Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Kultur => Thema gestartet von: Ku in 2009-10-30, 17:06:27

Titel: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-10-30, 17:06:27
Amarillens und meine Vieligkeit haben Opladens beschlossen, nach der Animalpoesie auch mal was für die Kulinaristitizität zu tun.
Also eröffne ich jetzt den Faden Kulinarpoesie mit zwei ganz läppischen Fierzeilern.


Die Zwetsche ganz verzwolfen zwatsch:
"Ich schreibe hinten mich mit g".
Ich wurt ihr ant, "das ist doch e-
mir gal" und sie ein wenig quaatsch.


Prosecco frühstücks ich prosacc:
Ich schlarf allein die ganze Flasch.
Der letzte Tropfen zu mir zasch:
"Es frühe mich, wenn ich dir schmak".


Falls jemand was ähnlich Blödes einfällt, ist er herzlich eingeladen.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-10-30, 19:42:16
Jawoll, recht hatter, der Ku, mein Ansatz mag vielleicht ein wenig anders sein, schaumermal.
Für die erste Nummer in dieser Rubrik muß ich Dich, lieber Ku, schomma direkt um Verzieh bitten, aber so isses numa:

Mit Spargelspitzen tunkens blinkend
und dann dazu gekochter Schinkend,
das sag' ich Ihnen, Fräulein Hagen,
könn' Se mich jagen!

Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-10-30, 20:21:45
Jetzt gibt's zu Spargelns Zeit auch Erd-
es Beeren, mit viel Sahne.
Ich weiß es nicht, jedoch ich's ahne,
dass Dir das besser schmecken werd.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-10-30, 22:27:52
Wie schmak doch stets der Blumenkohl
so ungeworzen fad und hohl.
Doch jetzt, mit Salz, Muskat und Pfeffer
schmeckt er mir schon um Längen beffer.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-10-30, 23:33:59
Vor dem Hintergrund einer relativ jungen Erscheinungsform menschlichen Wahnsinns - ich meine: Küche als Statussymbol - die ich als das Resultat nervtötender Kochdauersendungsberieselung (wird später von mir noch gehörig lyrisch gegeißelt) erachte, kiem in mir der folgende Vierzeiler auf, der dann auch gleich das Bild der Küche eines mir entfernt bekannten kinderlosen Ehepaars emporkommen ließ (aus der Serie: das hamwer gerne):

Die Küche: Chrom, Stahl, Glas, Granit,
soll allen imponieren;
und dann am Ende doch zu blöd,
ein Butterbrot zu schmieren.

Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-10-31, 13:05:32
Es liebt der Mensch an Rhein und Ruhr
die Knolle nicht nur pur 'Natur',
Er mag's, nun mirk fein auf und höre,
daß man sie fettens ihm frittöre.
Wenn du nun Mayonnaise richest,
und Ketchup noch darüber strichest,
entlöck's hier Frau und Mann ein 'Danke'
für rheinisch/ruhrisch 'Pommes Schranke'
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: VerbOrg in 2009-11-01, 10:02:37
Halloween-Nachbetrocht

Orange Früchte mit Fratze stoll
so mancher hin als Dekoquatsch.
Ich ganz normal Orangen poll,
das andre müche doch nur Matsch.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-11-01, 10:14:01
Der Tee, der taa in meiner Tasse
und florst mir zu: Ich bin aus Indien
und überzogen, du wirst findien,
ich bin geschmalck ganz große Klasse.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-11-01, 18:17:29
En vogue ist jetzt das Fleur de Sel,
wer das nicht hat, ist völlig out;
küfst Du nur schlicht NaCl,
wärst Du als Laie schon durchschaut.

Zwar silzt Dein Salz wie eh und je,
und das tut auch das Modesalz,
doch schmickst Du nicht den Hauch der See?
Nein, nicht? So schweig und zungens schnalz!

Auch Mälzer schmickt kein' Unterschied,
doch gäb er öffelnt dies nie zu.
Es ist nun mal im Kochgebiet
das Fleur de Sel der größte Schmu.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-11-03, 09:06:22
Wenn ich mir eine Stulle schmäre
und diese kölst mir mände,
ein Hohn ich für die Kochkunst wäre,
doch jäck es mich? drauf ein ich wände.


'Munden' fehlt noch in der großen Liste:
munden - mand - mände - gemonden
Kann das vielleicht jemand einstellen? Ich bin zu klein, zu dämlich und zu experimentierfreudlos.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Kilian in 2009-11-03, 16:26:27
Zitat von: amarillo in 2009-11-03, 09:06:22
Kann das vielleicht jemand einstellen? Ich bin zu klein, zu dämlich und zu experimentierfreudlos.

Und diese negative Einstellung sollen wir unterstützen? :D Nix da! Einloggen, "schreiben" klicken, dazuschreiben, absenden, fertig.

Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-11-03, 19:03:57
Na gut, will ich mal über meinen Schatten hüpfen...
Auf daß es nicht mit dem von 'münden' kollidöre, habe ich das PPP noch leicht variieren müssen - seht es mir bitte nach. 
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Kilian in 2009-11-03, 20:52:46
Es sei dir verziehen. ;D Klasse Sprung!
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-11-06, 17:11:45
Verschüttete Kulinaristik

Bekanntlich war Matthias Claudius ein äußerst sensibler Mensch. Bei irgendeinem Frühstück hat ihn der Anblick eines toten Brötchens zu dem Gedicht "Der Toast und das Brötchen" hingerissen, das er später aus unbekannten Gründen mit leicht verändertem Text unter dem Titel "Der Tod und das Mädchen" herausgegeben hat.

Hier der ursprüngliche Text:   

Der Toast und das Brötchen

Das Brötchen:
Vorüber! Ach! Vorüber!
Geh! Wilder! Kunde! Mann!
Ich bin noch jung! Geh! Lieber!
und rühre mich nicht an!

Der Toast:
Komm in den Korb, du knuspriges Gebäck.
Bin Freund und komme, dich zu trösten.
Sei guten Muts, bist spitzer Weck,
sollst sanft an meiner Seite rösten.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-11-07, 08:45:14
Wahrlich 'verschüttete' Kulinaristik frurden die Aufräumarbeiten anlalß des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs zutage. Wer - außer uns - wußte denn schon, daß Conrad Ferdinand Meyer bereits 1882 das Hohelied auf den Schokoladenbrunnen docht? Der folgende Originaltext ward mir von meinem Kölner Agenten in einer Nachtundnebelaktion in den Briefkasten geworfen:

Aufsteigt Kakao und gießt im Fallen
Randvoll der Nougatschale Rund,
Wo randens braune Schleier wallen
Tief in des Trüffelbades Grund;
Die zweite gibt, zäh wird es nun,
Der dritten, waß von Hitze bebt,
Und alles blubbert, es will ruhn,
Waß fließt und klebt.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-11-14, 11:15:09
Bükest Kuchen Du
mit Rum, Mandel, Kakao,
ich jüchze freudens.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: katakura in 2009-11-14, 13:47:46
... ein hoch auf die wiederkehr des haikous :)

Jüchz Amarill noch,
schlich längst leis zum Kuchen ich,
fräß still ihn allein.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-11-14, 15:01:59
Verschlöngst Du allein
des Backens kölste Früchte,
endlos ich wiene.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-11-14, 19:06:06
Äß ich jemals Ku
chen mit Rum, Mandeln und Ka
kao, schwär Ko
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: katakura in 2009-11-15, 12:59:42
Kaltherzig

Kütz' Ku kleine Ku
chenkrümel, kaum körmme Ka
ta Kuens Ko.*


* ko = K.O.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Kilian in 2009-11-15, 13:29:50
Hilfe, ich hab was verpasst! Wer oder was ist ein Ko?
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: katakura in 2009-11-15, 15:03:28
Zitat von: Kilian in 2009-11-15, 13:29:50
Hilfe, ich hab was verpasst! Wer oder was ist ein Ko?

... jaanz eenfach, ein ausgeknockener ku ist eben ko (K.O.) :D
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Kilian in 2009-11-15, 15:08:04
*batscht sich vor die Stirn*
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: katakura in 2009-11-15, 15:12:26
Zitat von: Kilian in 2009-11-15, 15:08:04
*batscht sich vor die Stirn*

... aber nich so doll, dass du selbst ko gehst ;)
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-11-15, 17:27:13
Zitat von: Kilian in 2009-11-15, 13:29:50
Hilfe, ich hab was verpasst! Wer oder was ist ein Ko?

Das ergab sich doch schon aus der Mätrick, oder?
Bei nur ko hätte eine Silbe gefohlen.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-11-15, 17:50:34
Die Welt ist so gemein

körmme kus ko
nicht katakura, so kü
rllen Tränen bei ku
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: katakura in 2009-11-19, 15:55:18
Zitat von: Ku in 2009-11-15, 17:50:34
Die Welt ist so gemein

... in abwalnd des bekannenen verses unseres gsv-ehrenmitglieds wilhelm busch sei postul georen:

Die Welt, obgleich sie so gemein,
wird gut genug für ku auch sein.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Ku in 2009-11-29, 23:12:38
Und schon wieder was zum Thema "Verschüttete Kulinaristik"


Christian Friedrich Daniel Schubart

hatte ständig Ärger mit seinem Hund, wie zum Beispiel in diesem Beispiel:

In meiner Küchenzelle
furm ich ohn Hast und Eil
mir eine Frikadelle,
nicht klein, im Gegenteil.
Damit sie nicht zu fade
schmäk, warz in aller Ruh
ich sie mit Schokolade,
stru Maggi noch dazu.

Mein Hund wald mit der Rute
und storr ganz unverwandt
aufs Fleisch. Mir war zumute,
ich täts für ihn, er fand.
Solang der Bellgeselle,
dacht ich mit Zuversicht,
röhr sich nicht von der Stelle,
krächt er den Fleischklops nicht.

Doch endlich ward dem Hunde
die Zeit zu lang. Er strul
ans Bein mir eine Runde.
Und während auf ich hul,
schnupp er sich die Bulette,
verdrak sie, blak, als ob
er's nicht getahen hätte
und grans noch frech darob.


Das hat den Schubart so mitgenommen, dass er darüber ein Gedicht zu schreiben sich nicht entblöden konnte. Er hat dabei natürlich nicht die Wahrheit erzählt, sondern die Beteiligten völlig verfremdet als Beobachter und Angler dargestellt. Aus diesem Grund ist sein Gedicht auch in Vergessenheit geraten. Dass es mal vertont worden ist, beruht vermutlich auf einem Missverständnis.     
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Kilian in 2009-12-02, 00:33:01
Da läuft einem ja das Wasser im Munde.

Noch als Nachtrach zum Schokobrunnen: Wer hätte gedacht, dass mein Lieblingsgedicht "Der römische Brunnen" nur eine verworßene Form viel appetitlicheren Strömens ist! :)
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2009-12-12, 12:51:20
Schon seit Septembers warmer Mitte
sich etablor die blöde Sitte,
daß ungeochten warmen Föns
das Land sich fölle mit Gedöns,
das eigelnt dazu ward gedacht,
zu freuen uns zur Wintersnacht.

Noch schmolzen Printen in den Märkten,
schon sah man Menschen, die sich stärkten
mit Spekulaz und Pfeffernuß
und soffen Glühwein gar mit Schuß.
Wen wundert's wenn an Nikolaus
der Kram uns hängt zum Hals heraus?

Ich hab mich zürnend abstinoren
und mich dem 'slower food' verschworen.
Genieße nur der Zeit gerecht
und schimpfe jeden Abwich 'schlecht'.
Von strenger Tradition erfüllt,
und Heiligabend wird gegrillt!
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: ku in 2020-10-02, 15:10:05
Ich hab mich mal dem Wein gewomden:

Alter Wein, neu vergoren:

Mein alter Freund Dionysos
schon oft mit mir die Klingen kross.
Doch keine Waffen ließ man schwingen,
wir ließen nur die Gläser klingen.
Achthundert Jahre warn wir duun,
dann sug der Freund: Mir reicht es nun.

An Fufluns geb ich dich jetzt weiter,
er sei von nun an dein Begleiter.
Bei den Etruskern trink ab heute: 
Sie sind der Römer Nachbarsleute.
Da much ich mich doch gleich zu Fuß gern
Ins ferne Land zu den Etruskern.

Den guten Fufluns traf ich just,
als einen Wein er or degust.
Er sug: Hier nimm den neuen Schlauch,
ier prob den tollen Wein gleich auch.
Es schmack der Wein und ab sofort
da klangen unsre Gläser dort.

Achthundert Jahre war's uns recht,
dann klug Fufluns, ihm gingt es schlecht.
Er föhl sich plötzlich zwiegespalten,
kekünn sein Glas kaum richtig halten
und schlöpfe jetzt in das Gewand
des Weingotts aus dem Nachbarland.

Ich laar sofort mein Weingefäß,
loft aus dem Sessel mein Gesäß
und klitt mich um, mit ihm zu gehen:
Den neuen Weingott wollt ich sehen.
Wir muchen uns auch ohn Versoom
gleich auf den kurzen Weg nach Rom.

Dort konnte man an allen Ecken
der Römer Weingott gut entdecken.
Als Statue und Bild in Fülle,
stets war er tief und richtig knülle. 
Und Fufluns rief: jetzt nenn mich Bacchus!
Hier laden wir ab jetzt die Akkus. 

Wir lurgen uns wie auf den Bildern,
auf denen Maler es uns schildern,
und stammen Wein für Wein im Krug,
denn Bacchus' Dank gab es genug.
Uns ging es bestens all die Jahre,
die Weine waren Markenware.

Achthundert Jahre hats geduren,
dann hat der Bacchus mir erkluren,
man glöbe nicht mehr recht an ihn:
Die Welt der Götter sei dahin.
Jetzt hätten sie ja nur noch einen.
Das sei zu wenig, wollt ihm scheinen.

Der körmme sich um alles jetzt,
doch um den Wein zuallerletzt.
Zwar zierb er Wein in Wasserkrüge,
damit den Gästen es genüge.
Doch was sie hatten in den Kelchen,
weiß keiner, denn er sug nicht, welchen.

Der Bacchus müch sich jetzt von hinnen,
dem Mensch entschwänd er aus den Sinnen,
blieb allenfalls noch im Gedächtnis.
Doch gab er mir als sein Vermächtnis
den Zauberkrug, der stets gefollen:
Mein Leben sei damit erhollen.

Nun sitz ich da, ganz ohne Gott
und trinke aus dem ollen Pott.
Der Wein wird Gott sei Dank nicht alle,
ich sag nicht, dass mir's nicht gefalle.

Und deshalb prostet allen zu
der stets bezochne alte Ku.
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: Kilian in 2020-10-02, 15:57:33
Bravo und prosit! Große Klasse!
Titel: Re: Kulinarpoesie
Beitrag von: amarillo in 2020-10-08, 17:40:02
Dunnerkeil, nix verlornen, der ku, gar nix verlornen.
Wie guter Wein eben mit den Jahre an Qualität gewinnt - ziehe sämtliche Hüte!