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Begonnen von Arnymenos, 2005-02-17, 20:13:05

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gehabt gehabt

genieren

genor
genoren
genoere

gehabt gehabt

ich komme noch mal auf transpirieren zurueck. Selbst wenn eine getrennte Form moeglich waere (aufgrund einer weisen Ausnahmeregelung zB). Hiesse es dann eigentlich

ich por trans?
Ich spor tran?
oder
Ich spor trans?

Ich toeppe ja auf das letztere.

gehabt gehabt

Woerter, die auf der 3. und ff Silbe betont werden: wie schon festgestellt bei unbetonten Praefixen: unterscheiden, aber auch bei einigen Namen: Ludwigshafen

Lokomotive ist in der Tat ein merkwuerdiges Wort, eigentlich muesste es ja heissen "Das Lokomobil" oder "das Lokomotiv". Die Loesung des raetsels ist, dass das Wort aus dem Englischen Locomotive entlehnt wurde. Das e hat man dann als weibliche Endung interpretiert. Nachdem Motiv dann weiblich wurde, hat man es dann wohl so betont, wie man den Plural von Motiv betont.

Frage: warum heisst es eigentlich Direkt'orin Profess'orin
aber Mi'nisterin ?

gehabt gehabt

hier ein paar Beispiele bei denen es sich nicht lediglich um Praefixe handelt:

andert'halb
zweifels'ohne

MrMagoo

#19
Zitat von: gehabt gehabt in 2005-02-21, 10:35:22
Lokomotive ist in der Tat ein merkwuerdiges Wort, eigentlich muesste es ja heissen "Das Lokomobil" oder "das Lokomotiv". Die Loesung des raetsels ist, dass das Wort aus dem Englischen Locomotive entlehnt wurde. Das e hat man dann als weibliche Endung interpretiert. Nachdem Motiv dann weiblich wurde, hat man es dann wohl so betont, wie man den Plural von Motiv betont.

Das ist, was ich meine - nach germanischem Muster wird die Betonung oft auf die Stammsilbe verschoben, die sehr oft die erste Silbe ist. Dies ist im Englischen passiert, wo es 'motive heißt. In romanischen Sprachen liegt die Betonung meist auf der vorletzten Silbe, die Betonung Mo'tiv ist sicher von mo'tivus erhalten.

Ich nehme an, daß "Motiv" (noch) nicht wirklich heimisch im Deutschen ist, da es genug Ausweichausdrücke gibt wie Anlaß, Beweggrund oder Absicht.
Dasselbe wahrscheinlich bei Lokomo'tive, wo als Ausweichmöglichkeiten Zug oder Eisenbahn da wären. Hinzu kommt sicher, daß es eine Eisenbahn ja erst seit gut 200 Jahren gibt. Lokomo'tive würde, wenn es den Ausdruck denn schon länger gäbe, sicher die Betonung auf 'Lokomotive festgelegt haben.

Interessant sind einige Abweichungen wie le'bendig oder Ho'lunder, welche bis ins Mittelhochdeutsche tatsächlich 'lebendig und 'Holunder betont wurden.
Weiß jemand, wieso hier die Nebensilben den Hauptton angenommen haben?


ZitatFrage: warum heisst es eigentlich Direkt'orin Profess'orin
aber Mi'nisterin ?

Hier liegt's sicher an der schwachen, deutschen Endsilbe -er, die üblicherweise unbetont bleibt. Die Hauptbetonung Mi'nister nach romanischem Vorbild.
Professor/in, Doktor/in hingegen haben den Vollvokal 'o' in der Endsilbe und verschieben die Betonung - wieder nach romanischer Art - auf die vorletzte Silbe.
Anders sähe es aus, wenn es "Ministor" hieße...

Bei Doktor und Professor scheint sich das "o" weiter abzuschwächen, vielleicht nimmt später die weibliche Form auch die Betonung nach Ministerin an: Pro'fessorin, 'Doktorin (letzteres klingt meinen Ohren nach gar nicht mal so verkehrt  ;D ).
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

gehabt gehabt

Es ist inder Tat erstaunlich, wie wenig Ausnahmen es gibt:

zu Holunder kommt Wacholder

Schnee´wittchen Dorn'roeschen Weiss'roeckchen,  aber 'Rotkaeppchen

andere Namen: Pader'born, Moenchen'gladbach

mundartlich hoert man Buerger'meister und Fastel'ovend

Dann ist es erstaunlich, dass man sagt Nibe'lungen. War das im Mittelalter anfangsbetont?


Wenn man in Haydns Schoepfung das lebendig auf der 2. Silbe betont, klingt es aus dem Rhythmus geraten:

"Und Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbilde.
Nach dem Ebenbilde Gottes schuf er ihn. Mann und
Weib erschuf er sie. Den Atem des Lebens hauchte er
in sein Angesicht, und der Mensch wurde zur
lebendigen Seele."

Ich nehme an, man hat 'lebendig teilweise bis ins Ende des 18. Jhds gesagt



gehabt gehabt

noch einige Ausnahme der Betonung:

Forelle    (das scheint ein sehr "germanisches" Wort zu sein obwohl es frz oder lateinisch klingt)

Hornisse

Perlmutt

(das muesste es schon fast sein, denn Petersile, Paradies, Marketenderin etc sind fremden Ursprungs).

Dann gibt es aber nich eine ganze reihe von Woertern, die auf -ei enden: Schweinerei, Molkerei etc. Ich nehme an, die Endung -ei ist nicht deutschen Ursprungs sondern eher welsch, wie Cafeteria. oder?

Bei der Betonung von Namen scheint es liberaler zugegangen zu sein: Kriem'hilde aber 'Kriemhild.

Die Schweizer scheinen konsequenter als wir in der initialbetonung auch fremder Woerter zu sein. eine Freundin von mir, die sich nicht zurueckhalten kann, wenn es drum geht, leute zu "ver"appeln" hat mal in einem Schweizer Cafe "Einen 'Kchakchau" bestellt", weil sie dachte, so wuerden die Schweizer es aussprechen. Als die Kellnerin (sagt man in der Schweiz eigentlich immer noch Saaltochter?) das Getraenk brachte, sagte sie mit einem kaum zurueckgehaltenen Laecheln: " Da ist Ihr 'Schokcholat".

Einige Fremdwoerter haben es zumindestens in der Umgangssprache auch in Deutschland zu einer Initialbetonung gebracht.
Im 'B"urro 'Kaffee trinken und 'Billard spielen  (manchm,al hoert man gar 'Kaffe).


MrMagoo

Zitat von: gehabt gehabt in 2005-02-22, 07:44:43
...
andere Namen: Pader'born ...

Ich bin erstaunt!!!  :D
Normalerweise weiß das keiner, der nicht zumindest aus dem Kreise kommt...
Man hört sonst eigentlich immer nur die falsche Betonung 'Paderborn.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

versucher

Erinnert ihr euch noch an das Gezerre um die "Vulkan-Werft"? Da wurde in den Nachrichten immer auf der 1. Silbe betonen, dabei heißt es doch Vul'kan. Und es gibt sogar Betonungen, die die Bedeutung anzeigen: Der Schwimmstil heißt 'Delphin, der Meeresbewohner heißt Del'phin.
Ich hoffe, ich habe die Apostrophe richtig benotzen.

gehabt gehabt

oder heisst der Schwimmstil 'dolphin (mit englischer Aussprache) und das Viech Del'phin oder Del'fin ?

versucher

Beides wird gleich geschrieben (Delphin), aber verschieden betonen.

caru

die jiddische entsprechung zu lebendig ist übrigens 'lebedik.

und die 'nibelungen sollte man immer anfangsbetonen, schon allein wegen wagner. wer "der ring des nibe'lungen" sagt, hat noch nie eine der vier opern gehört.
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

versucher

Wenn sie mal im Kopf sitzt, will sie da nicht mehr so schnell weg, die Sache mit den Betonungen.
Anapästische Wörter sind im Deutschen auch:

vulkani'sieren (siehe meine Bemerkung weiter oben)
Ziga'retten

Telefon hat sogar drei Möglichkeiten der Betonung:

Tele'fon
'Telefon
Tällefon (in Baden geläufig; erste und letzte Silbe betont, die ersten zwei werden ganz schnell amalgamoren)  

"Motor" wird auf der 1. Silbe betonen (-unen, -anen?), bei "motori'sieren" sind die ersten drei unbetont. (In Baden ist auch beim Substantiv die Betonung hinten).  

Klar, urdeutsch sind sie alle nicht. Aber was ist mit -
allen Wörtern, die mit
über-
hinter-
unter-
beginnen?
Da sind viele Anapäste dabei. (Hinter'fragen, unter'scheiden...)
Bei Wörtern, die mit "ober-" beginnen, hingegen kaum. (Oberhalb, oberflächlich...)

Man kann auch Satzanfänge anapästisch aussprechen, obwohl das erste Wort eigentlich anders ausgesprochen wird, z. B. "Keine Fehler darf man machen." Man zieht die beiden zu einem Wort zusammen und lässt die eigentlich betunene (?) erste Silbe von "keine" unbetanen (?), zugunsten der "Fehler".

Interessant:
die "Unter'haltung" ist  Anapäst,
der "Unterhalt" ist Daktylus.
Einen Text "über'setzen" ist Anapäst,
Zu einer Insel "übersetzen" ist Daktylus. (Witzig: "Zur Insel gegen'über 'übersetzen." Anapäst und Daktylus direkt aufeinanderfolgend.)

Soviel erst mal dazu
Euer dilettierender Versucher

Kilian

Zitat von: versucher in 2005-02-23, 00:52:32Interessant:
die "Unter'haltung" ist  Anapäst,
der "Unterhalt" ist Daktylus.
Einen Text "über'setzen" ist Anapäst,
Zu einer Insel "übersetzen" ist Daktylus. (Witzig: "Zur Insel gegen'über 'übersetzen." Anapäst und Daktylus direkt aufeinanderfolgend.)

Partikelverben mit über-, unter-, hinter-, durch-, um- und wieder- können sowohl fest als auch unfest sein, woraus sich auch diese Betonungs- und Bedeutungsunterschiede ergeben, z.B. auch bei um'gehen - um'ging..., aber 'umgehen - ging 'um.... Entsprechend: übergehen, unterstellen, durchfahren, wiederholen.

Arnymenos

#29
Da gibt es so viel, was ich sagen möchte... aber ich erinnere mich mit Schrecken zurück, als ich wochenlang in meinem Zimmerhockte und versuchte, die deutsche Wortbetonung zu verstehen. Ich habe schließlich eine lange Arbeit darüber geschrieben, die mein Dozent ganz gut fand, und in der ich über alles, was bisher gesagt worden ist, sogar noch ein Stück hinaus gegangen bin. Kurz gesagt, ich war mir am Ende sicher, mehr über die Regeln der deutschen Wortbetonung zu wissen als jede Grammatik. Und ich habe bis zum Schluss gegen die Aussage gekämpft, man müsse zu jedem Wort die Betonung mitlernen, denn es gibt ja Regeln, und so viele... so entsetzlich viele... und so viele Ausnahme, die sich wieder mit Regeln erfassen lassen... und hunderte Versuche, all das zu erklären...

Ich habe damals an einem Punkt, wo ich guten Gewissens diese Arbeit schreiben konnte, aufgegeben.

Wer will, kann "German Word Stress in OT" von Caroline Féry lesen (als pdf, aber irgendwas ist da kaputt... das hier müsste es aber sein), das ist eine der neueste Zusammenfassungen, die ich dann für meine Arbeit nochmal zusammengekorzen habe. Wer will, kann auch das mal lesen  8)