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Begonnen von amarillo, 2006-09-07, 09:23:21

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Wortklauber

Zitat von: Homer in 2013-02-20, 21:16:23
Na ja, Hochdeutsch war ja zunächst auch nur eine Dialektgruppe, bevor es in einer überregionalen Ausgleichsversion Standarddeutsch wurde. Insofern wird es den Genitiv irgendwo (oder auch überall) dort schon als Normalform gegeben haben. Aber dem sein / der ihr hat wohl stark verbritten daneben existoren. Interessant ist, daß diese Konstruktion auch in verschiedenen anderen germanischen Sprachen vorkommt oder vorkam, s. hier, und auch schon im Althochdeutschen in den Merseburger Zaubersprüchen: dû wart demo ... folon sîn fuoz birenkit ("da wurde dem Fohlen ... sein Fuß verrenkt").
Ich habe von historischen Sprachstufen des Deutschen keine Ahnung, aber kekünne diese Formulierung nicht auch von der Rektion des Verbs "verrenken" herrühren? Immerhin wäre es im modernen Standardhochdeutsch ja auch richtig zu sagen:

Da wurde dem Fohlen vom Arzt sein Fuß wieder eingerenkt.

Homer

Na klar, das stimmt, aber das zeigt ja nur, daß der dem-sein-"Genitiv" ("dem Pferd sein Fuß wird eingerenkt") letztlich historisch vom sogenannten Dativus sympatheticus ("dem Pferd wird der/sein Fuß eingerenkt") abstammt.

katakura

#272
... vielleicht liegt es ja an der späten stunde und meiner daraus resultierenden dämlichkeit, dass ich bei dieser der süddeutsche-online entnommenen frage, der als richtig agnoszorenen antwort und der lichtvollen erklur einen widerspruch sehe (siehe schrumschiss) ...

... hat das was mit der relativität der zeit (oder gar dem hicks-boson :o) zu tun, dass 13 bis 14 mrd. jahre so flugs auf ziemlich genau 3,75 mrd. jahre zusammmenschnurren, dass die zeiträume plötzlich gleich werden? ... oder kommen einem bei einem transwarp-flug 13 bis 14 mrd. jahre reisezeit nur so vor wie 3,75 mrd. jahre? ...

... also, ich komme echt nicht dahinter, wie das gemienen ist ??? ... falls mich jemand diesbezulg aufklären kekünne, wäre ich ihm überaus verbunden ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Welterklärer

Nein, es handelt sich offensichtlich um eine Folge der zunehmenden Entropie (Unordnung), durch die es im Laufe von 13 bis 14 Milliarden durchaus vorkommen kann, dass aus "13 bis 14 Milliarden Jahre 75,3 %" durch die sogenannte Ziffernverschiebung "3,75 Milliarden Jahre 13 bis 14 %" werden. Das Hubble Teleskop wird wohl "ziemlich genau" das beobachtet haben.

amarillo

Eventuell handelt es sich hier auch um ein Phänomen der sog. 'Unschärfereleation', die ich ja auch in grammatischer Hinsicht schon für so einige Ungereiemenheiten schwerst in Verdacht habe.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

katakura

... wow! ... die grammatikalische unschärferelation! 8) ... was besagt die denn, bzw. welcher ungeriemenheiten ächtigst du sie verd? ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Wortklauber

Wie das mit der 3,75 zusammenhängt, ist mir noch nicht ganz klar, aber die von W. Heißenberg* gefundene grammatikalische Unschärferelation besagt bekalnnt, dass die grammatische Bestimmtheit eines Wortes oder Satzes umgekehrt proportional zur semantischen Bestimmtheit ist. Oder, um es etwas ärerwissenschalft pozupulen: Man kann niemals gleichzeitig exakt wissen, wie ein Satz grammatisch zu erklären ist und was er bedeutet. Dieser Satz ist insbesondere für die Nano-Linguistik entscheidend, aber selbst auf dem Makro-Level  lassen sich bestimmte Sprachphänomene nur durch die grammatikalische Unschärferelation erklären.

Wassoldat Heißenberg, bedeutender Nano-Linguistiker

katakura

... das ist doch schomma ein guter ansatz! :D ... ich habe die heißenbergsche grammatikalische unschärferelation gleich mal im glossar verewogen ... und was es mit den 3,75 = 13 bis 14 auf sich hat, ist mir auch noch schleierhaft ... vielleicht sind ja auch nicht milliarden, sondern milliardstel gemienen? ... das wären dann 3,75 nano-irgendwas , die gleich 13 bis 14 nano-irgendwas sind ... aber was?
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Kilian

Zitat von: Homer in 2013-02-20, 09:54:31
Vorangestelltes Genitivattribut zu einem Genitivobjekt:
(4) Der Pfarrer gedachte Bürgermeister Epprechts verstorbenen Bruders.

Vorangestelltes Genitivattribut zu einem nachgestellten Genitivattribut:
(5) Der Vorschlag Ottos jüngsten Bruders überzeugte mich.

Vorangestelltes Genitivattribut zu einer Genitivphrase bei einer Präposition:
(6) Das geschah während Monikas letzten Auslandsaufenthalts.

Frage an euch: Geht es euch auch wie mir, daß (4) und (6) eher akzeptabel erscheinen als (5), das ich – wie (1) und (3) – so nicht benutzen würde? Und wenn ja, warum ist das so?

Ja, geht mir auch so. Vielleicht liegt es daran, dass die Phrase mit doppeltem Genitiv (PmdG) in (5) eine freie Angabe ist (zu Vorschlag) ist, in (4) und (6) jedoch eine obligatorische Ergänzung (zu gedachte bzw. während)? In letzterem Fall erwartet man nach dem Hören des Verbs/der Präposition schon einen Genitiv und kann den doppelten dann auch noch verarbeiten. Im ersten Fall kriegt man den ersten Genitiv ohne Vorwarnung um die Ohren und hat den kaum verarbeitet, da kommt schon ein zweiter. So weit meine Spekulation...

amarillo

Soeben berocht das Fernsehen von der Bombenentschärfung in Berlin. Der Bericht and mit dem Satz:
"Zurück blieb lediglich ein einen Meter tiefes Loch."

Weiß jemand, woher dieser Akkusativ rührt? Mir kommt er irgendwie fehlplazoren vor. Andererseits schräke ich nicht davor zurück zu sagen: "Das Loch ist einen Meter tief."

Aber 'ein Meter' ist doch kein direktes Objekt - spinn' ich jetzt?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

canoonet ordnet dieses einen Meter als ein freies Attribut in einer Adjektivgruppe mit dem Kern tief ein, genauer als eine Nomengruppe als Maßangabe. MUSEN stehen solche Nomengruppen immer im Akkusativ, unabhängig davon, ob die Adjektivgruppe drumrum prädikativ (Das Loch ist einen Meter tief) oder attributiv (ein einen Meter tiefes Loch) gebraucht wird. Aber im letzteren Fall neigen Adjektivgruppen glaubich allgemein eher dazu, komisch zu klingen, man fiebert als Hörer doch sehr dem Nomen entgegen. Dazu kommt das schwer aussprechbare "ein einen", das ich mündlich glaubich auch meist zu "ein ein" verschliffe.

Deigner

@amarillo:

Käme dir ein einen Tag langes Flugverbot auch plaz fehlgeoren vor?

amarillo

Schwanke - je mehr ich drüber nachdenke. :-\
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

Zitat von: Homer in 2013-02-20, 09:54:31
Nun gibt es in der Standardgrammatik die "Genitivregel", die erklärt, wann eine Genitivphrase von kompetenten Sprechern als grammatisch empfunden wird und wann nicht:

"Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie (i) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und (ii) mindestens ein Wort mit s- oder r-Endung enthält."

Weil die Frage so oft aufkommt, hier noch ein aktüller Knupf zur Genitivregel: http://www.korrekturen.de/nachgefragt/sich_beispielen_bedienen.shtml

Wortklauber

Und was macht die GSV dagegen?
(= dagegen, dass man in bestimmten Situationen ein Wort nicht im Genitiv benutzen darf, obwohl es auch nicht in einen anderen Fall gesetzt werden darf.)