Attributiv Unbrauchbares

Begonnen von Kilian, 2005-04-24, 00:52:21

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Kilian

Wir hatten 's ja schon mal von abben Beinen, groß genugen Häusern, dümmer als duen Leuten und anderen Grenzen des attributiven Gebrauchs. Lasst uns hier originelle Beispiele sammeln.

Eine erstaunliche Möglichkeit des attributiven Gebrauchs, die kaum als falsch auffällt, hat der Sprachgebrauch bei der Konstruktion zu + Infinitv + sein gefunden. Beispiel:

"Diese Version ist leichter zu merken."
-> "eine leichter zu merkende Version"

Der Infinitiv wird einfach durch das Partizip I ersetzt, und schon kann man's deklinieren.

amarillo

Der Reißverschluß ist schwer zu zu ziehen.

Infolge eines schwer zu zu ziehenden Reißverschlusses...

In der Art, oder habe ich das nicht ganz verstanden?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Eine gar nicht so leicht zu lösende Aufgabe, die du hier stellst, Kilian.
Und aufgrund der nur stellenweisen Schönwetterwolken werde ich wohl zunächst durch die aufe Tür nach draußen gehen, um mir wenigstens zeitweise den Wind um die Ohren pfeifen zu lassen.
Vielleicht begegnen mir unterwegs ja ein paar hier gut anzubringende Beispiele.

Or ich das in deinem Sinne formul?

Kilian

Genau, beide Beiträge in meinem Sinne. Aus "um mir wenigstens zeitweise den Wind um die Ohren pfeifen zu lassen" könnte man noch "um eines wenigstens zeitweisen Wind-um-die-Ohren-Pfiffes teilhaftig zu werden", das würde dann nicht nur ein Adverb zum Adjektiv machen, sondern auch den Genitiv ehren, ein abschreckendes Beispiel für Nominalstil geben und das Nomen Pfeifung erfinden und gleich stärken.

Über Adjektive, die aus Adverbien wie zeitweise, schrittweise, stellenweise gebolden werden, gibt es auch einen Zwiebelfisch-Artikel.

VerbOrg

#4
Zitat von: Kilian in 2005-04-24, 15:17:56Über Adjektive, die aus Adverbien wie zeitweise, schrittweise, stellenweise gebolden werden, gibt es auch einen Zwiebelfisch-Artikel.
Gerade dieser Zwifi-Artikel or mich inspir. Schade eigentlich, dass dieser nicht mehr zu den kostenlos abzurufenden Artikeln gehört.

Das Zwifi-ABC hält allerdings auch einen kurzen Eintrag zu zeitweise/zeitweilig bereit. Leider nicht annähernd so ausführlich wie der Artikel. Wenn ich doch nur das Buch wiederhätte!!!

Zitat"um eines wenigstens zeitweisen Wind-um-die-Ohren-Pfiffes teilhaftig zu werden", das würde dann nicht nur ein Adverb zum Adjektiv machen, sondern auch den Genitiv ehren, ein abschreckendes Beispiel für Nominalstil geben und das Nomen Pfeifung erfinden und gleich stärken.
Wollte mich privat des Nominalstils ein wenig enthalten. Dessen Auswüchsen muss ich mich schließlich täglich im Büro stellen.
In Bezug auf die Wind-um-die-Ohren-Pfeifung und den davon abgelittenen Pfiff kann seitens der VerbOrg nur angemorken werden, dass die Bildung einer Nomen-Stärkungs-Liste dir obliegt. Ich werde versuchen, mein Möglichstes zu tun, um die Ergänzung dieser Liste um neue starke Substantive voranzutreiben. Der weiteren Aktiven in diesem neuen Projekt sollten wir noch einige finden.

Schrak das jetzt genug ab?

Kilian

Ich or es nur umformul, weil der Gebrauch von zeitweise in deinem Beispiel standardsprachlich korrekt war, was bestimmt nicht Sinn der Sache war. ;)

VerbOrg

Hast Recht, hatte ich tatsächlich übersehen, war halt auf dem Sprung.
Aber es waren doch trotzdem genug unbrauchbare Attribute vorhanden. Und ein -weise sollte im Zweifelsfall genügen.

Fand deine Umformul allerdings sehr anschaulich.

VerbOrg

Für attributiv Unbrauchbares brachte ich unter anderem die Beispiele "eine gar nicht so leicht zu lösende Aufgabe" und "stellenweise Schönwetterwölkchen" an.
Ersteres Beispiel habe ich in der Bildung dem ersten Beitrag von Kilian entlehnen, letzteres Beispiel war von einem Zwiebelfisch inspirioren.

Geht es noch erster und letzter?
Auch solche unsinnigen Steigerungen sind mE attributiv äußerst unbrauchbar.

Kilian

Ouh, ja, die sind eigentlich nicht nur attributiv, sondern überhaupt befremdlich. Man sagt zwar, jemand sei Erster oder Letzter, aber in dem Fall ist das -er keine Komparativ-Endung, sondern die des Nominativs Singular Maskulinum.

Sie sind aber fest eingebürgert, und ich ahne, warum: Im Deutschen wird beim Vergleich von nur zwei Sachen immer der Komparativ verwandt. Das Superlativische in Erstes und Letztes suggeröre, es sei von mehr als nur zwei Beispielen die Rede. Deswegen klatscht man die Komparativ-Endung dran.

Agricola

Da ja nun "erst" und "letzt" superlieren, sesülle man von dort auch die Komparative und Positive rückbilden können:

er - erer - der erste
letz - letzer - der letzte

Anwendungsbeispiel:

er war ziemlich er in der Reihe, jedenfalls erer als ich, denn ich war diesmal sogar noch letzer als Paul, der wie immer ziemlich letz war.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.