Stärke und Vorsilben

Begonnen von Anne, 2006-10-06, 16:09:02

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Stollentroll

Oder vielleicht : einberufen, einbeziehen @zetera  :D
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

VerbOrg

Mir scheint, dass die von starken Verben abgeleiteten Ableitungen vor denen zwei Vorsilben stehen, tatsächlich nicht schwach daherkommen.

Das bestätigt wohl auch Agris These, dass bereiten von bereit und nicht von reiten kommt.

Allerdings kann man ja auch auf zweierlei Weise einen Weg bereiten:

1) indem man diesen begehbar macht (meist im übertragenen Sinne)
2) indem man auf diesem mit dem Pferd unterwegs ist.

In der ersten Variante ist bereiten ein schwaches Verb,
in der zweiten ist es - als tatsächlich bevorsilbtes reiten - stark.

Stollentroll

Klingt plausibel. Mal säen, was die Germanistiker dazu sägen.
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VerbOrg

Ich fand auch noch doppelbevorsilbte starke reitens (Ist das jetzt der richtige Plural?): herumreiten, davonreiten, vorwegreiten/vorausreiten, hinterherreiten/nebenherreiten ...

Stollentroll

Und ausserdem : hineingehen, hineinkommen @zetera.
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

Agricola

Mir fallen gerade noch ein: wiedergewinnen, wiedervergelten, wiederverwenden (in der Regel schwach konjugiert, aber mit der starken Nebenform wiederverwandt), wiederbefahren
Vielleicht gibt es ja auch noch starke Verben mit mehr als zwei Vorsilben? (Übrigens ist Vorsilbe ja ein ganz unpassendes Wort, da manche Vorsilben wie "wieder" aus zwei Silben bestehen und trotzdem schlecht als "zwei Vorsilben" bezeichnet werden können.) Zum Beispiel
übereinanderwerfen (und viele andere Verben, die mit "übereinander", "gegeneinander", "voreinander", "untereinander", "hintereinander", "nebeneinander" usw. beginnen)  vorüberdefilieren, wiederaufbereiten (nein, das ist jetzt eigentlich nicht stark, aber das Wort gefällt mir so gut, dass ich es hier stehen lassen möchte), wiederherausbekommen, nebeneinanderherfahren, nebeneinanderherwiederbefahren (oder schreibt man das nicht in einem Wort? Aber mindestens in der Substantivierung wäre es sicher ein Wort: "Das Nebeneinanderherwiederbefahren entminter Wege ist lebensgefährlich und deshalb strengstens verboten. Daher wurden die beiden Soldaten, die gestern die Fahrstraße zum See nebeneinanderherwiederbefuhren, zu Arrest verurteilt.")

Interessant scheint es mir aber noch, ein Licht auf die Wortbildung von Verben mit mehr als einer Vorsilbe zu werfen. Weniger interessant scheinen mir diejenigen zu sein, bei denen die Vorsilben einen Komplex bilden, ehe sie dem Verb vorgestellt werden, wie bei "voran", "herab", "entgegen", "darüber", "nebeneinanderher" usw. Sie unterscheiden sich in ihrer Wortbildung nicht von Verben mit einfachen Vorsilben und sind jedenfalls trennbar. Interessanter sind für die Flexion (jetzt mal ganz abgesehen von der Stärke) Verben, die schon eine Vorsilbe hatten und dann noch eine bekamen. Von denen sind diejenigen unproblematisch, bei denen die Zusammensetzung mit der zuerst vorgestellten Silbe (also der zweiten Vorsilbe) ein untrennbares Verb bilden und die neue Silbe das Verb zu einem trennbaren Verb macht. Sie werden auf der ersten Vorsilbe betont, das "zu" wird zwischengestellt, und das Perfektpartizip wird ohne "ge" gebildet:

wiedererstarken, ich erstarke wieder, ich brauche nicht wiederzuerstarken, ich bin wiedererstarkt
ebenso abbestellen, einberufen, vorbereiten (in beiden von Verborg genannten Bedeutungen), vorenthalten, umverteilen, auferstehen, (zu)rückerstatten

Diejenigen Verben mit (scheinbar) zwei Vorsilben, bei denen die erste Silbe eine nichttrennbare ist (z.B. verabreden, vergewissern) sind meistens von Substantiven oder Adjektiven mit Vorsilbe abgeleitet, so dass die zweite Vorsilbe für die Flexion als Bestandteil des Verbstamms behandelt wird und deshalb ebensowenig Schwierigkeiten bereitet. (Verabreden: von Abrede abgeleitet, analog zu verausgaben [und eben nicht verausgeben] von Ausgabe; vergewissern von gewiss, wie vergrößern von groß, beides vom Komparativ abgeleitet.)

Ich habe bisher nur wenige Verben mit Vorsilbe gefunden, die eine (eigentlich) untrennbare Vorsilbe zusätzlich bekommen haben. Es gibt welche mit der Vorsilbe über- im Sinne von "zu viel", die sonst unbetont und untrennbar ist (sich überessen), in diesem Fall aber betont wird:

überbelichten, überausstatten

überbelichten bleibt trotz der Betonungsanomalie wohl gänzlich untrennbar, zumal ja beide Vorsilben untrennbar sind: zu überbelichten, überbelichtet, ich überbelichte

überausstatten ist ursprünglich ein trennbares Verb. Daher werden ge- und zu- wie üblich eingeschoben: überausgestattet, überauszustatten. Aber die Trennung würde entweder zu einem alleinstehenden "überaus" führen, das ganz anders verstanden würde, oder zu einem alleinstehenden "über", welches ebenfalls grammatisch in diesem Zusammenhang missverständlich wäre. Daher wird das Verb wohl eher aus Verlegenheit im Präsens untrennbar gelassen: Ich überausstatte. Logisch wäre es wohl, nur die trennbare Silbe herauszulösen: ich überstatte aus, aber dazu hat sich unsere Sprachgemeinschaft anscheinend nicht durchgerungen.

Ein weiteres Beispiel ist missverstehen. Hier wurde wie bei überbelichten eine eigentlich unbetonte nichttrennbare Vorsilbe (missbrauchen, missfallen) wegen der nachfolgenden unbetonten Silbe ausnahmsweise betont. Anders als bei überbelichten hat die Betonungsanomalie bei diesem (wohl älteren) Wort dazu geführt, dass es teilweise wie ein trennbares Verb behandelt wird, nämlich bei "misszuverstehen" (neben "zu missverstehen"). Die anderen Formen bleiben in der Standardspache untrennbar: ich missverstehe; dennoch in der Umgangssprache gelegentlich ich verstehe miss.

Interessant sind weiterhin Wörter, die zu keiner der genannten Klassen gehören. Solche etwa, die schon trennbar waren und dann eine zweite eigentlich trennbare Vorsilbe bekamen. Eine Sondergruppe scheinen mir die Verben mit wieder darzustellen, die nach der neuen Rechtschreibung wahrscheinlich auch eher in zwei Wörtern geschrieben werden:

wiederherstellen, wiedereinbestellen, wiederauferstehen

Bei diesen Wörtern trennen sich jedenfalls die beiden Vorsilben, wenn das Verb getrennt wird:

ich stelle wieder her, ich bestelle wieder ein, er ersteht wieder auf

ansonsten werden die beiden Vorsilben als Komplex behandelt:

wiederherzustellen, wiederhergestellt usw.

Es gibt sonst nicht viele Wörter mit zwei eigentlich trennbaren Vorsilben, aber zum Beispiel:

voranmelden

Solange das Verb nicht getrennt wird, werden die beiden Vorsilben als Komplex behandelt:

voranzumelden, vorangemeldet

aber heißt es im Präsens

ich melde mich voran? ich melde mich vor an? ich voranmelde mich?

Da versagt unsere Sprachlogik, und deshalb wird dieses Verb im Präsens wohl gar nicht verwendet. Kennt jemand weitere Beispiele?

Interessant sind schließlich Verben, die ausnahmsweise nicht oder nur teilweise getrennt werden können:

uraufführen (aufführen müsste getrennt werden, aber weder ur noch urauf können alleine stehen; daher uraufzuführen, uraufgeführt, aber ich uraufführe)

feuerbestatten (feuerzubestatten, feuerbestattet, aber das Wort Feuer ergäbe alleinstehend keinen Sinn, also ich feuerbestatte, wenn überhaupt)
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Zitat von: Agricola in 2006-10-07, 15:29:11wiederverwenden (in der Regel schwach konjugiert, aber mit der starken Nebenform wiederverwandt)
Du meinst: in der unregelmäßigen Form wiederverwandt. Schwach ist's trotzdem noch.

ZitatÜbrigens ist Vorsilbe ja ein ganz unpassendes Wort, da manche Vorsilben wie "wieder" aus zwei Silben bestehen und trotzdem schlecht als "zwei Vorsilben" bezeichnet werden können.
Gut, dann schreiben wir besser zukünftig von Präfixen (und Partikeln), wenn Dir das Wort Vorsilbe zu sehr auf eine einzelne Silbe abstellt.

Zitatnebeneinanderherwiederbefahren (oder schreibt man das nicht in einem Wort? Aber mindestens in der Substantivierung wäre es sicher ein Wort: "Das Nebeneinanderherwiederbefahren entminter Wege ist lebensgefährlich und deshalb strengstens verboten. Daher wurden die beiden Soldaten, die gestern die Fahrstraße zum See nebeneinanderherwiederbefuhren, zu Arrest verurteilt.")
Ich denke mal, dass man da eher schriebe: nebeneinander(her) wiederbefahren, wenn nicht gar wieder befahren (Die Abtrennung von wieder - wenn sie eventuell mal vorgesehen war - ist m.E. widersinnig, weil es dann einen anderen Sinn ergibt, die sich auch durch eine andere Betonung ausdrückt.)

ZitatIch habe bisher nur wenige Verben mit Vorsilbe gefunden, die eine (eigentlich) untrennbare Vorsilbe zusätzlich bekommen haben. Es gibt welche mit der Vorsilbe über- im Sinne von "zu viel", die sonst unbetont und untrennbar ist (sich überessen), in diesem Fall aber betont wird:

überbelichten, überausstatten

überbelichten bleibt trotz der Betonungsanomalie wohl gänzlich untrennbar, zumal ja beide Vorsilben untrennbar sind: zu überbelichten, überbelichtet, ich überbelichte
Bist Du Dir da sicher, dass es gänzlich untrennbar ist?
Ich glaube, im Infinitiv mit zu rückt das zu dazwischen, was eine Halbtmesis ist, denn bei einem gänzlich untrennbaren Verb hieße es nicht überzubelichten sondern zu überbelichten, und das deucht mich sehr merkwürdig.
Ich denke mal, überbelichten ist ebenso ein Zwitterfall wie missverstehen, bei dem auch das zu dazwischengeschoben wird, obwohl missverstehen ansonsten nicht getrennt wird. Vielleicht ist das ja auch einer der Gründe, dass man immer häufiger jemanden sagen hört, er verstehe etwas miss.
Weiß jemand, ob sich das Verb von der Tmesis weg entwickeln hat und die Sache mit dem zu ein Relikt ist, oder ob es tatsächlich DURCH das zu eine Entwicklung hin zur Tmesis gibt?

Interessant ist bei überbelichten ja auch noch, dass das Verb so behandelt wird, als sei das Stammverb nicht das präfixlose lichten (muss es doch mal gegeben haben, oder ist's eine Abwandlung von leuchten), sondern tatsächlich bereits das Verb belichten.
Sonst schöbe sich das zu eventuell sogar noch hinter die Vorsilbe be...
(Oder ist dieser Einschub zwischen den beiden Präfixen dadurch begründet, dass es sich bei über um ein betontes und bei be um ein unbetontes handelt?)

Ich glaube, uraufführen ist ein ähnlich gelagerter Fall, genauso wie feuerbestatten. In beiden Verben hat man auch wieder den zu-Einschub.

Statt: er feuerbestattet oder er bestattet Feuer (wie sinnig, aber von den Rechtschreibreformern wär's wohl so gewollt) bzw. er bestattet feuer schriebe ich eher: er verbrennt xy oder er äschert xy ein (wobei die Bestattung ja danach noch weitergeht). Das Verb feuerbestatten hört sich für mich im Indikativ merkwürdig an, ganz egal, ob's tmetisch ist oder nicht. Das ist für mich auch so ein typisches Verb, das bei mir nur im Infinitiv oder in den zusammengesetzten Zeitformen bzw. im Passiv, also als Partizip, existiert.

Bei uraufführen habe ich sowohl den Indikativ sie führen das Stück urauf oder sie uraufführen das Stück bereits gelesen. Auch wenn es sich bei der zusammengeschriebenen Form um die richtigere handeln mag, klingt die tmetische Variante für mich weniger schlimm.
Das Partikelchen urauf ist aber wirklich zu merkwürdig.

Agricola

#22
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-07, 16:41:39
Zitat von: Agricola in 2006-10-07, 15:29:11wiederverwenden (in der Regel schwach konjugiert, aber mit der starken Nebenform wiederverwandt)
Du meinst: in der unregelmäßigen Form wiederverwandt. Schwach ist's trotzdem noch.
Warum das? Ist nicht eine unregelmäßige Partizipform eine starke Form? Was bedeutet stark sonst?
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-07, 16:41:39
ZitatIch habe bisher nur wenige Verben mit Vorsilbe gefunden, die eine (eigentlich) untrennbare Vorsilbe zusätzlich bekommen haben. Es gibt welche mit der Vorsilbe über- im Sinne von "zu viel", die sonst unbetont und untrennbar ist (sich überessen), in diesem Fall aber betont wird:

überbelichten, überausstatten

überbelichten bleibt trotz der Betonungsanomalie wohl gänzlich untrennbar, zumal ja beide Vorsilben untrennbar sind: zu überbelichten, überbelichtet, ich überbelichte
Bist Du Dir da sicher, dass es gänzlich untrennbar ist?
Wenn ich mir sicher wäre, hätte ich das Wort wohl wohl nicht verwendet.
Zitat
Ich glaube, im Infinitiv mit zu rückt das zu dazwischen, was eine Halbtmesis ist, denn bei einem gänzlich untrennbaren Verb hieße es nicht überzubelichten sondern zu überbelichten, und das deucht mich sehr merkwürdig.
Die Sprachgemeinschaft scheint Dir mehrheitlich rechtzugeben, da google für "überzubelichten" etwa fünfmal so viele Treffer meldet wie für "zu überbelichten". In meinem deutsch-japanischen Lexikon steht das Verb sogar als trennbares drin, wie ich gerade sehe.
Zitat
Ich denke mal, überbelichten ist ebenso ein Zwitterfall wie missverstehen, bei dem auch das zu dazwischengeschoben wird, obwohl missverstehen ansonsten nicht getrennt wird. Vielleicht ist das ja auch einer der Gründe, dass man immer häufiger jemanden sagen hört, er verstehe etwas miss.
Weiß jemand, ob sich das Verb von der Tmesis weg entwickeln hat und die Sache mit dem zu ein Relikt ist, oder ob es tatsächlich DURCH das zu eine Entwicklung hin zur Tmesis gibt?

Interessant ist bei überbelichten ja auch noch, dass das Verb so behandelt wird, als sei das Stammverb nicht das präfixlose lichten (muss es doch mal gegeben haben, oder ist's eine Abwandlung von leuchten), sondern tatsächlich bereits das Verb belichten.
Sonst schöbe sich das zu eventuell sogar noch hinter die Vorsilbe be...
(Oder ist dieser Einschub zwischen den beiden Präfixen dadurch begründet, dass es sich bei über um ein betontes und bei be um ein unbetontes handelt?)
Erstens: Das Verb belichten ist (wie viele Verben mit be-) wahrscheinlich nicht von einem Stammverb, sondern von dem Substantiv "Licht" direkt gebildet. Ebenso wie "berücksichtigen", "beamten" und meiner Meinung nach auch (bis es jemand widerlegt) "beurteilen", "beantworten", "beauftragen" etc., bei denen ich vermute, dass sie von den Substantiven abgeleitet sind, obwohl es in diesem Fall die einfachen Verben gibt.

Zweitens: be- gehört zu den nichttrennbaren Vorsilben und deshalb wird niemals ein zu hinter das be- gestellt. Dasselbe gilt für alle Verben, die ich in der Kategorie "Nichttrennbare Verben, denen eine trennbare Vorsilbe vorangestellt wurde", aufgezählt habe. Die Grundregel (von der ich nur einige Ausnahmen genannt habe) ist: Betonte Vorsilben können abgetrennt werden, das "zu" und das "ge" wird zwischengestellt; unbetonte Vorsilben werden nicht abgetrennt, das zu wird vorangestellt und das "ge" entfällt.
Zitat
Statt: er feuerbestattet oder er bestattet Feuer (wie sinnig, aber von den Rechtschreibreformern wär's wohl so gewollt) bzw. er bestattet feuer schriebe ich eher: er verbrennt xy oder er äschert xy ein (wobei die Bestattung ja danach noch weitergeht). Das Verb feuerbestatten hört sich für mich im Indikativ merkwürdig an, ganz egal, ob's tmetisch ist oder nicht. Das ist für mich auch so ein typisches Verb, das bei mir nur im Infinitiv oder in den zusammengesetzten Zeitformen bzw. im Passiv, also als Partizip, existiert.
Ich denke ein Satz wie "Die Japaner feuerbestatten ihre Toten." wäre schon akzeptabel. "Die Japaner bestatten ihre Toten feuer." scheint mir unabhängig von der Groß- und Kleinschreibung ein völlig unannehmbarer Satz zu sein.
Zitat
Bei uraufführen habe ich sowohl den Indikativ sie führen das Stück urauf oder sie uraufführen das Stück bereits gelesen. Auch wenn es sich bei der zusammengeschriebenen Form um die richtigere handeln mag, klingt die tmetische Variante für mich weniger schlimm.
Das Partikelchen urauf ist aber wirklich zu merkwürdig.
Wörter wie uraufführen und feuerbestatten sind vermutlich Rückbildungen aus den Substantiven "Uraufführung" und "Feuerbestattung". Es handelt sich also um Substantivpräfixe, die ohne Rücksicht auf die Sprachlogik zu Verbpräfixen wurden.

Übrigens: Er feiert fröhliche Urständ –> fröhlich urstehen, er steht fröhlich ur.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Zitat von: Agricola in 2006-10-07, 17:15:44
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-07, 16:41:39
Zitat von: Agricola in 2006-10-07, 15:29:11wiederverwenden (in der Regel schwach konjugiert, aber mit der starken Nebenform wiederverwandt)
Du meinst: in der unregelmäßigen Form wiederverwandt. Schwach ist's trotzdem noch.
Warum das? Ist nicht eine unregelmäßige Partizipform eine starke Form? Was bedeutet stark sonst?

Wäre es eine starke Partizipform, endete sie auf "en", aber nicht auf "t".

Einen recht ausführlichen Beitrag über die Abgrenzung zwischen starken, unregelmäßigen und schwachen Verben, findest Du hier in Antwort 4 vom Kollegen Mr Magoo.

Agricola

Zitat von: VerbOrg in 2006-10-07, 17:35:38
Zitat von: Agricola in 2006-10-07, 17:15:44
Zitat von: VerbOrg in 2006-10-07, 16:41:39
Zitat von: Agricola in 2006-10-07, 15:29:11wiederverwenden (in der Regel schwach konjugiert, aber mit der starken Nebenform wiederverwandt)
Du meinst: in der unregelmäßigen Form wiederverwandt. Schwach ist's trotzdem noch.
Warum das? Ist nicht eine unregelmäßige Partizipform eine starke Form? Was bedeutet stark sonst?

Wäre es eine starke Partizipform, endete sie auf "en", aber nicht auf "t".

Einen recht ausführlichen Beitrag über die Abgrenzung zwischen starken, unregelmäßigen und schwachen Verben, findest Du hier in Antwort 4 vom Kollegen Mr Magoo.
Danke für den Link, da habe ich viel gelernt. Du solltest ihn aber auch lesen, denn demnach beruht die Form "wiederverwandt" weder auf starker noch auf unregelmäßiger, sondern auf schwacher, regelmäßiger Flexion mit Rückumlaut.
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VerbOrg

#25
Gut, das mag sein, aber die gaaanz regelmäßige Form ist ja

wenden - wendete - gewendet

Da ist dann

wenden - wandte - gewandt

schon unregelmäßiger, wenn ich mich recht irre.


Wolltest Du nicht kürzlich sogar die Form

können - könnte - gekönnt

als künstlich verregelmäßigte Form darstellen?  :P


Die Änderung des Stammvokals von e zu a ist für mich schon zeimlich unregelmäßig. Zumal wenn es noch eine Form mit durchgängig gleichem Stammvokal gibt, wie das ja bei wenden, senden etc. der Fall ist.

Sähe man das als völlige Regelmäßigkeit an, was da passiert, dann müsste man unsere schönen Verben aus dem Verbenhilfsprogramm "Unregelmäßigkeit statt Stärke" ja auch kassieren, und Sachen wie

spenden - spandte - gespandt
blenden - blandte - geblandt

finde ich schön.


Es ist Ansichtssache, wie weit man den Begriff Regelmäßigkeit fasst.
Sicher gibt es in der für mich unregelmäßigen Form von wenden eine Regel, aber dann könnte man auch behaupten, die meisten starken Verben seien ebenfalls regelmäßig, schließlich gibt's ja auch Ablautregeln...

Agricola

Zitat von: VerbOrg in 2006-10-07, 18:17:57
Es ist Ansichtssache, wie weit man den Begriff Regelmäßigkeit fasst.
Sicher gibt es in der für mich unregelmäßigen Form von wenden eine Regel, aber dann könnte man auch behaupten, die meisten starken Verben seien ebenfalls regelmäßig, schließlich gibt's ja auch Ablautregeln...
Genauso hat es MrMagoo ja auch in dem zitorenen Beitrag dargestellt, den Du offensichtlich immer noch nicht gelesen hast. Starke Verben sind regelmäßige Verben:
Zitat von: MrMagoo in 2005-02-16, 21:37:32
In den ausführlicheren Grammatiken werden die Verben normalerweise wie folgt eingeteilt:

REGELMÄßIG:
1) Schwache Verben
1a) Schwache Verben mit Rückumlaut
2) Starke Verben

UNREGELMÄßIG:
3) Präterito-Präsentia
4) Übrige 'unregelmäßige' Verben
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VerbOrg

Für mich heißt "regelmäßig" ohne jegliche Besonderheiten.

Und da fallen dann weder die starken Verben noch die schwachen Verben mit Rückumlaut drunter.

Wie gesagt:
Es kommt immer darauf an, wie weit man den Begriff "Regelmäßigkeit" fasst. Bei mir ist der recht eng gefasst.
Bei dem Link kam es mir vor allem darauf an, deine Frage zur Abgrenzung der starken von den nur unregelmäßigen Verben zu beantworten.

Für mich orientiert sich die Unterscheidung zwischen Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit an der Hauptregel. Dass die unregelmäßigen Verben - egal, ob sie nun stark oder schwach sind - auch Regeln unterliegen und damit eventüll ebenfalls als regelmäßige Verben bezeichnet werden können, habe ich nie bestritten, für mich sind sie es allerdings nicht.

Agricola

Es hat wohl keinen Sinn, sich hierüber die Köpfe einzuschlagen (zumal das über die Distanz ohnehin schwierig ist). Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es ein "Regelmäßig an sich" nicht geben kann, weil regelmäßig ja nur "gemäß einer Regel" heißen kann, und dann ist eben die Frage, welche Regel gemeint ist.

Wenn es eine Regel der starken Konjugation gibt, dann muss es eben regelmäßige starke Verben geben, und vielleicht auch unregelmäßige, sofern es Verben gibt, die zwar ihrem Charakter nach stark sind, aber nicht alle Formen nach dieser Regel bilden.

Wenn man ein Regelsystem eingeführt hat und feststellt, dass sich viele der unregelmäßigen Fälle mit einer neuen Regel erklären lassen, dann erweitert man eben das Regelsystem um diese neue Regel, und die vorher unregelmäßigen Fälle sind nun regelmäßig, ohne dass sie sich selbst geändert haben.

Wenn es aber um den Begriff der "starken Verben" geht, dann scheint mir der Begriff selbst aus der Erkenntnis einer Regel geboren zu sein. Insofern ist es konsequent, diese dann auch als "regelmäßig" zu bezeichnen.

Warum MrMagoo eine solche Regel für die Präterito-Präsentia nicht gelten lässt, ist mir nicht ganz klar.
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VerbOrg

Starke Verben könnte man einem Normalbürger nicht als regelmäßige Verben erklären. Sie werden nicht so konjugiert wie schauen, labern, lieben oder hören, also sind sie unregelmäßig. Lieschen Müller kümmert sich nicht um Ablautregeln, aber dass sehen anders konjugiert wird als die oben genannten Verben, erkennt auch sie. Und eben weil's anders ist, ist's für sie unregelmäßig, wenn sie sich die Mühe macht, darüber mal nachzudenken.
Wozu soll sie sich mit Ablautregeln auseinandersetzen?

Anders ist's bei Leuten, die sich intensiv mit Sprachtheorie beschäftigen. Diese erkennen die Regeln und haben daher einen anderen Begriff von Regelmäßigkeit.

Ich orientiere mich da eben an der Sichtweise des Normalbürgers. Schließlich zähle ich mich - auch wenn ich Mitglied dieser erlauchten Gesellschaft bin - auch zu diesen Normalbürgern. Dass ich eine ganz annehmbare Bauchgrammatik habe, macht mich noch nicht zur Linguste.