Vorvorsilben

Begonnen von Arnymenos, 2005-05-06, 21:23:49

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Arnymenos

Eines aus dem Herkunftswörterbuch (Duden 7) möchte ich euch nicht vorenthalten: Zunächst kommt "fressen" von "ver-essen". "verfressen" ist damit eine Doppelbildung, zweimal die gleiche Vorsilbe. Gibt es deutlichere Beibeispiele für doppelte Vorvorsilben?

Mir fielen "vorvorgestern" und "überübermorgen" ein, die aber sicher nicht von allen verstanden und benutzt werden. Beide stehen im Duden. Das Englische kennt keine Wörter dafür. Auch das Irische tut sich schwer.

Aber, nun: mehr Vorvorsilben bitte.

MrMagoo

Zitat von: Arnymenos in 2005-05-06, 21:23:49
Eines aus dem Herkunftswörterbuch (Duden 7) möchte ich euch nicht vorenthalten: Zunächst kommt "fressen" von "ver-essen". "verfressen" ist damit eine Doppelbildung, zweimal die gleiche Vorsilbe. Gibt es deutlichere Beibeispiele für doppelte Vorvorsilben?

Deutlichere weiß ich nicht - doch wo wir gerade bei "essen" sind:
Das Partizip2 von essen enthält zweimal die Vorsilbe ge-.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Arnymenos

Ach du meine... *vordenKopfklatsch* Das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen. Dabei habe ich heute mit einer "Wortrecherche" zu "essen" begonnen, etwas zaghaft in diesem Beginn, anscheinend zu zaghaft. Und jetzt reißt du mir die Schuppen von den Augen.

Könntest du da mehr erzählen?

MrMagoo

Nicht wirklich... ich weiß nur, daß die Vorsilbe "ge-" nochmals vor das eigentliche Partizip2 gesetzt wurde, der Grund ist mir leider nicht bekannt.

Vielleicht ist "geessen" zu "gessen" zusammengezogen worden und man hat diese Form dann nicht mehr eindeutig als Partizip erkennen können - also setzte man "ge-" nochmals davor.
Das etymologische Wörterbuch enthält aber auch keine weiteren Angaben darüber.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Kilian

#4
Zitat von: Arnymenos in 2005-05-06, 21:23:49Mir fielen "vorvorgestern" und "überübermorgen" ein, die aber sicher nicht von allen verstanden und benutzt werden. Beide stehen im Duden. Das Englische kennt keine Wörter dafür.

Wer auch immer dafür zuständig ist, Filmtitel ins Deutsche zu übertragen - diese Leute scheinen ihren Job nicht mehr zu machen in letzter Zeit. So kamen die deutschsprachigen Kinos um einen Hollywood-Katastrophen-Blockbuster mit dem schlichten, schönen Titel Übermorgen. Ob sie sich immer noch weigern werden, zu übersetzen, wenn demnächst die Fortsetzung The day after the day after tomorrow kommt (über das, was nach der nächsten Eiszeit passiert)?

Kilian

Ich dachte gerade an zuzumachen, aber das zweite zu ist ja nicht wirklich eine Vorsilbe. Kennt man das Verb zuzeln (für fukelige feinmotorische Arbeiten), kann man sich vorstellen, z.B. Kinderschühchen zuzuzuzeln - eine Unverschämtheit und überdies leicht ungrammatisch wäre es hingegen, sie zu zu zu zuzeln, sodass das arme Kind sie nicht mehr alleine aufkrächte.

VerbOrg

Gern hätte ich meine Ururgroßeltern kennen gelornen, aber dies war mir nicht vergonnen.

gönnen - gann - gänne - gegonnen

MrMagoo

Zitat von: VerbOrg in 2005-05-07, 07:25:02
Gern hätte ich meine Ururgroßeltern kennen gelornen, aber dies war mir nicht vergonnen.

gönnen - gann - gänne - gegonnen

Oha, auch gönnen enthält die Vorsilbe "ge-":

Früher war gönnen ein Präterito-Präsens, ging wie 'können':

gönnen (ich gann, wir gönnen) - gonnte (Konj: gönnte) - gegonnt

---> Diesen Formen ist ein ge- vorgesetzen, ursprünglich hieß der Infinitiv "unnen", Präsens: "ich an(n), wir unnen", Präteritum "ich onde".

Jaja, das Deutsche liebt die Vorsilben...:)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Ly

Also müssten wir heute eigentlich sagen:

gönnen - gann - gänne - gegeunnen

Auch lustig ;D
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

VerbOrg

dann doch gleich

gönnen - geann - geänne - gegeunnen.

Hört sich komisch an. Gefällt mir irgendwie nicht.  :-\

Ly

Zitat von: VerbOrg in 2005-05-07, 19:36:22
dann doch gleich

gönnen - geann - geänne - gegeunnen.

Hört sich komisch an. Gefällt mir irgendwie nicht.  :-\

Dann eben gegunnen statt gegeunnen. Mir gefiel nur das doppelte Präfix so toll. ;D
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

VerbOrg

Lassen wir doch einfach den Meister entscheiden, ob er eine der Varianten in die heilige Liste aufnimmt, und wenn, welche...

Lustig sieht's aus mit der doppelten Vorsilbe. Aber es hört sich auch arg ge-gestottert ge-gesturtten an, wenn man's ausspricht.

stottern - sturtt - stürtte - gesturtten

Ly

Ich widerspreche!

stottern - startt - stärtte - gesturtten ;D
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

VerbOrg

Auch das, war meine Alternativ-Variante. Musste mich ja leider für eine entscheiden.

Aber wie wär's mit der Kombination:

stottern - startt - stürtte - gesturtten?

Der Wechsel vom "a" im Ind. Prät. zum "ü" im Konj. II ist doch auch immer wieder schön und nicht mal ungewöhnlich.

Ly

Okay, bin zufrieden.

Aber wo es das sonst noch gibt, wüsste ich ich mal gerne...
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.