Anfrage

Begonnen von amarillo, 2006-09-07, 09:23:21

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Wortklaux

Zitat von: Kilian in 2016-01-13, 22:06:00
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-11, 09:17:32
Eine verwandte Frage: Bei dem Verb "gebären" unterscheidet sich der Konjunktiv I nicht vom Konjunktiv II. Gibt es auch andere Verben, für die das zutrifft?

Voraussetzungen scheinen mir Stärke und Umlaut im Präsensstamm zu sein.

Hinreichend sind diese Voraussetzungen allerdings nicht, wie das Verb gären zeigt. Mindestens ist zusätzlich erforderlich, dass der Indikativ Imperfekt mit demselben Vokal wie im Präsens, aber ohne Umlaut, gebildet wird.

Berthold

#331
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-14, 09:48:27
(...)
Außerdem interessant: Es scheint mir kein anderes Verb zu geben, das im Präsens einen ö/i-Wechsel hat.

Nun ja, es geht ja auch auf mhd. leschen zurück. Ich knall vom Text der Grimme herein:
"LÖSCHEN, verb. extingui. ahd. lëscan, prät. lasc, mhd. leschen, prät. lasch; schon in der alten sprache als einfaches verbum nicht häufig, gewöhnlicher ist ahd. arlëskan, mhd. erleschen, nhd. erlöschen theil 3, 906, ebenso wie später auslöschen und verlöschen. die verdunkelung des ursprünglichen e-lautes in den präsensformen zu ö ist zufrühest dem folgenden schwachen verbum löschen, mhd. leschen, prät. laschte, eigen, hat sich aber auf das starke verbum übertragen, wie überhaupt vermischung der formen beider vorkommen ..."
Andenkbar erschienen mir: Du erlüschst, er erlüscht.

Da ich, als Janeček (Ahnen aus Javornice* stammend), - nachtlur vergeblich - auf einen Rest Erbgedächtnis huff (plus passende Sprechwerkzeugs-Anatomie plus -Physiologie für, z.B., stimmhaftes oder stimmloses ř -> ein Stolz der TschechInnen; kommt nicht einmal in der Slowakei vor), begann ich mich vor etlichen Wochen (-> "Assimil") durchs Tschechische zu quärtern. "Löschen" wird dort, je nach Zusammenhang, verschieden übersontz:
Feuer, Kalk, Durst: (u)hasit
Licht: zhášet (zhasit)
Tinte: vysá(va)t pijákem
Schuld, Strafe: vymaz(áv)at

*In Niederschlesien, nahe der polnischen Grenze; etwa gleich weit von Prag (Praha) und Breslau (Wrocław) entfornen:
https://www.google.at/maps/place/Javornice,+Tschechische+Republik/@50.1680994,15.6375887,8.75z/data=!4m2!3m1!1s0x470de036d46d435b:0x1daf21e02f7dd27e


Wortklaux

Zitat von: Berthold in 2016-01-19, 10:19:00
Da ich, als Janeček (Ahnen aus Javornice* stammend), - nachtlur vergeblich - auf einen Rest Erbgedächtnis huff (plus passende Sprechwerkzeugs-Anatomie plus -Physiologie für, z.B., stimmhaftes oder stimmloses ř -> ein Stolz der TschechInnen; kommt nicht einmal in der Slowakei vor), begann ich mich vor etlichen Wochen (-> "Assimil") durchs Tschechische zu quärtern. "Löschen" wird dort, je nach Zusammenhang, verschieden übersontz:
Feuer, Kalk, Durst: (u)hasit
Licht: zhášet (zhasit)
Tinte: vysá(va)t pijákem
Schuld, Strafe: vymaz(áv)at

Ladung gäbe es auch noch zu löschen...

Berthold

#333
Zitat von: Wortklaux in 2016-01-19, 14:48:54
Ladung gäbe es auch noch zu löschen...

Da muß ich daheim in einem besseren Wörterbuch nachschauen. Bei Tonband löschen fand ich in Lang & G'scheidts Taschenwörterbuch: smazávat.
Das "smažu poplatek" für "Ich lösche Ladung" glaub ich dem Comperl nicht.
Was aber, wenn die Ladung brennt? Ist dann Wasser in den Gewehrlauf zu schütten? - Eben das sogenannte Blei(be)gießen?

Berthold

Zitat von: Wortklaux in 2016-01-19, 14:48:54
(...)
Ladung gäbe es auch noch zu löschen...

In einem besseren Wörterbuch las ich: vykládat náklad lodi

amarillo

#335
Auf der Suche nach einem eingängigen Beispiel für eine deutsches Homoioteleuton fiel mir des Morgens 'mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen' ein. Das Homoioteleuton habe ich schnell beiseite geschoben, da das 'mitgehangen' meine Aufmurks beansprach. Memüsse es nicht heißen (und jetzt lassen wir mal den Stork außer Acht) 'mitgehenkt' oder 'mitgehängt'?

Um den schönen und pädagogisch werthaltigen Spruch zu retten, möchte ich ihm eine neue, sanft entschorfene Form verleihen:

mitgegangen, mitgefangen:  eine langen

Es muß ja schließlich nicht immer gleich stranguloren werden, und außerdem hätte ich somit ein hypšes Homoioteleuton gerotten. Seid Ihr einverstanden? Dann werde ich das gleich mal an die Dudenredaktion faxen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

Klingt gut! Aber für mich klingt auch mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen nicht falsch: Man ist mitgegangen, wurde mitgefangen und hat mitgehangen.

Wortklaux

Dementsprechend mitgefressen - mitgesessen.

Mir kommt das "mitgehangen" und "mitgesessen" aber eben doch sehr ungewöhnlich und nur durch das Homoioteleuton gerechtfertigt vor.

Die Verbvorsilbe "mit" scheint hauptsächlich bei Verben üblich zu sein, die eine Aktivität oder einen Vorgang ausdrücken. Canoo kennt:

mitarbeiten
mitbekommen
mitbenutzen/mitbenützen
mitberücksichtigen
mitbestimmen
mitbieten
mitbringen
mitdenken
mitempfinden
miterleben
mitessen
mitfahren
mitfinanzieren
mitfliegen
mitfühlen
mitführen
mitgeben
mitgehen
mitgestalten
mithaben (wohl im Sinne von mitführen)
mithalten (wohl im Sinne von den Anschluss halten)
mithelfen
mithören
mitkämpfen
mitklingen
mitkochen
mitkommen
mitkriegen
mitlaufen
mitleiden
mitlesen
mitmachen
mitmarschieren
mitmischen
mitnehmen
mitnichten (huch, das war kein Verb)
mitonnieren  :D (mitonanieren ginge auch noch)
mitorganisieren
mitpfeifen
mitrauchen
mitrechnen
mitreden
mitregieren
mitreisen
mitreißen
mitschicken
mitschleifen
mitschleppen
mitschneiden
mitschreiben
mitschwimmen
mitschwingen
mitsingen
mitspielen
mitsprechen
mitstenographieren
mitstricken
mitteilen
mitunterschreiben
mitunterzeichnen
mitverdienen
mitwirken
mitzählen
mitziehen

sowie Zusammensetzungen mit Modalverben, bei denen "gehen", "kommen" oder ähnliche Verben mitgedacht sind:
mitdürfen (mitgehen dürfen)
mitkönnen (mitkommen können)
mitlassen (mitgehen lassen)
mitmögen (mitgehen mögen)
mitmüssen (mitgehen müssen)
mitsollen (mitgehen sollen)
mitwollen (mitgehen wollen)

Nur im Partizip, aber nicht im Infinitiv kennt canoo mitgefangen, aber das Verb scheint mir da eher zufällig zu fehlen (man suche etwa bei google "mitfängt"). Überrascht war ich auch, in canoo "mitsein" und "mitgewesen" nicht zu finden, aber auch da ja von der Bedeutung her an "mitgehen" gedacht.

Jedenfalls scheinen aber Zusammensetzungen von "mit" mit Verben, die einen ruhenden Zustand ausdrücken, wie in mitsitzen, mitliegen, mitstehen, mithängen (hing, gehangen) ziemlich ungebräuchlich zu sein. In den folgenden Sätzen:

(a) Er ist mit nach Frankfurt gefahren.
(a') Er ist nach Frankfurt mitgefahren.
(b) Er ist mit auf dem Oktoberfest gewesen.
(b') Er ist auf dem Oktoberfest mitgewesen.
(c) Er hat mit auf der Wiese gelegen.
(c') Er hat auf der Wiese mitgelegen.
(d) Das Bild hat mit an der Wand gehangen.
(d') Das Bild hat an der Wand mitgehangen.
(e) Sein Name hat mit im Telephonbuch gestanden.
(e') Sein Name hat im Telephonbuch mitgestanden.

scheinen mir a, a', b, b', c, d und e gewöhnliche deutsche Sätze zu sein, aber c', d' und e' gehen mir sprachlich ein wenig gegen den Strich.

amarillo

#338
Zitat von: Kilian in 2016-11-18, 23:24:28
Klingt gut! Aber für mich klingt auch mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen nicht falsch: Man ist mitgegangen, wurde mitgefangen und hat mitgehangen.

Na klar, aber - Du weißt schon - ich hatte die passivische Variante des Hängens (also den Vorgang) vor Augen, und da wird halt gehängt oder gar gehenkt.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Wortklaux

Zitat von: amarillo in 2016-11-19, 10:28:26
Zitat von: Kilian in 2016-11-18, 23:24:28
Klingt gut! Aber für mich klingt auch mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen nicht falsch: Man ist mitgegangen, wurde mitgefangen und hat mitgehangen.

Na klar, aber - Du weißt schon - ich hatte die passivische Variante des Hängens (also den Vorgang) vor Augen, und da wird halt gehängt oder gar gehenkt.
Nun heißt es: Rob.Shvngleton, wurde gehangen: Robert Southwell, ein Jesuit, wurde gehenkt:. Da frage ich mich, ob das denn eigentlich dasselbe sein kekünne, gehangen und gehenkt.

amarillo

Liebe Gemeinde,

es scheint Verben zu geben, die sich im Deutschen nur mit einem einzigen Objekt zu einem sinnvollen Ausdruck verbinden lassen. Ein solches ist 'rümpfen', denn was außer der Nase kekünne gerompfen werden?

Leider fällt mir nichts Weiteres in dieser Richtung ein; kennt Ihr noch andere Verben dieser Art und gibt es eine wissenschaftlichen Bezinch? Ich nenne sie solange mal Singulärverben.   
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

ku

Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt

Kilian

Der wissenschaftliche Bezinch für Wörter und andere Ausdrücke (also nicht nur Verben), die nur innerhalb feststehender Wendungen vorkommen, ist Cranberry Expressions. Das verlunkene Paper enthält einen leider toten Knupf zu einer ganzen Sammlung davon, aber es enthält selbst auch ein paar, allerdings vornehmlich Substantive.

Beck Messer

Zitat von: ku in 2016-12-07, 18:38:42
Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt

Soso. Das kostet mich nur ein müdes Arschrunzeln.  :D

Beck Messer

Zitat von: ku in 2016-12-07, 18:38:42
Wie wärs mit runzeln.
Was anderes als die Stirn habe ich bis jetzt noch nicht gerunzelt

Und wie sieht's mit Deinen Augenbrauen aus?  ;)