisen ausschweifen' (18. Jh.), 'seitlich abweichen' (19. Jh.).
       
Titel: Re:Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2006-09-14, 21:06:43
Danke für die ausfühlrige Reschursch, also war meine pseudoetymologische Ableitung von "scheren" im Sinne von Schneiden aus "scheren" im Sinne von Parallelverschieben falsch, und es ist wohl umgekohren, dass die Scherkräfte vom Mechanismus der zum Schneiden verwondenen Schere abgelitten sind. Was aber nichts daran ändert, dass die Scherung in der Technik, Geologie, Mathematik etc. mit Schneiden nichts zu tun hat.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2007-01-18, 19:28:24
Kann, soll, darf man "al dente" steigern?
Ich meine, es ist nicht steigerbar, da es bereits einen optimalen Zustand beschreibt. In der gerade laufenden Kochsendung sprechen die aber davon, daß die Nudeln noch etwas "al denter" sein könnten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2007-01-18, 19:33:05
Ist "al denter" so was wie "undurcher"? Also so was wie ungekochene Nudeln, die noch so richtig Biss haben?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2007-01-18, 20:07:50
al denter - dem optimalen Zustand stärker angenähert? Ich ließe es durchgehen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2007-01-18, 20:10:33
Und jetzt er noch fehlende Superlativ: "al dentissimo" gegen "am al dentesten"....
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Stollentroll in 2007-01-18, 20:54:29
Zitat von: amarillo in 2007-01-18, 20:10:33
Und jetzt er noch fehlende Superlativ: "al dentissimo" gegen "am al dentesten"....

Und ich dachte immer, es hiesse "al fredissimo"   ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2007-01-19, 14:11:36
Zitat von: amarillo in 2007-01-18, 19:28:24
Kann, soll, darf man "al dente" steigern?

Nur mit 'al presidente', unter autoritären Röschimen meinethalben auch mit 'al dissidente'.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2007-03-14, 12:15:00
... bei der gestrigen sturg von flugs fiel mir auf, wie seltsam der superlativ flugsest klingt ... bei genauerem nachdenken fiel mir nicht einmal ein, ob ich jemals irgendwo den komparativ oder superlativ zu flugs gelesen, bzw. gehört hätte ...

... weiß jemand, ob dies (gegen alle regel) ein wort ist, das man einfach nicht steigert, oder ob die steigerungsformen einfach nur so veraltet sind, daß man sich ihrer nicht mehr erinnert und sie deshalb seltsam klingen?

u.a.w.g. - und zwar flugs :D (besser noch flugser, bzw. flugsest)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-03-14, 12:25:44
Ich glaube, es ist nicht gegen alle, sondern gemäß aller Regel in der Standardgrammatik nicht steigerbar. Es ist ebenso wie morgens, abends, mittels von einem Substantiv abgeleitet und bedeutet ursprünglich "im Flug", und ich glaube nicht, dass solche Wörter im Prinzip steigerbar sind.

Natürlich sollen sie aber von uns steigerbar gemacht werden!

Wie wäre es mit "flugs, flügers, flügests"?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2007-03-14, 12:34:49
Zitat von: Agricola in 2007-03-14, 12:25:44
... ich glaube nicht, dass solche Wörter im Prinzip steigerbar sind.

... naja, WISSEN wäre mir lieber als GLAUBEN :D ... wäre aber doch ein bißchen seltsam, wenn ausgerechnet flugs nicht steigerbar ist, da ja alle sühnonuehme (rasch, schnell, eilig) steigerbar sind ... morgens, abends und mittels fallen da schon in eine andere kategorie (noch schneller als flugs kann ich mir vorstellen und würde auch sinnvoll sein, aber abendlicher als abends wäre schon unsinnig) ...

Zitat von: Agricola in 2007-03-14, 12:25:44
Natürlich sollen sie aber von uns steigerbar gemacht werden!

jahaaaaa :D ... vielleicht finden sich ja noch andere solcher wörter, die eigelnt einer sturg bedürfen? ... das wäre mal ein hübsches neues feld für uns ... aber sinnvoll begründbar sollten neue -ative (kompar und superl) schon sein, was ich mir gerade bei morgens und abends nicht vorstellen kann* ...


* indes bin ich mir sicher, daß der listige bauer auch dafür garantiert eine begründung (begrand?) findet ;) ... ich bin jedenfalls gespannen!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-03-14, 13:09:57
Zitat von: katakura in 2007-03-14, 12:34:49
Zitat von: Agricola in 2007-03-14, 12:25:44
... ich glaube nicht, dass solche Wörter im Prinzip steigerbar sind.

... naja, WISSEN wäre mir lieber als GLAUBEN :D ... wäre aber doch ein bißchen seltsam, wenn ausgerechnet flugs nicht steigerbar ist, da ja alle sühnonuehme (rasch, schnell, eilig) steigerbar sind ... morgens, abends und mittels fallen da schon in eine andere kategorie (noch schneller als flugs kann ich mir vorstellen und würde auch sinnvoll sein, aber abendlicher als abends wäre schon unsinnig) ...

Zitat von: Agricola in 2007-03-14, 12:25:44
Natürlich sollen sie aber von uns steigerbar gemacht werden!

jahaaaaa :D ... vielleicht finden sich ja noch andere solcher wörter, die eigelnt einer sturg bedürfen? ... das wäre mal ein hübsches neues feld für uns ... aber sinnvoll begründbar sollten neue -ative (kompar und superl) schon sein, was ich mir gerade bei morgens und abends nicht vorstellen kann* ...


* indes bin ich mir sicher, daß der listige bauer auch dafür garantiert eine begründung (begrand?) findet ;) ... ich bin jedenfalls gespannen!
Es hängt durchaus von dem Bildungsgesetz ab, nach dem eine Vokabel zustandegekommen ist. "Flugs" ist in dem Sinne einem Ausdruck wie "per Eilpost" ähnlicher als einem adverbialisierten Adjektiv wie "rasch".
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2007-03-14, 13:31:53
Zitat von: Agricola in 2007-03-14, 13:09:57
Es hängt durchaus von dem Bildungsgesetz ab, nach dem eine Vokabel zustandegekommen ist. "Flugs" ist in dem Sinne einem Ausdruck wie "per Eilpost" ähnlicher als einem adverbialisierten Adjektiv wie "rasch".

... aber von der bedeutung her ist es ebenjenen worten ahlner und sollte drum gestirgen werden ...

... et ceterum censeo, carthaginem esse delendam! :D ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-03-14, 14:11:26
Wegen des Sollens rennst Du bei mir ja offene Türen ein! Es ging mir ja nur um die Erklur, warum in der Standardsprache für dieses Wort keine Steigerungsformen vorhanden sind. Also mache Dich eilendsts daran, solche Formen zu entwickeln!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2007-03-14, 14:24:32
flugs schaut mir nach einem (ehemaligen) Genitivus absolutus aus, in der Bedeutung im Flug. Und, so argumentiert der Advokat des Teufels, entweder etwas geschieht fliegend oder eben nicht.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2007-03-14, 14:52:17
Zitat von: Agricola in 2007-03-14, 14:11:26
Wegen des Sollens rennst Du bei mir ja offene Türen ein!
... ich weiß, ich weiß ;D ... die frage ist nur, ob es noch andere ahlner worte gibt, die bisher einer stirg/sturg gebrechen ... fallen dir noch welche ein? ... vielleicht ist flugs ja eine ausnahme ... wie dem auch sei, ich stelle mal zur diskussion:

flugs - flugser - am flugsesten
flugs - flügser - flügest


Zitat von: Kilian in 2007-03-14, 14:24:32
flugs schaut mir nach einem (ehemaligen) Genitivus absolutus aus, in der Bedeutung im Flug. Und, so argumentiert der Advokat des Teufels, entweder etwas geschieht fliegend oder eben nicht.

... naja, man kann ja langsamer (flugs) oder schneller (flugser) fliegen :D ... und wenn es tatsalch von "im fluge" kommt, böte sich doch eine analogiebildung an: das neue deutsche wort

laufs (von "im lauf" - was ja ebenfalls schneller als normal ist) ...

... aber was, oh großer administrierender ator, machen wir denn nun mit flugs ???
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2007-03-14, 18:08:25
Ich sehe es eher so, dass es sich bei flugs um ein reines Adverb handelt. Diese sind nun mal eigentlich nicht steigerbar (die GSV macht da gern Ausnahmen).

Schnell, rasch, flink sind dagegen auch als Adjektive verwendbar. Davon kann man dann halt Stirge ableiten.

Von einem schnellen Flug hab ich schon mal gehoren. Einen flugsen Flug kann ich mir - trotz des lutzigen Wortspiels - nicht vorstellen.


Die Stirg, wenn sie denn sein soll bölde ich so:

flugs - flügser - am flügsesten
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-03-14, 18:44:03
Zitat von: katakura in 2007-03-14, 14:52:17
die frage ist nur, ob es noch andere ahlner worte gibt, die bisher einer stirg/sturg gebrechen ... fallen dir noch welche ein?
Ich hab' doch schon eines verwandt in meinem Beitrag und sogar kursiv gesetzt, damit Du es nicht übersiehst!

Außerdem: stracks, geradewegs
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Ku in 2007-03-14, 18:48:26
Wo wir jetzt schon mal konsekvent mit der Verkomplizur fortfahren wollen, schlüge ich vor:

flugs – flückser – flücksest

oder noch lieber

flugs – flüxer – flüxxest
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2007-03-14, 18:52:42
bald - bälder - am bäldsten
eigentlich - eigenertlich - eigenerstlich
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2007-03-14, 19:03:15
morgens - morgenser - am morgensten (immer früher am Morgen)
nachts - nächtser - am nächtsesten (am nächtsesten ist schon fast wieder morgens)

Ist einxlich mittags auch steigerbar? Evtl. je zwölfer desto mittagser?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-03-14, 19:03:36
Zitat von: Ku in 2007-03-14, 18:48:26
flugs – flüxer – flüxxest
Oh ja!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Ku in 2007-03-14, 19:15:13
Als es endlich am morgensten war und mein Wecker klingelste, ahnte ich schon, dass es bald immer mittaxer werden würde. Und siehe, bald war es so mittax, mittaxer konnte es gar nicht werden.   
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2007-03-16, 10:58:46
Zitat von: VerbOrg in 2007-03-14, 18:08:25
Ich sehe es eher so, dass es sich bei flugs um ein reines Adverb handelt. Diese sind nun mal eigentlich nicht steigerbar (die GSV macht da gern Ausnahmen).

... oft ist auch ein adverb und steigerbar ... aber grundsaltz gibt es wohl nur wenige adverbien im deutschen, die (bislang! ;D) gestirgen werden ...

... im übrigen habe ich zum thema steigerung einen neuen faden eingerichtet, da es ja auch früher schon einige versuche der sturg gegeben hat

siehe --> positiv - komparativ - superlativ - elativ/exzessiv
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2007-10-31, 15:51:14
Oh Großer Administrator!

Was bezwocken Dero Ehren, auf der Haupzeite "Dank unseren Schweden..." statt "Dank unserer Schweden..." zu Schirm zu bringen? Das "Dank" ist doch kein Nomen hieroselbst sondern eine Interjektion, welche nach dem Genitiv schriee.
Sehen meine kümmerlichen Lichter Lapsoide, wo sich schlußendlich gar keine verbärgen? Narrt mich ein Spuk? Öret Ihr nachgerade zu zeitgenössischem Dativismus konvert?

In tiefem Verzwulf

Dero Gnaden alleruntertänigster Wurm

amarillo :'(
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2007-10-31, 16:05:49
Ich denk mir, daß der Kilian mit diesem Dativ schreiben wewull, daß das gar keine lupenreinen Schweden sind oder seien. Es muß so etwas wie Konjunktive doch auch beim Hauptwort und anderen Declinabilibus geben.
Um das mit einem Beispiel & blöden Schmäh zu verdeutlichen - für den ich mich in diesem Zusammenhang fast schon entschalkden muß:
Dank unserem Ku hat die lüderarische Gattung der Balladenparodie demantene Höhen urstieng! 
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2007-10-31, 16:48:23
Dank und trotz sind, so weit ich weiß, die klassischen Beispiele für den seltenen Fall, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine angestammte Bastion des Dativs auch in der Schriftsprache immer mehr von genitivischem Gebrauch durchsotzen ward. Statt umgekehrt. Daher sind die beiden auch auf der Liste (http://verben.texttheater.de/Rettet_des_Genitivs!) schon seit Jahren eingeklormmen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2007-10-31, 17:38:33
Zitat von: Kilian in 2007-10-31, 16:48:23
Dank und trotz sind, so weit ich weiß, die klassischen Beispiele für den seltenen Fall, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine angestammte Bastion des Dativs auch in der Schriftsprache immer mehr von genitivischem Gebrauch durchsotzen ward. (...)

Lieber Kilian!
Dank Dir weiß ich das jetzt auch.
Dank Dir!
D. B.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2007-10-31, 17:52:41
Zitat von: Kilian in 2007-10-31, 16:48:23
Dank und trotz sind, so weit ich weiß, die klassischen Beispiele für den seltenen Fall, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine angestammte Bastion des Dativs auch in der Schriftsprache immer mehr von genitivischem Gebrauch durchsotzen ward. Statt umgekehrt. Daher sind die beiden auch auf der Liste (http://verben.texttheater.de/Rettet_des_Genitivs!) schon seit Jahren eingeklormmen.

Ein Trend, der, solange er Migration in diese Richtung aufweist, unseres uneingeschronkenen Unterstutzes bedarf:

Nieder mit dem Joch des dritten Falles und den Handlangern des dativischen Sprachimperialismus; lang lebe die genitivische Arbeiterschaft! ;D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-10-31, 22:43:40
Zitat von: Berthold in 2007-10-31, 16:05:49
und anderen Declinabiliis

Oh Berthold, da empfähle ich doch bei der dritten Declinationi zu bleiben, und da hat man doch von "Declinabilibus" zu spechen!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2007-11-01, 21:10:06
Zitat von: Agricola in 2007-10-31, 22:43:40
Zitat von: Berthold in 2007-10-31, 16:05:49
und anderen Declinabiliis

Oh Berthold, da empfähle ich doch bei der dritten Declinationi zu bleiben, und da hat man doch von "Declinabilibus" zu spechen!

Jössasnaa(n)! Recht hast Du! - Ich hab's ausgebornz.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2007-11-02, 17:57:40
Da dieser Faden nun einmal "Anfrage" heißt, gestatte ich mir, eine weitere Anfrage anzufügen, wenngleich sie mit der bisherigen Strippe nichts zu tun hat. Söben las ich im MIAL:

Ob auch Schusswaffen und Messer benutzt wurden, konnte der Polizeisprecher nicht bestätigen.

Ist das ein korrekter Satz? Mir kommt es so vor, als könne man zwar entweder

Ob auch Schusswaffen und Messer benutzt wurden, konnte der Polizeisprecher nicht sagen.

oder

Dass auch Schusswaffen und Messer benutzt wurden, konnte der Polizeisprecher nicht bestätigen.

sagen, aber die Kombination mit "ob" und "bestätigen" geht mir gegen den Strich. Was meint Ihr?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2007-11-02, 18:44:15
Mir auch! Ich verpieße dem Journalisten eine sanfte Ohrfeige.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-01-05, 20:15:28
Mal unabhängig von den Gepflogenheiten der GSV:
Die Partizipien 'verwünscht' und 'verwunschen' haben in meinem Ohr sehr ähnlichen Anklang, beide sagen aus, daß jemand oder etwas mit einem Zauber belagen ist. Allerdings klingt 'verwunschen' (für mich) positiver und märchenhafter, als 'verwünscht', aber eine klare Abgranz bringe ich nicht zuwege.
Kriegt Ihr das hin?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-05, 20:49:48
Es sieht zwar so aus, als könne verwunschen ein starkes Partizip von verwünschen sein, aber ich empfinde es nicht mehr so. Kann man überhaupt sagen "die Fee hatte den Brunnen verwunschen"? Es scheint mir eher ein Adjektiv zu sein: Der Brunnen war verwunschen, da die Fee ihn verwünscht hatte. Also: verwunschen beschreibt den Zustand, verwünscht den (abgeschlossenen) Vorgang.

Aber das ist nur eine Vermutung aus dem hohlen Bauch heraus.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-05, 21:08:12

Ich möcht jetzt nur herschreiben, daß - was Du ja mittlerweile eh wissen wirst - über verwünscht/verwunschen im Internet viel & lebhaft diskudnor wird. Z.B. schrieb die Frau Gunhild Simon allerhand drüber: -> http://newsgroups.derkeiler.com/Archive/De/de.etc.sprache.deutsch/2008-01/msg00196.html
Dort heißt es auch, 'andere Beispiele' seien 'verschroben, verwoben, erkoren, gerochen (Ich vermute: von rächen; B.; siehe etwa das Volkslied 'Das Schloß in Österreich', wo sich auf '... Tod ward gerochen' /'... erstochen' reimt), geplogen (gepflogen?, B.), gesogen, hartgesotten, gespalten, zerstoben, gewandt.'
Diese Frau Simon sesülle doch oygelnt von unserer Arbeit und unserem Gelächter informmor werden.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-01-05, 21:33:31
Aber zu den Beispielen wie 'verschroben' oder 'verwoben' gibt es ja keine (mir bekonnene) schwache Form.
Eigelnt wewull ich auch ledalg Eure persolnen Eindrücke haben, die Diskuss im Netz interessöre mich weniger. Kann man Eurer Meinung nach sagen:
1. Die Fee hat den Prinz verwünscht, jetzt ist er verwünscht.
2. Die Fee hat den Prinzen verwunschen, jetzt ist er verwunschen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2008-01-05, 21:38:20
Ich denke mal, dass man den ersten Satz sagen kekünne, wenngleich er blöd klänge.
Für mich hieße es daher eher:

3. Die Fee hat den Prinz verwünscht, jetzt ist er verwunschen.

Insofern schließe ich mich der Erklur Agricolas an. - Aus dem Bauch heraus.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-05, 21:40:41
Dito.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2008-01-05, 21:49:28
Zitat von: amarillo in 2008-01-05, 20:15:28Allerdings klingt 'verwunschen' (für mich) positiver und märchenhafter, als 'verwünscht'

Dem schließe ich mich einerseits an. Verwunschen wird ja gern im übertragenen Sinne zur Beschreibung eines romantischen, geheimnisvollen Ortes beschrieben, verwünscht dagegen auch mal als Fluch: Dieser verwünschte Rasenmäher! Man kann auch sagen: Sie verwünschte ihre Idee, mit der Familie in den Urlaub zu fliegen.

Geht es hingegen wirklich um einen Zauber, höre ich aus verwünscht vs. verwunschen keine unterschiedliche Bewertung heraus.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-01-05, 22:06:54
Ja, das mit dem Fluch (der verwünschte Rasenmäher) leuchtet ein (= das verflixte Ding). Und die romantische Variante (ein verwunschener Ort...)(und bleibt geheimnisumwortten) scheint wohl mehr die Domäne des starken Partizips zu sein .
Somit kann man auch wohl beide adjektivisch verwenden, aber niemand süge: sie hat den Prinzen verwunschen. Alles klar! Seid bedonken!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-05, 22:15:10
Zitat von: amarillo in 2008-01-05, 21:33:31
Aber zu den Beispielen wie 'verschroben' oder 'verwoben' gibt es ja keine (mir bekonnene) schwache Form.
verschroben: verschraubt?
verwoben: verwebt
im letzteren Fall werden meines Wissens beide Formen in der Standardsprache nebeneinander verwendet/verwandt, und zwar verwebt für das transitive und verwoben für das intransitive Verb. Bei "verschroben" ist es nur so eine Idee, dass es von verschrauben kommen könnte.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: VerbOrg in 2008-01-05, 22:27:06
Irgendwie merkwürdig:

Zu verschroben sagt das Wortschatz-Portal der Leipziger Uni, es hilnde sich um ein Adjektiv,
Das Wörterbuch der deutschen Sprache dagegen behilnd es als part. Adjektiv - allerdings ohne eine Grundform zu nennen, von der dieses Partizip abgelitten ist.

Verschroben ist für mich jemand, der irgendwie merkwürdig verdrohen (also verschraubt) in der Birne ist.
Nie und nimmer nicht käme ich allerdinx auf die Idee, diese Person als verschraubt zu bezeichnen.

War's ein irgenzwann mal in die Welt gesotzener Spaß-Partizip aus verschrauben, der dann als geflolgener Begriff in die Welt hinausflog, ganz abgekolppen von der ursprulngen Bedut des Wortes verschraubt...?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-05, 22:35:46
Zitat von: Kilian in 2008-01-05, 21:49:28
Geht es hingegen wirklich um einen Zauber, höre ich aus verwünscht vs. verwunschen keine unterschiedliche Bewertung heraus.

Im Übergang zur Plagiolinguistik (genauer: Plagiolinquipsychologie) vermörke ich froychl, daß das -scht um Stecknadeln böser klingt als das -schen. Ich habe ihn verwunschen (jenen dann Verwunschenen) trüge ein wagn die Harmlöse vieler starker Partizipien II, worüber ich in 'Die Formen der Hawaiigans' (Ich schau jetzt nicht nach, sonst muß ich noch neu einloggen und mein Text ist weg) ein bisserl was guschrimp habe.
Und - wieder einmal werbe ich, vergempß, in eigener Sache: Im Vergleich zu 'guschrimp' dünkt mich 'geschrieben' namchl ein herzensgutes Wort zu sein, bei dem man leicht auch etwas ganz anderes schreiben kekünne, ohne daß es viel ausmieche. Da zöge es mich fast zu 'geschreibt', was ja eh 'geschraipt' gespronch/gesproŋ(g)ch wird.  
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-05, 23:21:00
Zitat von: VerbOrg in 2008-01-05, 22:27:06
(...)
Verschroben ist für mich jemand, der irgendwie merkwürdig verdrohen (also verschraubt) in der Birne ist.
Nie und nimmer nicht käme ich allerdinx auf die Idee, diese Person als verschraubt zu bezeichnen.

War's ein irgenzwann mal in die Welt gesotzener Spaß-Partizip aus verschrauben, der dann als geflolgener Begriff in die Welt hinausflog, ganz abgekolppen von der ursprulngen Bedut des Wortes verschraubt...?

Liebe VerbOrg!

Im 'Pfeifer' finde ich bei 'verschroben':
Part. adj. 'verdreht, absonderlich, wunderlich' (18. Jh.), zu verschrauben in dessen älterer Bedeutung 'verkehrt, falsch schrauben, verdrehen', das wie das zugehörige Simplex (schrauben) im Nieder- und Mitteldeutschen stark flektierende Formen angenommen hat.
- Verschrobenheit (18. Jh.)

Eine 'verschraubte' Person - etwa für eine 'Schreckschraube' - gibt's ja warchlk nicht, aber 'geschraubt' ('gekünstelt, geziert im Ausdruck'; 16. Jh.) gibt es sehr wohl. - Das wäre froychl ein Fall, wo ich, der Umstandskra(/ä)merei folgend, 'geschroben' vorzöge.

Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-06, 19:36:07

Zwei Ausdrücke zu 'Schraube, schrauben' sind mir eingafnall - aus unserem Dialekt - beide leicht veraltend:
A(n) Schraofm (masc.): Niederlage (z.B. in einem Wettkampf)
si schraofm: sich drücken (z.B. vor einer Arbeit)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-07, 09:28:24
Das sagen die Grimms zu verschroben:

VERSCHROBEN, adj., part. zu verschrauben, s. dies oben sp. 1151 unter 2, c, β; vgl. noch: gepflanzt habt ihr den sinn, dass der mensch von seinen nächsten abhange, schlicht, gerade, einfach; nicht von fremden, die nur das werk ihrer künstlichkeit mit ihm herauskünsteln, zusammengesetzt, erschroben, verschroben. IMMERMANN Münchh. 8, 5; in der norddeutschen

Bd. 25, Sp. 1165

umgangssprache braucht man das wort auch als part. im eigentlichen sinne des verbums: du hast die schraube ganz verschroben (statt verschraubt), in der schriftsprache dagegen in übertragener anwendung und durchaus adjectivisch.



Und zu verschrauben:


VERSCHRAUBEN, verb. fest schrauben, falsch schrauben, verdrehen. erst im nhd. auftauchend. über herkunft und form vgl. schrauben. das verbum finitum ist wenig gebräuchlich; häufig ist nur das particip. dieses lautet in der älteren sprache stets verschraubt, und so noch vereinzelt im 19. jahrh., besonders in eigentlicher bedeutung. daneben stellt sich im 18. jahrh. ein starkes verschroben ein, das jetzt herrschend ist und nur in übertragenem sinne steht, s. 2, b und c, β. eine nebenform verschraufen, part. verschrauft, ist besonders aufgeführt.

1,

a)  fest, zusammen schrauben, durch schrauben befestigen, vereinigen; vgl. an- sive einschrauben, intorquere coagmentum, cochleare, dicitur etiam verschrauben, et zueschrauben STIELER 1918;

an seines günners mund,
wann dieser etwas spricht, ist er durch festen bund
verklammert und verschraubt.
         LOGAU 3, 217;

so'n ding von staat, das ist so fest verschraubt,
so eingekittet seit jahrhunderten,
das bricht nicht gar so leicht.
         TIECK 5, 530.

b)  abgeschwächt, sich zu einem verschrauben, begeben, ihn besuchen (?): damit wir, so wir einmal zu einander oder zusammen kämen oder auff hochteutsch verschraubt wurden, ein wenig .. freündschafft hetten. LINDENER Katzip. 5; machet sich derhalben einmal .. zů der maysterin, zů der verschraubt or sich in ain finster kämmerlein. 347; darumb wer mein benötigt, der verschraube sich zů mir in maister Cůntzen Kellers gäszlein, ich bin zufinden. 361; solbald sich einer in unser oberkeit begeben oder verschrauben will. rastb. 167; ich .. suchte allerhand glücks-kräuter, absonderlich einen viereckigten klee zufinden, welcher durch seine heimliche krafft mich .. zu ihr transportiren und verschrauben solte. Simpl. 1, 496 Keller (1, 3, 21 var.).

c)  mit einer schraube verschlieszen, versperren CAMPE: disz wasser musz man sieden in einer verschraubten fläschen oder verlutirten kannen. TABERNAEMONT. 170 A; drei stunden lang in einer verschraupten flaschen gesotten. (1588) s. 252;

verschlosznes wird geraubt,
da drohet kein erbruch, wo man kein thor verschraubt.
         RÜCKERT (1882) 3, 241.

2)  falsch, unrichtig schrauben, durch falsches schrauben verderben, verdrehen CAMPE.

a)  eigentlich: verschrauben, cochleam male torquendo corrumpere FRISCH 2, 223c; die schraube hat sich verspannt und verschraubt. HERDER.

b)  meist übertragen gebraucht: viele, die durch studien und systemgeist ihre gesunde vernunft verschroben haben. KNIGGE umg. mit menschen 3, 148; die bücher haben sie ein wenig verschroben. IFFLAND 8, 236 (Albert von Thurneisen 1, 5);

muszt nie an keine herrlichkeit glauben,
noch weniger dich mit andacht verschrauben.
         TIECK 13, 331.

c)  so besonders im particip, verdreht, überspannt, exaltiert, verrückt, meist von geistiger beschaffenheit, vgl. dän. forskruet.

α)  in der form verschraubt: perioden, die man .. durch alle ihre verschränkte und verschraubte glieder und einschiebsel, kaum mit dem auge verfolgen kann. LESSING 6, 233; freylich hatte der könig in eben dieser rede sich verschiedener unbestimmter verschraubter ausdrücke bedient. WIELAND 29, 183; wenn ich die verschiedenen, zum theil sehr verschraubten formeln, in welchen er diesen satz aufstellt, recht verstehe. 36, 139; da ich jetzt ein paar heisze einsame stunden durchbrechen musz um in meine verschraubte wirthschaft zu gelangen, wohin mich ein paar alberne briefe auf das ängstlichste rufen. THÜMMEL reise 5, 292.

β)  gewöhnlicher verschroben, vgl. WEIGAND 2, 1006. KLUGE5 389b. GRIMM gramm. 2, 854: selbst die heftigste .. anstrengung

Bd. 25, Sp. 1152

(beim studieren) .. kann wohl das gemüth ermüden, .. aber es nicht verstimmen, wo es nicht vorher schon verschroben war, und daher geschmack an mystischen büchern und an offenbarungen fand, die über den gesunden menschenverstand hinausgehen. KANT 10, 234; keinen charakter zu haben, sondern wetterwendisch, launisch .. zu sein .. liegt in einer .. angeborenen anlage des verschrobenen witzes. 273; da ihr (der regenten) kopf noch nicht zu sehr verschroben und ihr herz noch nicht ganz versteinert ist. WIELAND 7, 233; nur eine träge, selbstsüchtige und verschrobene seele kann sich widerwillig oder hochmüthig von diesem traulichen orte abwenden. HEYSE kinder d. welt13 2, 122; ich könnte geschichten erzählen, auch wie ich hie und da so ein verschrobenes gemüth mit ein paar gesunden logischen schlüssen wieder zurechtgebracht habe. 141; es ist lächerlich, und nur das verschrobene gehirn einer alten jungfer kann auf so einen ganz unqualificirbaren gedanken kommen. zwei neue nov. (1878) 85.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-07, 11:30:13
Zitat von: Fleischers Grimm in 2008-01-07, 09:28:24
VERSCHRAUBEN, ... das particip ... lautet in der älteren sprache stets verschraubt, und so noch vereinzelt im 19. jahrh., besonders in eigentlicher bedeutung. daneben stellt sich im 18. jahrh. ein starkes verschroben ein, das jetzt herrschend ist ...

An der GSV des 18. Jahrhunderts sollten wir uns ein Beispiel nehmen - effektiv hat sie gearbeitet!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-08, 12:31:04
Eben im MIAL gelesen:

Statt über nackten Betonboden, legte McNabb den Ausstellern nahe, sollten die Besucher besser über Teppiche flanieren - das verleihe den Messetänden eine viel gediegenere Atmosphäre, so der gewitzte Anbieter von Auslegeware.

Das Argument verfing.


Geht das? Ich kenne nur sich in etwas verfangen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-08, 13:10:49
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-01-08, 12:31:04
Eben im MIAL gelesen:
Das Argument verfing.[/i]
Geht das? Ich kenne nur sich in etwas verfangen.

Das geht offenbar. Das 'Duden-Stilwörterbuch' hat bei
verfangen '2.: <etwas verfängt, meist verneint> etwas nützt, wirkt bei jmdm.: Dieser Trost, Trick verfängt nicht; Versprechungen, Ratschläge, solche Argumente, Bitten, diese Mittel verfangen bei ihm nicht.'

Ich kann mich nicht erinnern, so etwas je bei uns golens zu haben. Vielleicht ist's ein Regionalismus. Im hiesigen Dialekt hieße es wohl: Bae eam is so a(n) Rååd um(ma)suntßt; b. e. hüüf(f)t dees (goa) nikß; gääd dees nääd aeni/aene; funkdßeoniad dees nääd.   
   
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-08, 14:00:46
Ja, auch die Grimms haben einige Beispiele parat:

a)  verfangen mit sächlichem subjecte, absolut: mhd.

swaჳ mir ze lidenne geschiht,
eჳ vervâhe wol oder niht,
ich versuoche eჳ immer unz ich lebe.
         HARTMANN büchlein 1, 1065;

nhd. aber vil beichten und dick zu dem heiligen sacrament gon on soliche übung der tugend, das verfahet nüt und wurd der mensch nuwent dester verharteter. KEISERSBERG seelensp. 23a; und so die nit verfahen oder würken wolten oder die artznei versumpt war. feldbuch d. wundarzn. (1528) 78; dieser treu rath des königs Hiero verfieng nit vast gegen seinem sun Gelo, wann im stund sein herz zu Hannibal. Livius 127a, übersetzt von Carbach; do es aber nit verfahen wolt, dann der gunst des königs Tarquinii war zu grosz in dem römischen volk. 16; weil die güte so gar nicht verfangen hat. ABELE unordn. 33; dieser vorschlag verfieng. THÜMMEL 1, 254; suchte ich die vertheidigung des herabgesetzten zu übernehmen und seine vorzüge geltend zu machen; diesz aber verfieng nicht, man hatte partei ergriffen und blieb auf dem sinne. GÖTHE 29, 54; meine besten witze verfangen nichts mehr. SPIELHAGEN in reih u. glied 4, 83;

wenn fast kein mittel mehr in solcher noth verfing,
stund der beherzte geist doch allzeit unbeweget.
         CHR. GRYPHIUS poet. wälder 1, 272;

wen hat nicht dieser gift, wenn er verfängt, vergiftet?
         HAUGWITZ Sotiman 229;

der einzige trost, der noch verfing,
war, dasz es anderen nicht besser erging.
         WIELAND 21, 18;

welches fest man auch ersann,
ward umsonst begangen,
pfänderspiel und dritter mann
wollten nicht verfangen.
         GÖTHE 41, 28;


Heutzutage scheint jedoch hauptsalch nur noch die Phrase "Das Argument verfängt (nicht)" in Gebrauch zu sein. Jedenfalls liefert Google da einiges.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-09, 11:05:42

Lieber Karsten!
Du immer mit Deinen ollen Grimms, diesen Megabyte-Giganten! Das liest sich jetzt schon immer so, als berittest Du eine Neuauflage vor:
'Brothers Grimm, the luxus and redux Wöaschn, gently modernized by K. F. - Pentagon Press, Opladen', oder so.
Mache ich mit den ruhmvollen Brüdern den einfachen 'Zuckmückentest', dann schneiden sie gar nicht aufregend ab, obwohl Meigen damals schon längst publizoren hatte(!):

'ZUCKMÜCKE, f., mückenart KRÜNITZ öcon. encykl. 242, 361; chironome MOZIN d.-fr. wb. 43, 1305b. --'

Am geheimnisvollsten bei diesem Zitat finde ich die zwei Stricherln am Ende.
Nein, beim 'Zuckmückentest' erweist sich ein ganz anderes Wörterbuch als weit besser:
António Houaiss: Dicionário Houaiss da Língua Portuguesa. Temas & Debates, Lissabon 2003 (portugies. Ausgabe). Das ist ein Wörterbücherl!

Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-09, 11:34:07
Lieber Bertl!

Die Grimms sind wenigstens anleinig kostenlos verfügbar. Ich werd doch nicht meine ganzen Bücher mit hier ins Büro schleppen! Außerdem sind die meisten, wie schon an anderer Stelle erwahnen, noch in einem gigantischen Karton in Ellens Keller untergebracht, so dass der Grimm mein einziges "griffbereites" Nachschlagewerk ist. Außerdem finden sich dort noch einige Überraschungen, schöne starke Partizipien und Präterita, wie du an meinen umfangreichen Erwierten der roten Liste ersehen kannst.

Zur Zuckmücke ist denen wuhrl wenig eingefallen, aber mich stört das nicht, hab ich doch nix mit diesen Viecherln zu tun.  ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-10, 11:47:43
Lieber Karsten!

Ist ja wahr, und man sesülle vor solchen Sammlungen eh nur auf dem Bauch im Staube liegen. Noch dazu bin ich selber ein strenger Verfechter der Gelehrsamkeit. Nur kekünne man den Professoren (schriebe ich jetzt 'Professoris', dann führe mir Agricola zum dritten Mal, mit 'Professoribus' drein) auch einmal eine Antwort aus ihrem Werk vorlegen, die sich gewaschen hat und in eine ganz andere Richtung weist. Heute in der Nacht habe ich jenes Märchen - mehr wert dünkt es mich als ein Dutzend solcher Wörterbücher - wieder einmal gelesen und an seinem Ende derart Tränen vergossen (kein Schmäh!), wie sie bei mir sonst nur Meister Franzl Schubert hervorrufen kann.
Ich aktualisiere ein klein wagn den Schluß:

Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben: damit er aber die zwei Kisten mit dem Wörterbuch der Brüder Grimm im Niedersitzen nicht beschädigte, stellte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah er's, stieß ein klein wenig an, und beide Kisten plumpten hinab. Karsten, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so gute Art und, ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Büchern befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen wären. "So glücklich wie ich", rief er aus, "gibt es keinen Menschen unter der Sonne." Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2008-01-10, 13:56:56
Zitat von: Berthold in 2008-01-10, 11:47:43
... Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.

... na, ob karsten nicht wohl doch eher ganz befreit und wohlgemut in die nächste eckkneipe springt? ;D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-10, 15:47:37
Also, erst einmal hätt' ich ja den Klumpen Gold behalten.  ;D
Na ja, und wenn ich denn doch nur die Buchausgabe des Grimmschen Wörterbuches gehabt hätte, so hätt' ich's dennoch schad' gefunden, wenn sie mir in einen Brunnen gefallen wäre.

Das mit der Eckkneipe ist anzunehmen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-10, 16:48:52
Ist ein Grimm in'n Brunn' gefallen
hab ihn hören plumpen,
wär er nicht hineingefallen
hättst du nicht getrunken.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-15, 09:52:00
Ich bekam gestern eine Anfrage, die ich hiermit an alle weiterleite.

Bei einem Bekannten im Betrieb wird mittlerweile, wenn es um das Beseitigen von Produktionsengpässen geht, von Debottlenecking gesprochen. Mein Bekannter benötigt nun ein adäkwates deutsches Verb dafür. Fällt euch was ein?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-01-15, 11:22:39
Entflaschenhalsung
Entengpassung (könnte man zur Enten-Passung verschleifen)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-15, 15:18:07
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-01-15, 09:52:00
Ich bekam gestern eine Anfrage, die ich hiermit an alle weiterleite.

Bei einem Bekannten im Betrieb wird mittlerweile, wenn es um das Beseitigen von Produktionsengpässen geht, von Debottlenecking gesprochen. Mein Bekannter benötigt nun ein adäkwates deutsches Verb dafür. Fällt euch was ein?

Und das ist echt etwas anderes als ergänzen? Wozu's noch die Erganz gäbe.
Die Synonyme zu erweitern im Synonyme-Duden (dem wahrschoychln brauchbarsten von allen) lauten:
anbauen, aufstocken, ausbauen, ausdehnen, ausgestalten, ausweiten, bereichern, ergänzen, hinzufügen, hinzutun, verbreitern, vermehren, vergrößern, verstärken, weitern; (bildungsspr.): amplifizieren (vielleicht denkt ihr noch an den Impflaufeich); (veraltet): extendieren; (Fachspr.): dilatieren; (Politik, Wirtsch.): expandieren.

Vielleicht denkt man nun: Aber ein Bottleneck bei der Produktion ist doch was ganz Besonderes. - Ein Schmarr'n ist das was ganz Besonderes! Kunstverben wie erzeugänzen oder produlatieren sind wohl nicht erforderlich.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-15, 15:28:24
Zitat von: Berthold in 2008-01-15, 15:18:07
Vielleicht denkt man nun: Aber ein Bottleneck bei der Produktion ist doch was ganz Besonderes. - Ein Schmarr'n ist das was ganz Besonderes!
Ja, schon was Besonderes, denke ich.
Wie wär's mit "Passentengung"? Nicht zu verwechseln mit dem "Entenpassgang".
Oder "Öhrentnadelung".
Auf Neutsch vielleicht
Passentang, Öhrentnudel
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-15, 15:38:49

Mich stört da halt die erdachte, viersilbige Unstandskra/ämerei. Da wäre mir so was wie progeln (= die Produktion regeln) noch lieber. Nur klingt's nach mogeln. Und pregeln? Weitpassen?
Aber jetzt muß ich weiterarbeiten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-01-15, 15:44:00
Ich dachte auch schon an einen Kausativ, da ja etwas passend gemachen werden soll. Vielleicht weitpetzen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2008-01-15, 17:36:35
Es wird ja nicht die Produktion erweitert, sondern einzelne Teile davon entweder erweitert oder rationalisiert (infolgewessen dann die Möglichkeit besteht, die Produktion zu erweitern). Wenn man also sagen will "Wir müssen die Produktion X", braucht's schon ein eigenes Verb. Mir gefällt entflaschenhalsen am besten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-15, 22:06:03
Zitat von: Kilian in 2008-01-15, 17:36:35
Es wird ja nicht die Produktion erweitert, sondern einzelne Teile davon entweder erweitert oder rationalisiert (infolgewessen dann die Möglichkeit besteht, die Produktion zu erweitern). Wenn man also sagen will "Wir müssen die Produktion X", braucht's schon ein eigenes Verb. Mir gefällt entflaschenhalsen am besten.

Nein, tschuldige, lieber Kilian, aber derart ausgedacht entstehen keine Verben! Das ist fast wie 'entbierflasch(n)en' oder 'entbierbüchsnen' (im Gedanken an 'entnehmen') für Bier trinken. Oder 'entsuppentellern' oder was Dir noch einfällt. Noch treffendere Beispiele wären ja hier 'entsperrmüllen', 'entkühlschra/änken' oder gar 'entwurmfortsätzen'. 
Da gefiele es mir dann noch besser, jenes Verb gleich zu entfralsen zu kontrahieren. Dissimililoren aus entflalsen (vgl. Ahd. klobalouh (9. Jhdt.) -> Mhd. klobelouch -> Nhd. Knoblauch; mit den fn-Wörtern möchte ich's nicht übertreiben.).
Trotzdem ist Flaschenhals ein(e) Direkübertrug von 'bottleneck'. Als ich dieses Wort das erste Mal hur, wewußte ich echt nicht, daß das ein Engpaß sein soll - ganze Produktion da, Teile dort, erweitern hin, rationalisieren her.   
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Ku in 2008-01-15, 22:27:21
Zitat von: Berthold in 2008-01-15, 22:06:03
Zitat von: Kilian in 2008-01-15, 17:36:35
Es wird ja nicht die Produktion erweitert, sondern einzelne Teile davon entweder erweitert oder rationalisiert (infolgewessen dann die Möglichkeit besteht, die Produktion zu erweitern). Wenn man also sagen will "Wir müssen die Produktion X", braucht's schon ein eigenes Verb. Mir gefällt entflaschenhalsen am besten.

Nein, tschuldige, lieber Kilian, aber derart ausgedacht entstehen keine Verben! Das ist fast wie 'entbierflasch(n)en' oder 'entbierbüchsnen' (im Gedanken an 'entnehmen') für Bier trinken. Oder 'entsuppentellern' oder was Dir noch einfällt. Noch treffendere Beispiele wären ja hier 'entsperrmüllen', 'entkühlschra/änken' oder gar 'entwurmfortsätzen'. 

Da gefiele es mir dann noch besser, jenes Verb gleich zu entfralsen zu kontrahieren. Dissimililoren aus entflalsen (vgl. Ahd. klobalouh (9. Jhdt.) -> Mhd. klobelouch -> Nhd. Knoblauch; mit den fn-Wörtern möchte ich's nicht übertreiben.).

Trotzdem ist Flaschenhals ein(e) Direkübertrug von 'bottleneck'. Als ich dieses Wort das erste Mal hur, wewußte ich echt nicht, daß das ein Engpaß sein soll - ganze Produktion da, Teile dort, erweitern hin, rationalisieren her.   

Hilf mir, deine Ausführungen (fett und unterstrichen von mir) zu verstehen. Knoblauch? Und was sind fn-Wörter? Etwa unanfnändige?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2008-01-16, 00:41:01
*damit prahl, dass Berthold verstanden hab* Im Neuhochdeutschen wurde auch dem mhd. klobelouch Knoblauch. Mieche man genau entsprechend entfnalsen aus entflalsen, hätte man ein fn-Wort. Daher eine Variation: entfralsen.

ZitatNein, tschuldige, lieber Kilian, aber derart ausgedacht entstehen keine Verben!

Nicht von selbst, dazu gibt's uns ja. Die Bedeutungen der von dir vorgeschlagenen bestehenden Verben gehen jedenfalls MUSEN deutlich an der geforderten Bedeutung - Engpässe beseitigen - vorbei.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-16, 02:11:24
Ich öre jedenfalls auch dafür pläd, hier nicht den Flaschenhals ins Deutsche einzuführen, der ein Anglizismus wäre. "Passentengen" wäre meines Erachtens eine angemessene Buld, weil ja meistens nicht der Pass selbst, sondern nur seine Enge der Maßnahme zum Opfer fällt. Ich schlüge eine verschliffene Aussprache (passen-tengen) und eine daran angepassene Konjugation vor:

passentengen, ich tenge passen, ting passen (oder pieß), tinge passen (oder pieße), tenge passen!, passengetangen
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2008-01-16, 03:23:22
ZitatGrimm über denn: (http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=hierarchy&textsize=600&onlist=&word=denn&lemid=GD01603&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=#GD01603L0)

25b. in den Fastnachtspielen für auszer dasz,

so het er freis gemüts genunk,
denn das er ein wenig zu leppisch ist
         737, 2.

bei LUTHER, der niemals dann zuläszt, steht denn für nam enim so häufig, dasz beispiele nicht nöthig sind, für quam nur einige

Steht das wunderschöne, praktisch nur in der zur beiordnenden Konjunktion erstarrten Wortgruppe es sei denn sowie in biblischen Sätzen "Und ihm war ein Wort zuteil geworden von dem Heiligen Geist, er solle den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen" erhaltene denn in Bedeutung einer ausschließenden Bedingung eigentlich obligatorisch mit Konjunktiv I? Tausende lutherische "er habe denn"'s bei Google legen dies nahe, doch man findet auch "Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!", dem man nicht ansieht, ob es Konjunktiv I oder Indikativ ist. Ist ein formgleichheitsbedingtes Ausweichen auf den Konjunktiv II wie bei der indireken Rede nicht statthaft? Oder hat Luther es einfach verabsäumt? Wer Grammatiquerke o.Ä. hervorkramen kann, die dazu eine Aussage treffen, dem gebe ich in Aachen oder wo auch immer ein großes Getränk aus, ich saufe/söffe denn derart, dass ich mein Portemonnaie nicht finden kekünne.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-01-16, 03:50:56
Natürlich gips das auch mit Konjunktiv II, wie die Suche nach "ich möchte denn" zeigt (ich gebe nur die obersten Treffer ihrer Reihe nach):

"ich möchte denn port 135 sperren ..."
"ich möchte denn Windowsnachrichtendienst abschalten"
"Ich möchte denn menschen helfen damit die nicht An AIDS Sterben!"
"und ich möchte denn kindern ein lächeln wieder geben"
"mein jetztiger ist der 2.4.18-bf24 und ich möchte denn 2.4.18-k7 installieren"
"das problem ist nur, ich möchte denn text immer am gleichen ort"
"ich möchte denn billigsten versicherten versand"
"Hallo ich möchte denn Papierkorb in mein Arbeitsplatz haben und nicht mehr auf dem Dektop."
"ich möchte denn jenigen eltern helfen die einen kind haben"
"Ist mein erste µC und ich möchte denn nicht gleich zerflahen."

Ich fint diese Beispiele hüpsch (einschlielß des letzten Werps, dessen Bedaut sich mir noch nicht erschlisst), es bemerke denn jemand, das da Rechtschreipfehler drin sein.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-16, 10:47:07
Zitat von: Kilian in 2008-01-16, 00:41:01
*damit prahl, dass Berthold verstanden hab* Im Neuhochdeutschen wurde auch dem mhd. klobelouch Knoblauch. Mieche man genau entsprechend entfnalsen aus entflalsen, hätte man ein fn-Wort. Daher eine Variation: entfralsen.

ZitatNein, tschuldige, lieber Kilian, aber derart ausgedacht entstehen keine Verben!

Nicht von selbst, dazu gibt's uns ja. Die Bedeutungen der von dir vorgeschlagenen bestehenden Verben gehen jedenfalls MUSEN deutlich an der geforderten Bedeutung - Engpässe beseitigen - vorbei.

Nur noch als Nachtrag: Ich halte 'bottleneck' überhaupt für ein schlechtes Wort für Engpaß. Denn ein Flaschenhals gehört zur Tiefines einer Flasche. Besittäge man ihn, hätte man die Flaschenform ebenfalls virnuncht. Mit viel wägner Aufwand/Material ist doch eine Flasche zu vurschlienß als ein Zylinder. Leichter und in engere Gläser ist auch einzuschenken. Blubbert weiters so schön beim Trinken, während aus einem Zylinder fast wie aus einem Suppenteller zu schlürfen wäre - welche Antrenzerei! 
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-01-16, 11:05:18
Zitat von: Ku in 2008-01-15, 22:27:21
Hilf mir, deine Ausführungen (fett und unterstrichen von mir) zu verstehen. Knoblauch? Und was sind fn-Wörter? Etwa unanfnändige?

Weil Du mich frugst: Der Kilian hat's verstanden. War ja auch nicht schwer.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2008-02-20, 12:42:12
... da meine unwissenheit lateinens groß ist, möchte ich mal eine frage an die passionorenen latinos unter euch stellen ... in einer reisebeschreibung karl emil franzos' las ich folgendes:

"Das Schönste scheint mir jener Erzguss des Peter Vischer – o Henning Göden, was warst du klug! Als Propst rund, als Jurist spitz, hast du den Wittenberger Studenten vor 400 Jahren den Gaium und Ulpianum so fein ausgelegt, dass ihnen die ganze Welt wie ein Stachelgärtlein voll Paragrafen erschien, und über die kleinsten Kontroversen hast du die dicksten Wälzer geschrieben und wärest heute doch mit all deinen Büchern spurlos verschollen, ..."

... trotz googelns kam ich nicht drauf, wenn oder was franzos mit gaium und ulpianum meint ... es gibt zwar einen haufen lateinische texte, die diese worte enthalten - allein, daran scheitere ich eben :( ... kekünne mich bitte jemand von euch diesbezulg erleuchten?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-02-20, 13:18:52
Ich finde bei einer leicht modifickgeohrenen google-Suche auf der Seite "Klosterneuburg-Initien" (http://www.ksbm.oeaw.ac.at/kln/in/klnin_n.htm):

Nota haec nomina auctorum qui leges composuerunt: Vulpianus, Gaius [103], 96rb

(Merke diese Namen von Autoren, die Gesetze geschrieben haben: Vulpianus und Gaius)

Betreffs [V]ulpianus finde ich weiter dieses (http://de.wikisource.org/wiki/Die_Schedelsche_Weltchronik_(deutsch):118):

Vulpianus der rechtgelert ein fuertreffenlicher man des obgeschriben kaiser Alexanders beysitzer ist zu diser zeit von seiner mercklichen kunst vnd lere wegen bey demselben kaiser in großen weerde gehalten gewest vnd hat vor andern lerern alte wort vnd gesetz außgelegt vnd sunst vil schriften hinder ime gelassen.

Vermutlich handelt es sich um diesen (http://de.wikipedia.org/wiki/Ulpian).

Der andere wird wohl der hier (http://de.wikipedia.org/wiki/Gaius_%28Jurist%29) sein.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2008-02-20, 14:19:25
Zitat von: Agricola in 2008-02-20, 13:18:52
Vermutlich handelt es sich um diesen (http://de.wikipedia.org/wiki/Ulpian).
Der andere wird wohl der hier (http://de.wikipedia.org/wiki/Gaius_%28Jurist%29) sein.

... klasse, danke!!! :D ... ich bin eben schon an der beugung -um geschirten ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-09-06, 09:01:53
Wie muß es heißen?

Am Anfang jedes Jahres
Am Anfang jeden Jahres

???
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-09-06, 10:11:13
Danke der Mühen, habe es selbst gefunden, es muß natrül "jedes Jahres" heißen.
Schönes Wochenende noch!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2008-10-30, 15:51:07
Ich habe heute mal eine Frage an die Lateiner unter euch. Da meine Lateinkenntnisse nur unweselnt über Asterix-Niveau liegen, konnte ich einem Freund, der einen historischen Roman schreibt, nicht weiterhelfen, der frug:

Sind "Die Brüder des Schwans" mit "fratres cygni" richtig übersetzt?

So mir diesbezulg jemand weiterhülfe, wäre ich ihm zu unelndem Dank verpflochten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2008-10-30, 16:24:15
Mein Latein liegt noch unter Asterix-Niveau, aber mir deucht es richtig.

Seit wann benutzt du Großbuchstaben?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2008-10-30, 16:56:34
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-10-30, 16:24:15
Seit wann benutzt du Großbuchstaben?

... stimmt, fiel mir auch erst auf, als du es erwahnst ... tue ich eigelnt nie im forum ... allerdings schrieb ich die anfrage an der arbeit zwischen einer offiziösen mail und einem nicht minder offiziösen brief, von daher war ich wohl so im fluss, dass es mir gar nicht auffiel ... vielleicht liegt's auch an meiner gegenwärtigen abstinenz, was das schreiben im forum betrifft ... leider muss ich ja für den job immer "umswitchen" (b.t.w. switch, swotch, swotchen), da man dem alten vorschlag (der grimms?) eines konsequenten kleinschriebs bislang ja noch nicht näher treten wollte ...

... ansonsten deucht mir "fratres cygni" auch richtig, aber vielleicht kann dies ja einer unserer spezialisten (berthold? agricola?) noch definitiv bestätigen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2008-10-30, 18:51:18
Schwäne sind keine Zuckmücken; und um das Latein ist es im Zehnerviertel und in den anderen Wiener Neustädter Vorstädten schlecht baschtnall. Ich kann daher für diese Frage kein Spezialist sein. Falls ich wieder einmal mit einem lateinischen Summarium eine meiner wassenschuftlen Arbeiten beschließen sewedesüllwülldörfe (oder sewedörfwüllsülle), schäke ich meine dürftigen Zeilen, wie das letzte Mal, an meinen alten Lateinlehrer, Othmar Jarosch, mit der Bitte um strenge Korrektur.

Trotzdem: Ich denke, es stimmt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-10-30, 20:33:21
Wenn Asterix-Niveau bedüte, dass man Asterix in der lateinischen Ausgabe lesen kann, kekünne man damit ganz gut auskommen ...

"Frātrēs cygnī" ist OK. Man kekünne sich statt des griechischen Lehnwortes "cygnus" (von κύκνος) auch des schönen Wortes "olor" bedienen. Dann hieße es "frātrēs olōris". "Cygnus" ist allerdings die gebräuchlichere Vokabel, insbesondere in der Dichtung.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2008-10-31, 14:45:39
... seid bedonken! ... und einen angenehmen feiertag den protestanten unter euch :)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2008-10-31, 17:03:27
Wo wir gerade von Latein sprechen, muss ich das Motto aus Terry Pratchetts Small Gods zum besten geben, das mich gerade in der Straßenbahn zum Lachen brachte: Cuius testiculos habes, habeas cardia et cerebellum.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2008-10-31, 19:41:32
Und das übersetzt der entsprechende Google-Service mit:

"Wenn Sie haben eine gute Haftung auf ihre Bälle, ihre Herzen und Köpfe werden folgen."

Aber jetzt weiß ich endlich, was ein Ami zusätzlich meint, wenn er von einer dominanten Frau im Bezug auf deren Mann sagt: "She's got a twist on his balls..." aaaaauuuuutsch :D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2008-10-31, 21:19:22
Autsch in der Tat. Googles Übersetzungsmaschine verlässt sich massiv auf vorhandene parallele Korpora (also Sammlungen bereits zweisprachig vorliegender Texte). (Bei einem Wettbewerb hat er damit mal alle linguistisch raffinorenen Ansätze hinter sich gelassen.) So ist er auf das Folgen gekommen. Und das mit den Bällen - yikes, offenbar wird gerne auch mal über mehr als ein Sprachpaar hinweg übersotzen. :)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2008-11-01, 05:11:03
Zitat von: Kilian in 2008-10-31, 17:03:27
Wo wir gerade von Latein sprechen, muss ich das Motto aus Terry Pratchetts Small Gods zum besten geben, das mich gerade in der Straßenbahn zum Lachen brachte: Cuius testiculos habes, habeas cardia et cerebellum.

Was soll denn das heißen? Wahrscheinlich ist es doch ein verballhornter Hexameter, aber dann wären "habes" und "cardia" falsch. Vielleicht hieß es ursprünglich mal so:

cuius testiculos, habeas corda et cerebellum

"Wessen Hoden, dessen habe auch Herz und Gehirn"

bzw.

"Was du in den Hoden hast, mögest du auch im Herzen und Verstand haben"
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2009-01-17, 10:15:23
Ich bin es zufrieden.

Könnte man sagen, daß es sich bei obigem 'es' a) um einen Akkusativ handelt? Oder haben wir hier b) den Rest des Genitivs 'dessen' vor uns? Dürfen wir dann den Gesamtausdruck personalisieren: ich bin ihn zufrieden / ich bin seiner zufrieden ?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2009-01-17, 10:46:37
Zitatder früher allgemein gebrauchte gen. lebt nur als unverstandenes es weiter: poenitet me verbi tui ich bin deines worts nit zefriden FRISIUS 1015b; die münch der sach all wol zůfriden waren WICKRAM 1, 151 Bolte; solcher gnädigen urtheil war der bannwart wol zu frieden AGYRTAS grillenvertreiber  (1670) 48;

auch bin des diensts ich wohl zufrieden, den sie mir
geleistet
         GÖTHE 15, 188 W. (Faust 8788);

der pfaff desz wol zufrieden war
         H. SACHS 21, 333 G.;

meine mutter wars gleich zufrieden HEINSE 4, 23 Schüddekopf; ich bins zufrieden GÖTHE 8, 86; 9, 137; 10, 225 W.; ich bin es zufrieden FONTANE I 5, 147. danach wird ein unechter acc. von pron. gebraucht: das bin ich zufrieden A. H. BUCHOLTZ Herkulisk. 23, solches ZESEN adr. Rosemund 39 ndr.; ihr vater ist alles zufrieden GÖTHE 24, 162 W. ausnahmsweise mit acc. eines subst.: allein am ende wird er diese täuschung doch ganz gerne zufrieden seyn LESSING 7, 31 M.

http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=hierarchy&textsize=600&onlist=&word=zufrieden&lemid=GZ08081&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=#GZ08081L0
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2009-01-17, 11:29:19
Und somit fristet eine ehemals stolzer Genitiv ein Schattendasein als unechtes 'unverstandenes es'?
Is ja doll!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Vollfett in 2009-01-18, 21:31:36
Anlässlich der Hessen-Wahl höre ich von einer "satten Mehrheit".
Ist das das Gegenteil von einer "hungernden Minderheit"?

Oder ist "satt" einfach falsch?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2009-01-18, 23:33:42
Weder noch - das ist eine übertragene Bedeutung von satt, meint groß, deutlich erkennbar.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2009-01-19, 00:44:13
Dennoch finde ich, wir sollten die "hungrige Mehrheit" in den Sprachgebrauch einführen. Im Falle des Ergebnisses der vorangegangenen Hessenwahl könnte man sogar von einer "verhundernden linken Mehrheit" sprechen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2009-03-09, 20:51:20
Immer wieder mal höre ich :  "Meines Wissens nach...."
Das ist doch falsch und gehört gegolßen - oder? Die Präposition 'nach' regiert  den Dativ, so daß es heißen müßte: "Meinem Wissen nach...".
Allenfalls "meines Wissens..." klänge für mich akzeptabel.

Sehe ich das richtig und darf ich ab sofort auf die Verursacher solchen Gewäschs einprügeln, oder liege ich völlig daneben und gehöre am Ende selbst geprolgen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2009-03-09, 22:00:35
Ja, gilß, prilg! Diese Leute bringen zwei Dinge durcheinander: den Genitivus absolutus (oder, wie es auch bei uns neumodisch heißt, adverbialen Genitiv) und das nach mit Dativ. Beides geht, aber wenn man es mischt, muss man sich wenigstens auf uns berufen, auf den Übertreiber und auf die Ausdifferenzur der Adpositionen je nach Kasus (http://verben.texttheater.de/forum/index.php?topic=2516.msg39460#msg39460).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2009-03-09, 22:07:50
Verbandlichsten Dink, die sollen sich auf waß gefossen machen!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2009-03-11, 10:32:00
Es handelt sich um ein Unternehmen, das sich IN/IM Familienbesitz befindet.

Wie würdet Ihr sagen? Für mich klingen beide Varianten akzeptabel.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Ku in 2009-03-11, 12:01:33
Ich täte sagen:

Ich nehme etwas in den/meinen Besitz
Ich habe etwas in dem/meinem (im) Besitz

Also IM
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Fleischers Karsten in 2009-03-11, 12:33:11
Beides richtig, nur mit leichtem Bedautunterschied.
Keine Lust, viel zu tippen, deshalb einfach einen Knupf (http://www.korrekturen.de/forum/index.cgi/read/5708).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Thetabet in 2009-03-11, 12:55:59
also kann ich das so verstehen ...

Durch die finanzielle Notlage waren sie gezwungen den Bauernhof, welcher seit 300 Jahren im Familienbesitz war, zu verkaufen.
Allerdings legten sie Wert darauf, dass er in Familienbesitz bleiben solle und verkauften ihn an den Nachbarn.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2009-03-14, 00:18:02
... wenn etwas nicht von ungefähr kommt, dann kommt es also von gefähr, oder? ... wenn ja, in welche unserer zweimillionen listen pieße denn dieses schöne neue wort? (oder ist es gar nicht so neu wie ich wähne?) ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Agricola in 2009-03-14, 15:09:55
In diese (http://verben.texttheater.de/Entneinungen)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2009-03-15, 13:33:45
Zitat von: Agricola in 2009-03-14, 15:09:55
In diese (http://verben.texttheater.de/Entneinungen)

.. ja klar! *vor die stirn klaps* ... habe ich doch letzhin selbst erst ein paar sachen eingefogen! ... danke für die erorrn!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-04, 22:17:47
Hat jemand eine Erklur für diese selzamen Genus-Zuordnungen in der deutschen Sprache:

Meter (m.)
Millimeter (m.)
Kilometer (m.)
aber jetzt kommt es:

Nanometer (n.)

Und, um voreiligen Einwürfen zu begegnen, es handelt sich beim Nanometer nicht um ein Meßgerät sondern wirklich um die Längeneinheit!
Geht den Längen mit zunehmender Kürze (!) das Männliche verloren? Kommt es also doch auf die Länge an?

Außerdem:

das Thermometer
das Barometer
der/ das Chronometer
das Barometer
der / das Hygrometer
der Gasometer
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Gryphius in 2010-01-04, 22:30:50
Mannometer, Du kekünnest ja Fragen stellen! :D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Ku in 2010-01-04, 22:36:45
Und:

die Demeter
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-01-04, 22:37:58
Zitat von: amarillo in 2010-01-04, 22:17:47
Hat jemand eine Erklur für diese selzamen Genus-Zuordnungen in der deutschen Sprache:

Meter (m.)
Millimeter (m.)
Kilometer (m.)
aber jetzt kommt es:

Nanometer (n.)

Für alle fünf erlaubt der Wahrig beide Genera (außer in der Schweiz, da nur Maskulinum). Hatte ich nicht gewusst, für mich waren alle fünf bisher nur männlich gewesen! :o
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-05, 07:50:24
Da sind  die (http://wortschatz.uni-leipzig.de/) anderer Mien.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-01-05, 11:36:05
Wieso, da stehen doch gar keine Genusangaben dabei? Oder hab ich Tomaten auf den Augen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-05, 14:17:23
Doch, weit oben und ausgeschrieben (weiblich - männlich - sächlich).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-01-05, 14:23:04
Ich kann's partout nicht finden. Im deutschsprachigen Wortschatz-Portal oder im Wörterbuch? Oder woanders?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-05, 17:00:48
Versuch's mal hier (http://wortschatz.uni-leipzig.de/abfrage/).
Gib der Einfuch halber einen Begriff Deiner Wahl ein, das sich daraufhin öffnende Fenster enthält alle gespirchenen Infos zum Suchbegriff.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-05, 17:08:21
Hier als Beispiel die ersten Zeilen zu 'Nanometer':



Wort:  Nanometer
Anzahl: 141
Häufigkeitsklasse: 15 (d.h. der ist ca. 2^15 mal häufiger als das gesuchte Wort)
Sachgebiet:    Physik
Morphologie:    nan|o|met|er
Grammatikangaben:    Wortart: Substantiv
   Geschlecht: sächlich
   Flexion: das Nanometer, des Nanometers, dem Nanometer, das Nanometer
die Nanometer, der Nanometer, den Nanometern, die Nanometer
Links zu anderen Wörtern:

    * Grundform: Nanometer
    * Form(en): Nanometer, Nanometern, Nanometers

Dornseiff-Bedeutungsgruppen:

    * 4.4 Klein: Mikrogramm, Mikrometer, Milligramm, Millimeter, Nanogramm, Nanometer
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-01-05, 18:54:08
Oh ja. Bei Meter hamse nüscht dergleichen. Die spinnen, die Leipzscher. ;D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-24, 14:06:25
Unsere Nachbarin wurde 1. von einem gesunden Knaben - 2. von einer erfahrenen Hebamme entbunden.

Ich kriege diese Doppelbedut grammatisch einfach nicht kategorisoren.
1. Kann mir mal bitte jemand helfen?
2. Gibt es mehr solche seltsamen Doppler?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-01-24, 14:32:02
Eine erfahrene Hebamme entband sie von einem gesunden Knaben. → Sie wurde von einer erfahrenen Hebamme von einem gesunden Knaben entbunden.

Gott erlöste sie von dem Bösen → Sie wurde von Gott von dem Bösen erlosen.

Ihr Lehrer befreite sie vom Unterricht. → Sie wurde von ihrem Lehrer vom Unterricht befreit.

In den Passivsätzen rechts ist das Kursive jeweils eine von-Präpositionalphrase, die erst durch die Passivur zustandegekommen ist. Dahingegen ist die fette von-Präpositionalphrase auch schon im Aktiv vorhanden, weil einige Verben, darunter entbinden, erlösen, befreien eine solche fordern bzw. zulassen. So wie andere Verben Ergänzungen mit anderen Präpositionen fordern oder zulassen, z.B. verstehen unter, sprechen über, sprechen mit, gemahnen an...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-01-24, 17:39:55
Angekommen und sogar begriffen - tausend Dank!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Übertreiber in 2010-01-24, 20:12:27
Zitat von: Kilian in 2010-01-24, 14:32:02
Eine erfahrene Hebamme entband sie von einem gesunden Knaben. → Sie wurde von einer erfahrenen Hebamme von einem gesunden Knaben entbunden.

Gott erlöste sie von dem Bösen → Sie wurde von Gott von dem Bösen erlosen.

Ihr Lehrer befreite sie vom Unterricht. → Sie wurde von ihrem Lehrer vom Unterricht befreit.

Vielleicht ist mir das Neutsche schon ins Blut übergegangen, doch kann es sein, dass die fetten von-Phrasen sein können oder gar sollen? Ich wurde dessen entbunden, erlosen, befreit -- klingt für mich klar nach Genetivus objectivus.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-01-24, 20:46:39
Bei entbinden ist der Genitiv statt von auf jeden Fall auch im Deutschen möglich, bei erlösen und befreien klingt's in meinen Ohren schon recht neutsch...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Stollentroll in 2010-01-24, 21:19:26
Ein gezielter Schuss aus der 38er erlöste ihn seiner Qualen.

Ich finde, das hat was.



Er befreite sich seiner Kleidung.   erscheint mir ebenso logisch wie   Er entledigte sich seiner Kleidung.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Übertreiber in 2010-01-28, 18:43:37
Unter erlösen (http://www.woerterbuchnetz.de/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GE08078) gehen die Grimms nicht auf den Genitiv ein, bringen aber zwei Beispiele:
,,erlöse uns von dem ubel (goth. lausei uns af þamma ubilin). Matth. 6, 13"
,,aller notgefahr erlös Israel! MELISSUS ps. K. 3a"

Wie ist das zu interpretieren? Auf Gothisch scheint schon der Vorläufer des engl. "of" gebraucht worden zu sein, der zweite ist dagegen ein Genitiv. Ist hier der Zeugefall gar erst in jüngerer Zeit vorgedrungen?

Unter befreien (http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?textsize=600&mode=hierarchy&onlist=&lemid=GB02388#GB02388L4) wird dagegen betont eine Genitivform bezeugt.

Ebenesfalls sprüche darfür, dass die Wurzeln ,,los" und ,,frei" bereits auf der Genitivliste stehen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-02-02, 23:55:16
Zitat von: Übertreiber in 2010-01-28, 18:43:37
Unter erlösen (http://www.woerterbuchnetz.de/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GE08078) gehen die Grimms nicht auf den Genitiv ein, bringen aber zwei Beispiele:
,,erlöse uns von dem ubel (goth. lausei uns af þamma ubilin). Matth. 6, 13"
,,aller notgefahr erlös Israel! MELISSUS ps. K. 3a"

Wie ist das zu interpretieren? Auf Gothisch scheint schon der Vorläufer des engl. "of" gebraucht worden zu sein, der zweite ist dagegen ein Genitiv. Ist hier der Zeugefall gar erst in jüngerer Zeit vorgedrungen?

Durchaus möglich - die Sprachgeschichte ist alles andere als eine stetige Dativur und Schwuch, die umgekohrene Richtung hat's auch immer wieder gegeben. Man zitiere mich hiermit nicht, aber ich glaube, das Mittelhochdeutsche ist viel genitivöser als das Althochdeutsche. Es ist aber auch zu beachten, dass das Gotische ein Sprachneandertaler, also kein Vorfahre, sondern ein ausgestorbene Nebenfahre des heutigen Deutschs ist.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2010-03-02, 00:03:33
... gerade storlp ich in einem fernsehbeitrag über die formulur wegen allem, was passiert ist ... und bin jetzt gerade etwas verwurren, ob hier tatsalch der dativ verwund findet, wo doch der genitiv angebrochen wäre ...

... klar sagt das jeder so, aber ist es korrekt? ... oder memüsse man eher ein neues wort schöpfen, um den genitiv einzubringen? ... mir schwöbe analog zu wegen dem - dessentwegen vor: wegen allem - allentwegen ... ... oder ist wegen allem richtig? ... und selbst wenn, allentwegen klänge viel besser, oder nicht? ... und es wäre ein hübscher neutscher schopf ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-03-02, 10:50:57
Gute Frage! Nominativ, Dativ und Akkusativ von alles entsprechen der starken Adjektivdeklination, die geht so: gutes Wasser, guten Wassers, gutem Wasser und gutes Wasser. Entsprechend also im Genitiv wegen allen, was passiert ist? Deutsch ist das merkwürdigerweise nicht, fürs Neutsche gefiele es mir. Aber allentwegen, was passur ist natürlich die Könyxlösung!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2010-03-02, 11:29:32
... ich habe diesbezulg mal eine anfrage an die wahrig-sprachberut gestollen, mal sehen, was die sagt ... in abhängik davon werden wir dann sehen, was wir mit allentwegen machen ... schön ist es schon, aber wohin damit?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2010-03-02, 16:56:20
... die antwort der wahrigs bezulg wegen allem / allentwegen ist da! ... leset selbst:


Sehr geehrter Herr XXXXXX,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei der WAHRIG-Sprachberatung. Das ist eine interessante Beobachtung, die Sie gemacht haben.

Standardsprachlich korrekt wäre wohl die Formulierung "wegen all dessen". An den Ausdruck "dessen" wird dann oft ein Relativsatz angeschlossen, um den Ausdruck näher zu bestimmen.

Die Form "allentwegen" ist auf jeden Fall korrekt gebildet. Jedoch könnte Sie fälschlicherweise als "allenthalben" ('überall, ständig') interpretiert werden.

Formulierungen wie "wegen allem", "wegen dem allen" oder "wegen all dem" sind im allgemeinen Schreibgebrauch sehr verbreitet, jedoch standardsprachlich nicht korrekt. Denn die Setzung des Dativs bei "wegen" ist nur bei pluralischen Ausdrücken ohne Artikel oder Attribut zulässig.

Wir werden Ihre Beobachtung auf jeden Fall der Redaktion mitteilen.

Mit freundlichen Grüßen

Mareike Riegel
WAHRIG-Sprachberatung
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Übertreiber in 2010-03-04, 23:43:14
Prinzipiell ist die Antwort, so seltsam sie auch klinge doch einfach.

Am folgenden Beispielsatze sehe zumindest ich, dass ,,alles" im singularen Neutrum steht:
Alles geht mir auf die Nerven.
Das alles geht mir auf die Nerven.
All das geht mir auf die Nerven.

Dann flugs in eine der freundlichen Wikipädietabellen geschaut:
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Deklination#Pronomen_und_Artikel

Und man stelle fest, dass, wenn man ,,alles" als Adjektiv betrachtet, es durchaus wegen allen heißen sesülle. Behöndle man pronominale Adjektive wie Pronomen (wie bereits vorgeschlagen (http://verben.texttheater.de/forum/index.php?topic=2577.msg41130#msg41130)), so hieße es gar:
Wegen alles, was mich nirvt, bin ich nun so krank.
Oder auch:
Alles wegen, was mich nirvt, bin ich nun so krank.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2010-03-05, 09:41:03
Zitat von: Übertreiber in 2010-03-04, 23:43:14
Und man stelle fest, dass, wenn man ,,alles" als Adjektiv betrachtet, es durchaus wegen allen heißen sesülle. Behöndle man pronominale Adjektive wie Pronomen (wie bereits vorgeschlagen (http://verben.texttheater.de/forum/index.php?topic=2577.msg41130#msg41130)), so hieße es gar:
Wegen alles, was mich nirvt, bin ich nun so krank.
Oder auch:
Alles wegen, was mich nirvt, bin ich nun so krank.

... wegen alles? ... och nääää, heer mech off!!! :o ... ich werde mich lieber an meine eigenkreation allentwegen halten ... ich überlege nur, wo ich sie im wiki verewigen kekünne ... vielleicht als anhang an die bestehenden listen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Übertreiber in 2010-03-05, 23:42:44
Hättest du mich ausreden gelassen, dann hätte ich ich dir zu dieser famosen Entwulk gratul georen. So muss ich es, des Glanzes los, nachreichen. :P
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2010-03-06, 11:27:43
Zitat von: Übertreiber in 2010-03-05, 23:42:44
Hättest du mich ausreden gelassen, dann hätte ich ich dir zu dieser famosen Entwulk gratul georen. So muss ich es, des Glanzes los, nachreichen. :P

... es ist die gute absicht, die zählt :)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-09-10, 17:08:20
"Es gibt Filme, die Lust machen, gleich nochmal gesehen zu werden."

Dieser Satz fiel heute im Kuturprogramm des WDR5. Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie klingt das schief in meinen Ohren, ich kann mir allerdings nicht erklären, warum.
Hieße es: "...die Lust machen, sie gleich nochmal anzusehen.",  wäre ich nicht stutzig geworden.
Irgendwas klemmt mit dem Bezug beim Passiv, ich komme aber einfach nicht dahinter.  Weiß wer Hilfe?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2010-09-10, 18:45:10
Klasse Frage, ein echter Hirnmörder! Ich mache mal einen ersten Versuch:

Der erweiterte Infinitiv hängt von "Lust" ab. Die Normalinterpretation bei einem Ausdruck des Typs "die Lust zu sehen" ist die, daß das Subjekt der Lust und das logische Subjekt des Infinitivs identisch sind. Bei aktiven Infinitiven ist das wohl überhaupt das einzig mögliche Verständnis. Warum sollte jetzt aber bei einem passiven Infinitiv plötzlich ein Bezug auf den Lusterzeuger (hier den Film) möglich sein? Die Normalinterpretation spukt dir offenbar völlig zu Recht im Hinterkopf herum, wenn du einen Satz wie den von dir zitierten liest; sie ergäbe aber den (Un-)Sinn "Es gibt Filme, die (die Menschen, die ihn gesehen haben) wünschen machen, sie (= die Menschen) würden ein weiteres Mal gesehen." Und jetzt tritt diese grammatisch einwandfreie, aber vom Sinn her unerwünschte Interpretation aus den Tiefen deines Sprachgefühls heraus in Unwohlsein erzeugende Konkurrenz mit der grammatisch zweifelhaften Lesart, die aber offenbar das semantisch Gewünschte bietet. Stünde das über "Lust machen" unsichtbar schwebende Dativ-Objekt, also das logische Subjekt der Lust, tatsächlich dabei ("den Kinobesuchern"), wäre es schon schwieriger, die Stimme des grammatischen Gewissens mundtot zu machen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2010-09-11, 14:56:26
Ergonz zur Kraft der "unsichtbar schwebenden Objekte":
Bei dem alten Werbespruch "Meister Proper putzt so sauber, daß man sich drin spiegeln kann" reicht die Kraft des bei putzt fehlenden, aber implizorenen Akkusativ-Objekts ("Flächen" o.ä.) aus, den grammatisch ebenfalls molgen Bezug von drin auf Meister Proper zu verhindern.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-10-24, 09:14:20
Wie ich soeben der SZ entnahm, wird 'botoxen' dort bereits als Verb geführt - schwach, wie es zur SZ halt passt. Wenn ich es nun wie folgt ablüte:

toxt beau(x) - tax beau(x) - täxe beau(x) - tix beau(x)! - beau(x) getuxen (für den/die Herrn)
toxt belle(s) - tax belle(s) - täxe belle(s) - tix belle(s) - belle(s) getuxen (für die Dame(n))

öre dies Euren Öhren konven?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-10-24, 11:43:31
Sogar konvenst! Wie geil! :D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-10-24, 12:35:29
Vive l'amitié franco-allemande!

Aber 'botoxen' steht bereits in der großen Liste - schade.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-10-24, 12:49:35
Na und? Hab's ersotzen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-11-28, 19:47:53
Verwünschen ist ein selzames Verb.
Das starke Partizip Perfekt 'verwunschen' bedeutet: verzaubert, mit einem Fluch belegt, spüklich heimgesoochen.

Das schwache Partizip 'verwünscht' soll angelb dasselbe bedeuten - PROTEST!

Verwünscht habe ich mich doch allenfalls, wenn die Gute Fee mir einen Wunsch freigibt, und ich in meinem dusseligen Kopf statt 'eine Million' 'eine Melone' sage - das seht ihr doch auch so, oder?
(Ich möchte Euch an dieser Stelle wärmstens anraten, das auch so zu sehen, sonst kann ich aber mal mächtig traurig werden!)

Aber: wenn ich es aktivisch verwende, würde ich auch sagen: wie oft habe ich schon Guido Westerwelle 'verwünscht' (also mit einem wenn auch leider nicht sehr nachhaltigen Fluch belegt).

Gibt es noch andere Verben, wo sich eines semantisch besonderen Patizip Perfekts bedienen? 
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-11-29, 00:16:06
Seh ich auch so, nur ein Detail seh ich anders: Der Unterschied ist glaubich nicht zwischen Aktiv und Passiv sondern zwischen den Bedeutungen verflucht und verzaubert – Guido Westerwelle ist auch im Passiv verwünscht und nicht verwunschen, wenn du ihn verwünscht hast. Das verzaubert bedeutende verwunschen örnde ich gar nicht mehr als Verbform, sondern als Adjektiv ein.

Es gibt natürlich die Handvoll Verben, die sowohl stark als auch schwach, in unterschiedlichen Bedeutungen und teilweise mit unterschiedlichen Valenzen (z.B. transitiv vs. intransitiv), existieren, was dann unter anderem das Partizip II betrifft: bewegen, hängen, ein Stück weit pflegen, quellen, ein Stück weit saugen, schaffen, scheren, schleifen, ein Stück weit schmelzen, schrecken, schwellen, sieden, ein Stück weit senden, stecken, weichen, diese lassen sich direkt aus der Konjugationstabelle meines trustigen Wahrig ablesen. Andere Verben wie wünschen, wo sich nur das Partizip je nach Bedeutung unterscheidet, fallen mir nicht auf die Schnelle ein, aber es gibt sie bestimmt. werden kekünne man dazurechnen, wenn man gelten lässt, dass es als Hilfsverb das Partizip worden statt geworden hat.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-11-29, 11:19:15
Danke für die prompste Antwurt!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: S. Eierschnee in 2010-11-29, 14:43:54
Vielleicht ist backen ein Beispiel?
Die Mutter hat gebacken.
Der Schnee hat gebackt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Schneepflug in 2010-11-30, 08:47:05
Zitat von: S. Eierschnee in 2010-11-29, 14:43:54
Vielleicht ist backen ein Beispiel?
Die Mutter hat gebacken.
Der Schnee hat gebackt.

Die Mutter buk, der Schnee jedoch nicht.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: S. Eierschnee in 2010-11-30, 15:23:01
Zitat von: Schneepflug in 2010-11-30, 08:47:05
Zitat von: S. Eierschnee in 2010-11-29, 14:43:54
Vielleicht ist backen ein Beispiel?
Die Mutter hat gebacken.
Der Schnee hat gebackt.

Die Mutter buk, der Schnee jedoch nicht.
In der GSV natürlich zu 100%. Aber im allgemeinen Sprachverbrauch, also bei Otto Normalgebraucher, ist die halbstarke Variante backen - backte - gebacken sehr verbritten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Eierschneepflug in 2010-11-30, 16:02:44
Zitat von: S. Eierschnee in 2010-11-30, 15:23:01
Zitat von: Schneepflug in 2010-11-30, 08:47:05
Zitat von: S. Eierschnee in 2010-11-29, 14:43:54
Vielleicht ist backen ein Beispiel?
Die Mutter hat gebacken.
Der Schnee hat gebackt.

Die Mutter buk, der Schnee jedoch nicht.
In der GSV natürlich zu 100%. Aber im allgemeinen Sprachverbrauch, also bei Otto Normalgebraucher, ist die halbstarke Variante backen - backte - gebacken sehr verbritten.

Ja, wie schade! Denn büken sie, wie gut klänge das! Und wie gut es röche! :)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Heiko U. in 2010-12-01, 05:58:30
Es röche nach Haikou (http://verben.texttheater.de/Haikous) ...

Ja, bedauerbar!
Büken sie, wie gut klänge's
Und wie's erst röche!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-12-01, 06:37:07
Frisch gebacken und gerochen?
klingt wie fressen und erbrochen;
waß gebacken ist, das döfte
- und zwar töfte!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wer A sagt muss auch in 2010-12-01, 13:59:42
Büke Bayer Brot
Chronisch Chloriger Chemie-
Duft Döfte Durchs Dorf
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-12-18, 13:31:41
Es gibt bei uns im liebreizenden Essen einen Stadtteil, dessen Straßennamen sich größtenteils aus Frauenvornamen bilden. Das ist bis hierher noch nicht sonderlich tragisch, es soll solchergleichen auch in anderen Städten geben...
Zur Sache: Emmastr. - Veronikastr. - Rosastr. - Elkestr. - Ruthstr. usw...
aber: Paulinenstr. - Cäcilienstr. - Frederikenstr.

weiß von Euch wer, wo dieses angehongene 'n' herkommt, und warum es dorten steht? Paulinestr. - Cäciliestr. - Frederikestr. ... ginge ja auch.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-12-18, 14:17:50
Das ist ein Fugen-n (siehe auch Fugen-s), geht auf eine alte Genitivendung zurück, hat aber heutzutage kaum noch etwas mit dem Kasus zu tun, sondern mit Phonologie und Zufall. Zum Beispiel neigt es dazu, in der Fuge eines Kompositums aufzutreten, wenn der erste Bestandteil auf einen Schwa endet (PaulinePaulinenstraße, KlasseKlassensprecher...), muss aber nicht (OberklasseOberklassewagen...). Mehr dazu hier: http://canoo.net/blog/2009/05/22/der-plural-und-die-fugenelemente/
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-12-18, 15:21:18
Verdandlichsten Bink!
Das ist erhellend, also dedürfe ich auch 'Elkenstraße' sagen, wenn es mir denn gefiele, gell?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2010-12-18, 15:30:10
Aber selbstredend; persönlich ginge mir das auch leichter von der Zunge als Elkestraße.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Tulpe in 2010-12-18, 15:55:48
Du sagst ja auch Nelkenstraße
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Angela Merkel in 2010-12-18, 16:00:18
Und ich residiere ja auch im Bundeskanzlerinnenamt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2010-12-19, 11:21:27
Hat jemand von Euch bereits Erfahrungen mit einem elektronischen Buch (Kindle, e-reader, etc.) gesolmmen? Kann man sowas schon kaufen, oder ist man gut beraten, noch die Fingerchen davon zu lassen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2011-07-27, 14:17:10
Ich stieß soeben auf ein Problemchen, das mir - je mehr ich darüber nachdenke - die Hirnwindungen verknotet:

a) Am Samstag feiern wir Paula und Ingos Hochzeit.
b) Am Samstag feiern wir Paulas und Ingos Hochzeit.

Doppelte Genitiv-s-Markierung oder reicht eine?
Alle jene, wo ich frug, waren höchst zwiespältig in ihrer Bewertung, einige waren gar nach längerem Überlegen nicht einmal mehr ihrer eigenen Meinung.

Weiß wer Genaueres?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold Janecek in 2011-07-27, 17:28:47
Ich maße mir an, gleich für die ÖsterreicherInnen zu schreiben: Variante a) hieße mit großer Sicherheit: Wir feiern die Paula, aber auch die Hochzeit vom Ingo. Selbst bei Variante b) erschiene mir nicht restlos klar, daß Paula und Ingo das Brautpaar sind.
Es liegt wohl daran, daß solche Sätze mit Genitiv bei uns grundsätzlich hochgestochen und ungewohnt klingen; hieße es doch: Am Samstag feiern wir die Hochzeit von der Paula mit dem Ingo.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2011-07-27, 17:41:46
Dann schreibe ich mal für die Sprecher mitteldeutschen Zungenschlages, die den Genitiv ja grundsätzlich nicht benutzen (und selbst den Dativ gern durch den Akkusativ ersetzen, mithin mit zwei Fällen meist primstens auskommen):

Sonnabend (!) feiern wir Paula und Ingo ihre Hochzeit.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2011-07-27, 18:10:41
Das wurde ja auch Zeit, daß Paula und Ingo endlich heiraten! Denn offenbar gehören sie schon so lange und so eng zusammen, daß sie sich sogar das Genitiv-s teilen. Das geht – so lehrt Meister Duden in seiner Grammatik (§ 326) – (fakultativ) bei "Paarformeln" artikelloser Eigennamen:

"Der weiße Kies auf dem Weg leuchtet wie Hänsel und Gretels Heimwegspur."
"Das untere Schnitzfries erzählt die Geschichte vom Sündenfall Adam und Evas."

Bei Appellativa können Paarformeln ebenso behandelt werden (§ 313):

"ein Stück eigenen Grund und Bodens"
"die Rolle des Freund und Helfers"

Offenbar folgt das der breiten Tendenz des Deutschen, Flexionsmerkmale (wie z.B. einen Genitiv-Marker) bei Nominalphrasen zunehmend nur noch einmal zu setzen: "des heutigen Europa" statt "des heutigen Europas" (der Genitiv ist durch den Artikel hinreichend klar). Der Duden nennt das "Monoflexion" (§ 1517). Die Grenzen zwischen dudenseits Erlaubtem und nicht Erlaubtem sind fließend: "den Magnet" geht angelb schon, "den Prinz" noch nicht, warum auch immer.

So empfanget denn die Dudenschen Glück-und-Segenswünsche, ihr Paula-und-Ingos dieser Welt! Was die Grammatik vereint hat, soll niemand trennen!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2011-07-27, 18:28:18
Beide Varianten finde ich heikel, weil missverständlich.

Zitat von: amarillo in 2011-07-27, 14:17:10a) Am Samstag feiern wir Paula und Ingos Hochzeit.

Wie Berthold schon schrieb, kann man das auch so verstehen, dass einerseits Paula und andererseits Ingos Hochzeit gefirren wird.

Zitatb) Am Samstag feiern wir Paulas und Ingos Hochzeit.

Auch missverständlich: Diese Formulierung schließt nicht aus, dass es sich um zwei verschiedene Hochzeiten handelt.

Vielleicht haben es echt die Dialekte am ehesten raus, die diese Ambiguitäten vermeiden, wie von Berthold und katakura vorgefohren.

Persönlich ginge ich mich, vor die Wahl gestellt, wohl meist mit dem Duden konform und entschiede mich für a).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2011-07-27, 19:02:57
Zitat von: Berthold Janecek in 2011-07-27, 17:28:47
Es liegt wohl daran, daß solche Sätze mit Genitiv bei uns grundsätzlich hochgestochen und ungewohnt klingen; hieße es doch: Am Samstag feiern wir die Hochzeit von der Paula mit dem Ingo.

Nun, in der rustikaleren Form des Ruhrdeutschen süge man: ..wir feiern die Paula und den Ingo ihre Hochzeit.
Das wäre dann ja eindeutig, da für den Fall der Zwiedut 'Hochzeit' im Plural auftauchen memüsse.

So besehen hat Kilian wohl Recht, daß die landsmannschaftlichen Varianten eindeutig und somit vorzuziehen sind - eventuell nicht gar so rustikal...


Ich danke Euch für die erhellenden Beiträge!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold Janecek in 2011-07-28, 11:38:36
Ganz zweifelsfrei war meine Variante froychl auch nicht. Hätte ja einer die Frage stellen können: 'Mit wem feiert ihr denn diese, öh, Hochzeit?' Dann werden wir, als Antwort, Paulas Hochzeit zusammen mit dem Ingo - der auch Gast sein wird - feiern.
Der Alois hat gestern, an der Theke vom Café 'Hummel' in Wien (Meister Kilian wie auch Meister caru kennen das Lokal), schlicht gnumien: Am Samstag feiern wir die Hochzeit von Paula und Ingo. Obwohl: Namen, so ganz ohne Artikel, das ist hierorts schon virflunx hochsprachlich.   
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Übertreiber in 2011-07-30, 21:31:50
Zitat von: Kilian in 2011-07-27, 18:28:18
Zitatb) Am Samstag feiern wir Paulas und Ingos Hochzeit.

Auch missverständlich: Diese Formulierung schließt nicht aus, dass es sich um zwei verschiedene Hochzeiten handelt.

Aber sann süge man doch: Paulas und Ingos Hochzeiten oder?
Spontan käme mir Variante Doppel-S über die Lippen, aber wenn man mich vorgehaltenen Meuchelpuffers zur Eindiut zwänge, so nennte ich es die Hochzeit von Paula und Ingo.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2011-07-31, 03:54:41
Zitat von: Übertreiber in 2011-07-30, 21:31:50Aber sann süge man doch: Paulas und Ingos Hochzeiten oder?

Aber man sagt doch auch: Am Samstag feiern wir die große und die kleine Hochzeit.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2011-07-31, 09:31:28
Ich habe schon wieder was.
Einige meiner Kunden haben mittlerweile ein lebhaftes Interesse an Grammatik entwickelt, was schön ist. Nun löchern sie mich bisweilen mit Fragen zur deutschen Grammatik, was nur dann schön ist, wenn ich diese Fragen stegreiflich beantworten kann, was ich - Gott sei's geklagt - nicht immer kann.

Gibt es eine klare Regel, wann der erste Teil eines deutschen Kompositums im Plural zu stehen hat und wann im Singular? (Das 'Autohaus-Aktentasche-Symptom')?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2011-07-31, 11:58:20
Die Fugenelemente – ein wiederkehrendes Thema. :D
http://verben.texttheater.net/forum/index.php/topic,313.msg7162.html#msg7162
http://verben.texttheater.net/forum/index.php/topic,1491.msg46201.html#msg46201
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2011-11-14, 18:45:33
Huch, Leute, ich habe völlig vergessen, wie man hier Bilder hochlädt; kann mir noch mal jemand auf die Sprünge helfen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2011-11-14, 22:17:00
Tu ich gern: http://verben.texttheater.net/forum/index.php?topic=2284.msg48390#msg48390
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2012-02-01, 20:57:58
Ich lese in letzter Zeit sehr oft mit "und" weitergeführte Relativsätze folgenden Typs (die Beispiele kamen binnen kürzester Zeit beim Fernseh- und Internetkonsum zusammen):

– Es geht um den unterschriftsreifen Vertrag des Trainers, den dieser seit Wochen ignoriert und dem Vorstand somit die Planung erschwert.
– Wieder ein Bock von Abel, dem Abdellaoue das Leder abknöpft und Richtung Tor läuft.
– Pander zieht eine Ecke gegen Feulner, die Nürnberg aber abwehrt und durch Bunjaku einen Freistoß herausholt.
– Ich möchte ein Raumschiff gestalten, das man betritt und die Welt vergißt. (Fernseh-Werbung Volksbanken–Raiffeisenbanken)
– Das ist das Bild, das wir jetzt mitnehmen und rübergeben wollen. (Bob-Übertragung)
(gemeint ist das "Rübergeben" – ohne Akkusativobjekt – an einen anderen Reporter; "mitnehmen" ist 1. Pl. Präs., nicht Inf.)

Die Verbendstellung auch des zweiten Teils zeigt, daß wir dort immer noch im Relativsatz sind. Das Relativpronomen und sein Bezugswort im Hauptsatz sind aber vergessen. Statt dessen spielt sich das im ersten Teil des Relativsatzes neu eingeführte Subjekt in den Vordergrund.

So locker kann man im (Alt-)Griechischen mit Relativsätzen verfahren, aber nach der Standardnorm doch nicht im Deutschen, oder? Meine Frage ist aber vor allem: Weiß jemand, ob dieses offenbar im Vormarsch begriffene Phänomen irgendwo schon behandelt, ja überhaupt bemerkt worden ist? Meine Duden-Grammatik (nicht die neueste Auflage allerdings) schweigt sich dazu aus.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-02, 00:29:28
John Robert Ross hat in seiner berühmten Dissertation (1967) zuerst beschrieben, dass Koordinationsphrasen (hier zum Beispiel die aus zwei Verbalphrasen und der Konjunktion und zusammengesetzte Phrase den seit Wochen ignoriert und dem Vorstand somit die Planung erschwert) neben einigen anderen Typen von Phrasen Bewegungsinseln sind (siehe http://www.ling.upenn.edu/~beatrice/syntax-textbook/, Kapitel 11 und 12). Das heißt, dass es bei ihnen nicht möglich ist, eine Argumentstelle innerhalb der Phrase durch ein Relativpronomen zu füllen (z.B. den) und dieses dann, wie es einem Relativpronomen gebührt, einem Nebensatz, der die Bewegungsinsel enthält, voranzustellen (zu "bewegen" oder zu "extrahieren": in chomskyanischer Tradition stellt man sich Syntax als eine Abfolge von Bewegungen von Phrasen an andere Stellen vor; als Theorie ist das hochumstritten, aber als Metapher zuweilen sehr nützlich). Er beschrieb das fürs Englische, aber auch fürs Deutsche gilt das im Allgemeinen. Deswegen klingen die Beispiele komisch. Aber es scheint, dass der Inselstatus von Koordinationsphrasen in der deutschen Wirklichkeit hier und heute durchaus angefochten ist. Deswegen gibt es die Beispiele.

Inwieweit das schon näher untersucht ist, weiß ich nicht. Wenn man nach bewegungsinsel und koordination googelt, kriegt man was ganz anderes. Das Phänomen wäre auch im Zusammenhang mit verwandten Phänomenen wie Across-the-board-Extraktion zu sehen, eine Ausnahme von der Inselbeschränkung der Koordination, die auch bereits Ross für Beispiele wie das folgende formuliert hat, in denen – im Gegensatz zu Homers Beispielen – das Relativpronomen im zweiten koordinierten Satz dieselbe (semantische) Rolle spielt wie im ersten: Das ist der Mann, den [du liebst] und [ich hasse]. Eine weitere erwähnenswerte (scheinbare) Ausnahme von der Inselbeschränkung ist Pseudo-Koordination, die wir im Deutschen (eher) nicht haben. Ich verweise da mal auf die Wikipädie (http://en.wikipedia.org/wiki/Coordination_(linguistics)).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2012-02-02, 02:05:48
Vielen Dank! Immerhin ist das mal eine funktionierende Beschreibung, die ich erstaunlicherweise sogar verstehe und mir das Modell gefällt. ;) Die Gründe, warum solche Inseln überhaupt existieren bzw. in manchen Sprachen restriktiver behandelt werden als in anderen (Griechisch läßt das eine oder andere zu, was Ross als im Englischen verboten beschreibt), bleiben dabei freilich im dunkeln.
Im Deutschen wird der Inselstatus von Koordinationsphrasen wohl auch nicht allgemein angefochten, sondern nur in besonderen Fällen. Denn aus dem Satz
Ich bestelle Tiramisu und Espresso
könnte man wohl Tiramisu auf keinen Fall extrahieren:
*Das Tiramisu, das und Espresso ich bestelle.
Hingegen würde
Ich esse Tiramisu und trinke Espresso,
umgeformt in
?Das Tiramisu, das ich esse und Espresso trinke,
im Sinne meiner anderen Beispiele wohl mittlerweile von vielen Sprechern als grammatisch empfunden. Es scheint darauf anzukommen, was koordiniert wird: Zwei Prädikate sind offenbar besser als zwei Objekte. Nur: warum?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-02-02, 18:30:41
Zitat von: Homer in 2012-02-01, 20:57:58
Die Verbendstellung auch des zweiten Teils zeigt, daß wir dort immer noch im Relativsatz sind.

Anders gesagt: Durch die Satzstellung werden die Satzteile verbonden (verbenden, verbond, verbönde, verbonden), daher heißt es "Verbendstellung".

Im übrigen ginge doch:
Das Tiramisu, das ich bestelle und Espresso.
Oder nicht? Kommt mir jedenfalls ebenso (un)logisch vor wie
Das Tiramisu, das ich esse und Espresso trinke.

Auch hier kommt es nur auf die richtige Verbendung der Sätze an.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2012-02-02, 21:13:49
Zitat von: Wortklauber in 2012-02-02, 18:30:41

Im übrigen ginge doch:
Das Tiramisu, das ich bestelle und Espresso.
Oder nicht? Kommt mir jedenfalls ebenso (un)logisch vor wie
Das Tiramisu, das ich esse und Espresso trinke.

Das ist wohl nicht im Sinne des Rossschen Modells, bei dem es auf den Erhalt der Stellung der nichtextrahierten Teile ankommt. Vor allem aber ist es gemogelt, denn es klingt nach:
Das Tiramisu, das ich bestelle, und Espresso (mit Komma!),
und dann ist die Koordination eine andere. Das wird klar, wenn man Artikel setzt, um den Objektcharakter von Espresso als abhängig von bestelle zu wahren:
Dies ist das Tiramisu, das ich bestelle und den Espresso.
Das scheint mir weiterhin (noch) ungrammatischer als die Sätze mit Prädikatskoordination.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-02, 21:33:16
(1) dass ich [Tiramisu und Espresso] bestelle
Ein nicht relativer Verbletztsatz als Vergleich. Die koordinierte Nominalphrase ist Tiramisu und Espresso.

(2) *das Tiramisu, das ich [_ und Espresso] bestelle
Hier wurde das erste Konjunkt im Rahmen der Umformung zu einem Relativsatz extrahiert, d.h. an seiner normalen syntaktischen Position ist nichts mehr bzw. eine durch den Unterstrich markierte Lücke. Die Extraktion eines Konjunkts aus einer koordinierten Nominalphrase ist deutlich ungrammatisch (Verletzung einer Inselbeschränkung).

(3) *das Tiramisu, [das und Espresso] ich _ bestelle
Auch klar ungrammatisch, aber liegt auch das an der Verletzung einer Inselbeschränkung? Es wurde hier nichts aus einer koordinierten Phrase extrahiert, sondern die koordinierte Phrase selbst wurde extrahiert. Auch das scheint im Deutschen klar ungrammatisch zu sein. Von einer Inselbeschränkung könnte man dann sprechen, wenn man Inselbeschränkungen so streng fasst, dass nicht nur nichts aus der Insel, sondern auch die ganze Insel nicht extrahiert werden darf. Dagegen spricht aber, dass im Deutschen Präpositionalphrasen Inseln im schwächeren Sinne sind, also z.B. dieser Satz ungrammatisch ist:
(4) *das Tier, das ich mich [über _] gewundert habe
Während ganze Präpositionalphrasen durchaus extrahierbar sind:
(5) das Tier, [über das] ich mich _ gewundert habe
Im Englischen hinwiederum ist beides möglich:
(6) the animal that I was wondering [at _]
(7) the animal [at which] I was wondering _

(8) ?dass Tiramisu und Espresso ich bestelle
Ein Nebensatz mit einer merkwürdigen, aber durchaus möglichen Wortstellung, die insbesondere dann Sinn macht, wenn ich betont ist. Bilden wir daraus durch Extraktion des ersten Konjunkts den Relativsatz, erhalten wir eine andere Analyse von Homers Beispiel:
(9) *das Tiramisu, das [_ und Espresso] ich bestelle
Hier kann man wiederum klar von einer verletzten Inselbeschränkung sprechen.

(10) ?das Tiramisu, das ich _ bestelle und Espresso
Wortklaubers Beispiel: Kann man zweifelsohne grammatisch analysieren, wenn man das ganze zu einer koordinierten Nominalphrase erklärt, deren Konjunkte das Tiramisu, das ich bestelle und Espresso sind. Die Orthografie verlienge dann den Einfug eines Kommas hinter bestelle, und die Semantik vermielde, dass die Präsupposition oder Implikatur, dass die sprechende Person sowohl das Tiramisu als auch den Espresso bestellt, nicht, wie wahrscheinlich intendiert, gegeben ist. Gibt es eine Analyse, die diese Nachteile nicht hat? Ich denke, ja. Ich püke und Espresso in das Nachfeld des Verbletztsatzes (welche Bezeichnung dadurch konterkariert wird), eine syntaktische Position im Deutschen, in die man alles Mögliche packen kann, das man vorher vergessen hat oder mit gutem Grund verzögert, weil man die Hörer auf das Verb nicht zu lange wollte warten lassen. Am etabliertesten und auch im Schriftgebrauch gängig ist diese Extraposition ins Nachfeld bei Nebensätzen, zu-Infinitivgruppen, als/wie-Phrasen, Präpositionalphrasen und Appositionen. Aber es geht offensichtlich auch mit und gefolgt vom zweiten Konjunkt, hier ja auch:
(11) Ich hab den Hund gesehen und die Katze.
(10) klingt trotzdem etwas merkwürdiger, wenn so verstanden. Vielleicht ist dafür die klare Ungrammatikalität der Variante ohne Nachfeldextraposition (2) verantwortlich zu machen.

Zitat von: Homer in 2012-02-02, 02:05:48Es scheint darauf anzukommen, was koordiniert wird: Zwei Prädikate sind offenbar besser als zwei Objekte.

In der Tat.

ZitatNur: warum?

Vielleicht, weil Prädikate (der Begriff hat keine klare syntaktische Definition, so weit ich weiß – aber Verbalphrase weist das Problem auf, dass dieser Begriff fürs Deutsche möglicherweise ein bisschen zu starr ist) die "größeren" Einheiten bilden, die lockerer zusammenhängen und daher schmerzfreier zerrissen werden können? Ähnlich wie Summen in der gängigen mathematischen Schreibweise lockerer zusammenhängen als Produkte (Punkt vor Strich, 7 + 5 * 3 )...

Empirisch festzustellen und aufzulisten, welche Arten von Phrasen Inseln sind und welche nicht, hat natürlich auch Ross und seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern nicht genogen. Es wurde versucht, das mit allgemeineren Prinzipien zu begründen, indem man Inseln und Nichtinseln anhand irgendwelcher gemeinsamen Merkmale zu natürlichen Klassen zusammenzufassen suchte, siehe etwa Kapitel 12 des zuvor verlunkenen Lehrbuchs (http://www.ling.upenn.edu/~beatrice/syntax-textbook/). Ein schwieriges Unterfangen anhand der fließenden und sehr kontextabhänigen Übergänge zwischen Grammatikalität und Ungrammatikalität, die wir hier bewundern können.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-02-03, 04:30:28
Ich hatte eher so herum gedacht:

Ich esse Tiramisu und trinke Espresso.
das Tiramisu, das ich esse und Espresso trinke.

Ich bestelle Tiramisu und [bestelle] Espresso.
das Tiramisu, das ich bestelle und Espresso [bestelle].

Also ganz analog, einfach.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-02-03, 14:13:35
Zitat von: Kilian in 2012-02-02, 21:33:16
(...)
Ein nicht relativer Verbletztsatz als Vergleich.
(...)

Die grammatikalistische Analiese preise ich wegen ihrer tiefen Schörfe (von schürfen mit Anklang an Schärfe).
Das Verb verbletzen (Reim auf wetzen, aber durchaus auch auf schwätzen) aber hebe ich hervor. Hier ist es allerdings (noch) schwach.

Kleiner Abschwiff:
Da memüsse es doch auch (zumindest schprulch) ein Gegenteil des Prangers* (<-> anprangern) geben, wo jemand oder etwas, (statt (z.B.) "F. dich, du Dorfsau!") des lauten offchalnten Lobes wegen, hingnästoll wird. So wie das "Treppchen" bei sportlichen Siegern (etwa mit der - Formel 1 -, für unsere Ohren, allzu heruntergehustenen, von und nicht durch uns jedenfalls gestohlenen alten Pepi-Haydn-Hymne).
Der Lob(es)schwanger, Ruhm(es)schwanger etwa. Mein alter Freund Peregrinus Syntax bietet mit -schwanger 16 Komposita (etwa blitzschwanger).
Abprangern kekünne es, nachtlur, auch geben.

*Siehe den Schandkäfig zu Levoča/Leutschau:
http://www.weitwanderungen.de/Reisebericht-Slowak_Paradies.htm
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-02-03, 16:15:35
Warum nicht gleich: treppen (trippst) - trapp - träppe - tripp! - getroppen ?

Der 'Kicker' frord in aller Knäppe,
daß endlich man den Messi träppe.
Für große Kunst beim Elverstoppen
wurd' auch der Neuer noch getroppen.

Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-03, 20:41:16
Zitat von: Wortklauber in 2012-02-03, 04:30:28Ich bestelle Tiramisu und [bestelle] Espresso.

Also koordinorene Prädikate statt koordinorener Objekte. Stimmt, das wäre natchurl auch eine Erklur.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-03, 20:44:33
Zitat von: Berthold in 2012-02-03, 14:13:35Das Verb verbletzen (Reim auf wetzen, aber durchaus auch auf schwätzen) aber hebe ich hervor. Hier ist es allerdings (noch) schwach.

Künftig also: ein Verblotzensatz.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-03, 20:46:25
Zitat von: amarillo in 2012-02-03, 16:15:35Warum nicht gleich: treppen (trippst) - trapp - träppe - tripp! - getroppen ?

Klingt gut! Oder kennt jemand ein schön altmodisches Wort für so etwas wie "abstinken, unansehnlich sein"? Dann könnte man den gleichen Twist einbauen wie beim Pranger, denn prangen als Art des Auffälligseins, Hervorstechens und Glänzens ist ja eher positiv konnotoren.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-02-03, 22:17:40
Ich möchte mal vorschlagen: fritzen
fritzen – fratz – gefrutzen, davon abgelitten die Fratze (das niert wie schlingen, schlang, geschlungen, die Schlange fungtio)
davon: der Fritzel (analog der Schlingel)
Also an den Fritzel stellen
anfritzeln, fraltz an, angefrultzen
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-02-06, 10:49:34
Derzeit wird wohl gerade die englische Königin angefrultzen, ob ihres 60-jährigen Thronjubiläums. Dazu las ich gerade:

Außer Queen Victoria ist Elizabeth II. erst die zweite Monarchin, die diese Jubiläumsmarke erreicht.

Versteht jemand die Logik dieses Satzes? Verstehen würde ich z.B.

Nach Queen Victoria ist Elizabeth II. die zweite Monarchin [in England, versteht sich], die diese Jubiläumsmarke erreicht.

oder

Außer Queen Victoria ist Elizabeth II. bisher die einzige Monarchin, die diese Jubiläumsmarke erreicht hat.

oder

Elizabeth II. ist erst die zweite Monarchin, die diese Jubiläumsmarke erreicht.

oder

Queen Victoria und Elizabeth II. sind die einzigen Monarchinnen, die diese Jubiläumsmarke erreicht haben.

Im übrigen bleibt bei der Formulierung wohl offen, ob es möglicherweise auch Männer gegeben hat, die ebenso lange auf dem englischen Thron waren.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-02-06, 11:06:14
Zitat von: Wortklauber in 2012-02-03, 22:17:40
Ich möchte mal vorschlagen: fritzen
fritzen – fratz – gefrutzen, davon abgelitten die Fratze (das niert wie schlingen, schlang, geschlungen, die Schlange fungtio)
davon: der Fritzel (analog der Schlingel)
Also an den Fritzel stellen
anfritzeln, fraltz an, angefrultzen

Das ist bei denen Österreichers - als Gegensatz des Anprangerns - froychl unchmolg - stäke doch der "Olle Fritz" drinnen. Da kann der noch so aufgnäklor gowen(t)s sein. Was ich indes vom Franzseppen halten sesülle, wüßte ich nicht.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-02-06, 11:39:09
Zitat von: Berthold in 2012-02-06, 11:06:14
Zitat von: Wortklauber in 2012-02-03, 22:17:40
Ich möchte mal vorschlagen: fritzen
fritzen – fratz – gefrutzen, davon abgelitten die Fratze (das niert wie schlingen, schlang, geschlungen, die Schlange fungtio)
davon: der Fritzel (analog der Schlingel)
Also an den Fritzel stellen
anfritzeln, fraltz an, angefrultzen

Das ist bei denen Österreichers - als Gegensatz des Anprangerns - froychl unchmolg - stäke doch der "Olle Fritz" drinnen. Da kann der noch so aufgnäklor gowen(t)s sein. Was ich indes vom Franzseppen halten sesülle, wüßte ich nicht.
Es ging doch Kilian gerade darum, einen Ausdruck für "abstinken, unansehnlich sein" zu verwursten — kann es da für einen Österreicher etwas Passenderes geben, als wenn der Alte Fritz seine Fratze zeigt?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-02-06, 12:22:14
Wenn das so wäre, pieße es.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-06, 20:28:23
Ich mien: prangen positiv, an den Pranger stellen sowie anprangern negativ, dementsprechend wäre fritzen negativ und an den Fritzel stellen sowie anfritzeln positiv.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-02-06, 20:42:00
Genauso habe ich es ja pret interoren: fritzen = seine Fratze zeigen, anfritzeln = glorreich in der Ulnfft präsentieren.
Deshalb: "Derzeit wird wohl gerade die englische Königin angefrultzen, ob ihres 60-jährigen Thronjubiläums."
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-02-06, 20:45:00
Zitat von: Wortklauber in 2012-02-06, 10:49:34Außer Queen Victoria ist Elizabeth II. erst die zweite Monarchin, die diese Jubiläumsmarke erreicht.

Versteht jemand die Logik dieses Satzes? Verstehen würde ich z.B.

Nach Queen Victoria ist Elizabeth II. die zweite Monarchin [in England, versteht sich], die diese Jubiläumsmarke erreicht.

oder

Außer Queen Victoria ist Elizabeth II. bisher die einzige Monarchin, die diese Jubiläumsmarke erreicht hat.

Ich denke, dass der unverstandene Satz eine Vermischung der beiden anderen ist. Bedeuten tun sie ja dasselbe.

Solche Wendungen mit Bedingungen, Ausnahmen usw. scheinen das intuitive Sprachempfinden regelmäßig zu überfordern, oder sagen wir: oft zu anderen Ergebnissen zu bringen als ein formal-analytisches Sprachverständnis. Vgl. Das werde ich nicht tun, bevor du zahlst = Das werde ich nicht tun, bevor du nicht zahlst

ZitatIm übrigen bleibt bei der Formulierung wohl offen, ob es möglicherweise auch Männer gegeben hat, die ebenso lange auf dem englischen Thron waren.

Ja, das ist immer das Problem, dass man bei Maskulinum und Femininum nie weiß, ob es generisch sein soll oder nicht. Ich wäre ja dafür, dass die Standardannahme "generisch" ist und man widrigenfalls mit männlich und weiblich disambiguiert. Das zu verwendende Genus richtet sich dann nach dem Sexus der Person, die im Fokus steht (hier: weiblich) oder variiert frei, wenn keine Person im Fokus steht oder ihr Sexus nicht bekannt ist. Bsp.: Wilhelmina war die erste weibliche Königin der Niederlande, Wilhelm I. die/der erste männliche.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-02-07, 11:50:42
Zitat von: Wortklauber in 2012-02-06, 11:39:09
(...)
Es ging doch Kilian gerade darum, einen Ausdruck für "abstinken, unansehnlich sein" zu verwursten — kann es da für einen Österreicher etwas Passenderes geben, als wenn der Alte Fritz seine Fratze zeigt?

Ja schon, lieber Wortklauber. Doch war einer meiner Ahnen (meine preußische Linie - mit dem Professor Emil Ernst August Tietze [aus Breslau], Leiter der - allerdings österreichischen - Geologischen Reichsanstalt) Feldscher im Heere Friedrichs des Großen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-04-27, 13:28:25
Kennt Ihr einsilbige deutsche Wörter, die bei exakt gleicher Schreibweise verschiedene Ausprachen zulassen/erfordern? Mir fallen nur zwei ein: fast(adverb und 3.Sg.Präs. von 'fasen') und weg.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2012-04-27, 14:21:17
Rast und rast, West und west (wenn man die Existenz des Verbs wesen annimmt), Last und last (von lesen), Pest und pest (von pesen).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-04-27, 14:35:12
Bot (wenn man das schon als deutsch werten will, ich tu's) und bot. Log und log.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2012-04-27, 14:50:37
Wenn man Fremdwörter gelten – apropos: gelt? und gelt – läßt, gehen auch Gen und gen, das Lob und der Lob (beim Tennis).

Schuft und schuft, wart (Imperativ von warten) und wart (von sein) habe ich noch.

Und Kurt kurt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-04-27, 15:00:31
Siehe auch hier:
http://verben.texttheater.net/forum/index.php/topic,2216.msg29180.html#msg29180
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Gasmann in 2012-04-27, 15:47:30
Gast / gast
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-04-27, 16:40:58
pult - Pult
durst (im Sinne von extrem Dur, ohne den leisesten Anklang an Moll) - Durst
fürst (im Sinne von absolut nicht kontra) - Fürst
post (von posen) Post
spurt (von spuren) Spurt
As (mehrere Vokale) As
Es (mehrere Vokale) es
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-04-27, 17:02:52
wachst (von wachen) wachst (von Wachs drauf machen)
wichst (von weichen) wichst (von wichsen)
flachst (von flach) flachst (von flachsen)
lachs (= lach es) Lachs
Buchs (= Buchsbaum) Buchs (dem Buch seins)
Dachs Dachs

Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-04-27, 17:15:22
bucht Bucht
bracht (brechen) bracht (bringen, als Verkürzung von gebracht oder brachte)
brächt (brechen) brächt (als Verkürzung von brächte)
ort (ihr ort refer) Ort
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-04-27, 18:11:06
Ihr seid Spitze!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Friedrich der Große in 2012-04-28, 04:42:55
Man kann nicht nur duzen und siezen, sondern auch ichzen:
Sohn: Ich kaufe mir eine neue Playstation. Vater: Ich würde mir das gut überlegen.
oder wirzen:
Lehrer: Heute schreiben wir eine Klassenarbeit.
und natürlich ihrzen, da spare ich mir die Beispiele. Aber eben auch erzen. Wie ich meinen Kutscher. Die Höflichkeit gebietet aber:
Erz niemals einen Erzherzog!
Man kann auch Erz fördern und trotzdem gegen das Erzen sein.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-04-28, 08:18:12
Rutsch rutsch (rutsch sind zum Beispiel die Werke einer Frau namens Rut, so wie Goethes Werke eben goethesch sind)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-04-28, 21:12:02
schalt (von schalen) schalt (von schalten)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-05-22, 10:25:16
Hilfe!! Ich such verzwulfen nach unserer anetagraphischen Version von Max und Moritz - wo ist die abgeblieben?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-05-22, 16:46:29
Hier: http://verben.texttheater.net/v3/maxundmoritz.htm

Asche auf mein Haupt, ich habe das Verwikin aufgeschoben wegen der vielen Bilder, und nun bin ich schon fünf Jahre im Verzug.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-05-22, 19:42:29
Vielen Dank!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-05-23, 09:54:42
Zitat von: Kilian in 2012-05-22, 16:46:29
Hier: http://verben.texttheater.net/v3/maxundmoritz.htm

Asche auf mein Haupt, ich habe das Verwikin aufgeschoben wegen der vielen Bilder, und nun bin ich schon fünf Jahre im Verzug.

Sapperment! Eine höchst tolle Sache ist dieser anetadingsische "Max und Moritz" schon. Muß eins eine Mordstrumm Gnerfuhr haben. Poesie humpenweise*.
Da bin ich wieder stolz, mit Euch gemeinsam hier schreiben zu dürfen.

Nun, lieber Wortklauber, fehlt jenes Werk noch in Schüttelversen. Da bräuchte ich aber wohl eine Dame, mindestens des Ritterstandes, die über mir & mich öfters die Peitsche schwänge. Ließe jene Herrin mir, statt der Einpeitscherei, eine Zuckmückenlarve (Chironomus major
- bis zu 6 cm lang) hineinkriechen - wo, schreib ich nicht - wär's arge Tierquälerei. Ich verlönge daher solcherlei auch nie. - Höchstens mit einem Tiger-Schnurrbarthaar ...

Ein solches Werk wäre nachtlur dem Reclam-Verlag anbietbar ...
Falls nun der liebe caru Blut gelocken hätte: Versucht's, bitte, nicht allein, Herr Karna!


*Auch "der Humpenweise" ist denkbar. So ein philosophierender Alkoholiker halt. Ein Schlauschluckspecht.
"Die Humpenweise" hätte hingegen (zumindest) zwei Tiefinessen. Da gesölle sich so ein leicht bis schwer konservatives Trinklied hinzu. 's sängen etwa Kulörstudenten oder chahlne Irrende am & im Weltbild**. Die - Bitte, entschuldige, lieber Homer! Du stehst da nachtlur ganz fern. - Alt-Heidelberg-Fräk(t)schn.
**Man munkelt ja, daß sogar der Wiener Bürgermeister, immerhin ein wackerer Zoologe & Sozialdemokrat, sich da einmal zu einer solchen Squadra verarr ... Wenn, dann hatte er damals wohl noch Kiemenbüschel hinter den Ohren. 
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-05-24, 15:42:43
Zitat von: Berthold in 2012-05-23, 09:54:42
(...)
Nun, lieber Wortklauber, fehlt jenes Werk noch in Schüttelversen.
(...)

Es geht um "Max und Moritz" - in Schüttelversen.
Urschwer. Kekünne irgendwie so losgehen:

VORWORT

Hier im Flecken Wiedensahl;
dürft ich necken, sieden; - Wahl
fiel auf Max und Moritz. Wann
laß ich wachsen Wortwitz? Ran!
Knaben, die auf weise Lehren
pfeifen, sich, nicht leise, wehren,
(...)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-05-24, 17:11:34
Nun, lieber Berthold, solange du das nicht ohne den Buchstaben "e" machst, nehme ich dir nicht ab, dass es große Kunst ist.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-05-25, 14:54:59
@ Wortklauber

Nimm mir ab, was Du willst, nur, bitte, bitte, nicht (mehr) "Max und Moritz"!
Da will ich aber ein bisserl aus dem Volleren schöpfen. Anetadingsbums erscheint mir ein klein wagn wie Koala-Zoodiät ohne Eucalyptusblätter oder Großer-Panda-Diät ohne Bambus. Wie Köcherfliegenlarven ohne Spinndrüsen oder Chironomuslarven ohne roten Blutfarbstoff. Mein seliger Stiefgroßvater ohne seinen Pöttelsdorfer. Da feigelt's hinten und vorn. Ein bisserl halt. Mehr sowas, damit andere sagen: "Puhuh! Urg'scheite Leut sind das schon, diese Sprachheinis!!"
Bitte, überlaßt mir "Max und Moritz" in Schüttelversen! Jetzt, beim Bäcker, hab ich die "Max- und Moritzime" (also das Vorwort) verfießen.
Etwas selber, im tiefsten Grunde, doch viel besser zu können als andere, ist ein menschlicher Zug und Ansporn. Was glaubst Du, was unsere liebe Ilse hier von sich denkt? Oder der liebe Wolfram? - Täterte ich halt vermuten.
Will ja nicht sagen, daß das schon so bleibt, will's aber drüben, bei den Schüttelversen, erst einmal niederschreiben.
Das Ganze läßt sich da wohl noch stärker auf Anarcho umkrempeln - als dies das Original eh schon in sich hat.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Q. Estion in 2012-06-26, 15:38:34
Rechtfartöge die sehr geringe Zahl aktiver Neutsch-Sprecher nicht eine Aufnahme in das Endangered Languages Project (http://www.endangeredlanguages.com/?hl=de)?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Q. Estion in 2012-06-26, 15:41:30
Ich iere korrig:

Zitat von: Q. Estion in 2012-06-26, 15:38:34
Öge die sehr geringe Zahl aktiver Neutsch-Sprecher nicht eine Aufnahme in das Endangered Languages Project (http://www.endangeredlanguages.com/?hl=de) rechtfart?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-06-26, 21:38:01
Zitat von: Q. Estion in 2012-06-26, 15:38:34
Rechtfartöge die sehr geringe Zahl aktiver Neutsch-Sprecher nicht eine Aufnahme in das Endangered Languages Project (http://www.endangeredlanguages.com/?hl=de)?

Hier wird gar nix rechtfartgetogen; allenfalls käme unsere Aufnahme in das noch zu gründende Projekt 'seriously truly unbelievable modern brainstormers' language experience (S.T.U.M.B.L.E.)' in Betracht.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-07-10, 10:12:40
Lesenderweise stieß ich auf den fogenden Sartz (aus S.J. Watson: 'Ich darf nicht schlafen'):

"Ich war fassungslos wegen dem, was ich getan hatte."
Klingt nicht, sug ich mir, 'wegen' regiert den Genitiv.

"Ich war fassungslos wegen dessen, was ich getan hatte."
Klingt auch nicht erheiternd, obschon nun der Grammatik Genüge getan ist.

Stimmt was nicht mit meiner Wahrnahme?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Hier Wahr ein Nahme in 2012-07-10, 10:39:53
Wegge dem würde i mi net aufräge.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: M. und Art in 2012-07-10, 12:05:58
Ech dähd mech desderweechn au nech offgereech.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-07-10, 12:33:35
Zitat von: amarillo in 2012-07-10, 10:12:40
(...)
"Ich war fassungslos wegen dessen, was ich getan hatte."
Klingt auch nicht erheiternd, obschon nun der Grammatik Genüge getan ist.

Stimmt was nicht mit meiner Wahrnahme?

Höheres Theutsch: Dessentwegen:
Ich war dessentwegen, wes(sen) ich getan hatte, fassungslos.
Na schön. Das erste "t" finde ich urleinwa(u)nd. Im Neutschen ginge aber wohl auch ("post-", statt "antebezogen") "dessempwegen".

Aber nun ganz ernst & deutsch: Ginge da nicht - nahezu: 'Ich war fassungslos, was ich getan hatte.' - ? Das vereinfüche doch die Sache. Oder, ein bisserl umständlicher: 'Ich war fassungslos darüber, was ich getan hatte.'
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-07-10, 14:44:41
Ich bin mit deinem, Bertholds, Relativpronomen zwieverstanden, denn hinsichtlich das getan ist das so fassungslos Machende ja Akkusativ. Also:

Ich war fassungslos dessentwegen, was ich getan hatte?
Ich war fassungslos dessentwegen, das ich getan hatte?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-07-10, 14:49:51
Ja eh, lieber Kilian, auf gut Hd., aber meins war halt - leicht fürnehmes - Neutsch.
Hab ja noch was dazuguschrimp.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-07-12, 19:06:53
Während unserer kleinen Spontanwallfahrt nach Neutsch entsponn sich ein kurzer Diskurs zwischen dem hochwohlgeschotzenen Homer und meiner Wenik. Kern des Gespräches war die Frage, warum man uns damals im Lateinunterricht 'anus' mit 'die alte Frau' übersetzen ließ. Homer erklor es mir, aber ich habe es schon wieder verdrongen (ist wohl dem 'Pfungstädter Pils' geschalden). Nicht schlimm.
Nun meine Gegenfrage: Darf man 'ANITA' mit 'die kleine Arschlöchin' übersetzen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Gegenantwort in 2012-07-12, 19:21:37
Zitat von: amarillo in 2012-07-12, 19:06:53
Nun meine Gegenfrage: Darf man 'ANITA' mit 'die kleine Arschlöchin' übersetzen?
ἀν-ita!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-07-12, 20:13:23
Zitat von: amarillo in 2012-07-12, 19:06:53Kern des Gespräches war die Frage, warum man uns damals im Lateinunterricht 'anus' mit 'die alte Frau' übersetzen ließ.

Kekünne der Grund dafür sein, dass es das heißt? So dachte ich zumindest. Falls nicht, wäre ich dankbar für Aufklur! :)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2012-07-12, 20:50:17
Zitat von: Kilian in 2012-07-12, 20:13:23
Zitat von: amarillo in 2012-07-12, 19:06:53Kern des Gespräches war die Frage, warum man uns damals im Lateinunterricht 'anus' mit 'die alte Frau' übersetzen ließ.

Kekünne der Grund dafür sein, dass es das heißt? So dachte ich zumindest. Falls nicht, wäre ich dankbar für Aufklur! :)

Komplizorener war meine Antwort auch nicht, wenn ich mich des Wortwechsels recht entsinne.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-07-13, 11:02:34
Zitat von: amarillo in 2012-07-12, 19:06:53
Während unserer kleinen Spontanwallfahrt nach Neutsch entsponn sich ein kurzer Diskurs zwischen dem hochwohlgeschotzenen Homer und meiner Wenik. Kern des Gespräches war die Frage, warum man uns damals im Lateinunterricht 'anus' mit 'die alte Frau' übersetzen ließ. Homer erklor es mir, aber ich habe es schon wieder verdrongen (ist wohl dem 'Pfungstädter Pils' geschalden). Nicht schlimm.
Nun meine Gegenfrage: Darf man 'ANITA' mit 'die kleine Arschlöchin' übersetzen?

Anus, -us ist auch ein Femininum der u-Diekleinus - neben den bekannten Schulbuchwörtern domus, manus, tribus, porticus und Idus.
Bedeutet Greisin, alte Frau, auch Wahrsagerin, Hexe.
Anus anum devotat (wie "manus manum lavat" gebolden): eine Hexe verflucht die andere.
In Anita sähe ich eher "das Hexerl".

Will nicht Erwähnens tun, was jene üblen Zauberweiber während ihrer Sprüche mit dem linken Saturn(s)finger getrieben haben sollen* (so fog sich eins zum anderen), weil ich sonst, bloß ein Bröckchen antiker Volkskunde vorlegend, gleich wieder der haltlosen Schweinigelei bezachtenck werden täterte ...

*Von circumagi oder torquere ist bei Crumenius minor die Schreibe. Doch war der Dalmatiner (aus Spalatum - daher "Spalatinus") z.T. ein übler Zotenbäcker.
Jenem antiken Autor sogar die "Banane Split" (Musa spalati) anzuhängen, etbehrt auch der kleinsten Grundlage.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Mümmelmann in 2012-07-14, 05:52:00
Zitat von: Berthold in 2012-07-13, 11:02:34
Anus, -us ist auch ein Femininum der u-Diekleinus - neben den bekannten Schulbuchwörtern domus, manus, tribus, porticus und Idus.
Bedeutet Greisin, alte Frau, auch Wahrsagerin, Hexe.
Systematisch gehören zu anus wohl am nächsten socrus, -ūs (die Schwiegermutter) und nurus, -ūs (die Schwiegertochter), beide viertūs Duklugnuss und natürlich wilb. Offensilcht zezohlen die alten Römer nicht nur die Schwiegermütter, sondern auch die Schwiegertöchter zu den Hexenartigen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2012-07-17, 10:25:59
Fein, lieber Herr Dr. Haas - oder wie immer auch Ihr weerther Name sei!
Der "Georges" miech mich (und damit auch uns) darauf aufmerksam, daß auch unser Ahn - bzw. unsere Ahne - mit anus, -us zusammenhängt.
Im "Pfeifer" lese ich - nun einfach herunterguschrimp:
"Ahn m. 'Vorfahr', ahd. ano (9. Jh.), mhd an(e), ene, mnd. a:ne 'Vorfahr, Großvater, Urgroßvater'. Das im germ. Sprachbereich nur im Dt. gebräuchliche Wort hat eine vereinzelte Entsprechung in dem Kompositum mnl. aenhete '(Ur)großvater'; außergerm. Verwandte sind griech annís (...) 'Großmutter', lat. anna 'Pflegemutter', anus 'alte Frau, Greisin', so daß sich eine Wurzel ie. *an- 'männlicher oder weiblicher Vorfahr' erschließen läßt, wohl ein Lallwort der Kindersprache. Eine Deminutivbildung zu Ahn ist Enkel (s. d.) - (...)"
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-08-22, 17:48:04
Eine neue Anfrage. Wie steht es eigentlich mit folgendem Satz:

Es war nicht selten eine Einrichtung mit strengen Regeln, in die oft Frauen und Studenten Zutritt verboten war.

den ich gerade in einem Text über die Geschichte der deutschen Sprache las. Ich verstehe ihn schon: Der Zutritt in die Einrichtung war Frauen und Studenten verboten. Dennoch geht mir die Konstruktion des Relativsatzes irgendwie gegen den Strich. Zu Recht oder zu Unrecht? Und falls zu Recht, warum eigentlich?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2012-08-22, 21:00:48
Ich vermute: zu Recht (geht mir übrigens auch so)
Das Relativum bezieht sich hier auf ein Nomen, das geographisch recht weit entfornen ist (die Einrichtung). Gefühlt stellt es aber einen Bezug zum ihm näher stehenden Objekt (die strengen Regeln) her, waß inhaltlich natürl Quatsch ist.

Außerdem finde ich die Stellug des 'oft' ein wenig glücklos - ich hätte es entweder vor den 'Zutritt' oder zwischen 'Zutritt' und 'verboten' plazoren, aber das ist wohl eher eine Geschmacksfrage.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-08-22, 21:18:03
Danke für die Rückmeldung.
Ich glaube mein Problem liegt aber irgendwo anders.
Vor allem lese ich bei "in die oft Frauen und Studenten ..." die "Frauen und Studenten" zunächst als Nominativ, und es braucht einige Kraft, das dann wieder zurückzudrehen. Aber selbst wenn man schreibt

Es galten nicht selten strenge Regeln in einer solchen Einrichtung, in die der Zutritt Frauen und Studenten oft verboten war.

und damit alle von dir und mir genannten Probleme beseitigt wären, scheint mir der Satz noch fragwürdig, ohne dass ich zu sagen vermöchte, wo denn nun das Problem liegt. Oder ist der Satz so astrein?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-08-26, 10:53:38
Vielleicht sind Nominalphrasen (hier: Zutritt zu der; die zu-Ergänzung bezieht sich ja semantisch und plausiblerweise auch syntaktisch auf Zutritt) im Deutschen Bewegungsinseln (http://verben.texttheater.net/forum/index.php/topic,1491.msg49186.html#msg49186), weshalb man das zu der nicht ohne Holpern als Relativsatz-Einleitephrase (http://texttheater.net/einleitephrasen-im-relativsatz) gebrauchen kann.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-08-29, 16:46:25
Einen verspäteten Dank auch für diese Rückmeldung. Irgend so etwas muss es wohl sein. Ganz verstehe ich es noch nicht.

Aber es kommt gleich eine andere Anfrage nach: Bei Herder (Volkslieder, Zweiter Theil, 1779) finde ich im Vorwort, S. 23, folgenden Satz:

Unter ihren drei gebildeten Nachbarinnen, England, Frankreich und Italien, zeichnet sich auch darinn Deutschland aus, daß es seine besten Köpfe älterer Zeiten vergißt und also seine eigne Gaben verschmähet.

Warum sind es "ihre" Nachbar"innen", obwohl auf Deutschland hinterher mit "es" Bezug genommen wird?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-08-29, 17:26:39
Der Satz davor lautet (http://books.google.nl/books?id=JZY6AAAAcAAJ&pg=PP27&lpg=PP27&dq=%22Unter+ihren+drei+gebildeten+Nachbarinnen%22&source=bl&ots=Wlz5lBEGcW&sig=f3L81qQNbapUKXD5Rln45pSUMms&hl=de&redir_esc=y#v=onepage&q=%22Unter%20ihren%20drei%20gebildeten%20Nachbarinnen%22&f=false):

ZitatUnd hielt mich insonderheit zu beinah vergeßnen Deutschen Dichtern und einzelnen guten Gedichten derselben.

Vielleicht bezieht sich das ihre also auf die deutschen Dichter.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-08-30, 01:57:56
Dass es "Nachbarinnen" heißt, lässt für mich allerdings darauf schließen, dass "ihre" auf ein weibliches Subjekt verweist. Vielleicht ist ja stillschweigend "die Nation Deutschland" und "die Nationen England, Frankreich und Italien" vorausgesetzt, denn der Satz danach beginnt mit "alle drei genannte Nationen". Merkwürdig kommt es mir aber vor, zumal in demselben Satz "seine eigne Gaben" vorkommt, offensichtlich mit demselben Bezugswort (die Nation Deutschland).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-12-19, 18:02:09
In der Schule lernt man, dass die Steigerungsform von "gern" nicht "gerner", sondern "lieber" heißt.
Wie wird aber das Adjektiv ungern gestirgen? Etwa so:?
Seit Klaus einen neuen Klassenlehrer hat, geht er noch unlieber zur Schule als vorher.
Oder heißt es in diesem Fall ungerner? Oder gibt es noch andere Möglichkeiten der Stirg?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2012-12-19, 19:20:10
Eine Antwort hat diese historische Grammatik:
http://books.google.co.jp/books?id=hdRIAAAAcAAJ&pg=PA223&lpg=PA223&dq=ungern+ungerner+ungernsten&source=bl&ots=2u-ZeKJ8Td&sig=cJDuCwbQ63YOCPFgJ5-JokMhqIg&hl=de&sa=X&ei=SwTSUMOKPKuimQWunoHQBQ&redir_esc=y#v=onepage&q=ungern%20ungerner%20ungernsten&f=false
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2012-12-21, 00:04:49
Für das Neutsche gäbe ich natürlich eine andere Antwort, nämlich deine.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Stollentroll in 2013-01-06, 23:18:07

Wenn man sich in trauter Zweisamkeit trifft, ist man dann automatisch unachtsam ?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Freiburger in 2013-01-07, 07:59:15
Wenn man die traute Zweisamkeit an der Dreisam genießt, könnte es für die Achtsamkeit genügen — vorausgesetzt, dass der dreieinige Gott ohnehin allgegenwärtig ist.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-01-16, 22:11:16
Gerade fiel mir auf, dass Wörter wie "Spielerei" und "Änderei" zwischen Verben auf -en und Verben auf -ern keinen Unterschied machen. Nur für Verben auf -eln gibt es anscheinend zwei Molge:

Bummlerei – Bummelei
Fummlerei – Fummelei
Gauklerei – Gaukelei
Schmeichlerei – Schmeichelei

Wobei die Formen auf -lerei immerhin selten zu sein scheinen. Ist es aber eigentlich ganz das selbe, eine Gauklerei und eine Gaukelei? Mir kommt es irgendwie vor, dass sich "Gauklerei" auf den Beruf des Gauklers, "Gaukelei" aber auf die Tätigkeit des Gaukelns bezieht. Aber das ist wahrscheinlich Unsinn, da man sonst auch zwischen einer "Zauberei" und einer "Zaubererei" unterscheiden memüsse. Obwohl – für das letztgenannte Wort gibt es immerhin eine nennenswerte Anzahl von google-Treffern!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-01-25, 21:02:46
Gerade fiel mir auf, dass folgender Satz (in sehr ähnlicher Form in einem Zeitungsartikel gelesen) zweideutig ist:

Der Klinikdirektor lässt Herrn Müller operieren.

Im besagten Artikel war Herr Müller ein Arzt ohne Approbation, der dennoch Patienten behandelt hat. Es kekünne sich sprachlich gesehen aber auch um einen Patienten handeln, der auf Anweisung des Klinikdirektors von einer dritten Person operiert wird. Woher kommt diese Zwiedüt? Gibt es in "lassen"-Sätzen (mit der Bedeutung zulassen/veranlassen) gar keinen grammatischen Marker für das Aktiv/Passiv? Welche der unten geschriebenen Sätze sind grammatisch/stilistisch richtig/gut, vorausgesetzt einmal, dass Herr Müller der Arzt und Herr Meyer der Patient ist? Und gibt es noch andere Formulüre, die man hier anwenden kekünne, um Mehrdüt zu vermeiden?

a) Der Klinikdirektor lässt Herrn Müller operieren.
b) Der Klinikdirektor lässt Herrn Meyer operieren.
c) Der Klinikdirektor lässt Herrn Müller Herrn Meyer operieren.
d) Der Klinikdirektor lässt Herrn Meyer Herrn Müller operieren.
e) Der Klinikdirektor lässt Herrn Meyer von Herrn Müller operieren.
f) Der Klinikdirektor lässt von Herrn Müller Herrn Meyer operieren.
g) Der Klinikdirektor lässt Herrn Meyer von Herrn Müller operiert werden.
h) Der Klinikdirektor lässt Herrn Meyer operiert werden.
i) Der Klinikdirektor lässt von Herrn Müller operieren.
j) Der Klinikdirektor lässt von Herrn Müller operiert werden.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-01-25, 22:52:11
Ergänzende Frage noch: Gibt es unter denjenigen Sätzen a)-j), die ihr als standardsprachlich korrekt empfindet, welche, die nicht genau dasselbe bedeuten?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-01-25, 23:49:05
Ein echtes Problem!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2013-01-26, 20:53:21
Zitat von: Wortklauber in 2013-01-25, 21:02:46Woher kommt diese Zwiedüt? Gibt es in "lassen"-Sätzen (mit der Bedeutung zulassen/veranlassen) gar keinen grammatischen Marker für das Aktiv/Passiv?

lassen steht mit AcI (http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Satz/Satzbau/Hauptplan/aci.html), d.h. mit einer Infinitivgruppe mit einem Subjekt im Akkusativ. Und das Subjekt steht nicht nur im Akkusativ, es ist auch noch optional (es kann stattdessen in einer von-Ergänzung hinzutreten wie im Passivsatz). Beides gilt auch für das direkte Objekt. Daher die Ununterscheidbarkeit.

ZitatWelche der unten geschriebenen Sätze sind grammatisch/stilistisch richtig/gut, vorausgesetzt einmal, dass Herr Müller der Arzt und Herr Meyer der Patient ist?

Richtig: a, b, c, e, f, i
Je nach Kontext und Betonung mglws. richtig: d
Für mein Gefühl nicht deutsch: g, h, j (von lassen regorener AcI kann MUSEN nicht passivisch sein, warum auch immer)

ZitatUnd gibt es noch andere Formulüre, die man hier anwenden kekünne, um Mehrdüt zu vermeiden?

Das Subjekt immer mit von zu markieren scheint mir eine ziemlich bombensichere Disambiguierungstaktik zu sein. Verwechslungsgefahr mit anderen von-Dependenten bleibt natürlich unberührt: Die Klinikdirektorin lässt Frau Meyer von Frau Müller von Bananen ernähren. ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-02-15, 18:24:07
"...Medikamenten-Rückstände seien bislang nicht nachgewiesen worden....!"

Kann mir mal wer diesen Dativ erklären? Oder war das nur schlechter Sprachgebrauch einer Fernsehsenders (n24)?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Stollentroll in 2013-02-15, 19:27:55
Erklären können das nur Homer und der Scheffe, aber gängig ist es allemal :

medikamentenabhängig, Medikamentenmissbrauch, Medikamentenschrank etc. pp.

Alles Beispiele aus dem anleinigen Duden.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2013-02-15, 19:35:34
Zitat von: Stollentroll in 2013-02-15, 19:27:55
Erklären können das nur Homer und der Scheffe ...

Also, wenn Du da mal die Rechnung nicht ohne den Wortklauber gemacht hast ... *lol*
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-02-15, 20:05:07
Wenn man vom Wortklauber spricht ...

... kann er es noch lange nicht erklären. Es handelt sich dabei um das sogenannte "Fugen-n", aber warum das nun gerade an die Medikamente"n" tritt, weiß ich nicht. Scheint mir sogar ein eher seltener Fall zu sein, weil bei den meisten Wörtern, die ein Fugen-n haben, der Plural auch auf -n lautet (obwohl der Plural durch die Zusammensetzung oft nicht evoziert ist: Sonnenstrahl, Tannenzapfen, Buchenrinde).

Interessant ist aber, dass solche Zusammensetzungen in verschiedenen Dialektgebieten offensichtlich vollkommen anders behandelt werden, siehe z.B. hier:

http://books.google.co.jp/books?id=o3bse2hTyeIC&pg=PA173&lpg=PA173&dq=%22Fugen-n%22&source=bl&ots=nvLKIcdDQb&sig=YNh1imnGPhV1du_qUjXqtQ0sdVY&hl=de&sa=X&ei=hIMeUbqnK-TLmgXS_4CADg&redir_esc=y#v=onepage&q=%22Fugen-n%22&f=false
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-02-16, 12:25:13
Pah, daß ich nicht lache, auf beinahe jede Anfrage bezulg grammatischer Ungeriemenheiten kommt hier reflexartig die Antwort Fugen-Sonstwas.

DAS IST DER GSV NICHT WÜRDIG!

Ich verlange wilde Theorien, wenn nicht sogar exzentrisch-dramatische Lösungsansätze.
Fast jeder Naturwissenschaftler, der seine taube Nuss vor eine Kamera halten und in ein Mikro plärren darf, scheut nicht davor zurück, äußerst bedrohliche aber immerhin unterhaltsame Szenarien heraufzubeschwören.
Massenaussterben, Feuerstürme, weltweite Epidemien, das Umpfzigfache der Hiroshima-Bombe etc., das sind die Zutaten für ein Süppchen, mit dem man einbedruckt!
Und jetzt kommt mir bloß nicht mit dem Argument, wir seien ja keine Naturwissenschaftler...

Sind wir die GSV oder das Albert-Schweitzer-Institute for Applied Grammatical Correctness?

Fugen-Schiss - ich fasse es nicht!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-02-16, 15:09:21
genau! ... solch billige erklure sind einer derart großartigen und hehren gesellschaft wie der unseren unwürdig, welche immerhin als weltweit erste lingustik und teilchenphysik in der nano-linguistik miteinander verienen hat ...

... ich bin daher (mindestens) für ein aufsehenerregendes experiment, mit dem auch elnd der jüngst fertiggestollene zeichenbeschleuniger unter dem bibliodrom eingewiehen werden kekünne: das vermeilnte fugen-n beschleunigen, bis ihm hören und sehen vergeht! ... wer weiß, ob es sich dann nicht freiwillig in seine einzelbestandteile zerlegt und dabei auch noch das langgesoochene hicks-boson (http://verben.texttheater.net/Hicks-Boson) freigesotzen wird! ...

haha: nimm das, fugen-n!!! 8)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-02-16, 15:22:08
Meine Anrag ging ja auch eher in die Richtung, sich einmal mit den Mausfallen, Toilettefrauen (auch mit n), Schattseiten, Visitkarten, dem Dillenkraut auf dem Frachtenbahnhof und mit dem Zugsabteil zu beschäftigen. Die Kenntnis solcher Wörter wäre dann auch für die Aufnahmsprüfung in die GSV zu verlangen (jedenfalls für die Aufnahme in deren Südostflügel).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-02-16, 16:38:07
Soeben verfulg ich auf ZDFneo einen (zugegeben) naturwissenschaftlichen Beitrag der BBC bezülg der Frage, was denn Realität eigelnt sei. Zu Worte kamen diverse Kosmologen, Physiker, Teilchenkenner und wie sie alle heißen mögen. Einer von denen behupt, die gesamte Welt sei lediglich eine holographische Projektion vom Rande des Universums. Ein anderer schwang sich zu der These auf, Raum und Zeit existören gar nicht, sondern seien nur als Raum und Zeit innerhalb des Kosmos zu verstehen (kein Jux!).
Da staunt selbst die Fachwelt nicht schlecht: jede Nachfrage an die Herren antbewurten diese mit einem derartigen Geschwurbel, daß einem Hören und Sehen verging. Aber immerhin: ein Aufnahmeteam der BBC mich sich mit Kameranen und Mikronen auf den Weg, auf daß diese Spinner ihre abgefahrene Weltsicht (die einige laut eigenem Bekunden selbst nicht ganz verstanden) einem großen Publikum vorstellen durften.

So geht das! Ein gellender Pfiff auf die wissenschalfte Nachprüfburk! Wer sich mir vorsichtigen Behupten dem Dasein zu nähern versucht, hat schon verloren, gehört ausgelacht! SCI-TAINMENT ist das Postulat der Stunde.

Die Banalität der nachprüfbaren Phänomene sei den Erbsenzählern und der Duden-Redaktion überlassen!

Und für das kleine 'n' im Medikamenten-Rückstand behaupte ich jetzt mal, daß es sich 1. um die Reste eines 'm' handelt, dem 2. im Verlauf der Evolution das Schwänzchen abhanden kam.
Warum da überhaupt was am 't' dranhängt, werde ich in enger Kooperation mit Frau Jankuscheit und einem internationalen Team von parapsychologisch geschulten Verwaltungswissenschaftlern auch noch aufdecken.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-02-16, 16:55:25
Da früge ich dann, ob die Regel mit dem Schwänzchen nur bei Rückstand gilt oder auch bei Vorstand, Strammstand und anderen Stände(r)n.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-02-18, 17:10:23
"...und bezahlten dafür mit dem Tod." (SZ heute)
"...und bezahlten dafür mit dem Leben:" (ich heute - nur so)

Mut macht das ja nicht.

Gibt es eigelnt eine Form des Rechnungsbegliches, bei der man noch ein wenig weiterleben darf?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Hinduist in 2013-02-18, 20:12:11
Zitat von: amarillo in 2013-02-18, 17:10:23
"...und bezahlten dafür mit dem Tod." (SZ heute)
"...und bezahlten dafür mit dem Leben:" (ich heute - nur so)

Mut macht das ja nicht.

Gibt es eigelnt eine Form des Rechnungsbegliches, bei der man noch ein wenig weiterleben darf?

Bei uns schon. Wir bezahlen für unsere Sünden mit der Wiedergeburt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-02-20, 09:54:31
In einem Artikel über Berlusconi stieß ich auf folgenden Satz:

(1) Die Empörung war groß, als er Benito Mussolinis Errungenschaften als Staatschef pries und die Rolle dessen faschistischer Diktatur im Holocaust relativierte.

Die Phrase mit doppeltem Genitiv ist mir nicht ganz geheuer, ich zöge die Rolle von dessen faschistischer Diktatur vor.

Ebenso konfrontieren mich Studenten in letzter Zeit verstorken mit Phrasen wie diesen:

(2) die Folgen Caesars Politik
(3) die Folgen Caesars aggressiver Politik

Nun gibt es in der Standardgrammatik die "Genitivregel", die erklärt, wann eine Genitivphrase von kompetenten Sprechern als grammatisch empfunden wird und wann nicht:

"Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie (i) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und (ii) mindestens ein Wort mit s- oder r-Endung enthält."

Diese Regel funktioniert wohl nur eher approximativ, erklärt aber, warum (2) auf jeden Fall zweifelhaft ist (es fehlt das adjektivisch flektorene Wort). (1) und (3) wären dagegen formal korrekt. Jetzt habe ich in einem Grammatik-Artikel (http://www.youtube.com/watch?v=xAaR3OYKhZo) dazu folgende Beispiele gefunden, die nach der Genitivregel formal korrekt sind, aber doch – so heißt es dort – "oft vermieden" werden:

Vorangestelltes Genitivattribut zu einem Genitivobjekt:
(4) Der Pfarrer gedachte Bürgermeister Epprechts verstorbenen Bruders.

Vorangestelltes Genitivattribut zu einem nachgestellten Genitivattribut:
(5) Der Vorschlag Ottos jüngsten Bruders überzeugte mich.

Vorangestelltes Genitivattribut zu einer Genitivphrase bei einer Präposition:
(6) Das geschah während Monikas letzten Auslandsaufenthalts.

Frage an euch: Geht es euch auch wie mir, daß (4) und (6) eher akzeptabel erscheinen als (5), das ich – wie (1) und (3) – so nicht benutzen würde? Und wenn ja, warum ist das so?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-02-20, 10:30:56
Formalgeschmacklich wundert mich im Falle (1) vor allem Deine Präferenz für die präpositionale Prothese 'von', obschon sich solcherlei Verhälniswortbehelfe im hiesigen Ruhrdeutsch häufig belauschen lassen.

An (3) weiß ich nichts auszusetzen, kekünne mir in schriftlicher Form durchaus aus der Feder fließen.
(4) klingt und liest sich bemohen. (Der Bürgermeister gedachte den Epprecht sein verstorbenen Bruder)
(6) ist prima.

Je öfter ich Deine Beispiele lese, umso weniger weiß ich sie zwischen mehr oder weniger akzeptabel einzuordnen; mir schwirrt's!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-02-20, 13:48:34
Deswegen frage ich ja, weil es auch bei mir schwirrt. Das scheint auch eine Frage persolner Vorlieben zu sein. Es ging mir ja auch gar nicht um saubere Richtig-Falsch-Feststulle, sondern gerade darum, was bei euch so knapp diesseits oder jenseits der Grenze des Akzeptablen liegt.

Die Schwurr wird bei mir noch heftiger, wenn ich mich frage, warum mir – und vielleicht nur mir – die Folgen Caesars aggressiver Politik zwar irgendwie ungut vorkommt, aber immer noch eine Spur besser als das strukturell völlig gleich geboldene der Vorschlag Ottos jüngsten Bruders (liegt's am Maskulinum mit seinem offenkundigen Genitiv-s?) und das wiederum nicht ganz so schlimm wie der Vorschlag dessen jüngsten Bruders, was ich als völligen Murks empfinde. Nach der "Genitivregel" rettet hier jüngsten die formale Rucht der Phrase, während der Vorschlag dessen Bruders endgültig – und zu Recht – nicht mehr gehe. Für mich ist der Unterschied aber marginal. Mein Verdacht ist, daß die "Genitivregel" für solche Doppel-Genitiv-Phrasen nicht taugt.

Im Falle von oben (1) ist der von-Einschub aber auf jeden Fall die standardspralche Optimalvariante.

Übrigens meine ich mal gelesen zu haben, daß euer mittlerweile als Substandard verponener "Genitiv" mit dem sein usw. früher mal deutschweit akzeptorener war als heute.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-02-20, 14:19:02
Zitat von: Homer in 2013-02-20, 13:48:34
Übrigens meine ich mal gelesen zu haben, daß euer mittlerweile als Substandard verponener "Genitiv" mit dem sein usw. früher mal deutschweit akzeptorener war als heute.

... ich kann nicht sagen, wie es anderswo ausschaut, aber in der thüringisch-obersächsischen dialektgruppe hat es diesbezüglich niemals einen genitiv gegeben, sondern wurde immer nur der dativ genutzt  ... in den entsprechenden mundarten wird bis heute grundsaltz nur von dem seiner mutter / der ihrer schwester etc. gesprochen ... insofern war das vor entwicklung der hochsprache ja der notwendigerweise akzeptorene standard ...

... vielleicht ist der genitiv in diesem falle ja auch erst mit dem hochdeutschen "erfunden" und populär gemacht worden? ... weiß hier jemand etwas genaueres? ... und gibt es überhaupt deutsche dialekte, die nicht dem sein / der ihr  gebrauchen? ...

... auf alle fälle finde ich nichts schlechtes daran, ugs. den dativ zu benutzen, denn solche in den mundarten erhaltenen eigenheiten aus frühreren zeiten sind ja keineswegs falsch ... sie sind lediglich kein korrektes hochdeutsch, aber das ist ja eben auch nur ein gewolltes konstrukt ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-02-20, 15:39:35
Ich glaube, dass man verwirrende Strukturen gerne vermeidet, und Häufungen gleicher Kasuum sind jedenfalls verwirrend. Daher benutzt man das "von" gerne, sofern sich damit der doppelte Genitiv vermeiden lässt — also in den Fällen 1, 2, 3, 5. Ich würde sogar im Fall 6 vorziehen, "während" mit Dativ zu benutzen, obwohl mir das sonst eher gegen den Strich geht. Ich würde also nicht mit gutem Gewissen sagen "während ihrem letzten Aufenthalt", wohl aber "während Monikas letztem Aufenthalt".
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-02-20, 21:16:23
Zitat von: katakura in 2013-02-20, 14:19:02
... vielleicht ist der genitiv in diesem falle ja auch erst mit dem hochdeutschen "erfunden" und populär gemacht worden? ... weiß hier jemand etwas genaueres? ... und gibt es überhaupt deutsche dialekte, die nicht dem sein / der ihr  gebrauchen? ...

Na ja, Hochdeutsch war ja zunächst auch nur eine Dialektgruppe, bevor es in einer überregionalen Ausgleichsversion Standarddeutsch wurde. Insofern wird es den Genitiv irgendwo (oder auch überall) dort schon als Normalform gegeben haben. Aber dem sein / der ihr hat wohl stark verbritten daneben existoren. Interessant ist, daß diese Konstruktion auch in verschiedenen anderen germanischen Sprachen vorkommt oder vorkam, s. hier (http://en.wikipedia.org/wiki/His_genitive), und auch schon im Althochdeutschen in den Merseburger Zaubersprüchen: dû wart demo ... folon sîn fuoz birenkit ("da wurde dem Fohlen ... sein Fuß verrenkt").

Die meisten deutschen Dialekte werden wohl heute noch dergleichen haben, aber das kann ich als dialektlos Aufgewachsener eher schlecht beurteilen. Ich meine mich aber zu erinnern, sogar da, wo mein Mund gewachsen ist und wo leider ausschlielß vergleichsweise keimfreies Deutsch gesprochen wird, dem sein / der ihr durchaus gehoren zu haben, aber das hatte in der Gegend dann eindeutig schon Substandard-Geschmack. Der Grund ist sicher, daß der ursprulng dort gesprochene Dialekt, nämlich die regionale niederdeutsche Mundart, heute so gut wie ausgestorben ist, sich aber einzelne Elemente – Wörter, aber auch syntaktische Eigenheiten – aus dem Niederdeutschen in das Hochdeutsche vor allem derjenigen geratten haben, deren Familien bis vor relativ kurzer Zeit noch am Niederdeutschen festgehalten haben, also am ehesten bei der älteren Landbevölkerung. Die Assoziationskette der jüngeren Städter ist klar: Land – konservativere Sprache – weniger Bildung – Substandard – wollen wir nicht mehr. Ich schätze, dem sein usw. gehört in "meiner" Gegend zu den rapide schwindenden, weil verponenen niederdeutsch-dialektalen Restbeständen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-02-21, 12:00:03
Zitat von: Homer in 2013-02-20, 21:16:23
Na ja, Hochdeutsch war ja zunächst auch nur eine Dialektgruppe, bevor es in einer überregionalen Ausgleichsversion Standarddeutsch wurde. Insofern wird es den Genitiv irgendwo (oder auch überall) dort schon als Normalform gegeben haben. Aber dem sein / der ihr hat wohl stark verbritten daneben existoren. Interessant ist, daß diese Konstruktion auch in verschiedenen anderen germanischen Sprachen vorkommt oder vorkam, s. hier (http://en.wikipedia.org/wiki/His_genitive), und auch schon im Althochdeutschen in den Merseburger Zaubersprüchen: dû wart demo ... folon sîn fuoz birenkit ("da wurde dem Fohlen ... sein Fuß verrenkt").
Ich habe von historischen Sprachstufen des Deutschen keine Ahnung, aber kekünne diese Formulierung nicht auch von der Rektion des Verbs "verrenken" herrühren? Immerhin wäre es im modernen Standardhochdeutsch ja auch richtig zu sagen:

Da wurde dem Fohlen vom Arzt sein Fuß wieder eingerenkt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-02-21, 12:42:14
Na klar, das stimmt, aber das zeigt ja nur, daß der dem-sein-"Genitiv" ("dem Pferd sein Fuß wird eingerenkt") letztlich historisch vom sogenannten Dativus sympatheticus ("dem Pferd wird der/sein Fuß eingerenkt") abstammt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-02-25, 23:21:04
... vielleicht liegt es ja an der späten stunde und meiner daraus resultierenden dämlichkeit, dass ich bei dieser der süddeutsche-online entnommenen frage, der als richtig agnoszorenen antwort und der lichtvollen erklur einen widerspruch sehe (siehe schrumschiss) ...

... hat das was mit der relativität der zeit (oder gar dem hicks-boson :o) zu tun, dass 13 bis 14 mrd. jahre so flugs auf ziemlich genau 3,75 mrd. jahre zusammmenschnurren, dass die zeiträume plötzlich gleich werden? ... oder kommen einem bei einem transwarp-flug 13 bis 14 mrd. jahre reisezeit nur so vor wie 3,75 mrd. jahre? ...

... also, ich komme echt nicht dahinter, wie das gemienen ist ??? ... falls mich jemand diesbezulg aufklären kekünne, wäre ich ihm überaus verbunden ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Welterklärer in 2013-02-26, 02:43:17
Nein, es handelt sich offensichtlich um eine Folge der zunehmenden Entropie (Unordnung), durch die es im Laufe von 13 bis 14 Milliarden durchaus vorkommen kann, dass aus "13 bis 14 Milliarden Jahre 75,3 %" durch die sogenannte Ziffernverschiebung "3,75 Milliarden Jahre 13 bis 14 %" werden. Das Hubble Teleskop wird wohl "ziemlich genau" das beobachtet haben.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-02-26, 06:19:36
Eventuell handelt es sich hier auch um ein Phänomen der sog. 'Unschärfereleation', die ich ja auch in grammatischer Hinsicht schon für so einige Ungereiemenheiten schwerst in Verdacht habe.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-02-26, 09:38:50
... wow! ... die grammatikalische unschärferelation! 8) ... was besagt die denn, bzw. welcher ungeriemenheiten ächtigst du sie verd? ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-02-26, 14:53:15
Wie das mit der 3,75 zusammenhängt, ist mir noch nicht ganz klar, aber die von W. Heißenberg* gefundene grammatikalische Unschärferelation besagt bekalnnt, dass die grammatische Bestimmtheit eines Wortes oder Satzes umgekehrt proportional zur semantischen Bestimmtheit ist. Oder, um es etwas ärerwissenschalft pozupulen: Man kann niemals gleichzeitig exakt wissen, wie ein Satz grammatisch zu erklären ist und was er bedeutet. Dieser Satz ist insbesondere für die Nano-Linguistik entscheidend, aber selbst auf dem Makro-Level  lassen sich bestimmte Sprachphänomene nur durch die grammatikalische Unschärferelation erklären.

Wassoldat Heißenberg, bedeutender Nano-Linguistiker
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-02-26, 16:01:49
... das ist doch schomma ein guter ansatz! :D ... ich habe die heißenbergsche grammatikalische unschärferelation gleich mal im glossar verewogen ... und was es mit den 3,75 = 13 bis 14 auf sich hat, ist mir auch noch schleierhaft ... vielleicht sind ja auch nicht milliarden, sondern milliardstel gemienen? ... das wären dann 3,75 nano-irgendwas , die gleich 13 bis 14 nano-irgendwas sind ... aber was?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2013-02-28, 14:06:20
Zitat von: Homer in 2013-02-20, 09:54:31
Vorangestelltes Genitivattribut zu einem Genitivobjekt:
(4) Der Pfarrer gedachte Bürgermeister Epprechts verstorbenen Bruders.

Vorangestelltes Genitivattribut zu einem nachgestellten Genitivattribut:
(5) Der Vorschlag Ottos jüngsten Bruders überzeugte mich.

Vorangestelltes Genitivattribut zu einer Genitivphrase bei einer Präposition:
(6) Das geschah während Monikas letzten Auslandsaufenthalts.

Frage an euch: Geht es euch auch wie mir, daß (4) und (6) eher akzeptabel erscheinen als (5), das ich – wie (1) und (3) – so nicht benutzen würde? Und wenn ja, warum ist das so?

Ja, geht mir auch so. Vielleicht liegt es daran, dass die Phrase mit doppeltem Genitiv (PmdG) in (5) eine freie Angabe ist (zu Vorschlag) ist, in (4) und (6) jedoch eine obligatorische Ergänzung (zu gedachte bzw. während)? In letzterem Fall erwartet man nach dem Hören des Verbs/der Präposition schon einen Genitiv und kann den doppelten dann auch noch verarbeiten. Im ersten Fall kriegt man den ersten Genitiv ohne Vorwarnung um die Ohren und hat den kaum verarbeitet, da kommt schon ein zweiter. So weit meine Spekulation...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-04-03, 19:08:14
Soeben berocht das Fernsehen von der Bombenentschärfung in Berlin. Der Bericht and mit dem Satz:
"Zurück blieb lediglich ein einen Meter tiefes Loch."

Weiß jemand, woher dieser Akkusativ rührt? Mir kommt er irgendwie fehlplazoren vor. Andererseits schräke ich nicht davor zurück zu sagen: "Das Loch ist einen Meter tief."

Aber 'ein Meter' ist doch kein direktes Objekt - spinn' ich jetzt?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2013-04-03, 21:29:18
canoonet (http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Satz/Satzgliedbau/Adjektiv.html) ordnet dieses einen Meter als ein freies Attribut in einer Adjektivgruppe mit dem Kern tief ein, genauer als eine Nomengruppe als Maßangabe. MUSEN stehen solche Nomengruppen immer im Akkusativ, unabhängig davon, ob die Adjektivgruppe drumrum prädikativ (Das Loch ist einen Meter tief) oder attributiv (ein einen Meter tiefes Loch) gebraucht wird. Aber im letzteren Fall neigen Adjektivgruppen glaubich allgemein eher dazu, komisch zu klingen, man fiebert als Hörer doch sehr dem Nomen entgegen. Dazu kommt das schwer aussprechbare "ein einen", das ich mündlich glaubich auch meist zu "ein ein" verschliffe.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Deigner in 2013-04-04, 00:07:35
@amarillo:

Käme dir ein einen Tag langes Flugverbot auch plaz fehlgeoren vor?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-04-04, 10:43:49
Schwanke - je mehr ich drüber nachdenke. :-\
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2013-04-25, 15:52:42
Zitat von: Homer in 2013-02-20, 09:54:31
Nun gibt es in der Standardgrammatik die "Genitivregel", die erklärt, wann eine Genitivphrase von kompetenten Sprechern als grammatisch empfunden wird und wann nicht:

"Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie (i) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und (ii) mindestens ein Wort mit s- oder r-Endung enthält."

Weil die Frage so oft aufkommt, hier noch ein aktüller Knupf zur Genitivregel: http://www.korrekturen.de/nachgefragt/sich_beispielen_bedienen.shtml
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-04-25, 17:04:38
Und was macht die GSV dagegen?
(= dagegen, dass man in bestimmten Situationen ein Wort nicht im Genitiv benutzen darf, obwohl es auch nicht in einen anderen Fall gesetzt werden darf.)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2013-04-25, 17:13:48
Molg 1: Genitivregel einfach außer Kraft setzen: die Folgen Caesars Politik, Wir bedienten uns Beispiele

Molg 2: Fehlende -s- oder -r-Endung einfach anhängen: die Folgen Caesars Politiks, Wir bedienten uns Beispieler

...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-04-26, 05:57:26
Ein entschiedenes: sowohl als auch!
Allerdings gefällt mir Molg 2 besser, ist einfach gsväulischer.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-04-27, 10:47:33
Zitat von: Kilian in 2013-04-25, 15:52:42
Zitat von: Homer in 2013-02-20, 09:54:31
Nun gibt es in der Standardgrammatik die "Genitivregel", die erklärt, wann eine Genitivphrase von kompetenten Sprechern als grammatisch empfunden wird und wann nicht:

"Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie (i) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und (ii) mindestens ein Wort mit s- oder r-Endung enthält."

Weil die Frage so oft aufkommt, hier noch ein aktüller Knupf zur Genitivregel: http://www.korrekturen.de/nachgefragt/sich_beispielen_bedienen.shtml

Nach einigem Nachdenken und Recherchieren möchte ich an der Richtigkeit des in dem aktüllen Knupf Gesagten für die Standardsprache (=das, was einem heutigen Hochdeutsch-Sprecher in der Regel als korrektes Deutsch erscheint) zweifeln, obwohl ich der Bewertung der dort gegebenen Beispiele nicht widerspreche.

Es heißt: "Es gilt die sogenannte Genitivregel, nach der eine Nominalphrase ohne bestimmten Artikel nur dann im Genitiv stehen kann, wenn sie mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und mindestens ein Wort mit der Endung -s oder -r enthält."

Demnach müsste der Ausdruck "sich Waffen bedienen" falsch sein, denn weder wird das Wort "Waffe" adjektivisch flektiert noch ist irgendwo eine Endung -r oder -s zu finden. Dennoch scheint offensichtlich nicht nur mir (zwar gegen die Verwendung von Waffen, aber nicht) gegen den Ausdruck nichts einzuwenden zu sein, denn für diese Wortfolge gibt es sehr viele google-Belege.

Ebenso wäre es MUSEN zwar inhaltlich, aber nicht grammatisch abzulehnen, Menschen "Verbrechen zu beschuldigen, die sie nicht begangen haben". Auch ist es gut, sich "Grenzen bewusst zu sein", selbst wenn diese sich nicht genau bestimmen lassen. Und wer "erinnert sich nicht gern Stunden", die er mit einem lieben Menschen in trauter Zweisamkeit verbracht hat?

Dass all dieses standardsprachlich verboten sein soll, leuchtet mir keineswegs ein. Und mir scheint deshalb auch die in dem Knupf verworfene Lösung "sich Beispielen bedienen" zwar nachvollziehbar standardsprachlich falsch (da der Genitiv Plural von Beispiel nicht Beispielen lautet), aber in Anlehnung an die anderen akzeptablen Bildungen mit -n-Endungen eine für den gsv-Gebrauch überlegenswerte Option.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-04-27, 12:27:37
Bei Google gibt es jeden Unfug, teilweise hunderttausendfach, das hat nichts zu sagen. Für mich klingt keines Deiner Beispiele auch nur annähernd schriftsprachlich akzeptabel. Aber Sprache ändert sich, und vielleicht ist ja die Genitivregel schon am Anfang ihres Niedergangs. In spätestens 100 Jahren wissen wir mehr.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-04-27, 13:16:01
Da steht dein Sprachgefühl gegen meines. Na, immerhin wird man auch in Büchern verschiedener Publikationsjahre fündig (aber da wirst Du natülr auch einwenden, dass man da jeden Unfug findet ...):

http://books.google.de/books?id=1txRAAAAcAAJ&q=%22sich+Waffen+bedienen%22&dq=%22sich+Waffen+bedienen%22&hl=de&sa=X&ei=Sqt7Ud37HYjlkAWQzoGIDQ&ved=0CDgQ6AEwAg

http://books.google.de/books?id=lBhoAAAAMAAJ&q=%22sich+Waffen+bedienen%22&dq=%22sich+Waffen+bedienen%22&hl=de&sa=X&ei=Sqt7Ud37HYjlkAWQzoGIDQ&ved=0CDQQ6AEwAQ

http://books.google.de/books?id=PG87AAAAcAAJ&pg=PA88&dq=%22Verbrechen+beschuldigen%22&hl=de&sa=X&ei=XKx7UeeKHYXHkQXhwIDABA&ved=0CE8Q6AEwBQ#v=onepage&q=%22Verbrechen%20beschuldigen%22&f=false

http://books.google.de/books?id=KGITAQAAMAAJ&q=%22Verbrechen+beschuldigen%22&dq=%22Verbrechen+beschuldigen%22&hl=de&sa=X&ei=iq57UY24MI2jkgWBzIHYCA&ved=0CDAQ6AEwATjIAQ

http://books.google.de/books?id=kpJEAAAAcAAJ&pg=PA297&dq=%22Verbrechen+beschuldigen%22&hl=de&sa=X&ei=C697UdDzJc35lAXGxoCQBQ&ved=0CEMQ6AEwBDjcAQ#v=onepage&q=%22Verbrechen%20beschuldigen%22&f=false

http://books.google.co.jp/books?id=citPAAAAYAAJ&pg=PA941&dq=%22sich+Handlungen+bewusst%22&hl=de&sa=X&ei=H7F7UbHrDI7HkQX41ICYDQ&redir_esc=y#v=onepage&q=%22sich%20Handlungen%20bewußt%22&f=false

http://books.google.co.jp/books?id=6wATAAAAYAAJ&pg=PT257&dq=%22sich+Sünden+bewusst%22&hl=de&sa=X&ei=lbF7UdayNMaikQWYl4DQBA&redir_esc=y#v=onepage&q=%22sich%20Sünden%20bewußt%22&f=false

http://books.google.co.jp/books?id=MTpAAAAAcAAJ&pg=PA190&dq=%22sich+Sünden+bewusst%22&hl=de&sa=X&ei=lbF7UdayNMaikQWYl4DQBA&redir_esc=y#v=onepage&q=%22sich%20Sünden%20bewußt%22&f=false

http://books.google.co.jp/books?id=0WZ9AAAAIAAJ&pg=PA535&dq=%22sich+Sünden+bewusst%22&hl=de&sa=X&ei=lbF7UdayNMaikQWYl4DQBA&redir_esc=y#v=onepage&q=%22sich%20Sünden%20bewusst%22&f=false

http://books.google.de/books?id=Rr0sAAAAYAAJ&q=%22erinnert+sich+Zeiten%22&dq=%22erinnert+sich+Zeiten%22&hl=de&sa=X&ei=JbN7UeHhLsjQkwXe4YGoDg&ved=0CC0Q6AEwAA
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-04-27, 13:38:03
Schon klar, ich habe ja auch nur "für mich" gesagt. Bei der Frage, ob eine Erscheinung standardsprachlich als korrekt gilt, ist ja immer das Sprachgefühl der kompetentesten Sprecher maßgeblich. Und auf der Skala zwischen "eindeutig grammatisch" und "eindeutig ungrammatisch" gibt es auch die Mitte, die Zweifelsfälle, in denen ein Teil der Kompetenten so, ein anderer so antwortet. Dieser Teil der Genitivregel scheint so etwas zu sein. Ich tendiere halt im Zweifel meist zu "ungrammatisch". Mir kommt "er wird Verbrechen beschuldigt" nicht in einen Text, und wenn ich Hausarbeiten korrigiere, nehme ich mir die Freiheit, bei so etwas den Rotstift zum Einsatz zu bringen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-06-11, 17:12:43
Weiß von Euch jemand, warum unser Alphabet in der uns bekannten Reihenfolge vorliegt? Hat das überhaupt einen Grund, oder brachten Umstände dies mit sich?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-06-11, 17:24:30
Die Frage wäre mindestens an das frühgriechische Alphabet (in der vorattischen Zeit) weiterzuleiten, denn mindestens seit dieser Zeit wird die Reihenfolge der Buchstaben mit Variationen von Generation zu Generation und Sprache zu Sprache weitergereicht. Dass die Reihenfolge so alt ist, folgt daraus, dass die Griechen die Buchstaben als Zahlzeichen (der Reihe nach für 1, 2, 3, ..., 9, 10, 20, ..., 90, 100, 200, ..., 900) benutzten, wobei sie auch noch Buchstaben verwendeten, die in der attischen Zeit bereits abgeschafft waren. Woher die Griechen die Reihenfolge hatten: Keine Ahnung. Vielleicht von den Phöniziern?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Daleth in 2013-06-11, 17:49:51
Zitat von: Wortklauber in 2013-06-11, 17:24:30
Woher die Griechen die Reihenfolge hatten: Keine Ahnung. Vielleicht von den Phöniziern?

Jupp. Und die Phönizier entwalcken ihr Alphabet (in diesem Falle Aleph-bet) aus einem proto-semitischen, das noch recht bildhaft ausschaut und auf den ägyptischen Hieroglyphen beruhen soll. Am Ende haben wir das unsrige wohl ebenso wie das Bier und einiges andere den Ägyptern zu verdanken. Prost! ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-06-11, 17:59:28
Aber kommt daher auch die Reihenfolge? Leider sind die Artikel, die ich dazu gefunden habe, uneindeutig. Wenn es heißt, das griechische "Alphabet" käme von den Phöniziern, ist vielleicht nur gemienen, dass die Buchstaben daher kommen, aber dazu, ob ihre Reihenfolge auch schon bei den Phöniziern in ähnlicher Form in Gebrauch war, habe ich nichts Eindeutiges gefunden.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Daleth in 2013-06-11, 18:55:15
Zitat von: Wortklauber in 2013-06-11, 17:59:28
Aber kommt daher auch die Reihenfolge?

Scheint so, da auch die Namen vieler Zeichen in beiden Alphabeten sehr ahln lauten:

phön.: Aleph, Beth, Gimel, Daleth [...] Tet, Yod, Kaf, Lamd, Mem, Nun [...] Ros, Sin, Tau ... *
griech.: Alpha, Beta, Gamma, Delta [...] Theta, Iota, Kappa, Lambda, My, Ny [...] Rho, Sigma, Tau ...

* verienfachen, ohne diakritische Zeichen
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2013-06-12, 03:38:05
Danke! Hier habe ich noch einige andere interessante Informationen gefunden:
http://books.google.de/books?id=VuDCMUwTQRMC&pg=PA112&dq=Alphabet+%22Reihenfolge+der+Buchstaben%22+phönizisches&hl=de&sa=X&ei=O9C3UYqCB8vCkQWdqICYDg&redir_esc=y#v=onepage&q=Alphabet%20%22Reihenfolge%20der%20Buchstaben%22%20phönizisches&f=false
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Daleth in 2013-06-12, 13:11:18
Sehr interessant! Das ugaritische Alphabet taucht ja sogar drei Jahrhunderte vor dem phönizischen auf. Auch wenn die Namen der Zeichen erstaulnerweise auch schon alpa, beta, gamla, delta  etc. lauten (oder ist das eher eine Zuschreibung der Neuzeit?), ist das Ugaritische noch eine Keilschrift. Was also die Schriftzeichen angeht, scheint dann doch das phönizische Alphabet "die Mutter aller Alphabete" - zumindest des griech., lat., hebr. und sogar arab. - und damit auch des unsrigen zu sein. Die Reihenfolge der Buchstaben ist also schon in sehr früher Zeit der Schriftentwalck weitgehend festgelegen worden.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2013-06-12, 13:47:40
Gefühlsmäßig stehen wir zur chinesischen Schrift doch wohl so, daß sie jünger sei als irgendwelche mesopotamischen Keilschriften.
Nun, dem ward widersprochen:
Die Bezeichnung "Jiahu-Schrift" (贾湖契刻符号) bezieht sich auf die 16 Markierungen prähistorischer Artefakte die in Jiahu (Henan, China) gefunden wurden und zu der neolithischen Peiligang*-Kultur (裴李崗文化, Péilǐgāng Wénhuà) gehören. Sie wurden auf eine Zeit um 6600 v. Chr. dannoren.
Einige Archäologen glauben, dass die Zeichen in einem Zusammenhang mit der Orakelknochen-Schrift stehen (z. B. die vergleichbaren Zeichen für 目"Auge",日"Sonne, Tag"),
(Froychl folgt gleich der Zweifel:)
aber einige zweifeln daran, dass sie überhaupt auf Schrift hinweisen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Jiahu-Schrift

*Mit Pelikanen, deren Herrscher, der Pelikhan, einen Pelikahn fährt, hat diese Kultur nix zu tun.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Daleth in 2013-06-12, 14:49:16
Zitat von: Berthold in 2013-06-12, 13:47:40
Gefühlsmäßig stehen wir zur chinesischen Schrift doch wohl so, daß sie jünger sei als irgendwelche mesopotamischen Keilschriften.

Das scheint ja dann auch das richtige Gefühl zu sein. Indes hat die chinesische Schrift nichts mit der ugaritischen oder phönizischen zu tun, auf denen unser heutiges Alphabet fußt, nach dessen Reihenfolge amarillo ursprulng frug (siehe oben). Dennoch interessant, dass die Chinesen - Orakelknöchelchen mit Zeichen hin oder her - nicht mit allem die ersten waren.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2013-06-12, 15:23:48
Ob die chinesische Schrift rein gar nix mit der ugaritischen oder phönizischen zu tun hat, dazu kann ich nix von eignem Stande herschreiben. Da kekünne ich nur abschreiben. Beim Chinesischen liest ich mir wägnstens einen großen zeitlichen Aufwand, dessen Resultat - ich geb's eh zu - eher schwach ausschaut.
Amarillens Beiträge lese ich oft (meist wegen ihres stilsicheren, alltagsfernen Humors - bisweilen wie hingeworfen); so geschah es auch diesmal.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2013-06-12, 19:26:16
Phönizische Schrift? Na, nun spipft mir kein angeberisches Partygarn daraus!
Ein netter Abschwiff ist mir hier gmolch: Ein Hinweis auf die drei österreichischen "phoenixen":
http://medienportal.univie.ac.at/uniview/wissenschaft-gesellschaft/detailansicht/artikel/raetselhafte-frauen/
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-06-12, 22:23:48
... amarillo als meister des alltagsfernen humors? ... hmmppp :-\ ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-06-13, 06:17:01
Ich weiß gar nicht, waß er damit sagen wewull, ist aber auch egal, Hauptsache es ward abgeschwiffen und die eigene Sinologiekompetenz unters Volk gestruen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-06-13, 16:26:58
... apropos abschweifen: heute storlp ich bei einer literaturrecherche über das porträt herbert eulenbergs (siehe anhang) und stotz ... an wen innert der mich bloß er? ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-06-13, 16:56:15
Und schon keimt in mir die nächste Frage auf: kann es sein, daß ethisch-moralische (und auch andere) Geisteshaltungen sich im Laufe eines menschlichen Lebens physiognomisieren?

Ich weiß gar nicht, welcher Wissenschaftsdisziplin ich diese Frage unterbreiten soll.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2013-06-13, 17:42:15
Bertl Eulenberg, ein Sinologe?

Nicht Neutsch sey Ew. Heimstatt, dies sey Lang(e)weyler;
sitzest dort brav am Fluß, mit Netz und Angel, Weyler ...
Du streichst mir selten über meine Wange, Leila!
Denn da umschnieft mich oft ein Club der Langeweiler.
Trägt Manns die Pfauenpfeid? - Brav's Hemd aus Lein gewahl er.
Und statt des Lallens Kraft, dem Bocksbeutel gelahl er.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2013-06-13, 18:00:15
Zitat von: amarillo in 2013-06-13, 16:56:15
Und schon keimt in mir die nächste Frage auf: kann es sein, daß ethisch-moralische (und auch andere) Geisteshaltungen sich im Laufe eines menschlichen Lebens physiognomisieren? Ich weiß gar nicht, welcher Wissenschaftsdisziplin ich diese Frage unterbreiten soll.

... ich würde meinen, dass das am ehesten in das gebiet der pathognomik oder sogar der pathopysiognomik fiele, bin mir da aber nicht ganz sicher ... diesbezulg kekünne vielleicht der medizinmann der gsv profunde auskünfte und erklure liefern ... doktoooor stollentrooooll!!! :D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-11-09, 12:46:56
Beitrag im WDR (heute): "...das sind zwei Menschen mit ausgeprägten Egos,..."

Wie muß eigelnt der korrekte Plural von 'EGO' lauten? Egi?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2013-11-09, 14:55:05
Nos?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2013-11-09, 15:17:03
Mir gefiele "Egonen".
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-11-09, 16:36:50
Natürlich[HSMDFHVDS], hätte ich ja selbst drauf kommen müssen.
Schlielß kennen wir ja schon Autonen, Sofanen und Euronen etc.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Günter Gans in 2013-11-19, 00:30:07
HSMDFHVDS = haut sich mit der flachen Hand vor die Stirn? Oder?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2013-11-19, 10:38:50
Entzorff Kryptogramm gelungen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2014-04-01, 11:09:08
Gerade las ich das Wort Homöopath, das nach Duden tatsalch einen die Homöopathie anwendenden Arzt bedeutet, was mich sehr worndt. Handelt es sich bei dieser Wortschöpfung nicht um das Werk einen Gehirnleidenden, den man vergeblich mit Homöopathie zu behandeln versoochen hat? Handelt es sich doch bei den anderen "Pathen" durchweg um Leidende, wie etwa den Psychopathen, den Meteoropathen, den Soziopathen oder den Thymopathen, und nicht um den Behandler dieser Leiden. Ich lüge also forsch, als Homöopathen jeden am Auftreten von ihm Ähnlichem Leidenden zu bezeichnen, also beispielsweise den Eifersuchtskranken.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2014-06-07, 09:19:47
Ich höre immer ,,Frechheit sonder gleichen", ,,Feuerwerk sonder gleichen". Memüsse es nicht heißen: ,,Frechheit sonder gleiche", ,,Feuerwerk sonder gleiches"?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklauber in 2014-06-07, 21:44:51
Zitat von: Kilian in 2014-06-07, 09:19:47
Ich höre immer ,,Frechheit sonder gleichen", ,,Feuerwerk sonder gleichen". Memüsse es nicht heißen: ,,Frechheit sonder gleiche", ,,Feuerwerk sonder gleiches"?

Mit welchem Fall steht denn die Präposition "sonder"?
Ich vermöte allerdings, dass hier "gleichen" ein flektiertes Substantiv ist, das nur wegen der erstarrten Redewendung klein geschrieben wird. "Gleichen" kekünne ja vielleicht Plüräl sein und "jegliche vergleichbaren Dinge" bedeuten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2014-06-09, 01:14:28
Zitat von: Wortklauber in 2014-06-07, 21:44:51
Mit welchem Fall steht denn die Präposition "sonder"?

Außerhalb der Wendung sonder gleichen scheint sie mit Akkusativ zu stehen (http://www.duden.de/rechtschreibung/sonder).

Zitat
Ich vermöte allerdings, dass hier "gleichen" ein flektiertes Substantiv ist, das nur wegen der erstarrten Redewendung klein geschrieben wird. "Gleichen" kekünne ja vielleicht Plüräl sein und "jegliche vergleichbaren Dinge" bedeuten.

Möglich. Oder die Wendung wurde viel mit maskulinen Singularen verwandt, irgendwann (weil sondern selten war/wurde?) nicht mehr durchschauen und ist dann in der maskulinen Form erstorren.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2015-05-06, 18:56:23
Mir fiel gerade an der Wendung "für jedermann", abgesehen von seiner politischen, seine grammatische Inkorrektheit auf. Ist nicht "jedermann" eine Zusammenziehung aus "jeder" und "Mann"? Dann memüsse es doch "für jedenmann" heißen, oder gibt es eine andere grammatische Erklärung für den Ausdruck "jedermann"?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2015-05-06, 23:57:08
Klar, es kommt von der Phrase ider man, aber es ist zum Wort erstarrt und jeder verharrt daher unflektiert, wie es die Grimms (http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GJ00759#XGJ00759) so schön ausdrücken.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2015-09-26, 09:07:47
Zitat Katharin Raabe in der Radiosendung "Sozusagen" (Bayern 2; 25.09.2015):

"Es ist eigentlich unmöglich, in die Fußstapfen eines Vaters wie unseres zu treten."

M.E. grammatisch tadellos, klingt aber in meinen Ohren trotzdem schief  - und ich weiß nicht warum.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2015-09-26, 15:58:32
Mir geht es ebenso. Ich vermute, dass man einerseits durch die für "wie unseres" normalerweise näherliegende Lesung als Nominativ Singular Neutrum aufs Glatteis geführt wird und andererseits in einem solchen Fall nach dem "wie" eher einen bestimmten Artikel einfordert, selbst wenn dieser grammatisch nicht zwingend erforderlich ist. Ohne auszuschließen, dass ich es mündlich spontan ebenso von mir geben könnte (wenn ich so einen Vater hätte), würde ich im Schriftgebrauch spätestens nach der zweiten Korrekturlesung wohl die Formulierung "die Fußstapfen eines Vaters wie des unseren" vorziehen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2015-12-30, 01:21:23
Mich interessöre einmal zu wissen, ob ,,bersten" eigentlich das einzige deutsche Verb ist, bei dem die drei Formen für 2. Person Singular Indikativ Aktiv und 3. Person Singular Indikativ Aktiv und Imperativ Singular alle übereinstimmen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2016-01-02, 20:08:42
Diese Übereinstimmung kommt dadurch zustande und setzt glaubich voraus, dass das Verb stark ist und dass sein Präsensstamm auf -st endet. Das ist im Deutschen einer Durchsicht der Liste der stark/unregelmäßig flektierenden Verben in Wahrigs Deutschem Wörterbuch (7. Auflage) nach wohl nur bei bersten der Fall. Im Neutschen (http://verben.texttheater.net/Starke_Verben/Alle) gibt es bereits viele Verben, die dieses Kriterien erfüllen, oftmals ist dort aber (noch) keine starke Flexion im Präsens angegeben.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-01-03, 12:14:42
Zusätzlich setzt es unter normalen Bedingungen des Standarddeutschen voraus, dass der Präsensstamm umlautet (sonst hätte ein Verb mit t-Stamm eine e-Erweiterung im Präsens, wie bei reiten), und zwar von e nach i (sonst würde der Imperativ nicht auch umlauten). Ein Stamm auf -zt oder -ßt müsste auch möglich sein, aber das gibt es wohl nicht.

Kandidaten für eine neutsche Flexion mit Übereinstimmung der drei Fälle wären etwa testen, entselbsten, fegnesten, herbsten, verpesten, aber vielleicht auch Verben mit Konsonantverschiebung wie nesteln, fensterln etc.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-01-03, 14:10:38
Dass es keinen Verbstamm auf -zt gibt, muss ich zurücknehmen: es gibt ja das Verb "verarzten". Aber es hat kein e im Stamm, somit könnte es zwar gestorken "ich verarzte, du verärzt, er verärzt" klin deoren werden, aber der Imperativ hieße immer noch "verarzte!".
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-01-11, 09:17:32
Eine verwandte Frage: Bei dem Verb "gebären" unterscheidet sich der Konjunktiv I nicht vom Konjunktiv II. Gibt es auch andere Verben, für die das zutrifft?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2016-01-12, 10:22:13
Ja da schau her! Schon die Grimme schrieben:

α) die starke bildung, mhd. gebir, gebar, gebâren, geborn, hat sich nhd. besonders gut erhalten; doch geht man dem conj. praet. gebäre (mhd. gebære) aus dem wege, weil er mit dem praes. nhd. zusammenfällt ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2016-01-13, 22:06:00
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-11, 09:17:32
Eine verwandte Frage: Bei dem Verb "gebären" unterscheidet sich der Konjunktiv I nicht vom Konjunktiv II. Gibt es auch andere Verben, für die das zutrifft?

Voraussetzungen scheinen mir Stärke und Umlaut im Präsensstamm zu sein. Die Liste im Wahrig nach diesen Kriterien absuchend fand ich noch eins: erlöschen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-01-14, 09:48:27
Interessant.
*löschen ist überhaupt ein interessantes Verb.

Wenn man canoo.net glauben darf, ist das Grundverb löschen und das Kompositum ablöschen (Perfekt jeweils mit haben) sowie das Verb auslöschen, wenn es in derjenigen Bedeutung verwendet wird, in der das Perfekt mit haben gebildet wird, immer regelmäßig und schwach, und das Kompositum erlöschen  (Perfekt mit sein) sowie das Verb auslöschen, wenn es in derjenigen Bedeutung verwendet wird, in der das Perfekt mit sein gebildet wird, immer unregelmäßig und stark. Das Verb verlöschen hingegen bildet das Perfekt zwar immer mit sein, kann aber entweder regelmäßig und schwach oder unregelmäíg und stark sein. Abgesehen von dem Kompositum verlöschen, das mir in seiner schwachen Form sehr dekadent erscheint, sind also wohl die intransitiven Formen stark und die transitiven schwach, ähnlich wie bei erschrecken, nur dass es bei erschrecken auch noch den reflexiven Fall mit haben-Perfekt gibt, der, wenn mich nicht alles täuscht, im Präsens und Imperfekt regelmäßig und im Perfekt stark gebildet wird.

Außerdem interessant: Es scheint mir kein anderes Verb zu geben, das im Präsens einen ö/i-Wechsel hat.

Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-01-14, 09:55:50
Zitat von: Kilian in 2016-01-13, 22:06:00
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-11, 09:17:32
Eine verwandte Frage: Bei dem Verb "gebären" unterscheidet sich der Konjunktiv I nicht vom Konjunktiv II. Gibt es auch andere Verben, für die das zutrifft?

Voraussetzungen scheinen mir Stärke und Umlaut im Präsensstamm zu sein.

Hinreichend sind diese Voraussetzungen allerdings nicht, wie das Verb gären zeigt. Mindestens ist zusätzlich erforderlich, dass der Indikativ Imperfekt mit demselben Vokal wie im Präsens, aber ohne Umlaut, gebildet wird.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2016-01-19, 10:19:00
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-14, 09:48:27
(...)
Außerdem interessant: Es scheint mir kein anderes Verb zu geben, das im Präsens einen ö/i-Wechsel hat.

Nun ja, es geht ja auch auf mhd. leschen zurück. Ich knall vom Text der Grimme herein:
"LÖSCHEN, verb. extingui. ahd. lëscan, prät. lasc, mhd. leschen, prät. lasch; schon in der alten sprache als einfaches verbum nicht häufig, gewöhnlicher ist ahd. arlëskan, mhd. erleschen, nhd. erlöschen theil 3, 906, ebenso wie später auslöschen und verlöschen. die verdunkelung des ursprünglichen e-lautes in den präsensformen zu ö ist zufrühest dem folgenden schwachen verbum löschen, mhd. leschen, prät. laschte, eigen, hat sich aber auf das starke verbum übertragen, wie überhaupt vermischung der formen beider vorkommen ..."
Andenkbar erschienen mir: Du erlüschst, er erlüscht.

Da ich, als Janeček (Ahnen aus Javornice* stammend), - nachtlur vergeblich - auf einen Rest Erbgedächtnis huff (plus passende Sprechwerkzeugs-Anatomie plus -Physiologie für, z.B., stimmhaftes oder stimmloses ř -> ein Stolz der TschechInnen; kommt nicht einmal in der Slowakei vor), begann ich mich vor etlichen Wochen (-> "Assimil") durchs Tschechische zu quärtern. "Löschen" wird dort, je nach Zusammenhang, verschieden übersontz:
Feuer, Kalk, Durst: (u)hasit
Licht: zhášet (zhasit)
Tinte: vysá(va)t pijákem
Schuld, Strafe: vymaz(áv)at

*In Niederschlesien, nahe der polnischen Grenze; etwa gleich weit von Prag (Praha) und Breslau (Wrocław) entfornen:
https://www.google.at/maps/place/Javornice,+Tschechische+Republik/@50.1680994,15.6375887,8.75z/data=!4m2!3m1!1s0x470de036d46d435b:0x1daf21e02f7dd27e

Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-01-19, 14:48:54
Zitat von: Berthold in 2016-01-19, 10:19:00
Da ich, als Janeček (Ahnen aus Javornice* stammend), - nachtlur vergeblich - auf einen Rest Erbgedächtnis huff (plus passende Sprechwerkzeugs-Anatomie plus -Physiologie für, z.B., stimmhaftes oder stimmloses ř -> ein Stolz der TschechInnen; kommt nicht einmal in der Slowakei vor), begann ich mich vor etlichen Wochen (-> "Assimil") durchs Tschechische zu quärtern. "Löschen" wird dort, je nach Zusammenhang, verschieden übersontz:
Feuer, Kalk, Durst: (u)hasit
Licht: zhášet (zhasit)
Tinte: vysá(va)t pijákem
Schuld, Strafe: vymaz(áv)at

Ladung gäbe es auch noch zu löschen...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2016-01-19, 15:22:02
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-19, 14:48:54
Ladung gäbe es auch noch zu löschen...

Da muß ich daheim in einem besseren Wörterbuch nachschauen. Bei Tonband löschen fand ich in Lang & G'scheidts Taschenwörterbuch: smazávat.
Das "smažu poplatek" für "Ich lösche Ladung" glaub ich dem Comperl nicht.
Was aber, wenn die Ladung brennt? Ist dann Wasser in den Gewehrlauf zu schütten? - Eben das sogenannte Blei(be)gießen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2016-01-20, 10:08:00
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-19, 14:48:54
(...)
Ladung gäbe es auch noch zu löschen...

In einem besseren Wörterbuch las ich: vykládat náklad lodi
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-11-18, 18:23:58
Auf der Suche nach einem eingängigen Beispiel für eine deutsches Homoioteleuton fiel mir des Morgens 'mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen' ein. Das Homoioteleuton habe ich schnell beiseite geschoben, da das 'mitgehangen' meine Aufmurks beansprach. Memüsse es nicht heißen (und jetzt lassen wir mal den Stork außer Acht) 'mitgehenkt' oder 'mitgehängt'?

Um den schönen und pädagogisch werthaltigen Spruch zu retten, möchte ich ihm eine neue, sanft entschorfene Form verleihen:

mitgegangen, mitgefangen:  eine langen

Es muß ja schließlich nicht immer gleich stranguloren werden, und außerdem hätte ich somit ein hypšes Homoioteleuton gerotten. Seid Ihr einverstanden? Dann werde ich das gleich mal an die Dudenredaktion faxen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2016-11-18, 23:24:28
Klingt gut! Aber für mich klingt auch mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen nicht falsch: Man ist mitgegangen, wurde mitgefangen und hat mitgehangen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-11-19, 04:14:29
Dementsprechend mitgefressen - mitgesessen (https://kungfutius.wordpress.com/2006/06/13/mitgefressen_mitgesessen876614/).

Mir kommt das "mitgehangen" und "mitgesessen" aber eben doch sehr ungewöhnlich und nur durch das Homoioteleuton gerechtfertigt vor.

Die Verbvorsilbe "mit" scheint hauptsächlich bei Verben üblich zu sein, die eine Aktivität oder einen Vorgang ausdrücken. Canoo kennt:

mitarbeiten
mitbekommen
mitbenutzen/mitbenützen
mitberücksichtigen
mitbestimmen
mitbieten
mitbringen
mitdenken
mitempfinden
miterleben
mitessen
mitfahren
mitfinanzieren
mitfliegen
mitfühlen
mitführen
mitgeben
mitgehen
mitgestalten
mithaben (wohl im Sinne von mitführen)
mithalten (wohl im Sinne von den Anschluss halten)
mithelfen
mithören
mitkämpfen
mitklingen
mitkochen
mitkommen
mitkriegen
mitlaufen
mitleiden
mitlesen
mitmachen
mitmarschieren
mitmischen
mitnehmen
mitnichten (huch, das war kein Verb)
mitonnieren  :D (mitonanieren ginge auch noch)
mitorganisieren
mitpfeifen
mitrauchen
mitrechnen
mitreden
mitregieren
mitreisen
mitreißen
mitschicken
mitschleifen
mitschleppen
mitschneiden
mitschreiben
mitschwimmen
mitschwingen
mitsingen
mitspielen
mitsprechen
mitstenographieren
mitstricken
mitteilen
mitunterschreiben
mitunterzeichnen
mitverdienen
mitwirken
mitzählen
mitziehen

sowie Zusammensetzungen mit Modalverben, bei denen "gehen", "kommen" oder ähnliche Verben mitgedacht sind:
mitdürfen (mitgehen dürfen)
mitkönnen (mitkommen können)
mitlassen (mitgehen lassen)
mitmögen (mitgehen mögen)
mitmüssen (mitgehen müssen)
mitsollen (mitgehen sollen)
mitwollen (mitgehen wollen)

Nur im Partizip, aber nicht im Infinitiv kennt canoo mitgefangen, aber das Verb scheint mir da eher zufällig zu fehlen (man suche etwa bei google "mitfängt"). Überrascht war ich auch, in canoo "mitsein" und "mitgewesen" nicht zu finden, aber auch da ja von der Bedeutung her an "mitgehen" gedacht.

Jedenfalls scheinen aber Zusammensetzungen von "mit" mit Verben, die einen ruhenden Zustand ausdrücken, wie in mitsitzen, mitliegen, mitstehen, mithängen (hing, gehangen) ziemlich ungebräuchlich zu sein. In den folgenden Sätzen:

(a) Er ist mit nach Frankfurt gefahren.
(a') Er ist nach Frankfurt mitgefahren.
(b) Er ist mit auf dem Oktoberfest gewesen.
(b') Er ist auf dem Oktoberfest mitgewesen.
(c) Er hat mit auf der Wiese gelegen.
(c') Er hat auf der Wiese mitgelegen.
(d) Das Bild hat mit an der Wand gehangen.
(d') Das Bild hat an der Wand mitgehangen.
(e) Sein Name hat mit im Telephonbuch gestanden.
(e') Sein Name hat im Telephonbuch mitgestanden.

scheinen mir a, a', b, b', c, d und e gewöhnliche deutsche Sätze zu sein, aber c', d' und e' gehen mir sprachlich ein wenig gegen den Strich.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-11-19, 10:28:26
Zitat von: Kilian in 2016-11-18, 23:24:28
Klingt gut! Aber für mich klingt auch mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen nicht falsch: Man ist mitgegangen, wurde mitgefangen und hat mitgehangen.

Na klar, aber - Du weißt schon - ich hatte die passivische Variante des Hängens (also den Vorgang) vor Augen, und da wird halt gehängt oder gar gehenkt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-11-19, 10:55:04
Zitat von: amarillo in 2016-11-19, 10:28:26
Zitat von: Kilian in 2016-11-18, 23:24:28
Klingt gut! Aber für mich klingt auch mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen nicht falsch: Man ist mitgegangen, wurde mitgefangen und hat mitgehangen.

Na klar, aber - Du weißt schon - ich hatte die passivische Variante des Hängens (also den Vorgang) vor Augen, und da wird halt gehängt oder gar gehenkt.
Nun heißt es: Rob.Shvngleton, wurde gehangen: Robert Southwell, ein Jesuit, wurde gehenkt: (https://books.google.co.jp/books?id=PoRbAAAAcAAJ&pg=PA403&lpg=PA403&dq=%22wurde+gehangen%22&source=bl&ots=ClfUET0Nx9&sig=ct8KJlYVU0hJMAC_1t6scfLJttg&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj5jsb0xLTQAhVGxrwKHVUpBb4Q6AEIUTAI#v=onepage&q=%22wurde%20gehangen%22&f=false). Da frage ich mich, ob das denn eigentlich dasselbe sein kekünne, gehangen und gehenkt.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-12-07, 16:01:28
Liebe Gemeinde,

es scheint Verben zu geben, die sich im Deutschen nur mit einem einzigen Objekt zu einem sinnvollen Ausdruck verbinden lassen. Ein solches ist 'rümpfen', denn was außer der Nase kekünne gerompfen werden?

Leider fällt mir nichts Weiteres in dieser Richtung ein; kennt Ihr noch andere Verben dieser Art und gibt es eine wissenschaftlichen Bezinch? Ich nenne sie solange mal Singulärverben.   
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2016-12-07, 18:38:42
Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2016-12-07, 19:31:56
Der wissenschaftliche Bezinch für Wörter und andere Ausdrücke (also nicht nur Verben), die nur innerhalb feststehender Wendungen vorkommen, ist Cranberry Expressions (https://homepage.univie.ac.at/beata.trawinski/publications/lrec-mwe_08.pdf). Das verlunkene Paper enthält einen leider toten Knupf zu einer ganzen Sammlung davon, aber es enthält selbst auch ein paar, allerdings vornehmlich Substantive.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-07, 21:53:19
Zitat von: ku in 2016-12-07, 18:38:42
Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt

Soso. Das kostet mich nur ein müdes Arschrunzeln.  :D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-07, 22:07:35
Zitat von: ku in 2016-12-07, 18:38:42
Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt

Und wie sieht's mit Deinen Augenbrauen aus?  ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-12-08, 07:14:48
Zitat von: ku in 2016-12-07, 18:38:42
Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt

Na klar, Du hast ja Recht. Hätte ich eigentlich auch drauf kommen können, wo ich doch schon bei der Nase war. ;)
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-12-08, 08:02:29
Auch das Rümpfen scheint ohne die Nase zu gehen:

Goethe, Faust II:

Schrie mein Weibchen doch entrüstet,
Rümpfte diesem bunten Rock
Und, wie sehr ich mich gebrüstet,
Schalt mich einen Maskenstock.

In diesem Fall wahrscheinlich unausgesprochenerweise doch die Nase, aber es geht auch mit dem Gesicht, dem Maul oder der Stirn:

Ein Volkslied:

Karl, der sich dessen nicht versah,
Hielt ein und rümpfte das Gesichte.
http://www.volksliederarchiv.de/ein-schueler-ass-wie-viele-knaben-der-knabe-und-sein-vater/

Ein Studentenlied:

Wer wider uns Krambambulisten sein hämisch Maul zur Missgunst rümpft,
den halten wir für keinen Christen, weil er auf Gottes Gabe schimpft;


Ringelnatz:

Sagte, indem er die Stirne rümpfte:


Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-12-08, 11:41:43
Und da wir gerade im Gesicht sind: 'schürzen' - geht wohl auch nur mit den Lippen.

Man kekünne noch 'blähen' nenne, aber das kann man sowohl die Backen als auch die Nüstern.
Daß der Wind die Segel blähen kann, ist mir jetzt mal schnurz - hier geht es um Menschliches.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2016-12-08, 14:23:16
Ich weiß nicht ...
Mit geballten Zähnen kann ich auch schon mal rektal blähen.

Aber man kann neben den Zähnen auch die Fäuste ballen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-12-08, 14:33:50
Schwellen kann man eigentlich auch nur die Brust.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2016-12-08, 14:34:38
Aber auch den Kamm
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2016-12-08, 14:36:07
Und ich glaube auch nicht, dass einem was anderes zu Berge stehen kann, als die Haare.
Mir stehen die Beine zu Berge? Geht nicht.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2016-12-08, 14:36:58
Außerdem habe ich noch nie einen erigierten Arm gesehen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2016-12-08, 14:38:16
Jetzt schlottern mir aber gleich die Ohren
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-12-08, 17:34:37
Zitat von: ku in 2016-12-08, 14:38:16
Jetzt schlottern mir aber gleich die Ohren

Was bleckt man anderes als die Zähne? Und 'schnalzen' kann man auch nur mit der Zunge - oder?

Im Hinblick auf 'erigieren' muß ich anmerken, daß Onkel Donald und weiteren Bewohnern Entenhausens bisweilen vor Zorn und Unmut die Bürzel erigoren - wenn man der einschlägigen Sekundärliteratur glauben darf.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-08, 23:35:17
Zitat von: amarillo in 2016-12-08, 11:41:43
Und da wir gerade im Gesicht sind: 'schürzen' - geht wohl auch nur mit den Lippen.

Nö. Eine Frau kann ihren Rock schürzen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-08, 23:37:46
Zitat von: amarillo in 2016-12-08, 17:34:37
Und 'schnalzen' kann man auch nur mit der Zunge - oder?

Nö. Schnalzen kann man auch mit den Fingern.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-08, 23:43:24
Zitat von: ku in 2016-12-08, 14:38:16
Jetzt schlottern mir aber gleich die Ohren

Besser als die Knie / die Beine. :D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-08, 23:45:10
Kann man etwas anderes als die Zähne fletschen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Beck Messer in 2016-12-08, 23:48:15
Und wie ist's mit zwinkern und blinzeln? Kann man beides nur mit den Augen, oder?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-12-09, 07:42:25
Und steifhalten? Nach dem Duden auch den Nacken, aber ich zöge die Ohren vor.
Knurren kann auch nur der Magen, falls nicht die Person als solche knurrt.
Und die Laus kann einem nur über die Leber laufen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Gast in 2016-12-09, 10:56:53
Kann jemand noch mit etwas anderem als den Beinen strampeln?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Lokuspoet in 2016-12-10, 13:36:32
Was bleibt uns weg, wenn nicht die Spucke?
Doch wenn ich in der Stadt begucke
die Mädchen hier in ihrem Speck,
bleibt eher mir das Sperma weg.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2016-12-12, 08:26:39
Zitat von: amarillo in 2016-12-08, 17:34:37
Zitat von: ku in 2016-12-08, 14:38:16
Jetzt schlottern mir aber gleich die Ohren

Was bleckt man anderes als die Zähne? Und 'schnalzen' kann man auch nur mit der Zunge - oder?

Im Hinblick auf 'erigieren' muß ich anmerken, daß Onkel Donald und weiteren Bewohnern Entenhausens bisweilen vor Zorn und Unmut die Bürzel erigoren - wenn man der einschlägigen Sekundärliteratur glauben darf.

Nun ist's bei denen Enten ja nicht nur der Bürzel. Da gibt's etwa die Argentinische Schwarzkopfruderente (Oxyura vittata PHILIPPI). Die Tiere errreichen eine Körperlänge von 35-40 cm. Na und? - Nun ja, der ausgestreckte Penis eines Exemplares war 42,5 cm lang - : https://de.wikipedia.org/wiki/Argentinische_Ruderente
Also auf in den Heidelberger Zoo!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2016-12-12, 14:49:10
Zitat von: Kilian in 2016-12-07, 19:31:56
Der wissenschaftliche Bezinch für Wörter und andere Ausdrücke (also nicht nur Verben), die nur innerhalb feststehender Wendungen vorkommen, ist Cranberry Expressions (https://homepage.univie.ac.at/beata.trawinski/publications/lrec-mwe_08.pdf). Das verlunkene Paper enthält einen leider toten Knupf zu einer ganzen Sammlung davon, aber es enthält selbst auch ein paar, allerdings vornehmlich Substantive.

Hier (https://www.english-linguistics.de/codii/codiibw/de/list-complete.xhtml) ist eine Liste.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2016-12-13, 14:55:05
Aah, vielen Dank!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-12-14, 05:07:15
Ich wurde vom Honigpferd enttuschen, das mich nicht wie erwurten aus der Liste angrans.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2016-12-14, 06:43:56
Muß ja auch 'Honigkuchenpferd' lauten.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2016-12-14, 07:06:04
Stimmt! Auch das ist aber kein Honiglecken und fehlt daher in der Liste.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2016-12-14, 12:15:14
Zitat von: Homer in 2016-12-12, 14:49:10
Zitat von: Kilian in 2016-12-07, 19:31:56
Der wissenschaftliche Bezinch für Wörter und andere Ausdrücke (also nicht nur Verben), die nur innerhalb feststehender Wendungen vorkommen, ist Cranberry Expressions (https://homepage.univie.ac.at/beata.trawinski/publications/lrec-mwe_08.pdf). Das verlunkene Paper enthält einen leider toten Knupf zu einer ganzen Sammlung davon, aber es enthält selbst auch ein paar, allerdings vornehmlich Substantive.

Hier (https://www.english-linguistics.de/codii/codiibw/de/list-complete.xhtml) ist eine Liste.

Ein recht gutes Büchl (auch) zu solcherlei Verknüpfen ist wohl der "Krüger-Lorenzen": https://www.amazon.de/Deutsche-Redensarten-was-dahintersteckt-Krüger-Lorenzen/dp/3453188381
Die obige Liste (eine recht klassische, "leinwaunde" Sache) dünkt mich einen überregional-hochsprachlich-papierenen Einriß zu haben. Überflog es ein gwan und frug mich, was davon Ösinnen und Ösis auch kennen oder auch nicht kennen (?) Die Wörter ließen sich nach festen Verbindungenn geradezu abfragen. - Da gibt's aber wohl auch eher gesprochene "Dinger", wie etwa "an bochanen Schaaß (?daherreden)" - einen gebackenen Scheiß daherschwätzen.
Beispielsweise & vermutlich kekünnen Ösis gwan anfangen mit: "Ankratz, ata, Augenschondienst (na ja), Babchen, blink & blank (ist wohl bei uns nicht "stehend"), Daffke, Dekorum, Dummsbach oder Fiduz." "Gehupft wie gesprungen" hieße bei uns wohl "g'hupft wia g'haatscht". ... - ... Da ließen sich wohl auch Sachen auflisten, mit denen "der Piefkineser" gwan anfinge.   
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2017-02-06, 13:24:31
Gibt es eigentlich in der deutschen Standardsprache einen Ausspracheunterschied zwischen harrt, hart und haart?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Erseht! in 2017-02-06, 13:51:23
Ich würde zumindest alle drei unterschiedlich transkribieren:
harrt: [haʀt] - unsicher, ob das [ʀ] da wirklich hingehört, denn wenn man sich mit Linguistik befasst, leidet das Gehirn darunter und man ist zu keinen realistischen Wohlgeformtheitsurteilen mehr fähig.
hart: [hɐt] - kurzes a, vokalisiertes r.
haart: [hɐːt] - langes a, vokalisiertes r.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2017-02-07, 05:23:37
Zitat von: Erseht! in 2017-02-06, 13:51:23
Ich würde zumindest alle drei unterschiedlich transkribieren:
harrt: [haʀt] - unsicher, ob das [ʀ] da wirklich hingehört, denn wenn man sich mit Linguistik befasst, leidet das Gehirn darunter und man ist zu keinen realistischen Wohlgeformtheitsurteilen mehr fähig.
hart: [hɐt] - kurzes a, vokalisiertes r.
haart: [hɐːt] - langes a, vokalisiertes r.
Danke für die Antwort! Dass man sogar drei verschiedene Aussprachen für möglich halten kann, hätte ich nicht gedacht. Ich hätte eher eine von den drei Antworten erwartet:
(1) Alle drei Wörter werden gleich ausgesprochen.
(2) ,,harrt" hat ein kurzes a, ,,hart" und ,,haart" aber ein langes.
(3) ,,harrt" und ,,hart" haben ein kurzes a und ,,haart" ein langes.
Mir kommt es so vor, als wäre die Aussprache des [ʀ], im Gegensatz zum vokalisierten r, in allen drei Fällen fakultativ. Dass man sie bei ,,harrt" lieber anwendet als bei ,,haart", hat wohl eher optische Gründe bei Betrachtung der Buchstaben.
Das Problem bei dem ,,r" nach ,,a"-Laut ist grundsätzlich, dass man es nicht so vokalisieren kann wie bei ,,schmiert", ,,Herd", ,,währt", ,,bohrt", ,,hört", ,,Geburt" [-u:-] und ,,führt", weil es in diesen Fällen fast genau wie ein ,,a" ausgesprochen wird und deshalb nach einem ,,a"-Laut nicht hörbar würde. Daher ist das vokalisierte r nach a dem nicht vokalisierten, aber leicht ausgesprochenen r so ähnlich, dass mindestens für mich persönlich (in meiner eigenen Aussprache, sowohl in meiner physiologischen Wahrnehmung als auch in der akustischen Rückkopplung) eine definitive Grenze zwischen diesen beiden Aussprachen nicht existiert.
Gleichzeitig nähert sich das vokalisierte r dem a akustisch so sehr an, dass der Kurzvokal als solcher nicht mehr erkennbar wird (weil er durch das vokalisierte r verlängert ist) und der Langvokal auch kurz ausgesprochen lang wirkt (aus demselben Grund). Wenn man das ,,r" in ,,harrt" oder ,,haart" sehr deutlich konsonantisch (also ziemlich harrrrt) ausspricht, wird die Vokallänge zwar hörbar, aber eine solche Aussprache würde für mich reichlich karikiert wirken und jedenfalls schon in den äußersten Randbereich der standarddeutschen Normalaussprache fallen.
Daher tendiere ich persönlich dazu, die von mir gestellte Frage so zu beantworten:

,,In der Regel nicht."
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Homer in 2017-02-07, 08:54:19
Zitat von: Wortklaux in 2017-02-07, 05:23:37
Danke für die Antwort! Dass man sogar drei verschiedene Aussprachen für möglich halten kann, hätte ich nicht gedacht. Ich hätte eher eine von den drei Antworten erwartet:
(1) Alle drei Wörter werden gleich ausgesprochen.
(2) ,,harrt" hat ein kurzes a, ,,hart" und ,,haart" aber ein langes.
(3) ,,harrt" und ,,hart" haben ein kurzes a und ,,haart" ein langes.

Meine persönliche (in Niedersachsen erworbene) Praxis ist ganz klar (3): Zwischen "harrt" und "hart" gibt es bei mir keinerlei Unterschied, weder in der Vokallänge noch in der Färbung. Dagegen hat "haart" ein deutlich längeres a.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2017-02-07, 10:47:19
Da eins im Wiener Raum meist sowieso "hoat" (für "hart") sagt, ist eins vielleicht verfiahren, das "rr" in "harrt" zu längen und zu betonen. (Möglicherweise gilt in Wien das - weniger gebräuchliche - Zäpfchen-R als feiner als das Zungen-R). Durch den Hervorhub mag das "a" knapper werden. Bei "hart" kommen "a" und "r" bescheidener. Bei "haart" ist das "aa" lang. Die drei Wörter werden also bei den Ost-Ösis wahrschöglicherweise verschieden ausgesprochen. Wie die "MimerantInnen" am Burgtheater sagen, einem Ort mit - angeblich - extremem Hochdoütsch? - Vielleicht kann ich eineN interwjuen... In Tirol heißt "hart" möglicherweise "hoaR(R)cht".
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-06-24, 18:14:17
Ich kenne da eine Frau - recht sympathisch aber auch ein wenig überkandidelt.
Immer wenn ich sie sehe, frage ich mich, ob es nicht ein Verb 'kandideln' geben memüsse. Und wer wäre unterkandidelt? Jemand von lähmend langweiliger Lahmarschigkeit? Ich bitte um Eure Hilfe.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2017-06-25, 23:32:57
Zitat von: amarillo in 2017-06-24, 18:14:17
Ich kenne da eine Frau - recht sympathisch aber auch ein wenig überkandidelt.
Immer wenn ich sie sehe, frage ich mich, ob es nicht ein Verb 'kandideln' geben memüsse. Und wer wäre unterkandidelt? Jemand von lähmend langweiliger Lahmarschigkeit? Ich bitte um Eure Hilfe.

... mein schlauer gelber freund konrad verriet mir söben, dass das adjektiv "kandidel" (von lat. candidus in der bedeutung von heiter / fröhlich) in der norddeutschen umgangssprache für "heiter / lustig" steht ... da es das adjektiv schon gibt - braucht es dann wirlchk das verb "kandideln"? ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-06-26, 17:12:21
Aber sicher doch, weil es schön wäre. Seit wann steht sprachliche Notwendike im Zentrum GSVlichen Bemühens? Und Deinen gelben Freund Konrad mochte ich noch nie als ernstzunehmende Referenz in solchen Fragen akzeptieren. Wo bleibt denn da unser Grundgedanke der Sprachanarchie, wenn wir uns nach solchen staubtrockenen Erbsenzählern richten?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2017-06-26, 17:14:34
kandideln steht ja auch schon seit Langem in unserer entsprechenden Liste (https://verben.texttheater.net/Partizipation#Von_Partizipien_II).
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-06-26, 17:34:55
Da haben wir den Salat - hätte ich doch erst einmal recherchieren sollen - ts ts ts, ich Dummerchen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-08-18, 13:24:12
Ich fuhr mit dem Rad entlang des Rheins.

Ich fuhr mit dem Rad den Rhein entlang.

Weiß mir jemand den grammatischen und/oder auch semantischen Schlüssel zu den unterschiedlichen Kasus zu reichen? Ich wäre Euch sehr entbunden, da ich das Schloss nicht selbst entsporren bekomme.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2017-08-18, 13:53:02
Die Grimms schreiben (http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&lemma=entlang) dazu:

ZitatENTLANG , in longitudinem, praeter, secundum, längs, ein uraltes, ehrwürdiges wort, an dem sich, wovon sp. 447 ausgegangen wurde, der zusammenhang zwischen ende und ent deutlich bewährt. diesem entlang vergleicht sich das goth. and þata, da vorbei. es gibt aber ein alts. adj. antlang, ags. andlong in longitudinem porrectus, das sich mit zeitbegriffen verbindet, antlangan dag. Hel. 129, ags. andlangne däg. Beov. 4226 drückt aus den ganzen, geschlagnen, sommerlangen tag, andlonge niht. Beov. 5872, die ganze, lange nacht hindurch. dies andlang lautet aber altn. endilângr, welches offenbar mit ende, d. i. spitze, ziel der länge gebildet ist, hier zu suchen scheint auch der schlüssel für das aus unserm rechtsalterthum bekannte symbol per andilangum, andilaginem, vandilaginem, wo sich wieder das enden und wenden gar nicht verkennen läszt, vgl. DWB antlang 1, 500.
Aus dem acc. neutr. des adj. andlang entspringt unsre partikel entlang, gleich dem ags. andlang, andlong, woraus sich engl. along kürzte; sie hat sich weder ahd. noch mhd. dargeboten, mangelt auch allen älteren nhd. wörterbüchern, selbst
[Bd. 3, Sp. 565]


Henisch und Stieler lassen sie unverzeichnet, erst Frisch 1, 227a bringt endlang und endlangest als niedersächsisch bei und im brem. wb. steht entlangs 1, 310. 2, 12. seitdem gilt sie unter allen unsern schriftstellern und hat nichts gemeines, wie Adelung wähnt, sondern klingt edler als das gleichbedeutige längs. altn. at endilöngu, entlang, með endilengri anni, praeter fluvium.
Hier fragt es sich nach dem casus, den entlang bei sich hat.
1) natürlich scheint der gen., wie es auch ags. heiszt andlang þäs veofudes. 3 Mos. 1, 15, bei Luther an der wand des altars; andlong sæ. Jos. 3, 16 und franz. le long du mur, le long du Rhin, le long de la rivière.
wir hatten schon den ganzen tag gejagt
entlang des waldgebirges.
Schiller 495b.

so auch bei bloszem lang: giengen des klosters lang. hebamme 738.
2) öfter begegnet der acc., meist der partikel vorausgehend:
indem neun hufen entlang er den leib ausdehnte. Od. 11, 577;

so sprachen sie die nacht entlang,
bis morgenlicht ins höfchen drang.
Bürger;

wir heben die reusen
den schilfbach entlang.
Salis 91;

und wälder umgrünen
die hügel entlang.
Göthe 3, 78;

von dem berge zu den hügeln,
niederab das thal entlang,
da erklingt es wie von flügeln,
da bewegt sichs wie gesang. 3, 65;

er schwebt heran auf luftigem gefieder
um stirn und brust den frühlingstag entlang. 3, 102;

er wandle so den erdentag entlang. 41, 316;

dasz ich dem ersten buch Mosis viel zeit und aufmerksamkeit gewidmet und manchen jugendlichen tag entlang in den paradiesen des orients mich ergangen. Göthe 6, 156;
was die schwalbe sang, was die schwalbe sang
die den herbst und frühling bringt,
ob das dorf entlang, ob das dorf entlang
das jetzt noch klingt.
Rückert 291;

wird mein schatten glänzend wandeln dieses deutsche volk entlang.
Platen 89;

doch auch nachfolgend:
hoch rollten die wogen entlang ihr gleis.
Bürger 36a;

so zieh ich im triumphgesang
entlang die lange strasze.
Rückert.

diese adjective gleichen jenen fügungen adlangan dag, den sommerlangen tag.
3) tadelhaft steht der dativ: dem ufer, dem meere entlang reisen;
preisend wallten sie dann entlang dem krummen gestade.
Stolberg 1, 396;

wie man ihn auch mit längs verbindet: längs dem flusse hin, längs der strasze, nnl. langs de straat.
4) praepositionen sind aber verstattet:
athmet, sie (die freude) duftet im rosengestäude,
fühlet! sie säuselt am bächlein entlang.
Salis 11;

drei jahre sitzt er auf dem Gibichenstein
und horchet auf der Saale wellenschlag,
die unter seinem gitter rauscht entlang.
Uhlands Ernst s. 8.

Eine zwingende Erklärung für die zwei Kasus finden wir nicht; wie so oft wird wohl eine gehörige Portion sprachgeschichtlichen Zufalls mitspielen. Es klingen aber einige Faktoren an, die den Genitiv bei entlang begünstigt haben könnten: es ist ein sehr altes Wort mit Wurzeln mit guten Verbindungen in alte, genitivfreudige Sprachen und es steckt erkennbar das Substantiv Länge darin, die Präposition hat sich womöglich aus einer Konstruktion entwickelt, bei der das Objekt der Präposition ein Genitiv-Attribut zu der Länge war. Die Reste dieser Konstruktion werden natürlich auseinandergerissen, wenn entlang als Postposition verwendet wird – das scheint mir ein plausibler Erklärungsansatz dafür, dass sich da dann ein ,,normalerer" Fall wie der Akkusativ durchgesetzt hat.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-08-18, 17:20:58
Zunächst einmal tausend Dank für die umfangreiche Antwort - auch wenn ich das so kaum an meine Studiosi weitergeben werde.

Besonders hübsch das Rückert-Zitat:

so zieh ich im triumphgesang
entlang die lange strasze.
,

denn gerade hier kekünne man sich auch durchaus einen Genitiv vorstellen:

so zieh ich im triumphgesang
entlang der langen strasze.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Wortklaux in 2017-08-18, 22:24:44
Der Fall hat mir auch schon Kopfzerbrechen beritten.

Bei dem Rückertzitat (ebenso wie bei dem Bürgerzitat) liegt meinem Sprachgefühl die Auffassung als umgestellte Konstruktion mit einem trennbaren transitiven Verb näher; daher braucht das abgetrennte Partikel weder vor noch nach dem Akkusativobjekt zu stehen:

Die lange Straße ziehe ich im Triumphgesang entlang.
Die lange Straße, die ich im Triumphgesang entlangzog, war von Bäumen gesäumt.

Der Dativfall scheint mir in dem Fall weniger "tadelhaft", wenn "entlang" keine eindeutige Richtungs- oder Bewegungsfunktion aufweist:

Entlang dem ganzen Flussufer wurden prächtige Platanen gepflanzt.

Aber vielleicht wäre in diesem Fall die Präposition "längs" passender.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-11-05, 13:39:42
Verzeiht, liebe Freunde, wenn ich Eure wohlverdonene Sonntagsruhe mit einer Frage störe, hinsichtlich welcher mir die Wichtike eine Beantwurt auch nicht so ganz klar ist:

Muss eine Apposition den Kasus des Objekts tragen, auf das sie sich bezieht?

Beispiel:

Johannes, unser viel zu früh verblichener Zechbruder, gedenken wir alljährlich mit einem Mordsbesäufnis.

Johannes, unseres viel zu früh verblichenen Zechbruders, gedenken wir ....


Geht beides? Bin ich nur zu pingelig und muss mich am Ende einen Schnürsenkelbügler nennen oder gar der Pinzettenwichserei zeihen lassen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2017-11-05, 15:46:45
Für mich klingt nur das zweite Beispiel richtig. Ich süge also: ja, muss.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2017-11-05, 18:06:38
Vielen Dank, dann bin ich berohigen. Mir klang das obere Beispiel auch etwas schräg, aber nach stetigem Hin- und Herprobieren war ich zur Gänze unversorchen.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2017-11-06, 10:59:47
Na ja, der Duden hält als Geni-/Genetiv auch Johannes' für chmulg.
Im vorlü-, pardon, vorliegenden Falle wäre das vielleicht sogar vorzuziehen, weil sonst so irgendwie der Nominativ soggaroren worden wären täterte.
Schon stärker neutsch wäre "Johannessens", vor allem, wenn jener Johannes ein Bäuchlein hatte und ein starker Esser war.
Dann ließe er sich allerdings schlecht vom (z.B.) Norweger, Färinger oder sogar Norddeutschen, Herrn Johannessen und dessen Geni-/Genetiv unterscheiden. 
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2018-01-13, 11:15:48
... gestern storlp ich in einem radiobeitrag vom deutschlandfunk über das Wort vielversprechendster ... klingt erst einmal plausibel, dann aber wie ein falsch geboldener Superlativ, der eher meistversprechender lauten memüsse ... indes klingt meistversprechender sehr ungebraulch ... ist vielversprechend irgendwie so zum eigenen Wort geworden, dass bei der sturg nicht mehr das adverb viel gestorken wird? ...

... und in diesem Zusammenhang fiel mir dann noch ein ahln komischer kandidat ein: meistbietend ... das scheint sich auch verselbststandogen zu haben, denn vielbietend und mehrbietend scheint es nicht (mehr?) zu geben ...

... hat jemand eine uhn, wie sich mit diesen vielleicht falschen bzw. fehlenden steigerungsformen verhält? ... und gibt's da vielleicht noch mehr von solch seltsamen Kandidaten?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2018-01-14, 09:17:10
Tja, warum ist der ,,richtige" Superlativ meistversprechend kaum gebräuchlich, meistbietend – und auch nächstliegend – aber schon?

Ein möglicher Erklärungsansatz: meistbietend und nächstliegend werden nur bzw. viel im Superlativ gebraucht, konnten sich also von vornherein mit der ,,richtigen" Form durchsetzen. Bei vielversprechend ist hingegen der Positiv gebräuchlicher und wird daher mehr als ,,normales" Adjektiv wahrgenommen, das regelmäßig gesteigert wird...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2018-01-14, 22:34:45
... ah, dachte ich es mir doch fast ... und es gibt scheinbar eine ganze Reihe ahlner Kandidaten, die vielleicht wirlchk falsch gestirgen werden (oder auch nicht, ich bin da gerade echt unsicher geworden) ... mir fallen zum Bleistift noch ein:

- kurzfristigst
- hochmütigst
- langlebigst
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2018-01-16, 21:41:39
... wenn man erstmal angefoxen ist, hört man beinahe jeden tag "falsche superlative" (keine uhn, wie der richtige terminus technicus lautet; würde mich aber interessieren, ob es überhaupt einen gibt) ... heute war es hartnäckigst

... mal ehrlich: der "korrekte" Superlativ härtestnackig hört sich doch viel stärker an, oder?! :D ... ist die GSV hier nicht ganz offensilcht geforden, in richtung stärkung (und damit auch) verkomplizur tätig zu werden? ... und wenn ja wie kekünnne man das ganze nennen? ... stärkung von superlativen?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Berthold in 2018-01-17, 11:31:13
Zitat von: katakura in 2018-01-16, 21:41:39
härtestnackig

Wenn, dann doch wohl härtestnäckig. Sonst fiele mir irgendein beinhartes Nacker(s)patzl ein. Aber, pardon, wir schreiben einander doch - aus welchem kühlen, ünstgewittersthimmelstgräusten Pseudo-Grunde auch immer - nicht mehr.

Nun, Verben kekünnen doch [gleich]wohl auch steigerbar sein. Du gehst ins Stadtzentrum. Ich geher[e] ins Stadtzentrum: Dann bin ich dort öfters als Du. Der - schreiben wir - Kilian aber gehtest dorthin. Du ging[e]stest aber vielleicht von uns dreien in irgendein Wirtshaus. Aber, pärdöner, lieber, hoched(e)ler katakarlo, wir ... !
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2021-01-20, 18:00:10
Werte Gemeinde,
bei dem Versuch, die Präsidentschaft Herrn Trumps gedichtlich zu verarbeiten, storlp ich über ein Verbform, die auszusprechen mir un-
möglich ist. Es ist das Imperfekt zu straucheln. Wäre es ausnahmsweise mölg, die Form 'strloch' in 'strolch' abzumildern? Wäre nach meinem Dafürhalten auch passender und einfacher zu bereimen.
Ich danke für die Aufmurks
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2021-01-20, 19:15:29
... du hast doch die freiheit des dichters, nach deinem gusto oder erfordernis zu stärken  :) ... ich persoln kekünne mir hier z.b. auch "strulch" vorstellen ... was wahrschieln aber schwerer zu bereimen ist ...
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2021-01-21, 07:35:37
Aber naturl! Die dichterische Freiheit halten wir hoch! Bin schon gespannen, was du Herrn T. zur Exauguration mit auf den Weg gibst.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2021-01-25, 17:16:16
Ach Männer, ich muss da etwas aufklären: ich hatte nie wirklich vor, Trump auch noch mit einem Gedicht zu bedenken. Das mit dem 'strolch' fand ich, reichte als Schmähung voll aus.
Was soll man denn über eine Lebensform noch sagen, die von den Medien der Welt bereits wortgewaltig geschmanden und schurgeolgen wurde?
Also: bitte nicht böse sein, wenn meinerseits nichts Geriemenes über D.T. erscheint. 
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2021-01-25, 20:28:36
Vernümpftig. Je weniger Aufmerksamkeit für ihn, desto besser.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: katakura in 2021-01-25, 21:28:26
... stimmt, ein gedicht auf neutsch würde nur weitere unnötige aufmurks auf ihn ziehen ... sagen wir doch einfach, das gedicht lautet so:

strolch!

... nuff said! ;D
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: ku in 2021-01-25, 21:38:40
Von wem redet ihr eigentlich?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2021-05-17, 11:31:06
Problem:

Habe mir gerade zum wiederholten Male den twainshen Text zur üblen deutschen Sprache angehört. An einer Stelle beklagt er, daß Nomen wie Mädchen, Fräulein und Weib völlig irrigerweise ein neutrales Genus zugeordnet ist. Recht hat er. Aber: er bringt Beispiele zum 'Marktweib', in denen er auch in nachfolgenden Sätzen das Pronomen 'es' und die entsprechenden Deklinationsformen benutzt. Das ließ mich stutzen, denn ich käme nie auf diese Idee.
Beispiel. "Im Nachbarhaus wohnt ein hübsches junges Mädchen. Sie arbeitet in einem Buchladen" etc. Etwas anderes käme für mich nicht aufs Papier oder über die Zunge.
Liege ich falsch und müsste doch das grammatische Geschlecht dem natürlichen vorziehen?
Wie seht und handhabt ihr das?
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2021-05-17, 11:40:40
Laut Duden ist beides möglich, siehe etwa diese Diskussion (https://german.stackexchange.com/questions/27770/nat%C3%BCrliches-vs-grammatikalisches-geschlecht-wechselndes-pronomen).

Es scheint eine Tendenz zu geben, das grammatische Geschlecht insbesondere dann vorzuziehen, wenn das Pronomen nah am Bezugsnomen steht, etwa: Das Mädchen spielt mit seinem Auto. So mache ich das glaubich auch.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2021-05-18, 10:47:59
Hmm, Twains Beispiel ging in etwa so: "Jeweils am Freitag kaufte ich dem Fischweib eine seiner Forellen ab, die es auf dem Markte feilbot."
In meinen Ohren klingt das schaurig, aber wenn Herr Duden es billigt - bitteschön...

Danke für die prompte Recherche und Antwort!
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: amarillo in 2021-05-19, 13:19:34
Soeben höre ich, dass Karl Marx in einem Brief an Friedrich Engels schrieb:"Jenes Fräulein, das mich mit ihrem Wohlwollen überschüttete..."
Der Scheff hat - wie immer - recht, es geht beides.
Titel: Re: Anfrage
Beitrag von: Vorbeischauer in 2021-07-09, 23:46:50
Es war einmal ein Frauenzimmer,
Das hatte keinen blassen Schimmer,
Dass ihm sein Mann die Ehe brach,
Die kleine, dicke Witzfigur!,
Die, wenn sie außer Haus war, nur
Bei seines Nachbarn Gattin lach.

Doch deren bess're Hälfte, Hannes,
Die dachte sich: Ich frag' mich, kann es
Wohl sein, dass diese Drecksperson
Sich heimlich trifft mit meinem Schatze?
Ach, wüsst' sie, dass dereinst ich platze
Darob! Dann kriegt sie ihren Lohn!

Dies fröhe wohl das Frauenzimmer,
Denn so wär' jener Mann für immer
Nur ganz und unbenommen sein.
Doch wollt' es nicht so lange warten,
Und stall den Gatten in dem Garten,
Und dieser gab gleich bei ihm klein.
Titel: Aw: Anfrage
Beitrag von: Vorbeischauer in 2022-06-08, 13:13:41
Söben untergekommen: ,,er ist der zu wenig gehypeteste". Originell, aber wohl nicht ganz richk. Nur: Wie lüte hier die richke Form? ,,er ist der am zu wenigsten gehypete*" vielleicht?

* und schreibt man gehypet so oder ohne e?
Titel: Aw: Anfrage
Beitrag von: Kilian in 2022-06-09, 10:55:49
Im Deutschen kann man MUSEN Gradangaben mit zu wie zu wenig nicht steigern, will man also seriös klingen, emfpähle ich eine Umschreibung wie der ist derjenige, der am wenigsten gehypet ist im Verhältnis dazu, wie sehr er es verdient hätte.

Im Neutschen steigern wir ja tendenziell alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist (https://forum.neutsch.org/index.php/topic,494.0.html), also finde ich der am zu wenigsten gehypete durchaus einen Berirch.

Der Duden sagt: gehypt, wie auch gefakt usw. Ich hatte schon mal versucht herauszubekommen, wie sie darauf kommen (https://twitter.com/texttheater/status/583955576910127104), erfolglos. Mir erscheint es persönlich viel besser, das e stehenzulassen, weil es ja im Englischen die Aussprache beeinflusst und auch dabei hilft, das Wort überhaupt erst als Anglizismus zu erkennen.
Titel: Aw: Anfrage
Beitrag von: Vorbeischauer in 2022-06-09, 16:20:04
Danke für die Antwort. Ich vermute den Duden hier die Schreibung der flektgeorenen Formen zu übernehmen (hyping -> -hyp-, so wie babysitting -> -babysitt-). Offensilcht iert der Duden diese Stämme als orthografische Einheiten interpret:

<ge>+<hyp>+<t> -> <gehypt>
<baby>+<ge>+<sitt>+<et> -> <babygesittet> (ja, der Duden fordert hier tatsalch eine mir fast schon neutsch scheinen wollende Trann im Partizipe! - andere Wörterbücher wie das DWDS schlagen hingegen gebabysittet vor)

Und nicht:
/gə/+/haip/+/t/ -> /gəhaipt/ -> gehypet (nach englischer Rechtschrieb)
/be:bi/+/gə/+/sɪt/+/ət/ -> /be:bigəsɪtət/ -> babygesittet

Aber ich stimme dir zu, dass gehypet schlüssiger ist, weil sonst eine Form entsteht, die weder mit der deutschen noch mit der englischen Rechtschrieb übereinstimmt.