Der Stork der Zahlwörter

Begonnen von AmelieZapf, 2006-05-10, 12:20:55

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MrMagoo

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-05-16, 20:01:23
Zitat von: AmelieZapf in 2006-05-10, 17:44:46
Zwei ist malnn, zwo wilb und zwa ist salch.

Ich las gerade, dass es früher hieß:

zween (malnn)
zwo (wilb)
zwei (salch)


Das ist richtig, Karsten, aber ich denke, daß es sich bei Amelie wohl um die Dialektformen handelt. ;)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Bertl

Zitat von: AmelieZapf in 2006-05-10, 18:26:09
in dem vom Zahlwort regorenen Caso erscheint.
Casu! - Der sehr verehrte Herr 'c.' nennt sich auch nicht 'caro' - obwohl da kein logischer Zusammenhang besteht.

'Zween, zwo, zwei' sind übrigens keine Plural-, sondern Dualformen. Die bairisch-österreichischen Formen 'eß' und 'enk' ('ihr' und 'euch' [Dativ 'Plural']) bediuten ursprünglich auch 'ihr zwei' - zwo Frauen: klarerweise 'eß zwo' - und 'euch zweien'.

Ich glaube, daß der Imperativ 'Mirk!' in Dialekten weniger (oder gar nicht) wegen der Verbform, sondern eher wegen des Vokales - bzw. wegen der Folge Vokal + r - so geht. Ich bin jetzt zu faul, daß ich nachsähe, um welches mhd. 'e' (vorm r) es sich da wohl drehe.
In manchen Gegenden Niederösterreichs heißt es statt 'stärker' 'stirker' (schdiagga), statt 'fertig' 'firtig' (fiaddi), statt 'Erbteil' 'Irbteil' (Iabdaü) und statt 'färben' 'firben' (fia-m). Statt 'merken' sagen manche alten WienerInnen noch 'mirken' (miaggng).
Herzlichst!
Der Bertl


 

AmelieZapf

Zitat von: Bertl in 2006-06-08, 21:57:46
Casu! - Der sehr verehrte Herr 'c.' nennt sich auch nicht 'caro' - obwohl da kein logischer Zusammenhang besteht.

Ich bitte um Pardon, Du hast recht.

Zitat von: Bertl in 2006-06-08, 21:57:46
'Zween, zwo, zwei' sind übrigens keine Plural-, sondern Dualformen. Die bairisch-österreichischen Formen 'eß' und 'enk' ('ihr' und 'euch' [Dativ 'Plural']) bediuten ursprünglich auch 'ihr zwei' - zwo Frauen: klarerweise 'eß zwo' - und 'euch zweien'.

Deswegen wollte ich ja nur Zahlwörter stärken, in denen die Zwei vorkommt, und das Paradigma nicht ausdehnen auf zwanzig o.ä. Zweihundert sind in dem Zusammenhang zwei Hundert, also so etwas wie "zwei Dutzend" oder "zwei Schock".

Eß und Enk haben wir im übrigen auch im Dialekt. "Ihr" heißt es übrigens überhaupt gar nie, sondern immer "Dirts", wenn's betont und Nominativ ist, und "eß - enka - enk - eß" in den anderen vier Fällen.

Zitat von: Bertl in 2006-06-08, 21:57:46
Ich glaube, daß der Imperativ 'Mirk!' in Dialekten weniger (oder gar nicht) wegen der Verbform, sondern eher wegen des Vokales - bzw. wegen der Folge Vokal + r - so geht. Ich bin jetzt zu faul, daß ich nachsähe, um welches mhd. 'e' (vorm r) es sich da wohl drehe.
In manchen Gegenden Niederösterreichs heißt es statt 'stärker' 'stirker' (schdiagga), statt 'fertig' 'firtig' (fiaddi), statt 'Erbteil' 'Irbteil' (Iabdaü) und statt 'färben' 'firben' (fia-m). Statt 'merken' sagen manche alten WienerInnen noch 'mirken' (miaggng).

Wir haben auch schdiagga, Positiv aber schdoag. Fertig ist aber feadde, Erbteil Erbdaal (mit offenem A), und färben ist faam (auch mit offenem A). Merken beugt sich im Präsens: merg, mirgst, mirgt, meaggn, meagts, meaggn. Imp. mirk.

Grüße,

Amelie
Religion heute:
Ex oriente deus,
ex machina lux.

Bertl

#18
Zitat von: AmelieZapf in 2006-06-08, 23:56:05
"... eß - enka - enk - eß" in den anderen vier Fällen. (...)"

Danke für die schönen Infonen!
Da grialb ich gestern, ob fran 'bei uns' auch im Akkusativ 'enk' (südlich und östlich von Wiener Neustadt: aeng) sagen kann. Sicher heißt es bei uns NIEMALS 'Mia hao-n eis' - für 'Wir hauen euch'. Das kekünne ein starker Dialektunterschied sein. Wenn schon im Akkusativ, - dann auf jeden Fall - analog zur Schriftsprache 'ihr - euer - euch - euch' -
'Mia hao-n AENG.' Bitte, bei uns ist 'eß' niemals Akkusativ!
Als Genitiv eines Personalpronomens kann ich mir 'aenga' jetzt in Österreich gar nicht vorstellen, wohl aber als Possesivpronomen: 'I waas's, im(>ng) Ginasium fa(n) aengan Neffm san schdre(i)nge Brofessan.'
Das gestern erwohnene 'e' ist sogar das germanische - in meiner 'Althochdeutschen Grammatik' (und sicher in vielen Pfappleichen) mit zwei Punkterln drüber: ë. Für die Umwandlung zu i im Althochdeutschen sind vor allem (aber nicht ausschlulß) die Vokale in der Folgesilbe verantwirlt.
Germanisch ë > i (ausschnittsweise):

a) Wenn in der folgenden Silbe ein i, ī, j stand; z.B.: 2., 3. Sg. von nëman: nimis, nimit; gëban: gibis, gibit; dazu gift 'Gabe'; ërda: irdīn; bërg: gibirgi...

b) Wenn unmittelbar n oder m + Konsonant fulg;
z.B.: bintan, rinnan, swimman

c) Als Assimilation zu u in der Folgesilbe;
z.B: hilfu, nimu, gibu; situ (Sitte), filu (viel) (angelsächsisch, friesisch: felo), miluh (Milch), sibun (sieben); auch in Lehnwörtern - wie sichur 'securus'
In manchen Fällen unterbleibt die Assimilation, und ë vor u bleibt erhalten: z.B.: ërnust (Ernst), ëbur (Eber)

Das germanische ë ist geblieben, wo es nicht durch den Einfluß der folgenden Laute zu i wurde. Besonders steht ë vor langem oder kurzem a, e, o der Folgesilbe; z.B.: ërda (Erde), gëba (Gabe), gëbāri (Geber); Optativ gëbe, gëbes; hërza (Herz), hëlfa (Hilfe), hëlfo (Helfer).

In manchen Gegenden Niederösterreichs haben nun zusaltz noch die Wörter mit -ër- ein ir (ia); von den obigen also Ernst (gelegalnt Ianst - nicht aber beim Namen, oder dort nur selten), Erde (Iad[n]), Herz (Hiatß). Die Kärntner können auch Ghiantna sein (Die Wiener Kärntnerstraße heißt noch bei Karl Kraus 'Kiantnastraßi').
Herzlichst! - und (Auch das ist eine Wiener Variante:)
Siiawaß!
Der Berthold
     





Vorbeischauer

#19
Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-05-16, 20:01:23
Zitat von: AmelieZapf in 2006-05-10, 17:44:46
Zwei ist malnn, zwo wilb und zwa ist salch.

Ich las gerade, dass es früher hieß:

zween (malnn)
zwo (wilb)
zwei (salch)

Wenngleich dieser Faden schon etwas länger unangetastet, und drum von Spinnwebenfäden wohl geradezu eingesponnen ist, gäbe ich doch auch gerne meinen Senf dazu: Was spräche denn gegen eine Kömmnetzung (Recessus narrativus von Kombination) beider Systeme? Etwa so:

malnn: zween
wilb: zwo
salch: zwa
Kardinalzahl, vor Adjektiven (,,zwei Kleine"), und überall sonst, wo es nicht ganz klar ist: zwei

Das ließe sich dann auch schön auf weitere Zahlen ausdehnen:

dreen - dro - drü (a und ü wechseln sich ab) - drei
viern - vior/vör (?) - viar/vär (?) - vier
fünf (hier ist die klassische Form die malnne, weil schon ein n vorhanden ist) - foiw - füw - fiew
sengs - sochs - sachs - sechs
sieben - siebo - siebu - siebe
achten - achto - achta - acht
neun - nowe - nüwe - neuw
zehen - zeho - zeha - zehe
elven - elvo - eilf (hier ändert sich das Schema) - elf
zwölven - zwölvo - zweilf - zwölf
...
zwanzing - zwanzo - zwanzech - zwanzig
...
hundern - hundro - hundra - hundert
tausen - tauso - tausa - tausend
oder:
tausen - tauso - tausend - tausig (Formen mit -ig gibt's z.Bl. in der Schweiz)

Fralg bleibt, ob bei Zusammensätzen beide oder nur ein Teil genusdekliniewirrt:
drozeho? drozehe? drozehn? dreizeho?
dreenzing? dreenzig? dreißing?


Vorbeischauer

Es wäre naturl auch molg, die Genusunterscheidung bei ,,hundert" und ,,tausend" ganz aufzugeben, weil das ja - ahln, aber nicht ganz so sehr wie ,,dutzend" - eigelnt halbe Substantive sind, und dazu noch solche, die mit unterschielder Bedut wilb oder salch sein können (,,die Hundert" - ,,das Hundert") - das wäre sonst vielleicht ein wenig zu viel des Guten...