Anfrage

Begonnen von amarillo, 2006-09-07, 09:23:21

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amarillo

Hat jemand von Euch bereits Erfahrungen mit einem elektronischen Buch (Kindle, e-reader, etc.) gesolmmen? Kann man sowas schon kaufen, oder ist man gut beraten, noch die Fingerchen davon zu lassen?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

amarillo

Ich stieß soeben auf ein Problemchen, das mir - je mehr ich darüber nachdenke - die Hirnwindungen verknotet:

a) Am Samstag feiern wir Paula und Ingos Hochzeit.
b) Am Samstag feiern wir Paulas und Ingos Hochzeit.

Doppelte Genitiv-s-Markierung oder reicht eine?
Alle jene, wo ich frug, waren höchst zwiespältig in ihrer Bewertung, einige waren gar nach längerem Überlegen nicht einmal mehr ihrer eigenen Meinung.

Weiß wer Genaueres?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold Janecek

Ich maße mir an, gleich für die ÖsterreicherInnen zu schreiben: Variante a) hieße mit großer Sicherheit: Wir feiern die Paula, aber auch die Hochzeit vom Ingo. Selbst bei Variante b) erschiene mir nicht restlos klar, daß Paula und Ingo das Brautpaar sind.
Es liegt wohl daran, daß solche Sätze mit Genitiv bei uns grundsätzlich hochgestochen und ungewohnt klingen; hieße es doch: Am Samstag feiern wir die Hochzeit von der Paula mit dem Ingo.

katakura

#168
Dann schreibe ich mal für die Sprecher mitteldeutschen Zungenschlages, die den Genitiv ja grundsätzlich nicht benutzen (und selbst den Dativ gern durch den Akkusativ ersetzen, mithin mit zwei Fällen meist primstens auskommen):

Sonnabend (!) feiern wir Paula und Ingo ihre Hochzeit.
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Homer

Das wurde ja auch Zeit, daß Paula und Ingo endlich heiraten! Denn offenbar gehören sie schon so lange und so eng zusammen, daß sie sich sogar das Genitiv-s teilen. Das geht – so lehrt Meister Duden in seiner Grammatik (§ 326) – (fakultativ) bei "Paarformeln" artikelloser Eigennamen:

"Der weiße Kies auf dem Weg leuchtet wie Hänsel und Gretels Heimwegspur."
"Das untere Schnitzfries erzählt die Geschichte vom Sündenfall Adam und Evas."

Bei Appellativa können Paarformeln ebenso behandelt werden (§ 313):

"ein Stück eigenen Grund und Bodens"
"die Rolle des Freund und Helfers"

Offenbar folgt das der breiten Tendenz des Deutschen, Flexionsmerkmale (wie z.B. einen Genitiv-Marker) bei Nominalphrasen zunehmend nur noch einmal zu setzen: "des heutigen Europa" statt "des heutigen Europas" (der Genitiv ist durch den Artikel hinreichend klar). Der Duden nennt das "Monoflexion" (§ 1517). Die Grenzen zwischen dudenseits Erlaubtem und nicht Erlaubtem sind fließend: "den Magnet" geht angelb schon, "den Prinz" noch nicht, warum auch immer.

So empfanget denn die Dudenschen Glück-und-Segenswünsche, ihr Paula-und-Ingos dieser Welt! Was die Grammatik vereint hat, soll niemand trennen!

Kilian

Beide Varianten finde ich heikel, weil missverständlich.

Zitat von: amarillo in 2011-07-27, 14:17:10a) Am Samstag feiern wir Paula und Ingos Hochzeit.

Wie Berthold schon schrieb, kann man das auch so verstehen, dass einerseits Paula und andererseits Ingos Hochzeit gefirren wird.

Zitatb) Am Samstag feiern wir Paulas und Ingos Hochzeit.

Auch missverständlich: Diese Formulierung schließt nicht aus, dass es sich um zwei verschiedene Hochzeiten handelt.

Vielleicht haben es echt die Dialekte am ehesten raus, die diese Ambiguitäten vermeiden, wie von Berthold und katakura vorgefohren.

Persönlich ginge ich mich, vor die Wahl gestellt, wohl meist mit dem Duden konform und entschiede mich für a).

amarillo

Zitat von: Berthold Janecek in 2011-07-27, 17:28:47
Es liegt wohl daran, daß solche Sätze mit Genitiv bei uns grundsätzlich hochgestochen und ungewohnt klingen; hieße es doch: Am Samstag feiern wir die Hochzeit von der Paula mit dem Ingo.

Nun, in der rustikaleren Form des Ruhrdeutschen süge man: ..wir feiern die Paula und den Ingo ihre Hochzeit.
Das wäre dann ja eindeutig, da für den Fall der Zwiedut 'Hochzeit' im Plural auftauchen memüsse.

So besehen hat Kilian wohl Recht, daß die landsmannschaftlichen Varianten eindeutig und somit vorzuziehen sind - eventuell nicht gar so rustikal...


Ich danke Euch für die erhellenden Beiträge!
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold Janecek

Ganz zweifelsfrei war meine Variante froychl auch nicht. Hätte ja einer die Frage stellen können: 'Mit wem feiert ihr denn diese, öh, Hochzeit?' Dann werden wir, als Antwort, Paulas Hochzeit zusammen mit dem Ingo - der auch Gast sein wird - feiern.
Der Alois hat gestern, an der Theke vom Café 'Hummel' in Wien (Meister Kilian wie auch Meister caru kennen das Lokal), schlicht gnumien: Am Samstag feiern wir die Hochzeit von Paula und Ingo. Obwohl: Namen, so ganz ohne Artikel, das ist hierorts schon virflunx hochsprachlich.   

Übertreiber

Zitat von: Kilian in 2011-07-27, 18:28:18
Zitatb) Am Samstag feiern wir Paulas und Ingos Hochzeit.

Auch missverständlich: Diese Formulierung schließt nicht aus, dass es sich um zwei verschiedene Hochzeiten handelt.

Aber sann süge man doch: Paulas und Ingos Hochzeiten oder?
Spontan käme mir Variante Doppel-S über die Lippen, aber wenn man mich vorgehaltenen Meuchelpuffers zur Eindiut zwänge, so nennte ich es die Hochzeit von Paula und Ingo.
Kampf dem Schicksal!

Kilian

Zitat von: Übertreiber in 2011-07-30, 21:31:50Aber sann süge man doch: Paulas und Ingos Hochzeiten oder?

Aber man sagt doch auch: Am Samstag feiern wir die große und die kleine Hochzeit.

amarillo

Ich habe schon wieder was.
Einige meiner Kunden haben mittlerweile ein lebhaftes Interesse an Grammatik entwickelt, was schön ist. Nun löchern sie mich bisweilen mit Fragen zur deutschen Grammatik, was nur dann schön ist, wenn ich diese Fragen stegreiflich beantworten kann, was ich - Gott sei's geklagt - nicht immer kann.

Gibt es eine klare Regel, wann der erste Teil eines deutschen Kompositums im Plural zu stehen hat und wann im Singular? (Das 'Autohaus-Aktentasche-Symptom')?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.


amarillo

Huch, Leute, ich habe völlig vergessen, wie man hier Bilder hochlädt; kann mir noch mal jemand auf die Sprünge helfen?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.


Homer

Ich lese in letzter Zeit sehr oft mit "und" weitergeführte Relativsätze folgenden Typs (die Beispiele kamen binnen kürzester Zeit beim Fernseh- und Internetkonsum zusammen):

– Es geht um den unterschriftsreifen Vertrag des Trainers, den dieser seit Wochen ignoriert und dem Vorstand somit die Planung erschwert.
– Wieder ein Bock von Abel, dem Abdellaoue das Leder abknöpft und Richtung Tor läuft.
– Pander zieht eine Ecke gegen Feulner, die Nürnberg aber abwehrt und durch Bunjaku einen Freistoß herausholt.
– Ich möchte ein Raumschiff gestalten, das man betritt und die Welt vergißt. (Fernseh-Werbung Volksbanken–Raiffeisenbanken)
– Das ist das Bild, das wir jetzt mitnehmen und rübergeben wollen. (Bob-Übertragung)
(gemeint ist das "Rübergeben" – ohne Akkusativobjekt – an einen anderen Reporter; "mitnehmen" ist 1. Pl. Präs., nicht Inf.)

Die Verbendstellung auch des zweiten Teils zeigt, daß wir dort immer noch im Relativsatz sind. Das Relativpronomen und sein Bezugswort im Hauptsatz sind aber vergessen. Statt dessen spielt sich das im ersten Teil des Relativsatzes neu eingeführte Subjekt in den Vordergrund.

So locker kann man im (Alt-)Griechischen mit Relativsätzen verfahren, aber nach der Standardnorm doch nicht im Deutschen, oder? Meine Frage ist aber vor allem: Weiß jemand, ob dieses offenbar im Vormarsch begriffene Phänomen irgendwo schon behandelt, ja überhaupt bemerkt worden ist? Meine Duden-Grammatik (nicht die neueste Auflage allerdings) schweigt sich dazu aus.