Auch welcher Silbe betont ihr rechtfertigen (Hauptbetonung)? Erste oder zweite Silbe?
auf der ersten
auch
ich will mich rechtfertigen
ich will mich recht fertigen
Auch ich bin für die erste Silbe :)
Im Sinne von "sich verteidigen" - kennst Du jemanden, der das dann auf der zweiten Silbe betont, Kilian?!
in normaler alltagssprache: réchtfertigen.
bilde mir aber ein, schon gedichte gelesen zu haben, in denen man um des versmaßes willen rechtfértigen, rechtfértigung, rechtfértigt zu lesen hatte.
Vielleicht unterscheidet man die beiden Aussprachevarianten so:
Wenn man sich verteidigen muss, dann wird rechtfertigen auf der ersten Silbe betont, um zu herauszustellen, dass man sich im Recht sieht.
Die Betonung auf der zweiten Silbe sollte man dagegen bei Politikern suchen, und zwar immer dann, wenn sie Gesetzentwürfe vorbereiten und später Gesetze verabschieden, da hier die Tätigkeit, nämlich das Fertigen des Rechts betonet wird.
Also Recht fertigen? Würde ich trotzdem auf "Recht" betonen.
Ich habe zwei Kuchen, einer ist noch im Ofen, aber dort auf dem Tisch siehst Du einen recht fertigen, der muß nur noch abkühlen.
Das würde ich auf der Silbe "fer" betonen. Hat allerdings nix mehr mit Kilians Frage zu tun.
Gut, ich ier's mal anders formul:
Wenn das Ergebnis der Rechtfertigung tatsächlich ein gültiges Gesetz ist, dann Betonung auf Recht.
Sofern es sich bei "rechtfertigen" lediglich um das Fertigen eventueller zukünftiger Rechtsnormen handelt, wird eher gefertigt als dass neue Rechte daraus erwachsen. Man denken an den Vorschlag von Friedrich Merz, das Steuerrecht so zu vereinfachen, dass die Steuererklärung auf einen Bierdeckel passt. Kam ja nie so, aber da wurde 'ne Menge rechtgefertigt (oder eher nicht gefertigt).
Ähnlich sehe ich das bei den endlos langen Debatten um neue Gesetzesvorhaben, bei denen das Ganze Hin und Her nur den Zweck hat, demonstr zu ieren, dass "die da oben" nicht untätig sind.
Betonung auf "fer" also immer dann, wenn es nur um den Prozess geht, es aber das Ergebnis "Recht" noch nicht gibt.
(Der Gesetzesbeschluss ist daher genauso auf Recht zu betonen wie die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten, insofern muss ich mich also korrig ieren.)
Danke für den Hinweis, Amarillo.
Hoffe, dein Kuchen ist mittlerweile recht gefertigt.
Zitat von: MrMagoo in 2005-04-22, 19:06:09
Auch ich bin für die erste Silbe :)
Im Sinne von "sich verteidigen" - kennst Du jemanden, der das dann auf der zweiten Silbe betont, Kilian?!
Ja, mich. Ich frug, weil mich der Vorschlag errich,
rechtfertigen trennbar zu machen. Da es üblicherweise auf der ersten Silbe betonen wird, ist das ja auch kein Problem. Hätten sich aber hier noch ein paar
fer-Betoner wie ich gefunden, hätte ich uns zuliebe nach
fartog recht, färtöge recht das Partizip II
rechtfargetogen statt
rechtgefartogen eingetragen. Danke für die Auskunft. :)
Tja, ich kenne auch massenhaft Leute, die auf der zweiten Silbe betonen, vor allem in der Kombination "zu rechtfertigen".
Grundsätzlich finde ich aber VerbOrgs Anregung gut, Wörtern durch verschiedene Betonungen verschiedene Bedeutungen oder zumindest Bedeutungsnuancen zu verleihen, man kann ja mal schauen, was sich da alles anbietet.
Zitat von: VerbOrg in 2005-04-22, 23:13:18Die Betonung auf der zweiten Silbe sollte man dagegen bei Politikern suchen, und zwar immer dann, wenn sie Gesetzentwürfe vorbereiten und später Gesetze verabschieden, da hier die Tätigkeit, nämlich das Fertigen des Rechts betonet wird.
Hm... aber das wäre dann ja
Recht fertigen, nicht
rechtfertigen. Und bei
Recht fertigen würde ich auf jeden Fall
Recht betonen, es sei denn, der Sinnzusammenhang gibt die Betonung des Verbs vor - wenn z.B. von Recht schon die Rede war, neu aber ist, dass es gefertigt werden soll.
Ich dachte mir, dass man das analog zu Rad fahren und (wohl bald wieder) radfahren wahlweise getrennt oder zusammen schreiben kann.
Wenn das der Fall ist, kann man die Betonung so setzen, dass daraus hervorgeht, ob das "Recht" im Vordergrund steht, das gefertigt wird, oder das "Fertigen" von etwas, das (eventuell, aber wahrscheinlich doch nicht) Recht wird.
Diese Unterscheidung kann die Schriftsprache leider nicht leisten. Aber in der mündlichen Kommunikation böte es sich an.
Zitat von: VerbOrg in 2005-04-23, 18:29:37
Ich dachte mir, dass man das analog zu Rad fahren und (wohl bald wieder) radfahren wahlweise getrennt oder zusammen schreiben kann.
M.E. hat
Recht fertigen mit
rechtfertigen so viel zu tun wie
wiederkehren mit
wieder kehren. ;)
Zitatdas "Fertigen" von etwas, das (eventuell, aber wahrscheinlich doch nicht) Recht wird.
Für diesen Fall finde ich dann aber das Verb
fertigen an sich ungeiegnen, es wird ja nix fertig.
Man wird ja noch mal träumen dürfen!
Und irgendjemand ist ja immer dabei, der denkt, dass das, was dort gefertigt wird, Chancen hat, Recht zu werden. Und gefertigt wird ja doch was, nämlich viele, viele Vorschläge für zukünftiges Recht.
Zugegeben, ziemlich weit hergeholt.
Aber eine andere Erklärung für eine Betonung auf "fer" konnte ich mir beim besten Willen nicht ausdenken.
Mit diesem Beispiel wollte ich eigentlich nur zeigen, dass es darauf ankommt, was im Vordergrund steht: das Recht oder das Fertigen.
Und das sieht vielleicht jeder anders.
Für mich ist es beim Verb rechtfertigen für gewöhnlich das Recht, das im Vordergrund steht.
Habe ich mich jetzt gerechtfartogen?
(ausnahmsweise Betonung auf fertigen)
Okayokay, ich will ja keine Träume kaputtmachen. ;D Meine Erklärung für recht'fer·ti·gen ist halt die deutlichere Unterscheidung von Recht fertigen.
Ich frage mal was
offenbar gibt es das Verb "rechtfertigen" (ich rechtfertige mich). Wo kommt das her?
Das andere Verb heißt "fertigen" (ich fertige Schuhe). Man kann allerdings mE kein "Recht fertigen" in dem Sinne, dass man Gesetze beschließt.
Kann man die beiden Verben überhaupt miteinander vergleichen?
Da spricht der Jurist!
Ich denke mal, rechtfertigen kommt daher, dass man meint, selbst im Recht zu sein, obwohl Andere anderer Meinung sind.
Bei der Rechtfertigung versucht man die Anderen umzustimmen. Man fertigt damit die Überzeugung, dass das, was man gemacht hat, richtig war. (Zumindest versucht man es.)
Ist allerdings nur eine Theorie von mir. Ich kann mich natürlich irren.
rechtfertigen wurde direkt aus einem Adjektiv gebildet, das es im Mittelhochdeutschen noch gab: rehtvertic (gerecht, rechtmäßig).
Getrennt- und Zusammenschreibung kann den Sinn mitunter sehr beeinflussen.
ist der Teil "fertigen" in rechtfertigen überhaupt als fertigen = machen zu verstehen?
Ich glaub das nicht
Also heißt das doch:
ich mache mich gerecht
Würd' ich auch so verstehen.
Da Gerechtigkeit ja immer ein subjektives Empfinden darstellt, muss man ja dieses Empfinden der Menschen entsprechend beeinflussen und macht sich dabei gerecht.
Hatte es allerdings in Unkenntnis des Ursprungs vorhin etwas umständlich ausgedrückt, weil ich unbedingt "fertigen" reinbringen wollte.
Zitat von: Ku in 2005-04-23, 22:38:12Ist der Teil "fertigen" in rechtfertigen überhaupt als fertigen = machen zu verstehen?
Nein.
ZitatAlso heißt das doch:
ich mache mich gerecht
Genau.
ich berichtige mich
bei rechtfertigen muss es heißen
ich versuche, mich gerecht zu machen
also: ich versuche, mein Handeln als gerecht darzustellen
Ich dachte immer, ich beherrsche meine Muttersprache einigermaßen. Aber inzwischen scheint es niemanden mehr zu geben (außer mich), der sich noch rechtfertigt. Schalte ich den Fernseher an so rechtfertigt sich inzwischen anscheinend jeder, vom Moderator bis zum Politiker oder Journalisten.
Aber der Duden ( http://www.duden.de/rechtschreibung/rechtfertigen (http://www.duden.de/rechtschreibung/rechtfertigen) )ist da zum Glück immer noch eindeutig auf meiner Seite. (übrigens eindeutig und nicht wie immer öfter zu hören eindeutig)
Überhaupt scheint Betonung gegen den Strich chic geworden zu sein. Ich kann mich unmäßig darüber ärgern.