Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Über die GSV => Thema gestartet von: amarillo in 2005-04-27, 13:12:40

Titel: Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-04-27, 13:12:40
Liebe Mitstärkende,

soeben las ich Kilians traurigen Kommentar zur viel zu frühen Heimkehr der verehrten Dr. Erika Fuchs. Aus Gründen tief und ehrlich empfundenen Bedauerns und Pietät unterlasse ich es, die Idee, die mir kam, in eben jenem Faden unterzubringen.

Wäre es uns möglich, in mehr oder minder regelmäßigen zeitlichen Abständen Personen des öffentlichen Lebens eine Ehrenmitgliedschaft in der GSV anzutragen, soweit sie sich in irgend einer noch näher zu bestimmenden Form um die Stärkung der deutschen Sprache verdient gemacht haben?

Vielleicht sollte man das Augenmerk nicht so sehr auf den professionellen Gebrauch deutscher Zunge richten, sondern sich vielmehr des kleinen Lapsus annehmen, sonst bliebe man ja schnell in den Bestsellerlisten hängen.

Die Bekanntgabe der solchermaßen Geohrenen müßte natürlich über die persönliche Kontaktierung hinaus auch den Presseorganen unterbritten werden. Ich sehe dort eine gute Möglichkeit, die GSV landesweit einem interessorenen Publikum näher zu bringen.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: versucher in 2005-04-27, 14:03:50
Meinst du so was wie die goldene Himbeere für besonders schlechte filmische Leistungen? Oder eher unironisch? (Was Unironisches kann eigentlich nicht dein Ernst sein, das sähe dir auch nicht ähnlich  ;D).
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-04-27, 15:15:37
Nein nein, in diesem speziellen Fall meinte ich das ausnahmsweise mal ernsthaft so.
Klar, das darf schon mal eine Würdigung sprachlicher Entgleisungen sein, aber generell hatte ich schon an so Dinge wie den korrekten Gebrauch des Genetivs, versehentliche Stärkung der Verben oder auch geschicktes Einstreuen knallharter Pluralformen gedacht.

Parallel zur Würdigung könnte man ja so etwas wie eine Liste für diejenigen, denen die Ehrenmitgliedschaft zunächst versagt wird, führen. Da werden dann jene geschmäht, die sich in der Öffentlichkeit des Gebrauches dummdeutscher Wendungen oder anderer Peinlichkeiten nicht entblöden konnten.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Kilian in 2005-04-27, 19:31:38
Für solche Fälle also, die wir bisher einfach in der Galerie (http://verben.texttheater.net/v3/galerie.htm) versolmmen? Nicht schlecht... der goldene Zungenmuskel, oder so ähnlich... von wegen Stärke und Sprache.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-04-27, 20:39:22
Ich hatte gar nicht so sehr an den Verleih von Devotionalien gedacht, aber das mit dem "Goldenen Zungenbein" klingt schon recht verlockend. Einfach die Ehrenmitgliedschaft übertragen, ob die nun wollen oder nicht.
Das Schwierige wird wohl sein, ein Presseorgan zu finden, das bereit ist, unsere Beiträge auch zu drucken. Ich habe da mal keckerweise das Süddeutsche Magazin ins Auge gefassen. Kostet 'ne Anfrage, und brächte denen ein Kolumne.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2005-09-12, 20:58:53
Irgendwo (ah, da isses ja; dann stell' ich's gleich dazu) ging's hier mal darum, verdenenen Promis ungefrugen, also mehr oder weniger zwangsweise die GSV-Ehrenmitgliedschaft anzutragen, mit gebührendem Medien-Tamtam.

Falls nun Hermann Otto Solms (FDP) bald zum Finanzminister gekoren werden würden sollte, sollten wir vorberitten sein. Denn wer wäre hier nicht Jäger und Solmmer immer neuer Listaneinträge? Der Mann ist ja schon kraft namens prädestinoren, ja, geradezu ein Solmm seiner selbst. Ich bitte um dementsprechenden Veranlass.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-09-17, 10:26:26
Eine sehr schöne Idee, wie ich finde. Solms kann durchaus als imperative Sonderform zu "sammle es!" betrochten werden. Nomen est omen - wie passend für einen Finanzminister.
Das heißt aber doch nicht, daß ich Herrn S. und seiner Partei am morgigen Tage eine meiner Stimmen geben muß - oder?
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-09-18, 10:13:49
Was ist nun, unterbreiten wir den Vorschlag den Presseorganen? Sollte doch der Chef machen, oder?
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Kilian in 2005-09-18, 10:49:31
Okay, bin dabei. Zwei Vorschläge:
- Solms sollte nicht unser erstes Opfer sein, sondern jemand, der den Genitiv auffällig richtig oder ein Verb auffällig stark gebraucht hat. Es ist allgemeinverständlicher, wenn jemand fürs Sagen geehrt wird denn fürs Heißen, und einen Funken Allgemeinverständlichkeit sollten wir uns zu Anfang noch wahren, guess why. ;)
- Ich wäre dankbar, wenn jemand einen Textvorschlag für eine Pressemitteilung vorberitte ("Die GSV stärkt seit 3 Jahren... besonderes Anliegen... wird von nun an in (un)regelmäßigen Abständen Personen des öffentl. Lebens Ehrenmitgliedschaften antragen für..."), mir mule, und ich würde die dann mit diesem Jemand nochmals abstimmen, als Vorsitzender unterzeichnen und einer Auswahl von Medien wie dem SZ-Magazin schicken - den Versuch ist es bestimmt wert. :)
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-09-18, 10:57:02
Unser Chef: ein Mann der Tat. Ich bin überzeugt, daß das heutige Nachwahlgesabber reichlich Textbeispiele zutage fördern wird.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: VerbOrg in 2005-09-18, 11:17:43
Wenn die GSV schon Ehrenmitgliedschaften anträgt, dann beantrage ich, dass Gisbert Haefs - der literarische Erfinder der GSV - das erste Ehrenmitglied wird. Das ist ja wohl das Mindeste, nachdem wir hier seine Idee klieben, oder?
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2005-09-18, 14:25:58
Zitat von: amarillo in 2005-09-17, 10:26:26Das heißt aber doch nicht, daß ich Herrn S. und seiner Partei am morgigen Tage eine meiner Stimmen geben muß - oder?

Aber nicht doch, bewahre. Das bedüte ja, dass du die Westerwelle noch gratis dazubekämst. Und wer wülle das schon?
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Kilian in 2005-09-18, 14:33:34
Zitat von: VerbOrg in 2005-09-18, 11:17:43
Wenn die GSV schon Ehrenmitgliedschaften anträgt, dann beantrage ich, dass Gisbert Haefs - der literarische Erfinder der GSV - das erste Ehrenmitglied wird. Das ist ja wohl das Mindeste, nachdem wir hier seine Idee klieben, oder?

Medienwürgsamer wäre aber im Moment ein/e Politiker/in - wenn unsere Ehrung dann erst ihren festen Platz in allen großen Zeitungen hat, können wir ja Monat für Monat die "Galerie" durcharbeiten. ;)
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2005-09-18, 14:40:16
Zitat von: Kilian in 2005-09-18, 10:49:31Solms sollte nicht unser erstes Opfer sein, sondern jemand, der den Genitiv auffällig richtig oder ein Verb auffällig stark gebraucht hat. Es ist allgemeinverständlicher, wenn jemand fürs Sagen geehrt wird denn fürs Heißen, und einen Funken Allgemeinverständlichkeit sollten wir uns zu Anfang noch wahren, guess why. ;)

Gans mein Mien, soo ernst wull ich die Anwärtarsch des Herrn Solms auch nicht verstanden wissen - in dessen Partei, ach, in der gansen Politik sehe ich weit und breit keinen Ohrwürdigen.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2005-09-18, 14:54:26
Zitat von: VerbOrg in 2005-09-18, 11:17:43
Wenn die GSV schon Ehrenmitgliedschaften anträgt, dann beantrage ich, dass Gisbert Haefs - der literarische Erfinder der GSV - das erste Ehrenmitglied wird. Das ist ja wohl das Mindeste, nachdem wir hier seine Idee klieben, oder?

Welch naheliegender Gedanke! Wurde Herr Haefs eigentlich jemals gefrugen, ob das Treiben dieser Gesellschaft seine Huld findet?
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: VerbOrg in 2005-09-18, 16:16:22
Zitat von: Kilian in 2005-09-18, 14:33:34
Medienwürgsamer wäre aber im Moment ein/e Politiker/in - wenn unsere Ehrung dann erst ihren festen Platz in allen großen Zeitungen hat, können wir ja Monat für Monat die "Galerie" durcharbeiten. ;)
Mir ging es nicht darum, die Galerie durchzuackern. Das wäre ja langweilig. Aber Herr Haefs sollte in der von ihm selbst erfundenen Gesellschaft doch zumindest Ehrenmitglied sein.
Außerdem tut er sich wirklich durch geballene Sprachlichkeit hervor, nicht nur durch den Erfund der Konsonantenverschiebung, sondern durch allgemeinen Sprachberirch.
(tolle Genetive, kreativ verdrohene Redewande, Perfekt-Enthaltsäme)

Darauf aufbauend sollten wir natölich eher solche Leute ehren, die im Rampenlicht der Medienonffte durch Sprachberirch auffallen.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2005-09-19, 17:14:47
Angehörs der gestrigen Plapperei wäre vielleicht doch zu überlegen, ob wir nicht den Schwerpunkt unserer Bemühungen dahingehend verlagern, herauszustellen, warum der- oder demjenigen eine Ehrenmitgliedschaft gegenwärtig noch nicht angetragen werden kann.

Meines Erachtens schlagen die sprachlichen Entgleisungen das Hervorbringen wirklich  (in unserem Sinne) schöner Wendungen locker 50:1.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2006-05-07, 16:22:29
Darf ich den ZDF-Ostafrika-Korrespondenten Walter Heinz für den ,,Goldenen Zungenmuskel" vorschlagen?

In einer Reportage urß er sich über ein Getreide aus Äthiopien: ,,Deshalb dauert der Drusch so lange."

Das ist jetzt kein neues Substantiv, sondern ein sehr altes, aber ich find's viel schöner als ,,das Dreschen".
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2006-05-11, 17:21:43
Auch unsere Freunde von heise.de (http://www.heise.de/ct/tv/archiv/20060506/#72588) seien wieder mal gepriesen. Diesmal muchen sie sich um den Stork der Stirge verdonen:

"... man sollte sich schon genau überlegen, wem man welche und wie viele Daten anvertraut. Sonst ist wird man schneller zum gläsernern Bürger, als man glaubt."
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: VerbOrg in 2006-05-11, 18:11:05
Du hast dich verschrieben. Es memüsse heißen:

"...wem man welche ujnd wie viele Daten anvertraut."

zumindest goolg ich den Text so.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Günter Gans in 2006-05-12, 20:05:56
Hab's weder gegooolgen, noch selbst geschrieben oder getoppen, sondern nur aus dem Roten oben koporen. Da stand's, wie's steht: gläsern, gläserner, gläsernst.
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2008-05-28, 18:10:33

Keine Schleymerey aus & in der Südkurve ist's, doch was ich da gestern bei uns über die Substantive las, ist - damit auch ich es einmal schreibe - zumeist echt knorke!
Da liest du dich ein ums andere Mal Fest, da finden sich ja schon Praestantive zu Hauf! Duftig wie Lipizzaner-Roßknödel in der Spanischen Hofreitschule - doch auch Wohlklang wie aus Sängerknaben-Goldkehlchen!   
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: katakura in 2008-06-27, 12:17:37
nun nochmals im richtigen faden:

... amarillens anrag vom april 2005 (sic!) aufgreifend, ist nun der anfang gemuchen, ehrenmitglieder zu nominieren ... unter http://verben.texttheater.de/Ehrenmitglieder  (http://verben.texttheater.de/Ehrenmitglieder) finden sich nun die ersten drei nomin georenen - in der huff, daß noch noch weitere vorschläge folgen mögen ... neben gisbert haefs und wilhelm busch steht nun auch erika fuchs auf der liste ...

... beiseweh: da ich hamburgens zu meinem nimmermüden bedauern nicht anwesen werde, antberage ich schon einmal vorab bei unserem herrlichen GSV-diktator auf lebenszeit kilian eine diskussion darüber, wie wir die vergabe der ehrenmitgliedschaften via presse (amarillo schlug einst in aller uns zu gebote und auch gut zu gesichte stehenden unbescheidenheit die "SZ" vor) publik machen kekünnen ...

... in diesem zusammenhang möchte ich auch das von günther gans in vorschlag gebrachte "goldene zungenbein" wieder aufgreifen, das abseits der ehrenmitgliedschaft für aktuelle sprachschnitzer und - schöpfungen vergeben werden kekünne und sesölle und der gewonschenen popularisur der GSV sichelr dieln wäre ... unser veranworlter für propaganda und desinformur hat hier vielleicht schon etwas in petto?! ...

... was mich in diesem zusammenhang (i.e. propaganda) ebenfalls interessöre: was ist denn nun aus unserem wikipedia-eintrag geworden, karsten? ...
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Wortklauber in 2012-01-27, 16:32:01
Als Gast (der ich weiter bleiben möchte) maße ich mir kein Mitspracherecht und nicht einmal ein Antragsrecht an, aber ich wüsste schon gerne, wie eure Reaktion wäre, wenn jemand Martin Heidegger zur Ehrenmitgliedschaft in der GSV vorschlüge. Ich möchte nur einmal ein paar Zitate aus einem willkürlich herausgegriffenen Vortrag hier anführen, aus denen meines Erachtens durchaus hervorgeht, dass Heidegger sich nicht nur sehr kreativ der Sprache gegenüber verhalten, sondern gelegentlich auch ganz direkt zur neutschen Sprache beigetragen hat. Und auch dem Ideal der maximalen Unverstalnd hat er sich schon sehr genahren. Nur dass das ganze natürlich gar nicht lustig gemienen war (auch wenn es mit etwas Abstand betrochten manchmal sehr lustig wirkt.)

Hier also die Zitate, aus dem Zusammenhang gerissen, aber durchaus unverarnden zitoren (aus "Die Frage nach der Technik", 1953. Ich mache die Zitate mal rot):
Im folgenden fragen wir nach der Technik. (Kursivsatz original.)
Alle Denkwege führen, mehr oder weniger vernehmbar, auf eine ungewöhnliche Weise durch die Sprache.
Das Richtige stellt an dem, was vorliegt, jedesmal irgend etwas Zutreffendes fest.
Man pflegt seit langem die Ursache als das Bewirkende vorzustellen. Wirken heißt dabei: Erzielen von Erfolgen, Effekten.
Man beachte die Trennung von "Bewirken" in "Be-" und "Wirken". Diese Trennung wird bei Heidegger oft auch durch Bindestriche angedeutet, die zeigen, dass man ein Wort nicht nach seiner usuellen Bedeutung lesen, sondern aus seinen Bestandteilen her neu verstehen soll. Wahrhaft GSV-würdig, finde ich. In der Heidegger-Gesamtausgabe wurde, um diesen Unterschied auch bei Zeilenwechsel nicht zu verlieren, für solche Wörter eine neue Darstellung erfunden: Es wird dann so getronnen:
                 Be-
     -wirken
Vorliegen und Bereitliegen (ὑποκεῖσθαι) kennzeichnen das Anwesen eines Anwesenden. Die vier Weisen des Verschuldens bringen etwas ins Erscheinen. Sie lassen es in das An-wesen vorkommen. Sie lassen es dahin los und lassen es so an, nämlich in seine vollendete Ankunft. Das Verschulden hat den Grundzug dieses An-lassens in die Ankunft. Im Sinne solchen Anlassens ist das Verschulden das Ver-an-lassen. Aus dem Blick auf das, was die Griechen im Verschulden, in der αἰτία, erfuhren, geben wir dem Wort »ver-anlassen« jetzt einen weiteren Sinn, so daß dieses Wort das Wesen der griechisch gedachten Kausalität benennt. Die geläufige und engere Bedeutung des Wortes »Veranlassung« besagt dagegen nur soviel wie Anstoß und Auslösung und meint eine Art von Nebenursache im Ganzen der Kausalität.
Worin spielt nun aber das Zusammenspiel der vier Weisen des Ver-an-lassens ? Sie lassen das noch nicht Anwesende ins Anwesen ankommen. Demnach sind sie einheitlich durchwaltet von einem Bringen, das Anwesendes in den Vorschein bringt. Was dieses Bringen ist, sagt uns Platon in einem Satz des »Symposion« (205 b): ἡ γάρ τοι ἐκ τοῦ μὴ ὄντος εἰς τὸ ὂν ἰόντι ὁτῳοῦν αἰτία πᾶσά ἐστι ποίησις.
»Jede Veranlassung für das, was immer aus dem Nicht-Anwesenden über- und vorgeht in das Anwesen, ist ποίησις, ist Her-vor-bringen.«
Schon das substantivierte Wort "Anwesen" ist eher neutsch als deutsch, aber die zusaltze Differenzur in Anwesen und An-wesen setzt da noch eins drauf. Bei veranlassen, ver-anlassen und ver-an-lassen wird es noch kompliz georener.
Wohin haben wir uns verirrt? Wir fragen nach der Technik und sind jetzt bei der ἀλήθεια, beim Entbergen angelangt. [...] Es ist der Bereich der Entbergung, d. h. der Wahr-heit.
Entbergen ist auch so ein Wort, in das sich Heidegger planmäßig verirrt.
Inzwischen ist auch die Feldbestellung in den Sog eines anders gearteten Be-stellens geraten, das die Natur stellt. Es stellt sie im Sinne der Herausforderung. Ackerbau ist jetzt motorisierte Ernährungsindustrie. Die Luft wird auf die Abgabe von Stickstoff hingestellt, der Boden auf Erze, das Erz z. B. auf Uran, dieses auf Atomenergie, die zur Zerstörung oder friedlichen Nutzung entbunden werden kann.
Wo man stellt, ist ein Stollen, und wo ein Stollen ist, ist der Troll nicht weit. Deshalb geht es bei Heidegger danach auch gleich mit der Kohleförderung weiter.
Aber ein Verkehrsflugzeug, das auf der Startbahn steht, ist doch ein Gegenstand. Gewiß. Wir können die Maschine so vorstellen. Aber dann verbirgt sie sich in dem, was und wie sie ist. Entborgen steht sie auf der Rollbahn nur als Bestand, insofern sie bestellt ist, die Möglichkeit des Transports sicherzustellen. Hierfür muß sie selbst in ihrem ganzen Bau, in jedem ihrer Bestandteile bestellfähig, d. h. startbereit sein.
[...]
Allein die Unverborgenheit selbst, innerhalb deren sich das Bestellen entfaltet, ist niemals ein menschliches Gemächte, so wenig wie der Bereich, den der Mensch jederzeit schon durchgeht, wenn er als Subjekt sich auf ein Objekt bezieht.
Gemächte!
Wir nennen jetzt jenen herausfordernden Anspruch, der den Menschen dahin versammelt, das Sichentbergende als Bestand zu bestellen — das Ge-stell.
Wir wagen es, dieses Wort in einem bisher völlig ungewohnten Sinne zu gebrauchen.
Nach der gewöhnlichen Bedeutung meint das Wort «Gestell» ein Gerät, z. B. ein Büchergestell. Gestell heißt auch ein Knochengerippe. Und so schaurig wie dieses scheint die uns jetzt zugemutete Verwendung des Wortes «Gestell» zu sein, ganz zu schweigen von der Willkür, mit der so Worte der gewachsenen Sprache mißhandelt werden. Kann man das Absonderliche noch weiter treiben? Gewiß nicht. Allein dieses Absonderliche ist alter Brauch des Denkens.
Worte der gewachsenen Sprache mißhandeln mit dem Ziel, das Absonderliche bis zum Äußersten zu treiben!
Nie zu spät kommt vor allem die Frage, ob und wie wir uns eigens auf das einlassen, worin das Ge-stell selber west.
Bemerkenswert die eigenständige Verwendung des Wortes "wesen", bei Heidegger sehr häufig, und zwar bewusst:
Schon wenn wir »Hauswesen«, »Staatswesen« sagen, meinen wir nicht das Allgemeine einer Gattung, sondern die Weise, wie Haus und Staat walten, sich verwalten, entfalten und verfallen. Es ist die Weise, wie sie wesen. J. P. Hebel gebraucht in einem Gedicht »Gespenst an der Kanderer Straße«, das Goethe besonders liebte, das alte Wort »die Weserei«. Es bedeutet das Rathaus, insofern sich dort das Gemeindeleben versammelt und das dörfliche Dasein im Spiel bleibt, d. h. west. Vom Zeitwort »wesen« stammt erst das Hauptwort ab. »Wesen«, verbal verstanden, ist das Selbe wie »währen«; nicht nur bedeutungsmäßig, sondern auch in der lautlichen Wortbildung. Schon Sokrates und Platon denken das Wesen von etwas als das Wesende im Sinne des Währenden.
Und was Heidegger vollends GSV-würdig macht, ist, dass er seine neue Sprache nicht nur einführt, sondern auch konsequent bis zur maximalen Unverstalnd verwendet. Ein Zitat zum Schluss:
Das Wesen der Technik beruht im Ge-stell. Sein Walten gehört in das Geschick. Weil dieses den Menschen jeweils auf einen Weg des Entbergens bringt, geht der Mensch, also unterwegs, immerfort am Rande der Möglichkeit, nur das im Bestellen Entborgene zu verfolgen und zu betreiben und von da her alle Maße zu nehmen.
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: amarillo in 2012-01-27, 18:12:27
Ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht, ob das die mmU unseres Vorhabens trifft.
MUSEN hat Heidegger sich überaus erfolgreich um eine semantische Variante der mmU bemohen, wohingegen wir doch eher phonetisch-morphologisch-syntaktische Ziele im Auge be-halten wollten - oder?

Ich hoffe es man-gelte mir nicht an der not-wendigen Präzision, meine Vor-stellungen zum Aus-druck zu brrr-ingen. Hei-degger!

Mein Lieblingssatz: "Demnach sind sie [die vier Weisen des Ver-an-lassens] einheitlich durchwaltet von einem Bringen, das Anwesendes in den Vorschein bringt."
Sowas kann mich nächtelang wach- und unterhalten! Das liegt sicherlich auch daran, daß mir nur die drei Weisen des Morgenlandes einigermaßen geläufig sind - eine offenbar riesige Lücke tut sich hier in meiner Bildung auf.
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Ku in 2012-01-27, 20:35:51
Zitat von: Wortklauber in 2012-01-27, 16:32:01
Als Gast (der ich weiter bleiben möchte)
Warum, o wortklauber, willst du weiter Gast bleiben? Gefallen wir dir nicht als Mitmitglieder?
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Kilian in 2012-01-27, 21:57:56
1. Ich schließe mich Kus Frage an.

2. Wahrlich! Heidegger schöpft so manches Wort, das von uns sein kekünne. Bloß scheint er im Gegensatz zu uns nicht darum bemüht, die zugrundeliegenden Ideen und Wortbaumuster zu erklären. Er scheint anzunehmen, ein Sprech des Deutschen könne seinen Dialekt des Neutschen im Vorbeigehen aufpicken. Etwas mehr Sprachlehre würde ihm wohl-an-stehen!
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Wortklauber in 2012-01-28, 14:58:31
Zitat von: Kilian in 2012-01-27, 21:57:56
1. Ich schließe mich Kus Frage an.

Ich halte mich da sinngemäß an diesen (http://www.youtube.com/watch?v=cic0hXk1a5w) netten Werbespot.

Zitat von: Kilian in 2012-01-27, 21:57:56
2. Wahrlich! Heidegger schöpft so manches Wort, das von uns sein kekünne. Bloß scheint er im Gegensatz zu uns nicht darum bemüht, die zugrundeliegenden Ideen und Wortbaumuster zu erklären. Er scheint anzunehmen, ein Sprech des Deutschen könne seinen Dialekt des Neutschen im Vorbeigehen aufpicken. Etwas mehr Sprachlehre würde ihm wohl-an-stehen!

Das wäre erst noch zu untersuchen ... Ehe man behauptet, er hätte es nicht getan, müsste man wohl eine größere Forschungsaktion in seinen gesammelten Schriften durchführen, die einige Regalmeter einnehmen ... Wenn ich mir so ansehe, wie er die Wörter auseinandernimmt und dabei auch alten Wortgebrauch zitiert, kommt es mir nicht unwahrscheinlich vor, dass man betreffs Erklärungen auch noch fündig wird. Aber ich wollte ja auch nur einmal die Frage in den Raum stellen. Ohnehin kann ich für Heidegger keine große persönliche Sympathie empfinden, die mich motivieren könnte, einer ,,Bewerbung" um einen Ehrenplatz noch mehr Unterstützung zu geben.
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2012-03-22, 17:43:46
Ich wäre dafür, den deutschen Lyriker Richard Drews (irrtümlich oft Ritschard Druu[w]s ausgospronch) ehrend zu erwähnen. Er verfieß "Der Zeit auf den Versen - Verwegene Vierzeiler"). Irgendwo schrieben wir schon was über ihn.

Grund ist folgender Vierzeiler (den ich chhoffalnt noch gracht hinbringe):

Ich suchte einen Reim auf Penclub,
doch keinen, den man kannte.
Zum Glück traf ich den Dänen H[j]enstrub,
den ich sogleich verwandte.
Titel: Re:Ehrung
Beitrag von: Homer in 2012-05-14, 09:02:04
Zitat von: Günter Gans in 2006-05-07, 16:22:29
Darf ich den ZDF-Ostafrika-Korrespondenten Walter Heinz für den ,,Goldenen Zungenmuskel" vorschlagen?

In einer Reportage urß er sich über ein Getreide aus Äthiopien: ,,Deshalb dauert der Drusch so lange."

Das ist jetzt kein neues Substantiv, sondern ein sehr altes, aber ich find's viel schöner als ,,das Dreschen".

So heute auch Mathias Zschaler bei SPON über die gestrige "Elefantenrunde" zur NRW-Wahl bei Jauch:

"... um das Ganze nicht derart hoffnungslos der Ödnis des vermeintlich pflichtgemäßen Phrasendruschs anheim fallen zu lassen."
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2014-01-27, 09:38:28
Als Ehrenmitglied von uns empföhle ich auch den österreichischen Schurnalisten Robert Löffler - "Telemax" (*8.5.1931). Dringend.
http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Löffler_(Journalist)*
Am bekanntesten sind seine Kolumnen auf der vorletzten Seite der "Kronen Zeitung" - im Niwoo meist weit höher als der "Rest der Zeitung"; lustiger sowieso.
Unlängst ging's einmal - herhören, lieber Wortklauber! - um den Gegensatz "Mädchen - Mädchen" (im Sinne einer (sehr) unreifen Fliege, eines Fliegenlärvchens).

*,,Robert Löffler nimmt als intellektuelles Feigenblatt der meistgelesenen Boulevardzeitung Österreichs eine exotische Sonderstellung ein. Selbst der geschätzte Max Goldt lobt ihn für seine stilistische Feinheit und thematische Autarkie. Eigenschaften, mit denen Löffler auch im klassischen Feuilleton keine schlechte Figur machen würde." (Text der amazon.at-Redaktion/Reitächz)
Der Autor ist seit 1982 Träger des Nestroy-Ringes der Stadt Wien."
Irgend so einen Ehrenring wird's doch auch von uns geben, oder?
SUB AUSPICIIS SANCTI KILIANI oder so ...

Von Herrn Löffler gibt es auch "Geschüttelte Sammelreime. Wien o.J." Auf diesem Gebiete schlage ich den alten Meister froychl um sattfleischige Schw.....längen, denn sein Witz geht hier etwa so:
"Sie ritt auf dem Kamele tags / doch nachts schritt sie zu Telemax."
G'scheite LeserInnen (ich war damals nicht drunter) wissen hier nachtlur, daß es heißen memüsse - gleich dürft Ihr losprusten:
"Sie ritt auf dem Kamele tags / doch nachts ritt sie auf Telemax."

Nie konnte ich klären, ob Herr Telemax der Bruder des legendären, leider bereits verstorbenen Limnologen Professor Heinz Löffler ist. Stilistisch war auch der Heinz ausgezienchen.


Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Kilian in 2014-01-28, 16:14:38
Ich unterstütze diese Nominur, habe ich doch das Buch Liebe Leute nach Max Goldts Empfehlung schon vor längerer Zeit erworben und mit Genuss gelesen. Trügest du die Nominur auf der entsprechenden Wiki-Seite ein?
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Kilian in 2014-01-29, 19:50:39
TODO: Frauenanteil bei den Nominuren erhöhen.
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2014-03-11, 10:25:10
Treichel-Stürgk 1:

Als Ehrenmitglied schlug ich Telemaxen vor. In der heutigen Krone frug ihn eins (vielleicht auch der Meister sich selber), was es denn auf Treichel-Stürgk für einen Schüttelvers gebe. (Das ist, glaub ich, eine Sossaiiti-Lady.) Da kam's zu einem gewissen - witzigen - Aufplustern, was für ein feiner Schüttelverspoet er nicht sei - und so. Selbstironie. Geht schon, geht schon. - Mir war's da bald klar. Das Verspaar ging irgendwie so:
Dort schlenderte Frau Treichel-Stürgk,
dahinter schlich ein Streichel-Türk.

Nun kam noch ein Hinweis, daß dies der Anfang eines erotischen Gedichtes sein kekünne.

Was ich daran auch mark? - Welches Niwoo unsere Schüttelvers-Spalte erriechen hat ...
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2014-03-17, 10:22:31
Treichel-Stürgk 2:

Telemax, der nun offenschalcht unsere Beiträge liest (Sie werden's nicht bereuen, lieber Herr L.! - Und: Kennen Sie Eltville?), schrieb letztens in der "Krone", daß er auf Treichel-Stürgk auch viel ordinärer als oben hätte reimen können. (Coram publico gehe das aber nicht an.) - Ich dachte mir, was er da wohl meinen kekünne - und kam auf (na ja) - zuckts mir nicht kindisch zusammen:

Frau Treichel-Stürgk ist ein gar schweres Stück.
Ich b...e - bang, daß sie mein Eicherl zdrück.


Viel vulgärer geht's wohl - leider - auch nicht. Keine Ahnung, ob eins damit in unsere LiebhaberInnenausgabe in purpurnem Samt vorstößig werden kekünne. Bist Du nicht
editor libelli purpurei, lieber Ku? Oder zischst Du mir wiederum Dein horazisches
"Odi profănum vulgus et arcĕo" um die Ohren - oder sonstwas?
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2014-03-17, 15:02:33
Als Musik zur Ehrung schlüge ich Antonio Salieris "imperial fanfare" vor. Lassen wir diesen Meister einmal aus dem Schatten Mozarts hervortreten - und auch uns, quasi, einen Ordentlichen blasen:
http://www.youtube.com/watch?v=iOD9mj0_O54
Titel: Re: Ehrung
Beitrag von: Berthold in 2015-01-19, 12:58:28
Als Ehrenmitglied schlage ich Oswald von Wolkenstein vor. Obwohl er aus dem Mittelalter stammt (um 1377 - 1445), wo sprachlich noch einiges mehr ging, kenne ich trotzdem wohl kaum einen Autor (Ernst Jandl, na gut und schön), der Wörter so stark ändern kann und der so überraschende Sachen schreibt.
Die folgende Strophe etwa besteht aus sieben Sprachen:

Do fraig amors

1)
Do fraig amors,
adiuva me!
ma lot, mein ors,
na moi sercce,
rennt mit gedanck,
frau, puräti.
Eck lopp, ick slapp,
vel quo vado,
wesegg mein krap
ne dirs dobro.
iu gslaff ee franck
merschi vois gri.

Teutsch, welchisch mach!
franzoisch wach!
ungrischen lach!
brot windisch bach!
flemming so krach!
latein die sibend sprach.

"Ors" ist ugbrens das Roß.