Stärke und Vorsilben

Begonnen von Anne, 2006-10-06, 16:09:02

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Anne

Ihr habt in eurer Liste so schöne starke Verben mit zwei Vorsilben.

Meine Frage:

Gibt es so was wirklich, daß Verben mit zwei Vorsilben stark sind?

Warum ist reiten stark, zureiten auch, aber bereiten und zubereiten schwach?

Hat das vielleicht auch was mit der Betonung der Vorsilben zu tun?

Agricola

Zitat von: Anne in 2006-10-06, 16:09:02
Ihr habt in eurer Liste so schöne starke Verben mit zwei Vorsilben.

Meine Frage:

Gibt es so was wirklich, daß Verben mit zwei Vorsilben stark sind?

Warum ist reiten stark, zureiten auch, aber bereiten und zubereiten schwach?

Hat das vielleicht auch was mit der Betonung der Vorsilben zu tun?
Ich ute (ohne nachgeschlagen zu haben) verm, dass bereiten und zubereiten von der Wortherkunft mit reiten nichts zu tun hat und deshalb anders konjugoren wird. Zu dem Adverb "bereit" gibt es ja auch keine Entsprechung ohne "be-".

Aber es gibt in der Tat Wörter wie "beratschlagen", die im Standarddeutsch schwach konjugoren werden, obwohl hier die Beziehung zum "Schlag" ebenso wie bei dem stark konjugorenen Verb "schlagen" gegeben ist. Ich vermute aber, dass die mit "be-" beginnenden und eine weitere Zusammensetzung enthaltenden Wörter von Substantiven abgelitten sind, während sonst in der Regel die Substantive von den Verben abgelitten sind. Also: "Schlag" von "schlagen", aber "beratschlagen" von "Ratschlag". Daher bleibt der "Ratschlag" in allen Formen unangetastet. Das gilt auch für einige Verben ohne "be-": "Urteilen" ist trotz der betonten Vorsilbe und somit gegen alle Regel kein trennbares Verb, weil es von "Urteil" abgeleitet ist und nicht umgekehrt.

Es gibt aber auch Verben mit zwei Vorsilben, die stark konjugoren werden: vorenthalten zum Beispiel.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Interessant!
Ich hab mir schon die ganze Zeit die Birne zerbrochen, um ein Beispiel zu finden, bei dem ein Verb mit zwei Vorsilben tatsächlich stark ist.

Und dass bereiten von bereit machen kommt, war mir auch noch nie in den Sinn gekommen.
Aber wieso ist gibt es dann zusätzlich zu bereiten auch noch zubereiten? Rein inhaltlich drückt das doch dasselbe aus, nämlich, dass man irgend was fertig macht. (Ich glaube, ich schweife ab, aber das Thema ladet dazu ein.)

Mal sehen, vielleicht fällt mir ja nachher auch noch was ein, das mit zwei Vorsilben stark daherkommt.
Die Frage mit der Betonung der Vorsilben werd ich auch noch mal ein bisschen überdenken, aber ich glaube nicht, dass die irgend was mit der Stärke oder Schwäche des Verbs zu tun hat.
Eher denke ich mal, dass die älteren Verben eher zu Stärke neigen und Neubildungen schwach konjugiert werden. Allerdings machen ja die unbevorsilbten Stammverben die Möglichkeit der Stärke schon vor, wodurch sich natürlich Analogiebildungen regelrecht aufdrängen.

Wie auch immer, ich muss los - hier ist mal wieder Filmfest.

Agricola

Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 17:37:28
Und dass bereiten von bereit machen kommt, war mir auch noch nie in den Sinn gekommen.
Aber wieso ist gibt es dann zusätzlich zu bereiten auch noch zubereiten? Rein inhaltlich drückt das doch dasselbe aus, nämlich, dass man irgend was fertig macht.
Ich habe es nicht überprüft, aber es kommt mir wahrscheinlich vor. (Übrigens lateinisch bereiten = parare, bereit = paratus.) Zubereiten ist wahrscheinlich wirklich (wie viele Wörter) redundant, aber die Redundanz dient dazu, die Aufmerksamkeit auf das Produkt zu lenken.
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 17:37:28
(... aber das Thema ladet dazu ein.)
Schäm Dich! Ab in die GSV (Gesellschaft zur Schwächung der Verben) ;D
Und ab mit "laden" in die rote Liste! >:(
Auch wenn ich in Gedanken schon bin laden, wollen wir derartige Mirssbäuche doch lieber gewaltfrei bekämpfen. :D
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 17:37:28
Mal sehen, vielleicht fällt mir ja nachher auch noch was ein, das mit zwei Vorsilben stark daherkommt.
Die Frage mit der Betonung der Vorsilben werd ich auch noch mal ein bisschen überdenken, aber ich glaube nicht, dass die irgend was mit der Stärke oder Schwäche des Verbs zu tun hat.
Nein, aber mit der Trennbarkeit. Trennbare Verben werden in der Regel auf der Vorsilbe betont (ich werde mir die starken Formen wiederholen, ja, ich hole sie wieder!), untrennbare auf der Stammsilbe (ich werde den ersten Teil des Stücks wiederholen, ja, ich wiederhole ihn!). Und Verben, die von zusammengesetzten Substantiven oder Adjektiven abgeleitetet sind, werden nicht getrennt (antworten, beckmessern, demütigen, rechtfertigen und eben sehr viele Wörter mit be- und ver-, wie beantragen, vervielfältigen usw.).
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 17:37:28
Eher denke ich mal, dass die älteren Verben eher zu Stärke neigen und Neubildungen schwach konjugiert werden. Allerdings machen ja die unbevorsilbten Stammverben die Möglichkeit der Stärke schon vor, wodurch sich natürlich Analogiebildungen regelrecht aufdrängen.
Ich glaube noch nicht an zusammengesetzte Verben, die schwach sind, obwohl die einfachen Verben stark sind.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Zitat von: Agricola in 2006-10-06, 19:17:52
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 17:37:28
(... aber das Thema ladet dazu ein.)
Schäm Dich! Ab in die GSV (Gesellschaft zur Schwächung der Verben) ;D
Und ab mit "laden" in die rote Liste! >:(
Auch wenn ich in Gedanken schon bin laden, wollen wir derartige Mirssbäuche doch lieber gewaltfrei bekämpfen. :D
Was ladest Du denn in Gedanken?
Sorry, aber irgendwie konntetete ich mir das vorhin einfach nicht verkneift haben.
(Ich glaub, ich habe mich wirklich in der Tür geirrt.)

Agricola

#5
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 21:52:17
Was ladest Du denn in Gedanken?
Gans einfach die Munition, um auf Leute zu schießen, die den Antistorken Vorschub leisten.
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 21:52:17
Sorry, aber irgendwie konntetete ich mir das vorhin einfach nicht verkneift haben.
Jetzt quintst Du aber inkonse. Die von Dir sichtöffelnt abbesachtogene schwache Form von können memüsse "könnte" heißen und wäre deshalb keineswegs Könnjunktiv.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Zitat von: Agricola in 2006-10-06, 22:08:50
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-06, 21:52:17
Sorry, aber irgendwie konntetete ich mir das vorhin einfach nicht verkneift haben.
Jetzt quintst Du aber inkonse. Die von Dir sichtöffelnt abbesachtogene schwache Form von können memüsse "könnte" heißen und wäre deshalb keineswegs Könnjunktiv.
Nein, ich wewull doch nur ein paar schwächliche Tees dranpacken, mehr nicht.
Bei können - könnte - gekönntet kriech ich 'nen Krampf im Sprachzentrum.

Agricola

Nicht im Sprach-, sondern im Schwachzentrum, und das zu recht, denn es müsst natülr nicht gekönntet, sondern gekönnt heißen. Wenn Du nicht einmal richtig schwach könnjugieren könnst, könne ich Dir ja nicht einmal mehr raten, in die andere GSV zu gehen, da müsst Du dann schon selber sehen, wer Dich noch aufnehmt.

<... in Gedanken mir selbst eine Ladung durchs Gehürn schieß ...>
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Anne

Danke für das Beispiel eines starken Verbs, das zwei Vorsilben hat. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, daß wirklich jemand eines findet.

Gibt's da noch mehr? Verborg wollte doch da noch ein bißchen forschen, ist da schon was rausgekommen?

Ich glaube übrigens nicht wie Verborg, dass Verben mit Vorsilben, nur weil sie später dazugekommen sind, schwach sind, obwohl das Grundverb stark ist. Ich denke mal, daß die Ableitung von einem Verb dann genau so konjugiert wird, wie das Verb, von dem abgeleitet wurde.

Tut mir leid, aber einige der Sachen, die hier geschrieben wurden, verstehe ich nicht so ganz. Aber ich glaube, die gehörten auch nicht zum Thema. Ich hoffe, ihr seht mir nach, wenn ich nicht in so verdrehten starken Verben schreibe wie ihr, aber das zu lernen ist mir zu anstrengend.

VerbOrg

Tut mir leid, Anne, aber zu großartigen Forschungen bin ich irgendwie nicht mehr gekommen. Mein Kopf ist dermaßen voll des Filmfestes, dass für die Analyse und Organisation deutscher Verben nicht mehr so viel Hirnkapazität (und Zeit) zur Verfügung steht.

Das mit den später hinzugekommenen Verben:
Ich schätze mal, dass Du da Recht hast. Wenn es sich um eine Ableitung von einem starken Verb handelt, ist diese wohl auch stark. Dass sich da die Analogie zum Ursprungsverb anbietet, hatte ich ja schon in Antwort 2 geschrieben.
Spätere Verben, die schwach konjugiert werden, dürften wohl in der Regel solche Verben sein, die vollständig neu in die Sprache aufgenommen wurden und dann einfach in die regelmäßige Konjugation übernommen wurden. Aber dazu können Kilian, MrMagoo oder Arnymenos sicher fundiertere Informationen beisteuern.

@Agricola
Ich glaube, wir sollten hier lieber normal schreiben.
Starquuerbig rumalbern können wir woanders immer noch.

Stollentroll

#10
Zwei Vorsilben, stark konjugoren : vorhergehen, vorhersehen, vorankommen, vorangehen, vorausfahren.
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

VerbOrg

#11
Wo du bei her bist:

Wie wär's mit umhinkommen?

Herantreten funktioniert auch.

Stollentroll

Klasse, ich bin hin und her  ;D
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

VerbOrg

Du meinst: hin und weg, oder?

Vorwegnehmen passt nämlich ebenso.

Stollentroll

Wie wär´s mit : entgegenkommen, entgegengehen @zetera  ;)
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.