Kausativ in Konjugationsliste aufnehmen

Begonnen von gehabt gehabt, 2005-03-10, 10:26:47

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gehabt gehabt

Neues Projekt:

Wir sollten nicht um jeden Preis staerken sondern die schwachen Formen fuer Kausative ) reservieren. Den Kausativ als gesonerte Form (Aspect) eines Verbs betrachten, nicht als gesondertes Verb. Kausative neu erfinden.  Das Passsiv wird nur im Kausatibv gebildet Die Glocke wurde geschellt.

Beispiel:

die Glocke schall , scholl, ist erschollen
ich schelle, schellte, habe geschellt  (Kausativ: schellen machen)

erschrecken, erschrak, erschrocken
erschrecken, erschreckte, erschreckt

Frueher onff sich das Tal nur nach Sueden, die neue Strasse es auch nach Norden.

oeffnen, onff geonffen
oeffnen oeffnete geoeffnet

trinken trank getrunken
traenken, traenkte, getraenkt

Frueher starb man einfach zuhause, heute gibt es spezielle Sterbeheime: Man hat unsere Oma in einem solchem mit grossem Aufwand gesterbt, mit Seelsorger, Schmerztherapeuten etc.

sterben starb gestorben
sterben sterbte gesterbt

Arnymenos

Wir haben doch schon einen Artikel ueber solche Kausative, als Gastbeitrag. Eine gute Idee, das auszuweiten. Dabei kann man ueber die nicht umlautbaren oder anderweitig veraenderlichen verben im Praesens durchaus hinwegsehen; dieser Formenzusammenfall stoert nicht sehr.

Koennen wir dann auf "lassen" voellig verzichten? "Lassen" bedeutet zweierlei: "etwas zulassen" und "jmdn. etwas tun machen". In der zweiten Bedeutung ist es durch die allgemeine Anwendung des Kausativs nunmehr ueberfluessig. Das schafft Klarheit in der Sprache. Die erste bleibt davon unberuehrt.

Gerade laufte ich mein Programm vorstellenderweise in einem Kurs an der Uni. Und es lief!

Reschpeckt! Die Idee ist gut.

Kilian

#2
Die Idee ist reizvoll. Ich möchte sie nicht sofort in ein offizielles GSV-Projekt umsetzen, aber arbeiten wir doch in diesem Faden daran, probieren, loten Möglichkeiten, Probleme und Lösungen aus!

Zitat von: Arnymenos in 2005-03-10, 14:52:08Koennen wir dann auf "lassen" voellig verzichten? "Lassen" bedeutet zweierlei: "etwas zulassen" und "jmdn. etwas tun machen". In der zweiten Bedeutung ist es durch die allgemeine Anwendung des Kausativs nunmehr ueberfluessig. Das schafft Klarheit in der Sprache. Die erste bleibt davon unberuehrt.

Gerade laufte ich mein Programm vorstellenderweise in einem Kurs an der Uni. Und es lief!

Bei intransitiven Verben kein Problem, aber wie ist es mit dem Verzicht auf lassen bei transitiven Verben? "Ich habe meine Sekretärin getackert. Äh, die Unterlagen! Ich tackerte sie die Unterlagen! Sodass sie sie tarck." Will man das? Nicht wegen der Blicke der Normalsprechenden, sondern wegen des doppelten Akkusativs habe ich Bedenken.

Bei schwachen Verben, die man aus ästhetischen Gründen gar nicht stärken möchte, gäbe es einen vollständigen Formenzusammenfall - das geht aber, wie das heutige stecken beweist.

gehabt gehabt

Zitat von: Kilian in 2005-03-10, 21:03:20

Bei schwachen Verben, die man aus ästhetischen Gründen gar nicht stärken möchte, gäbe es einen vollständigen Formenzusammenfall - das geht aber, wie das heutige stecken beweist.

Der Brieftraeger steckte die Zeitung letzte Woche in den Briefkasten und da stak sie noch heute morgen.

Ohne, dass ichs nachgeschaut haette, kann man das glaube ich sagen.

Kilian

Richtig, stak ist aber leider mindestens veraltend. Was es natürlich zu ändern gilt.

gehabt gehabt


Kilian

Ja, allerdings gibt es gestocken schon lange nicht mehr, während stak durchaus noch standardsprachlich ist. Die GSV-Stärkung hat beide Formen wieder.

versucher

Im Prinzip also wie

"Wir hängten ihn, und da hing er nun."

Klingt gut und ökonomisch, ieren wir es Prob, so ieren wir die möglichen Probleme am ehesten Isol.

gehabt gehabt

genau, ebenso wie

ich schmelzte die Schokolade im Wasserbad und sie schmolz
sogleich

ich kraenkte ihn so sehr, dass er noch eine ganze Woche daran krankte

Ich waegte das Goldstueck, und siehe da, es wog zu wenig.


versucher

Nicely done!
Also, wohlan denn, frisch ans Werk!

Ly

Na ja, schöne Idee, aber wie machen wir das mit normalen, schwachen Verben?
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

MrMagoo

Zitat von: Ly in 2005-03-11, 14:37:17
Na ja, schöne Idee, aber wie machen wir das mit normalen, schwachen Verben?


Wie auch bei "kranken - kränken":
Wenn möglich, hilft ein Umlaut.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Kilian

Wir können grob vier Fälle unterscheiden und daran die Auswirkungen des Projektes erforschen. Wo immer sich etwas ändert, ist es wünschenswert, dass das nicht zu Verwechslungen, sondern zu einer Signalwirkung führt, die sofort als "Grammatikfehler" die Aufmerksamkeit des uneingeweihten Hörers erregt.

I) schwache, intransitive Verben, z.B. zögern
ALT: Man ließ mich zögern. Ich zögerte.
NEU: Man zögerte mich. Ich zorg.
Beide Sätze ändern sich; der transitive Gebrauch von zögern im Kausativ lässt aufhorchen.

II) starke, intransitive Verben, z.B. bleiben
ALT: Man ließ mich zu Hause bleiben. Ich blieb zu Hause.
NEU: Man bleibte mich zu Hause. Ich blieb zu Hause.
Der erste Satz ändert sich, die schwache Form ist neu und hat entsprechende Signalwirkung.


III) schwache, transitive Verben, z.B. tackern
ALT: Der Chef ließ mich die Blätter tackern. Ich tackerte die Blätter.
NEU: Der Chef tackerte mich die Blätter. Ich torck die Blätter.
Doppelter Akkusativ. Beide Sätze ändern sich.

IV) starke, transitive Verben, z.B. ziehen
ALT: Man ließ mich den Wagen ziehen. Ich zog den Wagen.
NEU: Man ziehte mich den Wagen. Ich zog den Wagen.
Doppelter Akkusativ. Der erste Satz ändert sich, die schwache Form ist neu und hat entsprechende Signalwirkung.

Der doppelte Akkusativ in III) und IV) ist sicherlich verwirrend - aber das ist die ganze Sache ja eh. Ich finde ihn aber auch sperrig und doof. Vielleicht sollte man transitiven Verben keinen Kausativ dazuerfinden, sondern sie zum Kausativ eines neu erfundenen Verbs (bzw. einer neu erfundenen Form) machen.

III b) transitive, schwache Verben, z.B. tackern
ALT: Ich tackerte die Blätter gut. Der Stapel, den mein Chef später vorfand, war fest zusammengetackert.
NEU: Ich tackerte die Blätter gut. Der Stapel, den mein Chef später vorfand, torck fest zusammen.

IV b) starke, transitive Verben, z.B. ziehen
ALT: Ich zog den Wagen kraftvoll. Der Wagen zog schnell durch die Straßen.
NEU: Ich ziehte den Wagen kraftvoll. Der Wagen zog schnell durch die Straßen.


Ich glaube, die b)-Variante hat viel für sich. Bei IV b) ist ein bisschen schade, dass im kausativen Gebrauch Stärke verloren geht. Abgesehen davon ändert sich, glaube ich, hier am wenigsten. Denn starke transitive Verben scheinen mir bereits sehr häufig Kausativ zu einem intransitiven Zwilling zu sein, so ja auch ziehen.

Ly

die b)-Variante ist sehr interessant, aber das dumme an der Sache ist, dass du dabei den Passiv vollkommen außer Acht lässt...
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

Kilian

Hat gehabt gehabt zum Passiv nicht schon alles gesagt?

ZitatDas Passsiv wird nur im Kausatibv gebildet Die Glocke wurde geschellt.

Was natürlich auch zu den betrüblichen Aspekten zählt: Dass die starken Partizipien II weniger häufig vorkommen werden.