Gesellschaft zur Stärkung der Verben

Öffentliche Bretter => Sprache => Thema gestartet von: amarillo in 2004-12-03, 23:40:57

Titel: "als" und die Folgen
Beitrag von: amarillo in 2004-12-03, 23:40:57
Wer kann mir helfen:
Ich gedenke meines Freundes als einem tüchtigen Mann.
Ich gedenke meines Freundes als eines tüchtigen Mannes.
Ich gedenke meines Freundes als einen tüchtigen Mann. (kommt mir seltsam dämlich vor)

Ich habe keine Ahnung, wie man das richtig macht.
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: caru in 2004-12-03, 23:57:12
nur die mittlere variante stimmt.

"als" bedeutet eine gleichsetzung, daher vorher und nachher derselbe kasus:

ich erscheine als ein altkluger schulmeister,
ich gedenke seiner als eines törichten knaben,
ich begegne ihm als einem alten esel,
ich beurteile ihn als einen unverbesserlichen narren.
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2004-12-03, 23:59:14
ich sah in als meinen Retter
ich dankte ihm als meinem Retter

also auch:

ich gedachte seiner als eines tuechtigen Mannes
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: amarillo in 2004-12-04, 00:09:37
Bedankt, bedankt - und Lücke geschlossen.
Ich werde Euch zu Teilen meines Nachtgebetes machen - versprochen!
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2005-01-17, 13:33:41
Romantitel von James Joyce, gefunden im 2001 Katalog
Seite 121:

"Portrait eines Kuenstlers als junger Mann"

Das Sprachgefuel sagt: ok

Aber warum heisst es nicht in Analogie zum vorher Diskutierten:

"Portrait eines Kuenstlers als jungen Mannes" ?
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: caru in 2005-01-17, 21:01:34
ist wohl eine der ausnahmen, die die regel widerlegen.  ;D

oder weiß da einer eine sonderregel? ich nicht.


und warum wird eigentlich der romantitel "portrait of the artist as a young man" immer so übersotzen? joyce hat den titel von selbstporträts rembrandts übernommen, und die heißen auf deutsch (hierorts im kunsthistorischen museum nachprüfbar) "jugendbildnis des künstlers". DAS ist ein deutscher titel.

schwierig wirds dann allerdings, wenn man dylan thomas' büchlein "portrait of the artist as a young dog" (handgreifliche titelparodie) übersetzen will. "junghundbildnis"?
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: amarillo in 2005-01-18, 20:06:14
Zitat von: caru in 2005-01-17, 21:01:34
ist wohl eine der ausnahmen, die die regel widerlegen.  ;D

oder weiß da einer eine sonderregel? ich nicht.

Nein, eine Regel weiß ich auch nicht; andererseits fehlt ja im genannten Titel "Porträt..." ein einen Kasus nach sich ziehendes Verb - mag es daran liegen?
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: caru in 2005-01-18, 20:53:48
das könnte sein ;D


denn wenn ich sage "ich porträtiere den künstler als junger mann", dann bin ICH der junge mann. wenn "...als jungen mann", dann ist es er.

wenn es nun aber ein selbstporträt ist (wie im falle rembrandts und joycens), dann kommt wieder beides aufs gleiche raus. ogott.
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: amarillo in 2005-01-18, 22:36:37
Der Künstler berührte mich als ein junger Mann (homoerotisches Gefummel).

Der Künstler berührte mich als einen jungen Mann (nicht weniger schwul).

Als junger Mann berührte mich der Künstler (es wird einfach nicht besser. Wobei noch nicht einmal klar wird, was hier wirklich abgegangen ist: wer war jung und wurde wie berührt - igitt)
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: Kilian in 2005-01-20, 11:22:44
??? Aber was du in diesem Zusammenhang mit dem Verb berühren verbindest, ist doch kein grammatisches Problem, oder? Was soll der Satz denn ausdrücken, wenn er besser geworden sein wird?
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: amarillo in 2005-01-20, 14:15:57
An berühren (im Sinne von bewegen, anrühren) liegt überhaupt nichts, war nur so schön doppelsinnig; wenn ich auch zugeben muß, daß es mit einer Künstlerin besser geklungen hätte.

Natürlich hat das keinen grammatisch relevanten Wert.
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2005-01-23, 00:20:52
link=board=5;threadid=47;start=0#msg283 date=1102113657]
Wer kann mir helfen:
Ich gedenke meines Freundes als
Zitat

Ich habe  mal irgendwo so etwas gelesenen wie:

"Im Bundestag fand eine Gedenkstunde an den Mauerbau statt"

Das ist so verquerch, dass man es gar nicht zurechtbiegen kann. Oder kann es jemand?
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: caru in 2005-01-23, 00:28:10
ist doch ok. der präpositionalausdruck kann ganz gut vom vorderglied eines kompositums abhängen, so gut wie vom substantivorenen infinitiv:

wir gedenken an den Mauerbau -->
das Gedenken an den Mauerbau -->
die Gedenkstunde an den Mauerbau

schlimm wirds, wenn wir als gute genitiv-retter konstruieren:

wir gedenken des Mauerbaus -->
das Gedenken des Mauerbaus (geht noch, ist aber nur deswegen verständlich, weil der mauerbau ja selber nicht gedenken kann) -->
die Gedenkstunde des Mauerbaus --> igitt!!! :P
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2005-01-23, 00:35:49
Ich hab kein Woerterbuch zur Hand, aber es straeubt sich etwas
in mir, zu sagen "ich gedenke an etwas". Ist da vielleicht denken der falsche Freund?


Selbst wenn es ginge, dann faende ich "Gedenkstunde an etwas" falsch,  das ware wie "wir machen eine Pinkelpause an die Mauer"
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: Kilian in 2005-01-23, 02:19:25
Zitat von: gehabt gehabt in 2005-01-23, 00:35:49
Ich hab kein Woerterbuch zur Hand, aber es straeubt sich etwas
in mir, zu sagen "ich gedenke an etwas".

Geht mir ebenso, auch mein Wörterbuch führt gedenken nur mit Genitiv auf.

ZitatSelbst wenn es ginge, dann faende ich "Gedenkstunde an etwas" falsch,  das ware wie "wir machen eine Pinkelpause an die Mauer"

Das alte Problem mit den Komposita und ihren Bezügen: Der elektrische Straßenbahnschaffner, selbstgepflückte Bohnensuppe...
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: caru in 2005-01-23, 16:37:10
nicht zu vergessen der "lange ehemann" und der "unreife traubenmost".

"gedenken an" scheint mir gebräuchlich; was in wörterbüchern steht, kümmert mich grundsätzlich eher weniger.

Tamino, hör, du bist verloren!
Gedenke an die Königin!

Emanuel Schikaneder, Die Zauberflöte II 2
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2005-01-24, 00:21:47
Frueher benutzte man gedenken manchmal wie denken. Das ist heute noch in Wendungen wie "Wann gedenkst du zu kommen?" ersichtlich. Tamino soll also an die Koenigin denken, aber nicht ihrer gedenken, was etwas anderes ist. Das gedenken im Sinne von Reminiszenz kommt mE immer mit Genitiv.

Wenn ich der Ueberzeugung waere, dass Schikaneder ein guter Gewaehrsmann fuer den Gebrauch der Sprache ist, haette ich laengst Laestern fuer die Genitivliste vorgeschlagen:

Laestre der holden Schoenheit Tugend nicht!

Da Caru offenbar wie ich ein Liebhaber der Zauberfloete ist, sag an, ob es eine vollends befriedigende Plattenaufnahme des Werks gibt, wo man von Wiener Schmaeh verschont wird, wo die Koenigin der Nacht ihre Hoehen klar trifft und dennoch dramatisch ist (anders als bei der Oestman-Aufnahme), wo Sarastro nicht edelmuttriefend ist ..., wo die Damen keinen tschechischen oder ungarischen Akzent haben ...



ftp://
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: caru in 2005-01-24, 00:58:13
"Tugend" in "Lästere der holden Schönheit Tugend nicht!" ist aber akkusativ. ("der holden Schönheit" ist attributiver genitiv dazu.)


eine wandelnde diskographie bin ich eigentlich nicht.
musikalisch untadelig, 99,9% frei von schmäh und osteuropäischen akzenten ist jedoch folgende plattenversion der zauberflöte:

Sarastro: Franz Crass, Königin: Roberta Peters, Pamina: Evelyn Lear, Tamino: Fritz Wunderlich, Papageno: Dietrich Fischer-Dieskau, Papagena: Lisa Otto, Sprecher: Hans Hotter, 1.Geharnischter: James King, 2.Geharnischter: Martti Talvela, etc. etc.
Karl Böhm/Berliner Philharmoniker/Rias Kammerchor
Deutsche Grammophon 1964


die 0,1% wiener schmäh liefert Lisa Otto als altes weib, dagegen hilft nichts. Dieskau ist schmähfrei, aber der intellektuellste Papageno aller zeiten :D; Franz Crass ist nicht edler, als die rolle erfordert, Roberta Peters singt ein klein wenig mehr sauber als ausdrucksvoll, aber besser als alle, die ich je auf bühnen gehört habe.

musikalisch die beste aufnahme, die ich kenne, leider ohne dialoge, dadurch aber wieder gerade ideal zum anhören, ist diese:

Tamino: Anton Dermota, Pamina: Irmgard Seefried, Papageno: Erich Kunz, Königin: Wilma Lipp, Sarastro: Ludwig Weber, Sprecher: George London (!), 1.Dame: Sena Jurinac(!), etc. etc.
H. v. Karajan/Wiener Philharmoniker/Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
EMI Classics 1999 (auf CD; auf Platte 1952, eine ältere CDfassung gibts auch)


die einzige aufnahme, auf der Kunz den Papageno singt und nicht blödelt. keinerlei schmäh, obwohl fast lauter wieder; der einzige mit leichtem slawischem akzent ist Dermota (aber darüber hört man leicht hinweg); Wilma Lipp ist nicht zu übertreffen, und Sprecher und 1.Dame sind ohnedies luxus.

andere fallen mir gerade nicht ein. von den neueren aufnahmen (90er jahre und später) überzeugt mich keine einzige.

hoffe, der anfrage genüge getan zu haben  :)
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2005-02-21, 10:39:58
Warum sagt man:

Wir sahen ihn als den Retter Deutschlands.

Er sah sich als den Retter Deutschlands.
oder
Er sah sich als der Retter Deutschlands.

aber niemals

Er fuehlte sich als den Retter Deustchlands

sondern immer:

Er fuehlte sich als der Retter Deutchlands.

Zweifelsohne kann jemand eine ad hoc Erklaerung geben. Stehen solche Feinheiten eigentlich in den Grammatiken?


Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: Kilian in 2005-02-21, 19:07:27
sich fühlen ist echt reflexiv; jemanden sehen dagegen transitiv, wie die Auswahl deiner Beispielsätze schon zeigt:

*Wir fühlten ihn als den Retter Deutschlands.
Das geht nicht.

Ich vermute, dass es damit zu tun hat.

Nachtrag: Ich hab's gefunden.

ZitatDas Reflexivpronomen ist zwar ein notwendiger Bestandteil des [reflexiven] Verbs, doch hat es aufgrund der oben beschriebenen Merkmale keinen Satzgliedcharakter und damit auch nicht den Stellenwert einer durch die Valenz des Verbs geforderten Ergänzung, echte reflexive Verben verhalten sich wie absolute Verben.

Es ist also kein Akkusativ-Objekt da, auf das sich ein von als abhängiger Akkusativ beziehen könnte.
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: gehabt gehabt in 2005-02-22, 00:03:53
Danke. Woher ist das Zitat?
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: Kilian in 2005-02-22, 08:09:12
Ach ja, ich verguß: Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bertelsman, Gütersloh/München 2000.
Titel: Re:"als" und die Folgen
Beitrag von: Arnymenos in 2005-02-24, 14:45:52
Mein Syntaxprof, Wolfgang Sternefeld, Tübingen, hat in seinem bisher umfangreichsten Buch, das wir als Kursgrundlage verwandten, auch solche als-Konstruktionen beholnden. Mir fehlen zwar gerade die Beispiele, aber ich kann euch versichern, dass die Unsicherheit, ob man da jetzt den geforderten Kasus setzt, in einen anderen Kasus ausweicht, oder ob beides schlecht klingt, nichts Ungewöhnliches ist. Das Problem ist nämlich, wie das Verb über das "als" hinweg in den als-Satzteil einen bestimmten Kasus verlangen kann; das Ziel ist einfach sehr weit weg, syntaktisch gesehen. Eine Musterlösung gibt es hier nicht. Sternfeld hatte es schwer genug, einen bestimmten Kasus an dieser Stelle zu erklären, aber immer Nominativ geht ja auch nicht. Es ist ein ungelöstes Problem.
Titel: Re: "als" und die Folgen
Beitrag von: Kilian in 2008-04-04, 13:00:22
Selbst Baltasar Matzbach gerät bei als bisweilen ins Schleudern: "Und als bedeutender Pazifist, heftiger Gegner von Blauhelmeinsätzen und so weiter wird Ihnen wohl die Dienstzeit vergeben, wegen Gesinnungswandels, aber nicht die Schinderei?" (Gisbert Haefs, Kein Freibier für Matzbach).
Titel: Re: "als" und die Folgen
Beitrag von: ICH in 2008-04-08, 21:51:31
Heute schrieb mir mein bester Freund etwas was hier wohl ins Forum gehört:

"die is aber auch als müd"
Titel: Re: "als" und die Folgen
Beitrag von: Ku in 2008-04-08, 21:59:12
Zitat von: ICH in 2008-04-08, 21:51:31
Heute schrieb mir mein bester Freund etwas was hier wohl ins Forum gehört:

"die is aber auch als müd"

Wenn er aus meiner Gegend kommen täte, dann wäre der Satz wie folgt zu übersetzen:

"sie pflegt hie und da etwas müde zu sein", weil das Wort "als" hier auch mit "gelegentlich" gleichgesetzt wird.
Titel: Re: "als" und die Folgen
Beitrag von: ICH in 2008-04-10, 05:51:45
Zitat von: Ku in 2008-04-08, 21:59:12
Wenn er aus meiner Gegend kommen täte, dann wäre der Satz wie folgt zu übersetzen:
"sie pflegt hie und da etwas müde zu sein", weil das Wort "als" hier auch mit "gelegentlich" gleichgesetzt wird.

Wahrschln ist dies so. Wobei ich dieses mit "fast immer" übersotzen wewürde. Auch das Einleiten eines Satzes mit "Ei" scheint in dieser Gegend verbroten zu sein.