Kausativ in Konjugationsliste aufnehmen

Begonnen von gehabt gehabt, 2005-03-10, 10:26:47

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caru

Zitat von: versucher in 2005-03-18, 13:20:51
Italienisch und Latein -
Was ich mich schon lange frage: Wie spricht man Latein denn nun am besten aus? Da alle römischen Tonträger leider verschollen sind, kann man nur spekulieren, aber wer spekuliert am authentischsten? Die Bayern reden anders Latein als die Baden-Württemberger. Blieb denn nicht die "richtige" Aussprache über Kirche und Universität erhalten? Warum gehen die Ansichten auseinander?

tja, die gehen wohl auseinander, seit das niemand mehr als muttersprache spricht. und sie gehen WEIT auseinander.

italiener sprechen latein so, daß es nur wie italienisch klingt, man hört gar keinen unterschied. englischsprachige sprechen es englisch. pfuideibel.

an manchen deutschen unis und sogar mittelschulen soll die pronuntiatio restituta verbreitet sein - etwas, was man mit guten gründen für ein rekonstrukt dessen hält, was ein gebildeter römer in formellem kontext etwa im 1. jh. v. chr. sprach (cäsar, cicero, ovid...)
besser gehts wohl nicht. ich weiß, wie's klingt, aber mir fehlts an genaueren hintergrundinformationen.
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Kilian

Oder "Vierthochdeutsch", um das Benennungsschema nach oben zu öffnen.

Aber mit so wenig zeitlicher Distanz fällt eine Einteilung analog ahd.-mhd.-nhd. natürlich schwer. Unsere althochdeutsch sprechenden Ahnen kannten den Begriff althochdeutsch ja auch nicht.

gehabt gehabt

Zitat von: versucher in 2005-03-18, 13:20:51
Italienisch und Latein -
Was ich mich schon lange frage: Wie spricht man Latein denn nun am besten aus? Da alle römischen Tonträger leider verschollen sind, kann man nur spekulieren, aber wer spekuliert am authentischsten?

Schoen gesagt. Die Tontrager damals waren ja Schall und Rauch und deshalb sind die Toene verschollen. Waren es Schellackplatten gewesen, koennte man sagen, die Tontrager seinen zerschellt.

Ich habe vor einiger Zeit eine Spekulation gelesen, dass es tatsaechlich Tonaufnahmen (im wahrsten und doppelten Sinne des Wortes) aus roemischer und frueherer Zeit geben koennte. Wenn ein Toepfer naemlich mit einem Stift Rillen in ein rotierendes Gefaess zeichet, dann haben wir es mit derselben physikalischen Anordnung zu tun wie bei der Aufnahme einer Schallplatte oder einer Wachstwalze. Wenn also der Toepfer bei der Arbeit singt oder seine Frau ihn zum Essen ruft, sollte man das mit einer Art Grammofon rekonstruieren koennen. Ich habe aber nicht mehr von dieser Idee gehoert. Als allererstes muesste man anhand von versuchen pruefen ob so etwas im Prinzip funktioniert. Ich nehme an man hat es getan und es ging nicht. Schade.

versucher

In diesem Faden sind wir schon ziemlich lange weitab vom Schuss (was hieß diese Wendung eigentlich ursprünglich mal?).
Deshalb nochmal an Arnymenos die Frage/Bitte, ob er sein Kausativ-Konzept nicht noch einmal schön übersichtlich zusammenfassen kann, mit Satzstellung etc., also so, dass man damit dann auch wieder dichten kann, wie es caru so prächtig mit Ieren getan hat.

Caoimhín Caoilfhinn Ó Braonáin

Ich hab da ne völlig unkonstruktive Frage:

Die Endungen der schwachen Verben stammen doch vom Verb "tun" ab, richtig? War diese Bildung von Anfang an einfach eine Kausativbildung, so wie wir heute z.B. sagen können (wenn's auch nicht besonders toll klingt): "Sie macht mich lachen", nur statt machen damals mit tun???
´ôleto mén moi nóstos, atàr kléos áphthiton éstai

asmé prthú s´rávo brhát | vis´vâyur dhehy ákshitam

ek veit einn at aldri deyr | dómr um dauðan hvern

                                  Sigemunde gesprong
æfter deaðlæge      dom unlytel

MrMagoo

Zitat von: Caoimhín Caoilfhinn Ó Braonáin in 2005-04-04, 18:06:29
Ich hab da ne völlig unkonstruktive Frage:

Die Endungen der schwachen Verben stammen doch vom Verb "tun" ab, richtig? War diese Bildung von Anfang an einfach eine Kausativbildung, so wie wir heute z.B. sagen können (wenn's auch nicht besonders toll klingt): "Sie macht mich lachen", nur statt machen damals mit tun???


Ja, so jedenfalls versucht man sich die Endung -te zu erklären, ganz eindeutig ist das aber wohl noch nicht?!
Ich selbst halte diese These für sehr schlüssig.

Es gab ursprünglich drei Gruppen schwacher Verben, die sich durch ihre Präsensendungen unterschieden.

I. Verben mit der alten Endung -jan waren zumeist kausative Verben.
II. Verben mit der Endung -ôn waren meist Handlungsverba.
III. Verben mit der Endung -ên waren meist Zustandsverben und Zustandseintrittsverben, wobei letztere einst auch eine eigene Klasse bildeten.

Das Präteritum wurde bei allen mit der Endung -te gebildet, die Präsensendungen waren spätestens im Mittelhochdeutschen komplett zusammengefallen.

Ich frage mich, welche Eigenbedeutung diese Präsenssuffixe hatten. Weiß da zufällig jemand Näheres?
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Arnymenos

Dieses alte System kann man doch wieder aufnehmen, oder nicht?

Fassen wir -ja-, -ô-, -ê- als Klassenmorpheme auf. -n ist die Infinitivendung, wie sie es heute noch ist (oder wieder, denn seit das Schwa völlig abgeschwächt ist, kann man es zumindest hier als epenthetisch (=eingefügt) betrachten). Dann wäre der Sprung vom AHD zum NHD nur der, dass diese Klassenmorpheme ersatzlos gestrichen wurden. Ein leichtes, sie wieder reinzutun. Sie stehen dann an Stelle des Schwa.

Das -j- der Klasse I erscheint natürlich nicht, sondern ist als Umlaut sichtbar. Außerdem sind Langvokale in der Endung für unsere Betonungsstruktur unmöglich (wir würden Verben dann auf der Endung betonen, wie ekelhaft). Deswegen sind diese Morpheme heute -a-, -o-, -e-.



Kennt noch jemand die ahd.en Formen von "tun"? Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass die Vergangenheit "tat" eine nachträgliche Bildung ist. Der Vokalwechsel genöge vollkommen, die Endung ist eigentlich überflüssig. Kann es also sein, dass "tat" früher als "ta" erschien? Dann müsste man es nur an den Verbstamm hängen:

"ich lachte" -> ich tat lachen (Umschreibung, weil nicht alle Verben stark geformt werden konnten) -> ich lachen ta (deswegen Hilfverb dahinter)-> ich lachen-ta -> ich lach-ta (Verschmelzen) -> ich lach-te (Abschwächung der unbetonten Silbe)

So erscheint es auch mir plausibel. Mein etwas schräger Prof in Dublin würde jetzt dagegen halten, dass das Verb "tun" doch auch aus der Endung "-te" entstanden sein könnte... ;)


MrMagoo

Zitat von: Arnymenos in 2005-04-04, 19:39:15
Dieses alte System kann man doch wieder aufnehmen, oder nicht?

Fassen wir -ja-, -ô-, -ê- als Klassenmorpheme auf. -n ist die Infinitivendung, wie sie es heute noch ist (oder wieder, denn seit das Schwa völlig abgeschwächt ist, kann man es zumindest hier als epenthetisch (=eingefügt) betrachten). Dann wäre der Sprung vom AHD zum NHD nur der, dass diese Klassenmorpheme ersatzlos gestrichen wurden. Ein leichtes, sie wieder reinzutun. Sie stehen dann an Stelle des Schwa.

Das -j- der Klasse I erscheint natürlich nicht, sondern ist als Umlaut sichtbar. Außerdem sind Langvokale in der Endung für unsere Betonungsstruktur unmöglich (wir würden Verben dann auf der Endung betonen, wie ekelhaft). Deswegen sind diese Morpheme heute -a-, -o-, -e-.

Das könnten wir zumindest versuchen. :)



ZitatKennt noch jemand die ahd.en Formen von "tun"? Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass die Vergangenheit "tat" eine nachträgliche Bildung ist. Der Vokalwechsel genöge vollkommen, die Endung ist eigentlich überflüssig. Kann es also sein, dass "tat" früher als "ta" erschien?

Nein, "tat" ist keine nachträgliche Bildung.
Die althochdeutschen Präteritumformen lauten:

(1.,3. Sg.) teta

(2. Sg.) tâti
(1.,3. Pl.) tâtun
(2. Pl.) tâtut

---> Der Stamm der 1. und 3. Person Singular ist -ta, d.h. also daß das Präteritum von "tun" einst durch Reduplikation (te-ta) gebildet wurde.
Später ist die zweite Silbe abgeschwächt worden, sodaß sie heute nicht mehr als Stammsilbe zu erkennen ist.
Die übrigen Personen haben sich der Konjugation der starken Verben (5. Reihe, Bsp: "gab") angepaßt.



ZitatDann müsste man es nur an den Verbstamm hängen:

"ich lachte" -> ich tat lachen (Umschreibung, weil nicht alle Verben stark geformt werden konnten) -> ich lachen ta (deswegen Hilfverb dahinter)-> ich lachen-ta -> ich lach-ta (Verschmelzen) -> ich lach-te (Abschwächung der unbetonten Silbe)

Ja, so ist es auch passiert (zumindest den Theorien nach).



ZitatSo erscheint es auch mir plausibel. Mein etwas schräger Prof in Dublin würde jetzt dagegen halten, dass das Verb "tun" doch auch aus der Endung "-te" entstanden sein könnte... ;)
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Nein, "tun" ist nachweislich ein äußerst altes Verb, älter noch als das schwache Präteritum (welches wohl wie oben gesagt aus 'tun' hervorgegangen sein mag) - aus der (relativ) jungen Endung "-te" kann es also nicht entstanden sein. :)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Ly

Zitat von: MrMagoo in 2005-04-04, 20:26:20
Zitat von: Arnymenos in 2005-04-04, 19:39:15
Dieses alte System kann man doch wieder aufnehmen, oder nicht?

Fassen wir -ja-, -ô-, -ê- als Klassenmorpheme auf. -n ist die Infinitivendung, wie sie es heute noch ist (oder wieder, denn seit das Schwa völlig abgeschwächt ist, kann man es zumindest hier als epenthetisch (=eingefügt) betrachten). Dann wäre der Sprung vom AHD zum NHD nur der, dass diese Klassenmorpheme ersatzlos gestrichen wurden. Ein leichtes, sie wieder reinzutun. Sie stehen dann an Stelle des Schwa.

Das -j- der Klasse I erscheint natürlich nicht, sondern ist als Umlaut sichtbar. Außerdem sind Langvokale in der Endung für unsere Betonungsstruktur unmöglich (wir würden Verben dann auf der Endung betonen, wie ekelhaft). Deswegen sind diese Morpheme heute -a-, -o-, -e-.

Das könnten wir zumindest versuchen. :)



ZitatKennt noch jemand die ahd.en Formen von "tun"? Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass die Vergangenheit "tat" eine nachträgliche Bildung ist. Der Vokalwechsel genöge vollkommen, die Endung ist eigentlich überflüssig. Kann es also sein, dass "tat" früher als "ta" erschien?

Nein, "tat" ist keine nachträgliche Bildung.
Die althochdeutschen Präteritumformen lauten:

(1.,3. Sg.) teta

(2. Sg.) tâti
(1.,3. Pl.) tâtun
(2. Pl.) tâtut

---> Der Stamm der 1. und 3. Person Singular ist -ta, d.h. also daß das Präteritum von "tun" einst durch Reduplikation (te-ta) gebildet wurde.
Später ist die zweite Silbe abgeschwächt worden, sodaß sie heute nicht mehr als Stammsilbe zu erkennen ist.
Die übrigen Personen haben sich der Konjugation der starken Verben (5. Reihe, Bsp: "gab") angepaßt.

Aus reiner Neugier würden mich mal die Präsensformen interessieren...
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

MrMagoo

Kann ich Dir auch sagen, sind aber nichts besonderes...
(Die jeweils erste Form ist die älteste)

Singular
1. Ps. tôm, tuon
2. Ps. tôs, tuos, später: tuost
3. Ps. tôt, tuot

Plural
1. Ps. tômês, tuomês, später: tuon
2. Ps. tôt, tuot
3. Ps. tônt, tuont
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Ly

Dankeschön.  :)

Die dritte Person Plural sieht komisch aus, diese -nt-Endung mutet romanisch an o.O
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

Arnymenos

Althochdeutsche Verbendungen sehen zuweilen sehr verdächtig nach Latein aus. Aber können wir überhaupt das Germanische vor 700 AD untersuchen?
Der letzte gemeinsame Vorfahre des Deutschen und des Lateinischen lag ja noch lange davor. Verwandt sind sie, aber die Ähnlichkeit geht mir da zu weit.

Ly

Der letzte gemeinsame Vorfahre war die indogermanische Ursprache, und deren Verbendungen sahen nochmal anders aus. ;D

Beispiel: Konjugation des Verbs *gwh(é)n (schlagen)

1.sg. *gwhén-mi
2.sg. *gwhén-si
3.sg. *gwhen-ti
1.pl. *gwhn-més
2.pl. *gwhn-té
3.pl. *gwhn-énti

Die 1. Person Singular-Endung findet sich auf Latein z.B. noch bei "sum" oder den Imperfekt-Endungen wieder, die auf "-m" enden.

Die 2. Person Singular sieht wie der kleinste gemeinsame Nenner zwischen lateinischem "-as", "-es" oder "-is" und althochdeutschem "-s(t)" aus...

Die 3. Person Singular ist eigentlich so heute noch wieder zu finden, sowohl auf Latein als auch auf Deutsch ist ja die Endung dafür "-t" (bei Latein eben noch mit Vokal davor).

Die 1. Person Plural sieht nach lateinischem "-mus" und spanischem "-mos" aus, was ja aufs gleiche herausläuft.

Die 2. Person Plural findet sich auf deutsch in "ihr geh-t" und Latein "i-tis".

Und die dritte Person Plural wurde ja weiter oben schon besprochen  ;D
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

MrMagoo

#88
Zitat von: Ly in 2005-04-06, 18:06:13
Der letzte gemeinsame Vorfahre war die indogermanische Ursprache, und deren Verbendungen sahen nochmal anders aus. ;D

Nicht eine Ursprache, sondern ein Haufen von Urdialekten...
(Nur zur Erinnerung...)
Da der Hauptzweck der deutschen Sprache (die in sich in Dialekte gegliedert war und auch heute noch ist) war die Vermittlung von römisch-christlichen Werten. 99% aller althochdeutsch verfaßten Texte sind christlich - ein Grund, warum die Endungen im Althochdeutschen tatsächlich dem Latein äußerst nahe kommen.



ZitatBeispiel: Konjugation des Verbs *gwh(é)n (schlagen)

1.sg. *gwhén-mi
2.sg. *gwhén-si
3.sg. *gwhen-ti
1.pl. *gwhn-més
2.pl. *gwhn-té
3.pl. *gwhn-énti

Die 1. Person Singular-Endung findet sich auf Latein z.B. noch bei "sum" oder den Imperfekt-Endungen wieder, die auf "-m" enden.

Stimmt genau, aber auch im Deutschen haben wir noch ein einziges Verb, welches diese alte Endung bis heute behalten hat: "ich bin" (aus althochdeutsch: beom).
Diese Endung hält sich außerdem in einigen Dialekten, bestes Beispiel: "ich han".


ZitatDie 2. Person Singular sieht wie der kleinste gemeinsame Nenner zwischen lateinischem "-as", "-es" oder "-is" und althochdeutschem "-s(t)" aus...

Nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner; die althochdeutsche Endung für die 2. Person ist -is.
Das "i", das mittlerweile verlorengegangen ist, ist verantwortlich für die Umlaute in "du fährst, du liest, du trägst, du siehst", usw.
Das "-t" ist spät, aussprachebedingt soweit ich mich erinnern kann.


ZitatDie 3. Person Singular ist eigentlich so heute noch wieder zu finden, sowohl auf Latein als auch auf Deutsch ist ja die Endung dafür "-t" (bei Latein eben noch mit Vokal davor).

Auch im Althochdeutschen stand vor dem t der Vokal i, daher auch hier noch heute der Umlaut (er fährt, liest... s.o.).


ZitatDie 1. Person Plural sieht nach lateinischem "-mus" und spanischem "-mos" aus, was ja aufs gleiche herausläuft.

Jap - und diese Endung scheint eine Besonderheit zu bergen: Einige Theorien gehen davon aus, daß -mes (oder -mus, -mos) ein nachgestelltes altes Personalpronomen für die 1. Person Plural ist. Unsere heutige Endung "-en" ist demnach wahrscheinlich keine Abschwächung des -mes, sondern wohl eine "Ersatzendung".

Vielleicht ist ein Rest dieses alten Pronomens noch heute in Mundarten erhalten, in denen man "mer" oder "mir" anstelle von "wir" sagt?!
Zitat
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Caoimhín Caoilfhinn Ó Braonáin

#89
Zitat von: MrMagoo in 2005-04-04, 18:58:24
Es gab ursprünglich drei Gruppen schwacher Verben, die sich durch ihre Präsensendungen unterschieden.

I. Verben mit der alten Endung -jan waren zumeist kausative Verben.
II. Verben mit der Endung -ôn waren meist Handlungsverba.
III. Verben mit der Endung -ên waren meist Zustandsverben und Zustandseintrittsverben, wobei letztere einst auch eine eigene Klasse bildeten.

Das Präteritum wurde bei allen mit der Endung -te gebildet, die Präsensendungen waren spätestens im Mittelhochdeutschen komplett zusammengefallen.

Ich frage mich, welche Eigenbedeutung diese Präsenssuffixe hatten. Weiß da zufällig jemand Näheres?

Das -ja- in -jan stammt doch bestimmt vom IE Kausativ/Iterativ in *-e/oie ab. -ôn und -ên sehen nach Ablautvariationen aus, aber ich sollte mich lieber mit wilden Spekulationen zurückhalten...

Zustandsverben und Zustandseintrittsverben/Zustandsveränderungverben waren IE zwei verschiedene Bildungsformen, wobei Zustandsveränderung (Fientiv) durch das Medium ausgedrückt wurde und Zustand (Stativ) durch eigene Formen (Stativformen, über die allerdings noch kräftig debattiert wird.

Überhaupt wird auf dem Gebiet der Indogermanistik noch viel diskutiert. Zum Beispiel setzte ich in oben aufgeführter Konjugation des IE Verbums *gwhen/gwhn die Endung der 2.pl. in Klammern. Die rekonstruierte Form *-te oder *-tes ist zwar nicht unglaubwürdig, lässt aber die Sanskritendung -tha außer Betracht. Auf diese gründend rekonstruiert Beekes stattdessen *-th1e.

Aber ich schwebe mal wieder auf irgendwelche weitabe (!) Pfäde aus.)
´ôleto mén moi nóstos, atàr kléos áphthiton éstai

asmé prthú s´rávo brhát | vis´vâyur dhehy ákshitam

ek veit einn at aldri deyr | dómr um dauðan hvern

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æfter deaðlæge      dom unlytel