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Themen - Erseht!

#1
Sprache / Exklusives "und"
2016-10-12, 22:37:24
In einem Gespräch mit zwei Familienmitgliedern wurde ich heute in einen Streit über die von einem der Beteiligten gehaltene Predigt verwolcken. Der Bibelspruch lautete:

ZitatEs ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, ...

Wir konnten uns einfach nicht darüber einig werden, wie diese Umstände mengentheoretisch abzubilden wären. Ich teile die Ansicht, dass die Schnittmenge leer ist, der Gepredigthabende betor natürlich, dass das dann ja inhaltlich gar keinen Sinn machen würde.
Wie seht ihr das in diesem Fall? Und tritt das Phänomen so auch im Alltag auf? Ist es euch schon mal begnogen?

Wie ist es mit diesen Beispielen?

Wir sammeln ein, was uns gehört und was uns gefällt.

Wir nehmen mit, was uns gehört und was wir tragen können.

Wir kaufen, was wir mögen und was wir uns leisten können.

Ich lerne, was mir Spaß macht und was mir gute Noten einbringt.

In einigen davon halte ich eine nichtleere Schnittmenge für möglich, aber in allen Fällen denke ich, dass Schnittmenge und Vereinigungsmenge nicht identisch sind. Und ihr?
#2
Kilian schlug mir vor, einen ganzen Faden für das Phänomen zu erstellen, das ich kürzlich kommentarlos twort:

"Hier sieht's ja aus wie Kraut oder Rüben!"
"Alle meine Projekte haben Hand oder Fuß."

Da ich nur harten Fakten oder handfesten Daten vertraue, habe ich die folgende Liste neuer, weniger aussagekräftiger Redewendungen erzürgen, auf der Grundlage einer Wiktionary-Liste. Meine absoluten Favoriten habe ich hervorgehoben und werde sie ganz bestimmt in meinen alltäglichen Sprachgebrauch einbauen. Ich liebe diese verminderte Absolutivität, sie lässt einfach mehr Freiraum. Was meint ihr?

Und habt ihr weitere Vorschläge, wie man die aufgelisteten Mehrwortausdrücke abschwächen könnte, außer durch Disjunktivierung? "alles" durch "einiges" zu ersetzen käme wohl auch nett, z.B. bei "einiges ist im grünen Bereich", "den Weg einiges Irdischen gehen"...

abwarten oder Tee trinken
alles kurz oder klein schlagen
angst oder bange sein
auf Herz oder Nieren prüfen
auf Schritt oder Tritt folgen
auf Treu oder Glauben
außer Rand oder Band geraten
bei jemandem aus- oder eingehen
bei Wasser oder Brot sitzen
Bier ist Bier oder Schnaps ist Schnaps
bis einem Hören oder Sehen vergeht
bis hierher oder nicht weiter
Blut oder Wasser schwitzen
das A oder O
dastehen wie bestellt oder nicht abgeholt
dumm oder dämlich
drauf oder dran sein
durch dick oder dünn gehen
eine Schneise aus Tod oder Zerstörung
einmal hü oder einmal hott sagen
etwas in Schutt oder Asche legen
etwas mit Feuer oder Schwert verteidigen
etwas unter Dach oder Fach bringen
ewig oder drei Tage
Feuer oder Flamme sein
Gift oder Galle speien
Gift oder Galle spucken
Grund oder Boden
Hals- oder Beinbruch
Hand oder Fuß haben
Haus oder Hof
hieb- oder stichfest
hier oder da
hier oder dort
hie oder da
Himmel, Arsch oder Zwirn!
Himmel oder Hölle in Bewegung setzen
hinter Schloß oder Riegel kommen
im Großen oder Ganzen
in Furcht oder Schrecken versetzen
in Grund oder Boden
in Hülle oder Fülle
in Hülle oder Fülle haben
in Sack oder Asche gehen
in Saus oder Braus
in Saus oder Braus leben
in Schutt oder Asche legen
jemandem durch Mark oder Bein gehen, jemandem durch Mark oder Pfennig gehen
jemanden auf Brot oder Wasser setzen
jemanden Kopf oder Kragen kosten
jemanden von Tisch oder Bett scheiden
jenseits von gut oder böse
klipp oder klar
Kopf oder Kragen riskieren
leben oder leben lassen
mit Ach oder Krach
mit allem drum oder dran
mit Haut oder Haar
mit Haut oder Haaren
mit Herz oder Hand
mit jemandem Katz oder Maus spielen
mit Kind oder Kegel
mit Leib oder Seele
mit Mann oder Maus
mit Mann oder Maus untergehen
mit Mühe oder Not
mit Müh oder Not
mit Pauken oder Trompeten
mit Rat oder Tat
mit Sack oder Pack
mit Stumpf oder Stiel
mit Zimbeln oder Trompeten
mit Zins oder Zinseszins
nach Lust oder Laune
Name ist Schalk oder Rauch
nur Haut oder Knochen sein
nur noch Haut oder Knochen sein
null oder nichtig
ohne Punkt oder Komma reden
ohne Sinn oder Verstand
ohne Wenn oder Aber
Pest oder Galle
rank oder schlank
recht oder billig
recht oder schlecht
Rotz oder Wasser heulen
sage oder schreibe
sang- oder klanglos
Schall oder Rauch sein
sich grün oder blau ärgern
sich um Kopf oder Kragen reden
steif oder fest
Stein oder Bein schwören
Tod oder Teufel nicht fürchten
unter Dach oder Fach
viel Geschrei oder wenig Wolle
von Tuten oder Blasen keine Ahnung haben
Wasser predigen oder Wein trinken
weben oder walten
Wein, Weib oder Gesang
weit oder breit
wenn Ostern oder Pfingsten auf einen Tag fallen
wenn Ostern oder Weihnachten auf einen Tag fallen
wie ein Tiger im Käfig hin oder her laufen
wie Hund oder Katz sein
wie Kastor oder Pollux sein
wie Katz oder Maus sein
wie Kraut oder Rüben
wo sich Fuchs oder Hase gute Nacht sagen
Zahlemann oder Söhne sein
Zeter oder Mordio schreien, Zetermordio schreien
Ziel oder Zweck
zu allem Ja oder Amen sagen
zu jemandes Nutz oder Frommen
Zucht oder Ordnung
Zuckerbrot oder Peitsche
zusammenhalten wie Pech oder Schwefel
öffentlich Wasser predigen oder heimlich Wein trinken
über Gott oder die Welt reden
über Stock oder Stein
überall oder nirgends sein
#3
Während eines Wörtersuchspiels aus der Familie der scrabbleartigen kam es vor einigen Tagen zu folgendem Konflikt zwischen mir und meinen Freunden: Eine Mitspielende war der festen Überzeugung, "füßt" wäre ein gültiges Wort, und begrond das mit dem Satz "Ich füß dir gleich eine!"
Zähneknirschend gewohren wir ihr die Punkte, denn das Beispiel lucht allen ein. Die Problematik beschaftog mich auch den restlichen Abend. Es scheint, als könne man aus so gut wie jedem Substantiv eine Bedrohung verbaler Natur machen:





   (1)     Ich halte lieber den Mund, bevor ich hier noch ermessert werde.
   (2)     Pass auf, gleich bibel ich dir eine!
   (3)     Mein Opa ist beim Erdbeben letzte Nacht erschrankt worden.

Auch Substantive, die sonst gern gesehen sind, werden in dieser Konstruktion direkt furchteinflößend:



   (4)      Es hat sich schon mal einer totgegänseblümchent.

Nur Abstrakta scheinen von dieser Regelmäßigkeit ausgenommen zu sein.



   (5)     *Nach der Entdeckung Amerikas durch die Europäer wurden die dort Ansässigen innerhalb kurzer Zeit erfreiheitet.

So weit, so nachvollziehbar. Vielleicht ist es euch schon beim Lesen aufgefallen: Alle meine Verbungen sind schwach. Was tun? Es besteht die Gefahr, dass beim Stärken der gevorbenen Substantive die Etymologie unklar wird.





   (6)     Bei der Prügelei im Saloon wurden mindestens drei Gäste ermorssen.
   (7)     Nach meinem unpassenden Kommentar krog ich umgehend eine gebolben.
   (8)     Mein Opa wurde letzte Nacht erschronken.

Ich bin unzufrieden. Was meint ihr Experten, wie damit umzugehen ist?
#4
In meiner bisher sehr kurzen Zeit als Verbstärkungsgesellschaftsmitglied habe ich versoochen, einen Überblick über die neutsche Grammatik zu bekommen, habe aber leider noch nicht reüssoren. Vor allem fehlt mir eine Erklur des Partizip Präsens.

Die schöne englische Sprache bietet eine Verbform zum Ausdruck von Gleichzeitigkeit, das sogenonnene Present Progressive, eine Verlaufsform. Ein Übertrag ins DNeutsche hat folgendes Ergebnis:







(1)   a.   I am singing.
b.   Ich bin singend.
(2)   a.   When the door rang, I was having breakfast.
b.   Als es an der Tür klalng, war ich gerade Frühstück essend.
(3)   a.   Oh, it's you, I was just thinking about you!
b.   Ach, du bist's, ich war soeben an dich denkend!

   
Na? Merkt ihr was? Der stumpfsinnige Übersatz der Verbform aus dem Englischen nimmt den Verben ihre Verbheit, führt zu einer schmählichen Verwiewortung. Und was ist stark an einem Verb, das kein Verb mehr ist?

Natürlich kennt die deutschsprachige Bevölkerung eine Lösung dafür, zumindest in einigen dialektalen Varianten:

(1)   c.   Ich bin am singen.
(2)   c.   Als es an der Tür klalng, war ich gerade Frühstück am essen.
(3)   c.   Ach, du bist's, ich war soeben an dich am denken!

Ich schlage vor, die Bildung von Verlaufsformen auch im Wiki zu verzeichnen.
Molgcherweise ergeben sich Fragen zu Verben, die ein Präfix besitzen, aber diese Unklarheiten sind sicher leicht durch ein paar Progressivierungsbeispiele aus der Welt geschaffen:

(4)   Ich bin gerade mein Zimmer auf am räumen.
(5)   Bitte nicht stören, ich bin mich gerade hart an am strengen.
(6)   Bist du schon wieder ab am schreiben?

Substantiv-Verb-Gruppen erfahren die gleiche Behandlung:

(7)   Ich bin schon den ganzen Tag Fahrrad am fahren.
(8)   Mein Nachbar ist seit Stunden Klavier am spielen.

Die Beispiele (4) bis (8) ergeben sich aus der Analogie zum Partizip Perfekt, in dem ja auch Präfixe und Substantive von der Verbwurzel ab-ge-tronnen werden.

Meinungen? Vorschläge? Ich bin gesponnen!
#5
Wir haben uns am Samstag über die zu gründende Roboterarmee der GSV unterhalten. So, wie andere Menschen Stapel ungelesener Bücher haben, habe ich einen Stapel unumgesotzener Bots - der vollautomatische Verbstärker steht bereits auf der Liste. Ich werde mich damit befassen, wenn ich mal wieder Dringenderes zu tun habe.

Bis dahin muss die Roboterarmee mit dem auskommen, was bereits läuft:

Kein Preiskartell ohne Eiskarte!

Sachkonten sind bemannter als Chefvolkswirtinnen.

Ein Bot, der Kulturen erschafft

Margarine-Opas

Und mein ganz persönlicher Favorit: Hilfreiche Erklärungen für alle, die gerne Deutsch lernen möchten.

Ein historisches Vorbild für Twitterbots ist der fünffache Denckring von Georg P. Harsdörffer, der Wörter sozusagen mit der Schrotflinte erfindet. Den Denckring habe ich ins aktuelle Jahrhundert übertragen.