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Beiträge - Homer

#106
Sprache / Re: Partizip Perfekt Aktiv
2015-06-03, 00:10:38
Und dann gibt es noch die Geschworenen, den gelernten Koch, den studierten Historiker u.a.m., siehe auch hier.
#107
Sprache / Re: Partizip Perfekt Aktiv
2015-06-02, 23:37:35
@ Kilian:

Da du hier in #11 auf diesen Faden verwiesen hast, noch ein gewiss standarddeutsches negiertes Partizip Perfekt Aktiv von einem Verb mit haben-Perfekt:

– Haben Sie gedient?
– Nein, ich bin ungedient.

Vergleichbar altgedient.


#108
Und noch eins: Ich bin (oder fühle mich) geschmeichelt.
#109
Zitat von: Berthold in 2015-06-02, 10:48:11

Bitte, bei transitiven Verben wie essen und trinken ist -bar ein besonders gutes Anfügsel. Es spielt hier wogmulch sogar die "Bar" eine Rolle.

Wäre nett gewesen, scheint aber nicht so zu sein. In -bar steckt die idg. Wurzel *bher- für "tragen", in der Bar die "Schranke" (vgl. Barriere), die die Theke darstellt. Das Wort ist nicht sicher hergelitten, kekünne aber nicht-idg. westeuropäischen Ursprungs sein.
#110
Ja, danke, ich gratuliere Dich zu dem Fund! Solche Sachen suche ich.
#111
Ein sehr eingeschronken vergleichbarer Fall, der mir noch einfällt, ist unwidersprochen, das aber nur in dieser negorenen Gestalt, nur in dieser partizipialisch-adjektivischen Form und nur im Verbund mit bleiben oder lassen auftaucht: Seine Ausführungen blieben unwidersprochen.
#112
Zitat von: Wortklaux in 2015-06-02, 10:10:37
Der Fall mit dem Assistieren kömmt mir aber auch sehr komisch vor. Das unpersönliche Passiv (dem Schiedsrichter wird vom Linienrichter assistiert) scheint mir geläufiger.

Im Sinne des Standarddeutschen ist das sicher nicht korrekt. Aber mir kam es so vor, als hœre ich das nicht zum ersten Mal. Deshalb frage ich nach vergleichbaren Fällen von Substandard-Gebrauch, aus denen ja – wie bei gefolgt von – irgendwann Standard werden kann. Mir fällt nichts ein.
#113
[EDIT Kilian: Diesem Thema seiner Interessanz und Größe wegen einen eigenen Faden und Arbeitstitel gegeben]

Gestern sug der Fußballkommenteur: (Der Schiedsrichter) wird assistiert von den Linienrichtern ...

Das ist wohl analog zu folgen konstru georen, bei dem gefolgt von seit langem fest eingebriurgen ist, wohl in Anlahn zunächst an frz. suivi par und jetzt eher engl. followed by. Auch unterstützen käme als Vorlage in Betracht.

Frage: Kennt ihr noch mehr intransitive Verben mit Dativobjekt, von denen – wenigstens hin und wieder in salopper Sprache – ein solches persolnes Passiv gebolden wird? Hier werden Sie geholfen aus der Wurb zählt ja wohl nicht.
#114
Gesehen in Mannheim:
#115
Sprache / Re: Kasussynkretismus
2015-05-26, 20:08:47
Zitat von: Berthold in 2015-05-26, 19:22:15
Nun, aber jetzt bitte ich noch um die Antwort, ob die "ollen" Griechen oder Römer mit irgendwam (:DIE Form wird ja wohl auch gehen) Ballartigen [-m?] gespolen haben? Lederfleck, Fetzenlaberl (was bei uns noch die Armen verwendet haben) oder so was? Ich gebe ja zu, daß eins sich da die alten Maya(s) eher vorstellen kekünne - oder nicht? Oder die Gallier?

Die Römer sind es hier, oder Römer in einem griechisch beeinflussten Kulturkontext (Kampanien): Die besagte studentische Hausarbeit beschäftigte sich mit Petrons Cena Trimalchionis, in deren Eingangsszene der Hausherr mit anderen ein Fangspiel mit einem "lauchgrünen Ball" (prasina pila) spielt. Ungewöhnlich dabei ist – so sagt der Erzähler des Textes –, dass Trimalchio von einem Sklaven nicht die Versuche zählen lässt, bei denen der Ball aufgefangen wird, sondern die Fehlversuche (den studentischen Satz oben habe ich der Einfachheit halber um die Negation gekürzt). Das Wort pila ist wohl eine Kollektivbildung zu pilus "Haar", also eigentlich "Haarknäuel". Das mag eine Vorstellung von der ursprünglichen Beschaffenheit antiker Bälle geben.
#116
Sprache / Re: Kasussynkretismus
2015-05-26, 19:11:35
Vielen Dank euch beiden! Klar, die Bälle können nicht zum Subjekt des "Gelingens" werden, nur das "Ball-Auffangen" (Er zählt die Bälle, deren Auffangen ihm gelingt, nun ja). Die nominativischen Versuche erinnern ein wenig an kaskadenpassivisches Die Bälle werden versucht aufzufangen oder (doppelt) Die Bälle werden versucht, aufgefangen zu werden.

Du hast wohl Recht, Kilian, dass es mit dem es noch ein wenig besser klingt (gleichwertig wäre übrigens für mein Gefühl die Bälle, die es ihm aufzufangen gelingt). Aber ganz weg ist mein Unwohlsein damit immer noch nicht. Das mag daran liegen, dass nun die Objekt-Infinitiv-Phrase auseinandergerissen werden muss. M.a.W.: Man kann nicht beides zugleich haben, die Integrität dieser Phrase und das es (das im Relativsatz an die zweite Position gehört). Kann das sein?
#117
Sprache / Kasussynkretismus
2015-05-26, 13:32:02
[EDIT Kilian: Diesem Thema seines großen Potenzials wegen einen eigenen Faden gegeben]

Folgenden Satz las ich heute in einer studentischen Hausarbeit:

Er zählt die Bälle, die ihm gelingen, aufzufangen. (Zweites Komma original.)

Offenkundig ist das ungrammatisch. Das Relativpronomen ist hier Nominativ. Aber auch mit dem in Analogie zu ihm gelingt es, die Bälle aufzufangen zu erwartenden Passiv

Er zählt die Bälle, die ihm gelingen aufgefangen zu werden

wird es nicht besser. Die beste Annäherung an einen möglichen Relativsatz scheint mir daher die akkusativische Variante

Er zählt die Bälle, die aufzufangen ihm gelingt,

was mir aber irgendwie immer noch nicht ganz einwandfrei scheint.

Fragen: Sehr ihr das anders? Wenn nein, warum ist da etwas leicht krumm? Und in welchem Faden wurde das schon diskutiert (denn wie ich euch kenne, gab es das schon)?
#118
Zitat von: Wortklaux in 2015-05-06, 12:29:59
Die ,,männliche Markierung" von Begriffen wie ,,Student" wird durch die konsequente Vermeidung des generischen Maskulinums zweifellos verstärkt. Diesem Trend der Sprache kann man sich als Einzelperson wohl nicht durch die Behauptung des Gegenteils entziehen. Insofern bedeutet es heute eben schon etwas anderes, wenn von ,,Studenten" gesprochen wird, als es es vor 30 Jahren bedeutet hat. Es liegen eben 30 Jahre dazwischen, wo systematisch von ,,Studierenden" oder ,,Studenten und Studentinnen" gesprochen und geschrieben wurde.

Das ist ein interessanter Aspekt. Die metalinguistische Debatte selbst, mit welch (m.E.) unzureichend differenzierenden Argumenten auch immer sie geführt wird, beginnt vielleicht tatsächlich nach und nach auf das Sprachempfinden selbst durchzuschlagen, auch wenn ich den Prozess bei weitem noch nicht für so fortgeschritten halte wie Du. Die überwältigende Mehrheit selbst der Frauen, die ich kenne, käme nie auf die Idee, die "geschlechtergerechten" Formen zu benutzen, und sehr viele von ihnen äußern sich dezidiert ablehnend. Aber das mag mit dem vergleichsweise stark ausgebildeten Sprachgefühl zu tun haben, das die Frauen in dem Umfeld haben, in dem ich am meisten verkehre, und das ihnen sagt, dass das Verschwinden von geschlechtsunmarkierten Formen einen vorläufig nicht kompensierbaren Verlust an Ausdrucksmöglichkeiten des Deutschen mit sich brächte.

Zitat von: Wortklaux in 2015-05-06, 12:29:59Im übrigen ist der Sprachgebrauch aber wohl nur ein kleines Rädchen in der Maschine, die unsere Gender-Vorstellungen prägt. Bei ,,Mathematikprofessoren" oder ,,Bankräubern" schalten wir mit größerer Wahrscheinlichkeit auf die Vorstellung von männlichen Personen als bei ,,Museumsbesuchern" oder ,,Supermarktkunden", und das liegt eben nicht an der Sprache. Ebenso denke ich, dass wenige Leute bei einer ,,Persönlichkeit mit Durchsetzungsvermögen" automatisch eine Frau vor sich sehen, nur weil das Wort ,,Persönlichkeit" ein Femininum ist. Es wäre auch sehr unökonomisch, immer die weniger wahrscheinliche Variante mit der gleichen Intensität mitzudenken, solange die Wahrscheinlichkeiten in der Realität unverändert bleiben. Ist es etwa diskriminierend, sich unter einem ,,Grundschüler der ersten Klasse" ein sechsjähriges Kind vorzustellen, obwohl es bekannte Fälle gibt, in denen Achtzigjährige die erste Grundschulklasse besucht haben?

Ich stimme zu. Darüber hinaus würde ich zuspitzend vermuten, dass die Sprachdebatte als Nebenschauplatz des Gleichberechtigungskampfes deshalb so unverdient viel Beachtung findet, weil hier vermeintlich die leichteren Erfolge zu erzielen sind, die zudem nicht viel kosten. Meine These ist, dass nach dem generischen Maskulinum kein Hahn krähen würde, wenn es in den Bereichen, wo Gleichberechtigung tatsächlich wichtig wäre, zügiger voranginge. Sprache transportiert auch sonst jede Menge historisches Gut mit sich, das an längst überwundene frühere Verhältnisse erinnert, ohne dass es irgendwen stört. Weh tut Sprache nur dort, wo die mit ihr korrespondierende Realität noch wehtut.

Zitat von: Wortklaux in 2015-05-06, 12:29:59Insofern denke ich, dass jedem sein Sprachgebrauch unbenommen bleiben soll, aber wenn Homer sein generisches Maskulinum verwendet, darf er sich eben nicht darüber beschweren, wenn manche Leute ihn missverstehen, denn es ist heute durchaus absehbar, dass solche Missverständnisse auftreten. Die Methode, dem Missverständnis durch eine Fußnote bei der Erstbenutzung entgegenzutreten, ist auch OK, nur liest halt nicht jeder jede Fußnote.

Ich kann nicht ausschließen, dass sich hin und wieder einmal jemand heimlich über mich ärgert, weil ich die "geschlechtergerechten" Formen nur da verwende, wo ich auch von Geschlecht sprechen will. Gesagt hat es mir noch niemand. Was ich aber sicher weiß, ist, dass ich noch nie regelrecht missverstanden wurde. Die Möglichkeit solcher Missverständnisse wird in der Debatte ohnehin weit überschätzt. Wenn man einmal nachdenkt, ist es schwer, Beispiele zu nennen, bei denen in einem konkreten Kontext unter Bedingungen einer kooperativen Kommunikation tatsächlich ein Missverständnis möglich ist. Dass sich die Missverständnis-Grenze sehr langsam verschieben könnte (s.o.), halte ich dennoch für möglich. Daran werde ich mich auch, nicht schneller als nötig allerdings, anpassen, wenn ich das feststellen sollte, schließlich steht das Verstanden-Werden auf dem Spiel. Aber vorläufig geht es m.E. viel eher um die Markierung des Diskurses selbst als um Probleme der Verständlichkeit.

Ich komme mir übrigens anbiedernd vor, wenn mir doch einmal "Studierende" herausrutscht – eine Generationenfrage? Männliche wie weibliche "Studierende" haben aber nach meiner Erfahrung überhaupt kein Problem damit, wenn ich von "Studenten" spreche. Aber vielleicht verzeihen sie mir altem Sack auch nur meine Schrulle.
#119
Charme hat das, obwohl ich nicht sicher bin, ob es wirklich eine Lösung für den Alltag ist. Denn, wie gesagt, Geschlechterneutralität wird gerade nicht durch Doppelsetzung, Gegensetzung des Femininums oder das auffällige Zufallsprinzip – zumindest ein witziger Gedanke – erzeugt, sondern durch schwächstmögliche Erwähnung des Merkmals "Geschlecht" überhaupt. Der gewaltige Unterschied zwischen gleichberechtigter Erwähnung des Geschlechts und gar keiner Erwähnung wird seltsamerweise von den Verfechtern der "geschlechtergerechten" Formen nie reflektiert, dabei brauchen wir von Fall zu Fall mal das eine und mal das andere. Das hinzugesetzte Femininum annulliert ja die männliche Markierung des Maskulinums nicht, sondern verstärkt das Merkmal "Geschlecht" insgesamt. Das wird ebensowenig diskutiert wie die sehr variable männliche Markiertheit von Maskulina (von fast unmarkiert bis stark markiert) im Unterschied zur ziemlich konstant hohen weiblichen Markiertheit von femininen Personenbezeichnungen, was jegliche Lösungen, die auf Symmetrie setzen, deutlich erschwert. Und mich stört die Pauschalität in der konstant wiederholten Aussage, dass bei Maskulina "Mann" immer mitgedacht werde, als ob es keine entscheidenden Abstufungen gäbe.

Es ist natürlich misslich, dass es im Deutschen separate geschlechtlich unmarkierte Personenbezeichnungen nicht (oder kaum) gibt. Dummerweise kann man sie aber genau deshalb auch nicht erschaffen (wobei ohnehin fraglich ist, ob künstliche Eingriffsversuche in die langue generell eine gute Idee sind, da Sprachwandel sich nur in der parole vollziehen kann). Denn jede Neuschöpfung würde paradoxerweise über ihr Merkmal "geschlechtlich unmarkiert", der ihr einziger Daseinsgrund wäre, sofort wieder in unerwünschter Weise auf das Merkmal "Geschlecht" hinweisen, wenn auch im Modus der Negation. Es hilft nichts, wir müssen abwarten, welche Wege sich der ja erkennbare Bedarf nach geschlechtsneutralen Formen aus dem Material heraus, das wir haben, auf zwanglose Weise bahnt. Änderungen des Sprachbewusstseins brauchen eben Zeit, und Geduld ist nicht jedermanns Sache. Einstweilen ist das sensibel verwendete generische Maskulinum schwach markierter Wörter m.E. die immer noch beste Annäherung an geschlechtliche Unmarkiertheit.

Für mich ist der Vorschlag von Kristin Kopf ein Sprachexperiment, das zum Nachdenken anregt, nicht mehr – aber eines, auf das ich mich spielerisch einlassen könnte, gerade wegen der ein wenig absurden Effekte, die es erzeugt. Für alltagstauglich hält sie es wohl (hoffentlich) selbst nicht.
#120
Zitat von: Kilian in 2015-05-05, 10:47:34
Ich will überhaupt niemandem Vorschriften machen und orte natürlich auch ein kooperatives Sprachverstehen befürw, das generische Maskulina erkennt und richtig interpretiert. Und obwohl ich mich tendenziell bemühe, sie zu vermeiden, kommt es durchaus vor, dass ich generische Maskulina verwende (und generische Feminina).

Ich denke angesichts der genannten psycholinguistischen Ergebnisse aber, dass die Verwendung generischer Maskulina keine optimale Wahl ist, wenn es darum geht, 1) sich möglichst klar auszudrücken und 2) (gerade als Mann) gegenüber Frauen höflich zu sein, denn Frauen erlegt die Ambiguität des Maskulinums eine höhere Bürde auf: Sie sind diejenigen, die ständig die kognitive Mehrleistung bringen müssen, sich zu fragen, ob sie selbst mitgemienen sind (hierzu ein guter Text von Antje Schrupp).

Mir liegt es ebenso fern, jemandem Vorschriften zu machen, und ich fühle mich auch nicht gedrängt, den Verwendern der "geschlechtergerechten" Formen belehrende Vorträge zu halten. Ich verstehe sie ja.

Ich glaube nur nicht, dass dieser Gebrauch bedeutet, sich möglichst klar auszudrücken, im Gegenteil. Nehmen wir den Satz "Die Römerinnen und Römer sprachen Latein". Hier wird durch die Doppelform ein Geschlechtsmarker gesetzt, von dem ich als Hörer mich frage, was er referentiell zu dem auszusprechenden Sachverhalt beiträgt. Denn es geht im Normalfall inhaltlich nur um eine Korrelation zwischen Volkszugehörigkeit und Sprache. Niemand würde vermuten, die Geschlechter in Rom hätten unterschiedliche Sprachen gesprochen. Die Aussage gerät nach meinem Gefühl in eine Schieflage, weil sie Aufmerksamkeit auf einen ganz unwesentlichen Punkt lenkt. (Immer angenommen, es kommt dem Sprecher nicht doch darauf an, genau dies zu betonen, wofür die möglichen Kontexte aber selten sein dürften.)

Aber ich glaube, für einen solchen Gebrauch ist Dein zweiter Punkt viel interessanter, obwohl ich auch hier etwas anders gewichten würde. Es geht m.E. weniger um Höflichkeit als um eine partielle Verschiebung der Aussageintention von der referentiellen auf eine emotive Ebene (wie Jakobson sagen würde): Wer hier "Römerinnen und Römer" sagt, setzt einen Ich-Marker, der ihn als zustimmenden Teilnehmer am Diskurs um die "geschlechtergerechten" Formen ausweisen soll. Ob man es dann sekundär als Höflichkeit oder etwas anderes auffassen soll, wenn das Signal aufleuchtet "Seht her, ich bin auch der Meinung, dass man so sprechen sollte!", mag wiederum von den Kommunikationsteilnehmern und vom Kontext abhängen. Die von Dir zitierte kognitive Mehrleistung ist, je nach männlicher Markiertheit des maskulinen Ausdrucks und nach Kontext (s.o.), unterschiedlich. Mein Plädoyer war nur, hier sensibel zu sein und Geschlechtsmarkierungen nicht als Einheitssauce über alles zu gießen. Im obigen "Römer"-Beispiel würde die vermeintliche Höflichkeit durch die genannte falsche Markierung nach meinem Gefühl zu teuer erkauft (es sei denn, es ist mir wichtiger, meine Ablehnung des generischen Maskulinums kundzutun als über Römer zu sprechen). Das ist ein klassischer Fall für die Nützlichkeit eines generischen Maskulinums, dessen Vorzüge hier Kürze und Klarheit sind.

P.S.: Dass ich den Text von Antje Schrupp nicht gut finde, sondern geradezu bestürzend undifferenziert, kannst Du Dir sicher denken. Welche zerebralen Vorgänge mögen dazu geführt haben, dass sie sich unter "Menschen" nur Männer vorstellt? Muss ich künftig statt "Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf" (homo homini lupus) sagen: "Die Frau und der Mann sind der Frau und dem Mann eine Wölfin und ein Wolf"? Aber ich wollte ja eigentlich nicht polemisch werden.

Zitat von: Kilian in 2015-05-05, 10:47:34Muss man als Sprecherin selbst wissen, was einer wichtiger ist: die Vorteile des generischen Maskulinums (welche waren das noch mal?) oder die genannten beiden Punkte.

Zu den Vorteilen verweise ich nur noch einmal auf mein Beispiel "Die besten meiner Entwickler sind Frauen". Es wäre im Sinne der Pointierung dieser Aussage kontraproduktiv – abgesehen davon auch überflüssig lang und umständlich –, die positive Aussage über das Geschlecht in einem zu Beginn des Satzes erst einmal geschlechtsneutralen Zusammenhang durch frühzeitige Setzung des Geschlechtsmarkers zu verderben. Das ist eine Frage der rhetorischen Ponderierung des Satzes. Ich bin ein großer Freund von solchen stilistischen Details, die für mich einen großen Teil der Freude am Umgang mit Sprache ausmachen, und würde ungern auf ein solches Mittel verzichten, solange ich damit nicht anderweitig Verwirrung oder Unmut hervorrufe. Weitere Vorteile des generischen Maskulinums sind in der Diskussion in Hülle und Fülle im Umlauf, die brauche ich, glaube ich, nicht weiter anzuführen. Dass es Möglichkeiten geben muss, geschlechtsneutral zu formulieren, d.h. ganz ohne Geschlechtsmarker, ist m.E. evident. Die Setzung eines starken weiblichen Geschlechtsmarkers neben eine normalerweise als schwach männlich markiert aufzufassende maskuline Form ist ganz sicher nicht das, was ich unter geschlechtsneutral verstehen würde.

Die Höflichkeit, Frauen den kognitiven Aufwand zu ersparen, wenn sie sich fragen sollten, ob sie mitgemeint sind, bin ich von Fall zu Fall aufzubringen gern bereit und tue das auch. Eben nur nicht pauschal und ohne dass ein solcher kognitiver Aufwand überhaupt zu erkennen wäre (wie im "Römer"-Beispiel). Gutwillige Kommunikation kann ich ja, bei allem Bestreben höflich zu sein, auch von Frauen erwarten.