... die, wo ...

Begonnen von Ku, 2005-06-15, 22:01:38

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Ku

Ich habe neulich absichtlich die Formulierung gebraucht: ,,..eine Taucherbrille, so eine, wo alles vergrößert." Ich weiß, dass das Dialekt ist.
Aber keiner ist aus dem Kasten gesprungen und hat mich gewürgt.
Wo kommt das her, statt ,,die" das Wort ,,wo" zu benutzen?

amarillo

Das kommt vom Lautsprecher, Lodda Matthäus.
Der hat einem das Gehör für diese Verwechslung abgestumpft, ein wirklich(er) Stumpfer, der Lodda.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

gehabt gehabt

Man kann auch sagen, "eine Brille, die wo alles vergroessert"

wo ist wohl ein Ersatz fuer "welche(s/r)"


Neulich habe ich familiaeren Kreis so etwas gesagt, wie "das Restaurant ist da, wo das Kaufhaus ist". Da ich als Besserwisser evrschrieen bin und natuerlich "der wo" haeufig bemolngen habe, kam prompt die Erwiderung " da, wo" ist falsches Deutsch´".

Ly

Ich rede ständig so, obwohl ich mir völlig darüber im klaren bin, dass es falsch ist. Aber gestorkene Verben sind offiziell auch falsch. ;D
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

versucher

Offiziell geht es sogar noch kürzer:
"eine Brille, wo alles vergrößert" heißt es badisch und schwäbisch. Ein hiesiger Literaturprof nennt es "badisches Relativpronomen" und benutzt es mit voller Absicht, der Ökonomie wegen.

Ly

Zitat von: versucher in 2005-06-16, 17:38:31
Offiziell geht es sogar noch kürzer:
"eine Brille, wo alles vergrößert" heißt es badisch und schwäbisch. Ein hiesiger Literaturprof nennt es "badisches Relativpronomen" und benutzt es mit voller Absicht, der Ökonomie wegen.

So reden hier die meisten tatsächlich, aber ich sage lieber "die, wo", das klingt so herrlich falsch ;D
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amarillo

Zitat von: gehabt gehabt in 2005-06-15, 22:56:31
"das Restaurant ist da, wo das Kaufhaus ist".  

Was ist denn daran falsch?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

gehabt gehabt

Nichts ist daran falsch. Weil ich aber so lange versucht habe, die Familie dazu zu bringen, nicht mer , "der wo" zu sagen, hatte das den Effekt, dass sie dachten, "da wo" sei auch falsch.

Arnymenos

#8
Das haben schon die alten Griechen gemachen und ihre Relativsätze mit "pou" (wo) eingelitten.

Für den Linguisten ist die Variante mit beidem, also mit Relativpronomen und Relativsatzeinleitung "wo" am interessantesten.

"Der Mann, der wo mir das Buch gegeben hat."

Der geht dann soweit zu behaupten, dass diese Einleitung immer die Funktion des Relativsatzes ausmacht, und wenn in den meisten Dialekten nichts da steht, dann muss man diese Funktion eben einem leeren/nicht vorhandenen/nicht ausgesprochenem Wort zuordnen.

"Der Mann, der _ mir das Buch gegeben hat."

Diese Einleitung schafft gleichzeitig Platz für eine weitere Konstituente davor, welche ein Relativpronomen enthalten muss.

"Der Mann, [ dessen Buch] _ ich bekommen habe."

Da muss ich fragen, insbesondere Ly: Geht dieser Satz?

"Der Mann, dessen Buch wo ich bekommen habe?"

M.E. nämlich nicht, und das wirft den Linguisten dann erstmal aus der Bahn.

Arnymenos

Meine fast schwäbische Freundin fand den Satz gerade auch etwas komisch, hingegen

"Der Mann, [von dem] wo ich das Buch geklaut habe."

in allerbester Ordnung. Da muss ich mal drüber nachdenken...

versucher

Der Mann, der mir das Buch gegeben hat. = Der Mann, wo mir des Buch (ge)gewwe hat.
Der Mann, dessen Buch ich habe. = Der Mann, dem sei Buch ich heb.
Der Mann, dem ich das Buch gegeben habe. = Der Mann, dem wo ich des Buch (ge)gewwe heb.
Der Mann, den ich gesehen habe. = Der Mann, wo ich gsehe heb.

Ly

Zitat von: Arnymenos in 2005-06-17, 10:56:22
Das haben schon die alten Griechen gemachen und ihre Relativsätze mit "pou" (wo) eingelitten.

Für den Linguisten ist die Variante mit beidem, also mit Relativpronomen und Relativsatzeinleitung "wo" am interessantesten.

"Der Mann, der wo mir das Buch gegeben hat."

Der geht dann soweit zu behaupten, dass diese Einleitung immer die Funktion des Relativsatzes ausmacht, und wenn in den meisten Dialekten nichts da steht, dann muss man diese Funktion eben einem leeren/nicht vorhandenen/nicht ausgesprochenem Wort zuordnen.

"Der Mann, der _ mir das Buch gegeben hat."

Diese Einleitung schafft gleichzeitig Platz für eine weitere Konstituente davor, welche ein Relativpronomen enthalten muss.

"Der Mann, [ dessen Buch] _ ich bekommen habe."

Da muss ich fragen, insbesondere Ly: Geht dieser Satz?

"Der Mann, dessen Buch wo ich bekommen habe?"

M.E. nämlich nicht, und das wirft den Linguisten dann erstmal aus der Bahn.


Na ja, theoretisch geht es schon, aber ich habe noch nie jemanden so reden gehört...

"Der Mann, dem sein Buch wo ich gekriegt habe" klänge besser. ("bekommen" ist hierzulande ungebräuchlich.)
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Ku

Ich stamme ursprünglich aus dem Norddeutschen, bin aber schon seit 1964 im Karlsruherischen. Eine sehr gute Freundin wies mich damals in die hiesige Sprach ein:
 
I heb
Du hosch
Er hot
Mir hent
Ihr hent
Sie hent

Wie war das mit dem Papua-Deutsch?

Ly

Zitat von: Ku in 2005-06-17, 19:30:32
Ich stamme ursprünglich aus dem Norddeutschen, bin aber schon seit 1964 im Karlsruherischen. Eine sehr gute Freundin wies mich damals in die hiesige Sprach ein:
 
I heb
Du hosch
Er hot
Mir hent
Ihr hent
Sie hent

Wie war das mit dem Papua-Deutsch?


I han
Du hasch
Er hat
Mir hen
Ihr hen
Sie hend

Schwäbisch ist viel toller. ;D

Dieses -ent in beiden Dialekten finde ich übrigens toll, aber das hatten wir ja schon. ;D
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versucher

Ich meine aber, dass es im Badischen eher "mir hen", "ihr hend" und "sie hen" heißt. Allerdings ist der Sprachraum groß: Im Schwarzwald und Breisgau wird ganz anders gesprochen, gravierende Abweichungen können auch schon in der Nachbarortschaft auftreten, aber das trifft wohl auf jeden Dialekt zu.
Spannend finde ich, wie sich die Sprachgruppen an den Dialektgrenzen vermischen bzw. abgrenzen (z. B. schwäbisch/fränkisch).

Grundkurs Badisch, Folge 1:
HAJO: Henning, hen die Hennings Handy?
HENNING: Ha jo, hen die Hennings Handy, Hajo!