Reader's Digest

Begonnen von Günter Gans, 2006-01-03, 00:35:01

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MrMagoo

#45
Zitat von: Kilian in 2006-08-31, 00:48:07
Hier zum Beispiel "quimt Zeit, quimt Rat", in einem anderen Faden hast du hinter einem Anfangs-k ein w eingefogen, so weit ich mich erinner... :)


Ach das... nunja, es ist immer noch Deutsch ;)
Hin und wieder zeuche ich eine alte Form zurück ins Neuhochdeutsche, die schon seit einigen Jahrhunderten verschall... ehm verschollen ist.

Das "qu" in "quimt" kommt aus dem Althochdeutschen, wo kommen noch "queman" heißt; das in einem anderen Thread dem k folgende "w" dürfte auch einer Form von "kommen" entstammen... Ich weiß nicht mehr genau, wo ich das geschrieben habe, aber auch hier spiegelt sich nur die alte Form "quam" wider, die bis heute im Niederländischen noch "kwam" heißt. ;)

Also nix weltbewegendes, ich pansche nur ein bißchen herum...  ;D
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

caru

in teilen österreichs und bayerns sagt man übrigens jetz noch "kimmt". kimm her, mir kimmen dann aa.

und in anderen teilen "kummt".
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Berthold

#47
Zitat von: MrMagoo in 2006-08-31, 00:59:43

Das "qu" in "quimt" kommt aus dem Althochdeutschen, wo kommen noch "queman" heißt; das in einem anderen Thread dem k folgende "w" dürfte auch einer Form von "kommen" entstammen... Ich weiß nicht mehr genau, wo ich das geschrieben habe, aber auch hier spiegelt sich nur die alte Form "quam" wider, die bis heute im Niederländischen noch "kwam" heißt. ;)
Lieber MrMagoo!
Ich habe zu spät gelesen, daß caru auch schon darüber geschrieben hatte. Trotzdem: Als Ergonz laß ich meinen Beitrag stehen. Schreib ich halt noch was dazu.
Kemen -
K[ch]ema[-en] (du k[ch]im[m]st [-scht], er k[ch]im[m]t, k(ch)im[m]! - - - [ge?-]k[ch]ema [-en] -
ist eines der klassischen Kennwörter der bairisch-österreichischen Dialekte (in den bairischen Dialekten Österreichs überall, wo's ein 'bisserl stärker' lalnd wird). Der Imperativ 'Khiim!' ist eine meiner ersten Erörnnen an den Weissenseer Dialekt (Ihr wißt: in Oberkärnten).
Städtisch (z.B. in Wien) und umgangssprulch heißt kommen kumma [-en]. Da in den aussterbenden bairischen Sprachinseldialekten (z.B. Zimbrisch in Roana/Ruben - bei Asiago [früher sieben Gemeinden im Gebirge nahe Vicenza], Tautsch in Giazza/Ljetzan [ehedem dreizehn Gemeinden nahe Verona]; Luserna/Lusern bei Lavarone ...) anlautendes w- meist als stimmhaftes b- ausgesprochen wird, glaube ich nicht, daß es irgendwo auch noch 'queman' gibt, aber naturchl bin ich da nicht kompetent.
Immerhin habe ich daheim über das 'Tautsch' (das einen etwas jüngeren Stand verkörpert als das 'echte' Zimbrisch in Roana; ich schau jetzt nicht nach, wann im Mittelalter die Besadeln waren.) ein liebes Büchl:
Das Lehrbuch von Giuseppe Cappelletti und Bruno Schweizer, "Tautsch. Puox tze Lirnan Reidan un Scraiban iz Gareida on Ljetzan" (Bozen 1942, Nachdruck Verona 1980). Du siehst sofort, daß sich dort Formen des Althochdeutschen erhielten, gestiutzen vielleicht vom reicheren Vokalismus der italienischen Endsilben. Du wirst Dir auch vorstellen, daß fast alle nachmittelalterlichen Wörter aus dem Italienischen entlohnen worden sind.
Ich habe auch eine Aufnahme eines Kapitels von 'Max und Moritz' auf Zimbrisch (das Kapitel mit dem Lehrer Lämpel) - und den Text der ganzen Bildergeschichte in einem Buch, das der Professor Manfred Görlach herausgegeben hat ...  
     

MrMagoo

Hallo Berthold und Caru,

das "i" in kimmst, kimmt, kimm!, etc. ist natürlich Umlaut - wie im Althochdeutschen
queman; ich quimu, dû quimis, er quimit.

Übrigens hielt sich der Umlaut recht lange, besonders in der Theatersprache des 19. Jahrhunderts war er Pflicht:
kommen; ich komme, du kömmst, er kömmt.

Das "u" ist ebenfalls Umlaut von o:
Phonetisch ist der Umlaut von o nämlich u, durch Analogie wird aber dann meist das u durch ein ö ersetzt.
In den Formen "du kummst, er kummt" wird es sich also um die älteren Formen handeln.


Gestern habe ich in meinem Beitrag übrigens noch etwas vergessen: Wir haben nämlich einen "Überlebenden" des alten "qu-"-Anlauts von "queman", und zwar in dem Wörtchen bequem, was nichts anderes bedeutet als bekömmlich!

Viele Grüße
-MrMagoo
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

Zitat von: Berthold in 2006-08-31, 12:10:24Da in den aussterbenden bairischen Sprachinseldialekten (z.B. Zimbrisch in Roana/Ruben - bei Asiago [früher sieben Gemeinden im Gebirge nahe Vicenza], Tautsch in Giazza/Ljetzan [ehedem dreizehn Gemeinden nahe Verona]; Luserna/Lusern bei Lavarone ...) anlautendes w- meist als stimmhaftes b- ausgesprochen wird, glaube ich nicht, daß es irgendwo auch noch 'queman' gibt, aber naturchl bin ich da nicht kompetent. Immerhin habe ich daheim über das 'Tautsch' (das einen etwas jüngeren Stand verkörpert als das 'echte' Zimbrisch in Roana; ich schau jetzt nicht nach, wann im Mittelalter die Besiedelungen waren.) ein liebes Büchl:
Das Lehrbuch von Giuseppe Cappelletti und Bruno Schweizer, "Tautsch. Puox tze Lirnan Reidan un Scraiban iz Gareida on Ljetzan" (Bozen 1942, Nachdruck Verona 1980). Du siehst sofort, daß sich dort Formen des Althochdeutschen erhielten, gestiutzen vielleicht vom reicheren Vokalismus der italienischen Endsilben. Du wirst Dir auch vorstellen, daß fast alle nachmittelalterlichen Wörter aus dem Italienischen entlohnen worden sind.
Ich habe auch eine Aufnahme eines Kapitels von 'Max und Moritz' auf Zimbrisch...

In einer Ausgabe der Zeitschrift "Alte und neue Welt - Katholisches Familienblatt zur Unterhaltung und Belehrung", Jahrgang 1909 habe ich auch noch einen kleinen Artikel über das Zimbrische mit einigen Sprachbeispielen. Ich muß das unbedingt nochmal raussuchen, denn da lassen sich viele noch aus dem Althochdeutschen stammende Formen erkennen.

Danke für den Literaturtip, vielleicht kann ich ja irgendwie an das Buch herankommen. Bis bald, Gruß
-MrMagoo
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Berthold

Lieber MrMagoo!
Vielen Dank!
Bequem! Also doch!
Vielleicht ist's aber im Zimbrischen noch besser erhalten. Ich werde heute Abend nachschauen.

MrMagoo

Zitat von: Berthold in 2006-08-31, 12:48:14
Lieber MrMagoo!
Vielen Dank!
Bequem! Also doch!
Vielleicht ist's aber im Zimbrischen noch besser erhalten. Ich werde heute Abend nachschauen.

Aber bitte, lieber Berthold!
Nachsehen werde ich auch noch, allerdings muß ich das verschieben, da meine Bücher momentan in Kisten verstaut sind...
Das "qu-" in bequem hat sich sicher nur halten können, weil die Verwandtschaft zu "kommen" nicht mehr auf Anhieb zu erkennen ist.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Berthold

Zitat von: MrMagoo in 2006-08-31, 12:47:28
Danke für den Literaturtip, vielleicht kann ich ja irgendwie an das Buch herankommen. Bis bald, Gruß
-MrMagoo
Ich kekünne es ja auch für Dich - wenn hier einmal ein bisserl wänger Arbeit herrscht (z.B. am Computer Euch schreiben!) - kopieren - nebst einem noch kurioseren Werk, einer Art von Sprachdenkmal, das Geschichten und Berichte einer Einzelperson(!), einer der letzten Sprecherinnen des 'echten' Zimbrisch, beinhaltet (Ich glaub aus Mezzaselva/Toballe).

MrMagoo

Kopieren?? Wie dick sind denn diese Werke?! Du stündest doch sicher Tage vor einem Vervielfältigungsgerät...  :o

Vielleicht sollten wir mal Literaturlisten zusammenstellen über die Werke, die wir so haben.
Das wär unter Umständen für mich praktisch in Bezug auf die PersVers (falls ich es denn schaffte, dorthinzukommen):
Ihr könnt dann diejenigen Bücher raussuchen, die ich mitbringen sölle und muß dann nicht auf Gutdünken einpacken und nachher wie ein Packesel aussehen...
Zu dumm nur, daß die Bücher wie gesagt nun erst in Kisten ruhen; aber mal sehen, was sich machen läßt...:)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Berthold

Zitat von: MrMagoo in 2006-08-31, 13:04:48
Kopieren?? Wie dick sind denn diese Werke?! Du stündest doch sicher Tage vor einem Vervielfältigungsgerät...  :o
Die sind nicht dick. Der 'Cappelletti - Schweizer' schaut ein bisserl wie ein Schul-Lesebuch aus. Interessant ist auch die Orthographie, die sich an die italienische anlehnt.

MrMagoo

Na dann, also zwischenseinieren tät mich dat schon tun; wenn Du denn mal Zeit fündest, kekönnest Du einen Vervielfältigungsvorgang in Aggriff nehmen... aber laß Dir ruhig Zeit! ;)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Berthold


Berthold

#57
Lieber MrMagoo - und alle, die es sonst lesen wollen!
Ich schreib zur Anrog & Einstamm gleich das 'Vorwort' aus dem 'Max und Moritz' auf Zimbrisch hier her
(aus Görlach, M. (Hrsg.) (1990): Wilhelm Busch / Max und Moritz / Die sieben Lausbubenstreiche in 21 deutschen Mundarten. - Verlag van Acken, Krefeld: 172 pp.):

PAUL UN PETAR

An storjelle in ziiben toal un ziiben logasinekot, übergatragt in toizes gaprecht bon Igino Rebeschini "Fikinnar"

BOARPRECHTAN

Bon pösen puuben, bille un nerre,
Müssich steenan hortan biil berre.
Paul un Petar, sbeen kselle bille,
Bellent nia steenan stille.
Sbeen logasine, ba lachent aus alle,
Painanten siichar ghentze palle.
Insteet gheenan lirnan in suul,
Bellent se alloan berman in stuul.
Alle de loite kennentse in lant,
Biibel saade se habent gatant.
Bon dar hanne in saachen un loiten:
Bon iinen billich seelan oich hoite.
Stoolan effele, kirse un henne,
Soogante in loiten sunga un zenne.
Bas de puuben habent gaseent,
Distele alloan habentse gameent.
Bia kötsich bon allen: Laachet peeste
Bear ist sinnar un laachet amme leeste.
Di ba bellent haban bissekot,
Lassent pa zaite alle billekot.
De baarot, sichar mansich nia sbaigan,
Asò bon iinen müssich hemmest sraiban.  

caru

#58
Zitat von: MrMagoo in 2006-08-31, 12:41:55

Übrigens hielt sich der Umlaut recht lange, besonders in der Theatersprache des 19. Jahrhunderts war er Pflicht:
kommen; ich komme, du kömmst, er kömmt.



wie ich es einmal in einem neu-wienerischen hanswurstiadenartigen stück sagen hörte:

(held:) "Horch, man kömmt!"
(hanswurst:) "Wos haasd, man kömmt? Kumman tuat ana!"


auch in "Goofy als Wilhelm Tell" sprach der altdorfer käsereibesitzer, als tell und sein freund micky maus mit einem fuhrwerk in sein lager reindonnerten und "grüezi" sagten:

"ihr chömmt daher, überfahrt meinen chäs und sagt bloß 'grüezi'?"
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Kilian

ZitatIn this age of the arduous pursuit of peace, prosperity and

pleasure, the smallest contribution to the gaiety, if not to the

wisdom, of nations can scarcely be unwelcome.  With this in mind,

the author has prepared "The Foolish Dictionary," not in serious

emulation of the worthier--and wordier--works of Webster and

Worcester, but rather in the playful spirit of the parodist, who

would gladly direct the faint rays from his flickering candle of

fun to the shrine of their great memories.



With half a million English words to choose from, modesty has been

the watchword, and the author has confined himself to the treatment

of only about half a thousand.  How wise, flippant, sober or

stupid, this treatment has been, it is for the reader alone to

judge.  However, if from epigram, derivative or pure absurdity,

there be born a single laugh between the lids, the laborer will

accredit himself worthy of his hire.



In further explanation it should be said that some slight deference

has been made to other wits, and the definitions include a few

quotations from the great minds of the past and present.  As for

the rest, the jury will please acknowledge a plea of guilty from



GIDEON WURDZ.

So weit das Vorwort zu The Foolish Dictionary, eine Art Kamelopedia der Vorzeit, ein Wörterbuch, bestimmt so vergnüglich zu lesen wie Der tiefere Sinn des Labenz, etwa halb so umfangreich und mindestens so verspielt: Wo die Accession als Axe-Session etymoglisch gedeutet wird, fühlt man sich an unser Beinkleidspiel erinnert, wo Alcohol definiert wird als A liquid good for preserving almost everything except secrets, findet man möglicherweise den Ursprung einiger abgehangener, aber solider Aphorismen. Gideon Wurdz besaß auch die Umsicht, es rechtzeitig zu schreiben, um es zu unserer Zeit rechtefrei und im Internet verfügbar sein zu lassen.

Gleiches gilt für Ambrose Bierce' The Devil's Dictionary.