Kindersprache

Begonnen von Fleischers Karsten, 2006-10-26, 00:21:10

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Fleischers Karsten

Kinder. Wie sprechen Kinder? Wie sprachen wir, als wir noch ganz klein waren?

a-a, da-da, ma-ma, an-na, ba-ba, du-du, do-do sind die ersten Worte die alle von uns gegeben haben.

Einige Sprachforscher meinen, dass sich aus diesem Gelalle die Ursprache aller Sprachen herleiten lassen könne.

Egal wie man zu dieser Theorie stehe, lasset uns Kinder-Bla-Bla sammeln, denn es ist manchmal wirklich erstaunlich, was so ein junges menschliches Wesen an erstaunlichen Dingen äußern kann.

Ich fange mit mir selbst an:

Meine Mutter sagte mir, dass ich einen Ballon immer Plomplompe genannt habe. Da steckt doch schon eine Reduplikation drin, die ich jetzt, 35 Jahre später, mühsam wieder erarbeiten muss.

"Kuck mal, lauter Löwen", ebenfalls ein Ausspruch von mir, im Alter von etwa 2 Jahren, als ich das erste Mal Schneeflocken erblickte. Ich konnte "M" und "L" noch nicht unterscheiden und assoziierte die Möwen am Altenbrucher Strand bei Cuxhaven mit den Schneeflocken. Dass Löwen was ganz anderes sind erkannte ich erst ein Jahr später im Kölner Zoo. Und Schneeflocken sowieso.

Auf einem meiner 'zig Notizzettel fand ich das Wort "Prumsumsella", welches eine Bekannte mir zusteckte. Leider weiß ich nicht, was damit gemeint war. Ich werde noch mal nachfragen.

Kilian berichtete von "Ypsilonlon" und anderen kindlichen Wortbildungen seinerseits und seiner Geschwister.

Seid nun kindlich, schämet euch nicht und traget euren Bla-Bla hier ein.
Karsten

Kilian

ZitatEinige Sprachforscher meinen, dass sich aus diesem Gelalle die Ursprache aller Sprachen herleiten lassen könne.

Ich habe gehört, dass sich die Sprache von den Lalllauten bis zum heutigen Niveau in der Geschichte des homo sapiens (phylogenetisch) über bestimmte Zwischenstufen (Wörter, Zweiwortsätze usw.) in ganz ähnlichen Zeitabständen vollzogen hat wie sie es bei jedem neuen Sprecher ontogenetisch tut. Ein Faszinosum.

Ypsilonlon war nicht von mir. Wer war das noch. Heidi?

Eine Kreation von mir war Deus [dɔɪs], der Stift. Entsprechend Hipp-Hipp-Deus für Lippenstift.

Mein Bruder hatte eine recht spaßige ratäffliche Kollektion, die mein Vater einmal in folgendem Merxatz zusammenfasste:
"In der Lublabl im Giglgagl is Lolagl. Lologl, lologl!"
Bedeutet: In der Schublade im Kindergarten ist Schokolade. Gelogen, gelogen!
Außerdem noch: Dididipf (Stift(e)) und Düdüdüpf (Strümpfe).

Bevor ich mich noch weiter wiederhole, folge man dem Knupf zu Ausführungen über Verneinung und Vergangenheit bei meinem Bruder.

Agricola

Mein zweiter Sohn hat, wie es eines Musikerkindes würdig ist, alle Wörter zuerst gesommen, also nur den Rhythmus und die Wortmelodie (im Japanischen aussagekräftiger als im Deutschen!) imitimitgeoren, ohne Konsonanten und Vokale zu sprechen. Damit hatte er zeitweise ein beträchtliches Vokabular entwolcken, das für uns Eltern vollkommen verständlich war. Auch er bevorzugte dabei allerdings Vokabeln mit Wiederholungsstruktur, z.B. "Shushupopo" (lautmalerisches Kinderwort für "Dampflokomotive").
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Zitat von: Kilian in 2006-10-26, 02:16:03Ypsilonlon war nicht von mir. Wer war das noch. Heidi?
Nee, Kilian, ich habe mit Ypsilonlon nichts am Hut. Ich weiß auch nicht, wem dieses einst entschlopf.

amarillo

Zitat von: Kilian in 2006-10-26, 02:16:03

Ich habe gehört, dass sich die Sprache von den Lalllauten bis zum heutigen Niveau in der Geschichte des homo sapiens (phylogenetisch) über bestimmte Zwischenstufen (Wörter, Zweiwortsätze usw.) in ganz ähnlichen Zeitabständen vollzogen hat wie sie es bei jedem neuen Sprecher ontogenetisch tut. Ein Faszinosum.

Das wundert eigentlich gar nicht mehr so sehr, wenn man bedenkt, daß die fetalen und embryonalen Entwicklungsstadien in nur neun Monaten eigentlich die gesamte Evolution vom Einzeller bis zum Menschen darstellen.
So, nach diesem Ausbruch naturwissenschaftlichen Kluggeschisses noch ein paar Beiträge aus dem ehemaligen Repertoire meiner Tochter:
Eisemeise -- Ameise
Hannibirne -- Johannisbeere
Koffeln -- Kartoffeln
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

katakura

Zitat von: VerbOrg in 2006-10-26, 06:33:36
Zitat von: Kilian in 2006-10-26, 02:16:03Ypsilonlon war nicht von mir. Wer war das noch. Heidi?
Nee, Kilian, ich habe mit Ypsilonlon nichts am Hut. Ich weiß auch nicht, wem dieses einst entschlopf.

... ich bilde mir ein, daß es rrr51 als beispiel kilnder sprachschopf anfohr ... auf alle fälle fiel das wort im turmverlies zu eisenach ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Grinsekater

#6
Zitat von: amarillo in 2006-10-26, 09:06:34
Das wundert eigentlich gar nicht mehr so sehr, wenn man bedenkt, daß die fetalen und embryonalen Entwicklungsstadien in nur neun Monaten eigentlich die gesamte Evolution vom Einzeller bis zum Menschen darstellen.

An die Besprechung dieser Theorie im Schulunterricht erinnere ich mich deutlich und auch daran, daß sie mit Vorsicht zu genießen sei. Grob betrachtet kann man es wohl so stehenlassen, betricht man die Embryogenese aber näher, darf man sich über Abweichungen, Auslassungen (bzgl. Fühl-O-Genese) und dergleichen nicht verwundern. Aber das nur nebenbei.

Die schönste Wortkreation meiner Kindheit, an die ich mich erinnere, ist ,,Joguck". Fühlt sich als Wort für Joghurt gar nicht einmal schlecht an, finde ich. Dann gab es da noch die Meiße, einen scharfzüngigen kleinen Vogel, und die Klin-Gl, bei der ich das L immer fast verschlock, so tief in den Rachen schob ich es laut meiner Mutter.

Kilian

Spracherwerb meines Brüderchens zur Weihnachtszeit:

Kling Glöckchen klililililing
Kling Glöckchen kling
Öffchen mir das Fenster
Daußen sind Vabenster
Backelaus und Vankendein
hauen sich die Vesse ein
Kling Glöckchen klililililing
Kling Glöckchen kling

Stollentroll

#8
Zitat von: Kilian in 2006-10-26, 02:16:03
Ypsilonlon war nicht von mir. Wer war das noch. Heidi?

Näh, Heidi war´s auch nicht. Es war des Stollentrolls Töchterlein, das dieses Wort in frühester Jugend erfand.
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

Agricola

Ich mochte als Kind immer am liebsten die Geschichte vom Glücksklürbis. Meine Mutter hat immer versucht, mir das zweite l abzugewöhnen, aber ich habe mich so damit identifiziert, dass ich das ganz falsch fand. Mit der Beseitigung dieses Buchstabens verlor die Geschichte dann auch ihren eigentlichen Reiz.

Im übrigen kann ich mich erinnern, noch ziemlich spät mit "allmählich" Probleme gehabt zu haben. "Einmälig" klang für mich viel einleuchtender.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

katakura

Zitat von: Kilian in 2006-10-26, 20:03:16
Spracherwerb meines Brüderchens zur Weihnachtszeit:

Kling Glöckchen klililililing
Kling Glöckchen kling
Öffchen mir das Fenster
Daußen sind Vabenster
Backelaus und Vankendein
hauen sich die Vesse ein
Kling Glöckchen klililililing
Kling Glöckchen kling

... ein wirlk einmäliges gedicht, auch wenn sich mir trotz nachdenkens im übermelnschn bereich noch immer nicht erschloß, wer in aller welt bloß backelaus und vankendein sein könnten ... nikolaus und frankenstein? ... das wäre naturl eine provakante paarung :D ... aber sei's drum ...

... mein kleiner beitrag zu kindlicher reduplikation:

... von meinem vater lorn ich einst in kindertagen, daß das adjektiv für eine mollige, wohlige wärme "ududu" (sprich: uddu-du) ist ... ich weiß bis heute nichts über die etymolg dieses wortes, aber ich nutze es gelegelnt bis heute und sage in den passenden situationen statt "schön warm" eben einfach dieses alberne "ududu" ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Kilian

Wir älteren Geschwister sangen "Drakula und Frankenstein" - Brüderchen kombinor Blutsauger mit Geschenkebringer. :D

VerbOrg

Als ich vorhin von der U-Bahn nach Hause ging, ging eine Mutti mit einem vielleicht fünfjährigen Kind vor mir.

Zuerst trieb der Knabe die Mutter an mit: "schneller, schneller", dann verlurg er sich auf das Gegenteil: "Du musst NOCH lamsiger gehen." (Daraufhin frug die Mutter ihn dann, was denn "lamsiger" bedeute. Die Antwort krag ich ob anderen Zieles nicht mehr mit.

Wieso sagen kleine Kinder eigentlich so häufig "m" statt "ng"?
Das Wort lamsam liegt ja nahe wegen des ähnlichen Klanges beider Silben, aber der ist ja bei "lamsig" nicht mehr gegeben...
Weiß jemand von Euch eine Erklur?

Ku

Na klar doch: ,,m" ist einfacher. Die Kinder sagen ja auch ,,mama" statt ,,nganga"  :D

VerbOrg

Ich habe aber schon oft gehört, dass Kinder in der Sprach-Erprobungs-Phase unablässig Laute wie nga-nga-nga unablässig von sich gegeben haben, wahrscheinlich, weil da die auch noch recht neue Kaubewegung mitgemachen wird.