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Beiträge - Homer

#46
Ok, da würde ich aber vor einer Kapitulation erst einmal darüber nachdenken, ob die Valenzstruktur von "beibringen" mit zusätzlichem obligatorischem Dativobjekt die Dinge nicht grundsätzlich ändert. Nehmen wir das synonyme "lehren": Dann kann man sagen "Ich lehre Euch Hauswirtschaft" oder "Ich lehre". Und dann stellen wir die Frage nach der Perfektivität noch einmal. Ich würde sagen, sie ist im ersten Fall gegeben (Zustandsänderung).
#47
Eben, "kochen" im Sinne von "Essen zubereiten" ist klar perfektiv. Dagegen ist "kochen" in dem Satz Opa kocht vor Wut imperfektiv (kein Ende und keine Änderung impliziert). Es ergibt deshalb angesichts des tendenziell starken Zusammenhangs der Merkmale "perfektiv" und "transitiv" guten Sinn, das perfektive "kochen" nicht ebenso wie das imperfektive als "intransitiv" zu bezeichnen, nur weil die (vorhandene) Objektstelle unbesetzt bleibt. Wenn man sich nun scheut, dieses absolut gebrauchte "kochen" im eigentlichen Sinne "transitiv" zu nennen – wofür sich Gründe anführen lassen, wie ich mittlerweile auch sehe –, dann braucht man eine neue Bezeichnung, die aber klar machen sollte, dass eine große Nähe zu "etwas kochen" besteht, eine große Entfernung dagegen zu echt intransitivem "kochen". Deshalb mein Vorschlag "krypto-transitiv".
#48
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 23:04:04
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-08, 05:30:31

Der Unterschied leuchtet mir nicht vollkommen ein. ,,In der Rechenstunde bringt der Lehrer den Schülern in diesem Halbjahr das Rechnen mit Zahlen bis 100 bei." drückt ebensowenig einen abgeschlossenen Vorgang aus wie ,,Montags kocht Opa immer Spaghetti.", und der Beibringvorgang lässt sich ebenso mit verschiedenen Objekten wiederholen.

Hm, stimmt, so richtig Sinn macht das Konzept "perfektives Verb" bei längerem Nachdenken auch nicht. Eher ist eine bestimmte Verwendung perfektiv oder nicht.

Scheint also, als wären echt alle Übergänge fließend. Panta rhei. :D

Jetzt gibst Du aber vielleicht schneller auf als nötig. Perfektive Verben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Grenze der Handlung implizieren oder mindestens eine Zustandsveränderung. "Beibringen" wäre also ein perfektives Verb, da der Vorgang eine Änderung impliziert. Dass er, wie jeder andere Vorgang auch (etwa "verzehren"), wiederholbar ist, ist uninteressant, ebenso, dass er eine gewisse Zeit dauern kann. Ein imperfektives Verb wäre im Gegensatz dazu "laufen", das weder eine hintere Grenze hat noch eine Zustandsänderung ausdrückt. Es gibt nun offenbar eine gewisse Tendenz, dass transitive Verben besonders gern, aber nicht notwendigerweise perfektiv sind (eine Ausnahme wäre etwa "lieben") – immerhin.
#49
Omnia licent / Re: PerVers XX
2015-07-08, 09:19:51
Habe meine "Wann"-Daten auch mal eingegeben. Da kann sich aber noch allerhand in alle Richtungen verändern, also wertet das nicht als echte Stimmen. An einigen Freitagen habe ich Termine, so dass ich erst später oder – wenn das Ziel zu weit weg ist – am Samstag anreisen kekünne, aber schaun mer mal.
#50
Zitat von: Kilian in 2015-07-08, 04:21:49

Hier wittere ich eine mögliche Generalisierung: verschlingen, beibringen, zerstören und ausdrücken haben auch wieder perfektive Bedeutung, sie bezeichnen immer einen abgeschlossenen Vorgang mit einem bestimmten Objekt und können keine andauernde oder wiederholte Handlung mit möglicherweise verschiedenen Objekten ausdrücken wie kochen, bauen oder singen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Objekt hier wirklich obligatorisch realisiert werden muss und nicht wie bei anderen transitiven Verben weggelassen werden kann.

Auch das stützt Homers Standpunkt, dass transitives und "krypto-transitives" kochen dasselbe Verblexem sind, denn wenn eine semantische Regel erklärt, warum bei manchen Verben das Objekt weggelassen werden kann und bei manchen nicht, muss man umso weniger annehmen, dass das Lexikon das spezifiziere.

Also der Verbalaspekt als mitbestimmender Faktor – das überzeugt mich sehr.
#51
Du hast Recht: "Wort" ist kein anerkannter, präziser Terminus der Sprachwissenschaft. Er reicht aber für viele Zwecke zur Verständigung vollkommen aus. In dem Beispiel aus dem Wikipedia-Artikel wird eingeschränkt, dass es sich bei den Fällen von lesen "syntaktisch wie semantisch" um verschiedene Wörter handeln soll. Damit ist ein Bereich abgesteckt, in dem analysiert werden kann. Bei der Analyse auf "Wahrnehmungen" statt auf formale Analysen zu rekurrieren, wäre dabei allerdings völlig falsch. Ich denke, nicht einmal Kilian wäre der Meinung, dass man syntaktische oder semantische Analysen mit Hilfe von empirischen psycholinguistischen Studien durchführen sollte. :D
#52
Jede Einteilung und Terminologie, die die Phänomene vollständig und trennscharf beschreibt, ist natürlich willkommen. Aber die syntaktischen Eigenschaften wollen bei der Frage, ob man es mit einem Verb oder mit zwei verschiedenen zu tun hat, mitbedacht werden. Denn "transitiv" und "intransitiv" sind ihrem Anspruch nach Termini der Syntaxanalyse, und die kann man nicht auf semantischer Basis durchführen.

Ich bin mit der Idee, dass es sich bei intransitivem kochen1 und "krypto-transitivem" kochen2 – na, wie findest Du meinen Ad-hoc-Terminologie-Vorschlag? – um zwei verschiedene Wörter handelt, auch nicht rundum glücklich. Aber das ist weniger radikal, als das, was üblich ist, wenn man dem Wikipedia-Artikel "Transitivität" glaubt, wo es um transitives vs. "krypto-transitives" lesen geht:

(14) a.    Der Mann liest das Buch
       b.    #    Der Mann liest

Liegt das Hauptaugenmerk des ersten Satzes darauf, dass der Mann das Buch liest, und nicht etwa eine Zeitung, steht im zweiten Satz nur die Tatsache im Vordergrund, dass der Mann überhaupt liest. Syntaktisch wie semantisch betrachtet geht man meist davon aus, dass es sich beim ersten lesen um ein anderes Wort handelt als das lesen im zweiten Satz.


Wie gesagt, intuitiv nicht mein Ansatz. Ich denke nach wie vor, dass man b. als Variante von a. analysieren sollte. Aber vielleicht wird man von strengen und umfassenden Analysekriterien zu der Schlussfolgerung gezwungen, dass das zwei verschiedene Wörter sind.
#53
Hier halte ich mich mit Meinungen ganz bewusst zurück, weil das kein Bereich ist, in den ich gut eingedacht bin. Ich sehe, Du hast Dich schon intensiver damit beschäftigt, und Deine Zweifel an der Zuverlässigkeit des deutschen Wikipedia-Artikels scheinen mir wohlbegründet. Es ist auch zu berücksichtigen, dass das Sprachgefühl offensichtlich in diesem Bereich gerade im Wandel ist und dazu tendiert, Ausdrücke wie der ins Meer geschwommene Fisch oder der ins Haus gerannte Mann vermehrt als grammatisch zu akzeptieren. Für mich klingt das nicht ganz astrein, aber es ist natürlich nicht zu vergleichen mit *der heftig gestunkene Fisch.

Sterben ist sprachenübergreifend ein schwieriger Fall, worauf ja auch der Wikipedia-Artikel hinweist. Einerseits erlaubt es im Dt. wohl unakkusativisch der jung gestorbene Dichter – obwohl mir auch da etwas unbehaglich ist –, andererseits aber auch unergativ – und jetzt eindeutig – Es wird viel gestorben. Aber nehmen wir versterben, dann ist das klar unakkusativisch (der jung verstorbene Dichter – *es wird viel verstorben). Dehnt da vielleicht unergatives sterben gerade seine Konstruktionsmöglichkeiten in Richtung "unakkusativisch" aus, vielleicht unter dem Einfluss von versterben?

Auf das ganze Thema hat mich vor einem Jahr ein Aufsatz aus der lateinischen Philologie gebracht, der innere Komplemente in figurae etymologicae untersucht und nach der Kasusverteilung fragt. Es stellt sich heraus, dass unergative Verben zum Akkusativ tendieren, unakkusativische zum Ablativ, also z.B.:

Akk. furorem furere "eine Wut wüten", saltationem saltare "einen Tanz tanzen" vs. Abl. casu cadere "einen Fall fallen", augmine augere "ein Wachstum wachsen".

Wohlgemerkt ist die Kasuswahl ein gutes distinktives Indiz nur für das Lateinische, nicht zwingend für die deutschen Äquivalente. Nun gibt es im Lateinischen für leben und sterben eine sehr interessante Verteilung: Es heißt nämlich regelmäßig unergativ vitam beatam vivere "ein glückliches Leben leben", aber unakkusativisch bona morte mori "einen guten Tod sterben". Im Deutschen ist sterben anders als im Lat. von der Konstruktion her m.E. eher unergativ als unakkusativisch, aber leben wie im Lat. sicher unergativ (*der in Saus und Braus gelebte Dichter – es wird (von den Dichtern) in Saus und Braus gelebt).

Vielleicht sollten wir die Frage also umgekehrt stellen: Welche semantische Eigenschaft eines Verbs führt dazu, dass sein Komplement als Agens empfunden wird? Im Lateinischen und Deutschen wird die personale Ergänzung von leben offenbar als Agens empfunden, bei sterben im Lateinischen nicht, während die Einordnung im Deutschen nicht ganz klar ist. Immerhin gibt die Möglichkeit von Es wird viel gestorben einen Fingerzeig, dass wir darüber nachdenken sollten, in welcher Weise die Ergänzung dazu ein Agens sein könnte. Also Analyse der Syntax als Fingerzeig für die Analyse der Semantik statt umgekehrt, das wäre mein Vorschlag.

Aber wie gesagt: Ich bin da weit von allen subjektiven Sicherheiten entfernt, und ich wollte auch gar nicht unbedingt theoretisch diskutieren, sondern ein Feld für die Weiterentwulck des Neutschen aufzeigen. Und dass dann gartentorseits verrostet werden kann, dass es bröselt, scheint mir klar, oder?
#54
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Wie eingeführt oder akzeptiert das ist, weiß ich nicht. Es scheint mit aber durchaus sinnvoll, zwischen Verben zu unterscheiden, die wirklich ein obligatorisches Akkusativobjekt haben (z.B. ,,verschlingen", ,,beibringen", ,,zerstören", ,,ausdrücken", wenn ich mich nicht irre) und solchen, die (nach meiner Terminologie) auch intransitiv verwendet werden können (z.B. ,,kochen", ,,bauen", ,,singen"), bei denen also zwar immer ein Objekt vorhanden sein muss, aber die Sprache nicht verlangt, dieses auszudrücken. Das Objekt ist in diesem Fall also eben nicht obligatorisch.

Terminologie ist natürlich nur eine Frage der Konvention. Also einverstanden, wenn Du zwischen "verschlingen" und "singen" terminologisch unterscheiden willst und nicht beide gleichermaßen "transitiv" nennen willst. Man sollte nur "singen" ohne (auf der Oberfläche) unausgedrücktes, aber impliziertes Objekt nicht "intransitiv" nennen. Ich bleibe dabei, dass es sinnvoll ist, diesen Begriff für Verben ohne Akk.-Planstelle zu verwenden.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Natürlich verhalten sich die beiden Bedeutungen von ,,kochen" insofern unterschiedlich

Da bekämst Du aber richtig Ärger mit Chomsky, der Dir zeigen würde, dass das eine Frage der Syntax ist und nicht der Semantik. :D

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Ob man das nun unter dem Begriff ,,intransitiv" subsumiert oder nicht, scheint mir eine letztlich müßige Frage zu sein.

Du argumentierst immer von der Sprachoberfläche, der Erscheinungsform, aus. Ich glaube, die Linguistik tut gut daran, hier nach Tiefenstrukturen zu fragen. Wenn man den Begriff "intransitiv" nicht völlig entwerten will, indem man zwei ganz unterschiedliche Strukturen darunter subsumiert, wird man terminologisch unterscheiden müssen, was ja auch geschieht.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-07, 15:23:34
Hier von verschiedenen Verben zu sprechen, scheint mir doch abwegig. Natürlich gibt es ähnliche Fälle, in denen die verschiedenen Bedeutungsvarianten unterschiedliche Formen bilden (brechen: Perfekt mit sein oder haben; erschrecken: stark oder schwach gebeugt) und andere Fälle, in denen auch die Grundform unterschiedlich gebildet wird (säugen / saugen), aber wenn wie im Falle von kochen alle Verbformen gleich und offensichtlich nicht nur zufällig gleich geworden sind und nur in Rektion und Bedeutung ein Unterschied besteht, weiß ich nicht, warum man von verschiedenen Verben sprechen sollte.

Das würde Dir ein Syntaxtheoretiker wie Chomsky rundweg bestreiten: Bedeutung, Formengleichheit und Sprachgeschichte sind keine im Sinne seiner Syntaxtheorie validen Größen. Aber vielleicht gibt es ja andere Syntaxtheorien, die erfolgreich mit diesen Parametern arbeiten, das weiß ich nicht genau. Leicht haben sie es sicher nicht.
#55
Mal etwas anderes und eine Frage an alle, die die Vergangenheit des Forums besser kennen als ich: Wurde irgendwo schon einmal über die seit etwa 35 Jahren bekannte Aufteilung der intransitiven Verben in unakkusativische und unergative sinnoren? Dahinter stehen Beobachtungen wie die, dass man zwar Das Gartentor ist verrostet umwandeln kann in Das verrostete Gartentor, aber nicht Der Fisch ist geschwommen in Der geschwommene Fisch. Umgekehrt kann man sagen Es wurde viel geschwommen, aber nicht Es wurde viel verrostet. Ich frage mich, ob das Neutsche hier produktiv werden könnte.
#56
Du kannst natürlich gegen eingeführte grammatische Termini rebellieren, wenn Du möchtest. Aber ich kann nicht erkennen, welchen Sinn es haben soll, den klaren Unterschied zwischen Opa kocht1 (ohne planmäßige Akk.-Stelle) und Opa kocht2 (mit planmäßiger Akk.-Stelle, die aber in der Oberflächenstruktur unausgefüllt bleiben kann, wobei ein Akk.-Obj. wie "Essen" weiterhin impliziert ist, ein Akk. also tiefenstrukturell vorhanden ist) zu verwischen, indem man beides "intransitiv" nennt. Ich bin mit der üblichen Terminologie der Meinung, dass man "intransitiv" nur die Verben nennen sollte, die keine Akk.-Stelle zulassen. Im Sinne dieser Definition sind kochen1 und kochen2 dann unterschiedliche Verben.
#57
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Das ist kein ernstgemeinter Einwand, oder?

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Du kannst danach fragen oder es lassen, aber es handelt sich um ein Verb, das eine Objektstelle vorsieht, die in elliptischer Sprechweise oft unausgefüllt bleibt, wenn der implizierte Objektbegriff der allgemein erwartete ist: Statt Opa kocht Essen sagt man einfach Opa kocht, statt Paul putzt die Wohnung einfach Paul putzt usw. Wenn ein Satzteil problemlos zu ergänzen ist (auch aus dem Zusammenhang), lässt man ihn gern weg, nichts Besonderes.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und bei den inneren Akkusativen scheint mir die Grenze zur Transitivität auch unscharf zu sein.
Ich gehe eine halbe Stunde — OK, hier würde ich auch keine Transitivität sehen.
Ich gehe 10 Kilometer — mir nicht mehr ganz klar, ich sehe da einen Unterschied. Die 10 Kilometer können entweder im Sinne von "zehn Kilometer weit" aufgefasst werden — dann ist es vielleicht ein innerer Akkusativ oder auch etwas anderes — oder im Sinne von einer bewältigten Gehdistanz — dann bewegt es sich sehr aufs Transitive zu, weil die Wegstrecke das Objekt ist, das durch das Gehen bewältigt wird.
Ich gehe oft diesen Weg — sehr ähnlich, aber wie die passive Formulierung "Der Weg wird von mir oft gegangen" zeigt, ist das Verb hier schon echt transitiv.

"Gehen" hat keine obligatorische Akk.-Objekt-Stelle, also ist es nicht transitiv. Die Möglichkeit der Passivumformung beweist nichts, abgesehen davon, dass man fragen kann, ob Der Weg wird von mir gegangen eine nach strenger Norm akzeptable Umformung von Ich bin den Weg gegangen ist. Schon das Hilfsverb "sein" weist "gehen" als intransitiv aus.
#58
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 14:32:42
Ob die Unterscheidung zwischen Intransitivität und absolutem Gebrauch transitiver Verben wirklich trägt, bezweifele ich. Ist dann fahren auch ein transitives Verb, das nur absolut gebraucht wird, wenn wir sagen "Ich fahre auf der Straße."? Denn man kekünne ja auch sagen "Ich fahre mein Auto auf der Straße", oder "Ich fahre zwei Kilometer auf der Straße." Wenn ich sage "An Wochentagen kocht meine Mutter, am Wochenende mein Vater.", dann empfinde ich das nicht als absoluten Gebrauch eines transitiven Verbs, sondern als intransitiven Gebrauch eines Verbs, das transitiv oder intransitiv verwendet werden kann. Ebenso wäre gehen ein normalerweise intransitives Verb, obwohl man (ebensowenig, wie man in deinem sogenannten absoluten Sinn kochen kann, ohne irgendetwas zu kochen) gar nicht gehen kann, ohne wenigstens einen, meistens jedoch mehrere Schritte zu gehen.

Dass man sich von Fall zu Fall einmal über die Einordnung als intransitiv oder transitiv-absolut streiten kann, spricht nicht gegen die grundsätzliche Gültigkeit der Kategorisierung. Das kann man ja an Opa kocht1 vs. Opa kocht2 sehr schön sehen, wo die beiden Fälle klar distinkt sind und sich nicht einer aus dem anderen herleiten lässt. Bei fahren, das sowohl transitiv als auch intransitiv gebraucht werden kann, ist im Einzelfall die Einordnung nicht so einfach. Wir fahren in Urlaub ist klar intransitiv – niemand würde es als elliptisch für Wir fahren uns (oder den BMW) in Urlaub auffassen. Anders vielleicht bei Ich habe getrunken, Paul fährt (sc. uns). Das, was man bei uns im Fach die "inneren" Akkusative nennt (wofür es bestimmt einen besseren t.t. gibt), also einen Weg gehen, ein Leben leben, 12 km wandern usw., ist eine spezielle Kategorie des Akk., der aus der Frage der Transitivität völlig herausgehalten werden muss. Als transitiv werden übrigens solche Verben bezeichnet, die eine obligatorische Objektergänzung haben, wobei – wie bei Opa kocht2 – die Ergänzung manchmal weggelassen werden kann. Die Leerstelle ist dann deutlich zu fühlen: Eine naheliegende Frage wäre Was kocht er denn?
#59
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 16:53:37
Ist das nicht nur eine Bedeutungsvariante? Wenn man das Wort "kochen" im Sinn von "Essen machen" verwendet, ist es doch auch intransitiv, oder? Eine Mehrfunktionalität kekünne natürlich bei Verben mit potentiellen zwei unterschiedlich gearteten Akkusativobjekten entstehen:

Ich würde unterscheiden zwischen 1. Intransitivität (das Verb bindet kein Akkusativobjekt) und 2. absolutem Gebrauch eines im Prinzip transitiven Verbs (d.h. das Akk.-Obj. wird nicht ausgedrückt, weil es impliziert ist o.ä.). Kochen ist ein Verb, bei dem beides möglich ist:

1. Opa kocht (weil ihm heiß ist, vor Wut, weil er in einem Kannibalen-Suppentopf steckt usw.).
2. Opa kocht (irgendein Essen).
#60
Richtig lustig wird es übrigens, wenn der Infinitiv nicht nur aktivisch oder passivisch, sondern auch noch intransitiv ausgelegt werden kann:

Ich lasse Opa kochen.