Zw-

Begonnen von Berthold, 2007-10-08, 14:32:07

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Berthold

Zw-
   Über dem 'pfr-', 'pfl-' und 'pfn-' vergaß ich auf einen Wortbeginn im Deutschen mit drei Konsonanten (mit Affrikate, einverstanden):
   'zw-': Genau batrancht eine ziemlich seltsame Sache. In der Hochsprache kann nämlich nach 'ts-' kein anderer Konsonant als 'w' stehen. (Über Halbvokale, bilabiale oder labiodentale Aussprache sowie über das Bairisch-Österreichische möchte ich jetzt nix herschreiben.)
   'Zw-' geht im Mittelhochdeutschen in der Regel 'tw-' voraus, was sich daher für 'Vergangenes und Zweifelhaftes' empföhle/empfähle. Auch die Anzahl deutscher Silben wüchse so.
   Da aber in einigen mittelhochdeutschen Wörtern selbst drei Schreibweisen - 'zw-', 'tw-' und 'qu-' - existieren, kekünne auch 'qu-' aufgenommen werden: ins Partizip II. Auch die schöne Orthographie 'quu-' wäre molchg.

   Bei ein paar Beispielen aus unserer Verbenliste ergäben sich folgende Reihen (Der Rest wäre leicht zu ergänzen.):

zwacken; twuck, twücke; gequucken
zwinkern; twornk, twörnke; gequornken
zwirbeln; zwirlb, twurlb, twürlbe; gequurlben
zwitschern, tschirt zwi; tschir zwi, tschert zwi; tschurr twi, tschürre twi; quigetschurn
zwölfteln; twullft, twüllfte; gequulfften.

   Auch der Konjunktiv I kekünne mit 'tw-' beginnen: 'Er beklug sich, daß es ihn twicke und twacke.'

Agricola

Sehr hübsch mit dem Zwitschern! Auch wenn ich befürchte, dass der Vogel, der gestern quigetschurn hat, dann doch einer anderen Art angehor als derjenige, der heute noch zwitschirt.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

Zitat von: Agricola in 2007-10-08, 14:44:58
(...) Auch wenn ich befürchte, dass der Vogel, der gestern quigetschurn hat, dann doch einer anderen Art angehor als derjenige, der heute noch zwitschirt.

Muß nicht sein. Denn in einem Musikerhirn mag zwar eine arnarnne Amati-Geige fast wie eine echte erklingen. Aber das Lied einer Nachtigall oder jenen hohen Amselzwirbler warchlk korrekt im Schädel zu haben, das ist schon schwieriger.

Agricola

Aber die Klangfarbe! Sie prägt sich ja doch ein! Und bei "zwischirt" wird doch eine ganz andere Farbe gemahlen als bei "quigetschurn", das letztere klingt ja schon rätoromanisch!
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Ku

Zitat von: Berthold in 2007-10-08, 14:32:07
Da aber in einigen mittelhochdeutschen Wörtern selbst drei Schreibweisen - 'zw-', 'tw-'

und 'qu-' - existieren, kekünne auch 'qu-' aufgenommen werden: ins Partizip II.

Klar, zum Beispiel "Frisch quagt ist halb quonnen", oder?

Berthold

#5
Drei Beispiele aus Hias Lexers Mittelhochdeutschem Wörterbuch:

twahen, dwahen, zwahen, quahen: 'waschen, baden'
twanc, zwang, quanc, tquang(<- !): 'Zwang'
twarc, twarg, twerch, quark, quarg, zwarg: 'Quarkkäse'.

Ich will hier keine Vermüete anstellen, ob das nicht vorwiegend orthographische Varianten wären.

In § 167, Anm. 8 vom Braune/Eggers (Althochdeutsche Grammatik) steht guschrimp:
'Die anlautende Verbindung thw - dw (in thwahen - dwahen 'waschen', thwingan - dwingan 'zwingen', thwëran - dwëran 'mischen', dwërh 'quer', mit Ableitungen) verschiebt zuweilen spätahd. ihr aus th entstandenes d weiter zu t; Regel ist dies erst im mhd., wo es also twahen, twingen, twërn, twërch heißt, unter Zusammenfall mit dem (aus germ. dw entstandenen) alten tw in twellen etc. ...'

Sesüllen wir annehmen, daß hier im Neuhochdeutschen etwas besser guschint wäre (nämlich 'zwingen' vs. 'quellen') als dies mittelalterlichen Schreibern gelang? Womolchg.