Kausativ in Konjugationsliste aufnehmen

Begonnen von gehabt gehabt, 2005-03-10, 10:26:47

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Arnymenos

Sind ahd. ezzan, geban, tretan, messan (so gibt sie mir der Duden 7 "Herkunftswörterbuch") etc. Kausative? Oder fehlt uns eine Inifinitvendung in obiger Auflistung?

MrMagoo

Zitat von: Caoimhín Caoilfhinn Ó Braonáin in 2005-04-07, 01:02:20
Zitat von: MrMagoo in 2005-04-04, 18:58:24
Es gab ursprünglich drei Gruppen schwacher Verben, die sich durch ihre Präsensendungen unterschieden.

I. Verben mit der alten Endung -jan waren zumeist kausative Verben.
II. Verben mit der Endung -ôn waren meist Handlungsverba.
III. Verben mit der Endung -ên waren meist Zustandsverben und Zustandseintrittsverben, wobei letztere einst auch eine eigene Klasse bildeten.

Das Präteritum wurde bei allen mit der Endung -te gebildet, die Präsensendungen waren spätestens im Mittelhochdeutschen komplett zusammengefallen.

Ich frage mich, welche Eigenbedeutung diese Präsenssuffixe hatten. Weiß da zufällig jemand Näheres?

Das -ja- in -jan stammt doch bestimmt vom IE Kausativ/Iterativ in *-e/oie ab. -ôn und -ên sehen nach Ablautvariationen aus, aber ich sollte mich lieber mit wilden Spekulationen zurückhalten...

Ich hab mich mit der Indogermanistik noch nicht wirklich befaßt, die -jan-Endung ist aber bestimmt die IE Kausativendung, bin ich mir fast sicher.
Weißt Du zufällig, ob in diesem Fall die Endung -jan aus einem eigenen, selbständigen Wort entstanden ist?! Viele (die meisten?) Suffixe waren ursprünglich selbständig bedeutungstragend, mich würd interessieren, ob das bei "-jan" auch der Fall war.



ZitatZustandsverben und Zustandseintrittsverben/Zustandsveränderungverben waren IE zwei verschiedene Bildungsformen, wobei Zustandsveränderung (Fientiv) durch das Medium ausgedrückt wurde und Zustand (Stativ) durch eigene Formen (Stativformen, über die allerdings noch kräftig debattiert wird.

Ah, das ist interessant - danke für die Info.
Damit bildeten die Inchoativa also keine eigene Verbklasse sondern waren neben Aktiv und Passiv sozusagen ein weiteres Genus Verbi? In diesem Falle hätte man also von sämtlichen (zumindest Zustandsverben) die Zustandseintrittsverben formen können?!


ZitatÜberhaupt wird auf dem Gebiet der Indogermanistik noch viel diskutiert. Zum Beispiel setzte ich in oben aufgeführter Konjugation des IE Verbums *gwhen/gwhn die Endung der 2.pl. in Klammern. Die rekonstruierte Form *-te oder *-tes ist zwar nicht unglaubwürdig, lässt aber die Sanskritendung -tha außer Betracht. Auf diese gründend rekonstruiert Beekes stattdessen *-th1e.Aber ich schwebe mal wieder auf irgendwelche weitabe (!) Pfäde aus.)

Dazu weiß ich näheres auch nicht zu sagen - bis in die Indogermanistik bin ich wie gesagt noch nicht wirklich vorgedrungen (bzw. zurückgedrungen...*hehe*). Aber danke erstmal für die obigen Informationen.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

Zitat von: Arnymenos in 2005-05-17, 16:44:45
Sind ahd. ezzan, geban, tretan, messan (so gibt sie mir der Duden 7 "Herkunftswörterbuch") etc. Kausative? Oder fehlt uns eine Inifinitvendung in obiger Auflistung?

Mir ging's oben nur um die schwachen Verben (Endungen -jan, -ôn, -ên; je nach Klasse).
Die Endung -an kommt den starken Verben zu.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Ly

Zitat von: MrMagoo in 2005-05-18, 13:23:34
Zitat von: Arnymenos in 2005-05-17, 16:44:45
Sind ahd. ezzan, geban, tretan, messan (so gibt sie mir der Duden 7 "Herkunftswörterbuch") etc. Kausative? Oder fehlt uns eine Inifinitvendung in obiger Auflistung?

Mir ging's oben nur um die schwachen Verben (Endungen -jan, -ôn, -ên; je nach Klasse).
Die Endung -an kommt den starken Verben zu.

Dann waren damals ja so gut wie alle Verben stark o.o

Wenn ich in meinen Wahrig schaue und die Herkunft eines Verbs durchlese, hatte es auf ahd. fast immer eine -an-Endung.
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

Arnymenos

Das mag daran liegen, dass diejenigen Verben, die sich mühelos bis ins AHD zurückverfolgen lassen, typischerweise zum Grundwortschatz gehören, der älter ist als seltenere Wörter und später entlehnte. Seltenes und Entlehntes jedoch tendiert zur Schwäche.

Die starken Verben haben zwar einen kleinen Anteil an der Gesamtzahl der Verben, aber diese wenigen werden häufiger verwendet. Ich stand schon oft vor dem Problem, dass ich ein ganz einfaches schwaches Verb suchte, und unter der Prämisse "einfach" fiel mir zunächst eine ganze Reihe starker Verben ein.


Danke, dann kann ich die Endung jetzt zuordnen.

MrMagoo

Zitat von: Ly in 2005-05-18, 14:50:06
Zitat von: MrMagoo in 2005-05-18, 13:23:34
Zitat von: Arnymenos in 2005-05-17, 16:44:45
Sind ahd. ezzan, geban, tretan, messan (so gibt sie mir der Duden 7 "Herkunftswörterbuch") etc. Kausative? Oder fehlt uns eine Inifinitvendung in obiger Auflistung?

Mir ging's oben nur um die schwachen Verben (Endungen -jan, -ôn, -ên; je nach Klasse).
Die Endung -an kommt den starken Verben zu.

Dann waren damals ja so gut wie alle Verben stark o.o

Wenn ich in meinen Wahrig schaue und die Herkunft eines Verbs durchlese, hatte es auf ahd. fast immer eine -an-Endung.

Genauso ist es: Verben die zum Grundwortschatz gehören sind fast ausschließlich starke Verben - schwache Verben, zumindest die älteren, sind fast alle Sekundärverben, also abgeleitet.

Heute sind die starken Verben nicht mehr produktiv, d.h. die alte Flexionsweise durch Ablaut ist aufgegeben und durch die schwache Flexion mit dem Suffix "-te" ersetzt. Das wiederum heißt, daß sämtliche "neuen" Verben schwach konjugieren.

Die starken Verben sterben entweder nach und nach aus, oder sie werden mit der Zeit zu schwachen Verben - je seltener dabei ein Verb in Verwendung ist, desto schneller wird es geschwächt.

Im heutigen Deutsch gibt es durchschnittlich noch ca. 150-200 starke Verben (variiert je nach Grammatik, Mundart, Anwendung, etc.) - das ist sozusagen der Rest der wichtigsten Verben überhaupt die somit wie gesagt zum Grundwortschatz der deutschen Sprache gehören.

Zu diesen starken Verben kommen noch eine Handvoll (ca. 30) unregelmäßige Verben + die unendliche Anzahl der schwachen Verben, die ja dauernd anwächst...
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Ly

Zitat von: MrMagoo in 2005-05-18, 19:46:03
Zitat von: Ly in 2005-05-18, 14:50:06
Zitat von: MrMagoo in 2005-05-18, 13:23:34
Zitat von: Arnymenos in 2005-05-17, 16:44:45
Sind ahd. ezzan, geban, tretan, messan (so gibt sie mir der Duden 7 "Herkunftswörterbuch") etc. Kausative? Oder fehlt uns eine Inifinitvendung in obiger Auflistung?

Mir ging's oben nur um die schwachen Verben (Endungen -jan, -ôn, -ên; je nach Klasse).
Die Endung -an kommt den starken Verben zu.

Dann waren damals ja so gut wie alle Verben stark o.o

Wenn ich in meinen Wahrig schaue und die Herkunft eines Verbs durchlese, hatte es auf ahd. fast immer eine -an-Endung.

Genauso ist es: Verben die zum Grundwortschatz gehören sind fast ausschließlich starke Verben - schwache Verben, zumindest die älteren, sind fast alle Sekundärverben, also abgeleitet.

Heute sind die starken Verben nicht mehr produktiv, d.h. die alte Flexionsweise durch Ablaut ist aufgegeben und durch die schwache Flexion mit dem Suffix "-te" ersetzt. Das wiederum heißt, daß sämtliche "neuen" Verben schwach konjugieren.

Die starken Verben sterben entweder nach und nach aus, oder sie werden mit der Zeit zu schwachen Verben - je seltener dabei ein Verb in Verwendung ist, desto schneller wird es geschwächt.

Im heutigen Deutsch gibt es durchschnittlich noch ca. 150-200 starke Verben (variiert je nach Grammatik, Mundart, Anwendung, etc.) - das ist sozusagen der Rest der wichtigsten Verben überhaupt die somit wie gesagt zum Grundwortschatz der deutschen Sprache gehören.

Zu diesen starken Verben kommen noch eine Handvoll (ca. 30) unregelmäßige Verben + die unendliche Anzahl der schwachen Verben, die ja dauernd anwächst...

Das ist ja furchtbar  :o

Zum Glück gibt's uns ;D
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gehabt gehabt

Zitat von: MrMagoo in 2005-05-18, 19:46:03
Genauso ist es: Verben die zum Grundwortschatz gehören sind fast ausschließlich starke Verben - schwache Verben, zumindest die älteren, sind fast alle Sekundärverben, also abgeleitet.

Da unser Matheprofessor sah, wie schwer uns das Ableiten von Funktionen fiel behauptete er, man koenne sagen: Ich habe die Funktion abgelitten ;-)

Kilian

Wie recht er hat. Da kann ich von so manchem Leid/tensweg ein Lied singen. ;D

Ly

Zitat von: Arnymenos in 2005-04-04, 19:39:15
"ich lachte" -> ich tat lachen (Umschreibung, weil nicht alle Verben stark geformt werden konnten) -> ich lachen ta (deswegen Hilfverb dahinter)-> ich lachen-ta -> ich lach-ta (Verschmelzen) -> ich lach-te (Abschwächung der unbetonten Silbe)


Ich will nicht so tun, als wüsste ich wovon ich rede, aber das erscheint mir logisch: Die einzigen Vergangenheitsformen althochdeutscher Verben, die ich kenne, enden in der dritten Person Plural auf "-un":

Eiris sazun idisi
sazun hera duoder.
suma hapt heptidun,
suma heri lezidun,
suma clobodun

Einst saßen Disen
saßen hier und dort
Einige banden (hefteten) Fesseln
Einige hielten die Heere auf
Einige lösten die Fesseln

(kann auch falsch sein, ich habe das mal eben aus dem Gedächtnisse zit georen, aber das gröbste müsste stimmen)

diese "-un"-Endung könnte gut von diesem tônt kommen, vor allem mit d davor wie in den anderen drei Verben in dem Text...
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

MrMagoo

Ja, genau so vermute ich das auch.

Inwieweit die Forschung da Belege hat würde mich mal interessieren, denn es wird immer nur von Theorien gesprochen, nie von Belegen. Eine dieser Theorien geht von einem Dentalpräteritum aus, (so wie ich das interpretiere) wohl ein zwischen Verbstamm und Personalendung geschobenes "t", das eigenständig Präteritummerkmal war aber nichts mit "tun" zu tun hatte?!
Ich versuche, mich da mal schlauer zu machen - persönlich tendiere ich auch zur "tun-Anhängung", denn die scheint mir noch die logischste.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)