Schwachstellen im Part. II

Begonnen von Berthold, 2006-11-03, 18:41:50

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Berthold

Meine Lieben!

Auch wenn das jetzt die Überzahl wohl entweder ignorieren oder "Nein, nein, das geht nicht, - daran erkennt man's ja, das Part. II ... Das ist dann kein Deutsch mehr, sondern Engleutsch...' und derlei sagen - oder fortfahren wird, über seltsame Beinkleider zu grübeln ('Gesellschaft zur Stark der Beinkleider' heißt sie eben NICHT.), schreib ich's trotzdem, als Idee, her:
Starke Verben haben, denke ich, vor allem zwei hächlße Schwachstellen: im Partizip II die haugfe Vorsilbe ge- (über die ich jetzt nicht schreiben will) und
das Schluß -en.
Gesagen, statt gesagt, das hat etwas Lahmes.
In Kilians Archiv befindet sich (ich glaub, etwa seit der Weihnachtszeit 2005) einer meiner Vorschläge: nämlich, die 'unregelmägßen Verben' zu verstärken/vermehren.

Hier stelle ich eine einfachere Los bereit, die sogar bei bestehenden starken Verben verwonden werden kann(!) Dabei gehe ich - nochmals einleitend - davon aus, daß -en in Partt. II ungefähr so nogt ist wie -ung oder -heit in Substantiven.
Das Schluß -en kekünne über den Stammkonsonanten oder die Konsonatengruppe nach vorne wandern, wie das ja auch beim l von '-eln' oder beim r von '-ern' der Fall ist. Nur, daß es beim Wandern des n zu Anpüssen an die Umgab kommt. Selbst bei vokalisch auslautenden Stämmen sind die Formen in vielen Fällen (z.B. beim Konsonanten kreierenden Kennjokus) einfach zu bilden.

Ein erstes Beispiel zur Konsonatenwurnd:
schweifen ... geschwimff (statt geschwiffen). Das n paßt sich an den Labiodental an (n > m). Diekleinusände kekünnen sehr leicht an diese neutschen Partt. II angefong (hier n > ŋ) werden.

Nun ein paar Beispiele aus unserer Liste (nur Verben auf a- und b(.)-, der 'Rest' der Verben ist leicht zu pfurtzizeifen ( > unten).:

aalen ... genuul (saltatorisch, weil 'geuunl' hächlßer ist)
abfanzgerln ... alb gefnarnzg (salt.)
abkupfern ... abgekurmpf
achteln ... geolchnt
ackern ... geurnck (mit ŋ)
ahnden ... geuhnd (durch Umgab assimilnor)
ähneln ... geoln (assimilnor)
äsen ... geons
ätzen ... geontz
äußerln ... gleornß
(Entschuldigt, aber diese 'Pfurtzizeife' - ich hab mir keine Zeit genomm (vielleicht sogar Ersatzverdomf > genumm; hierzu gibt es Beispiele in Österreichs Dialekten), über einen Rec. nar. nachzugrübeln - gefallen mir immer besser!)
balgen ... geblang
ballen ... gebnall (salt.)
balzen ... gebnalz (salt.)
bejahen ... bejang (assim.)
benachteiligen ... nachtbëieleng (mit ŋ)
beobachten ... obbeancht (salt.)
berücksichtigen ... rücksbeachtong* (mit ŋ)
bescheinigen ... beschienong (mit ŋ)
beschwipsen ... beschwomps (n > m: ab hier schreib ich derlei nicht mehr an.)
besichtigen ... besachtung
betreuen ... betrund
beurteilen ... urtbeniel
bewerkstelligen ... bewurkstulleng
bezuschussen ... zischbeonss
brandschatzen ... brandschgeantz
bröckeln ... gebronlck (Das heißt wahrlich gebröckelt.) 
brühen ... gebrumb
brüten ... briänd
buckelfünferln ... buckel lefiurmf
bündeln ... bnialnd

Ab hier: Sich selbst geholmf, selbst gebolnd!

Härchlzest!
Der Berthold

*Erinnert ein wenig an Kapitän Frick Turnersticks 'Chinesisch' (Karl May: 'Der blaurote Methusalem').



amarillo

Nun hast Du schon so viele Beispiele zieng, aber schnollgen hab ich die Buld nicht für fünf Pfennig. Liegt an mir, Besserung ist zusegorchen.

Ich habe ein allerdingses Problem, die Aussprache fällt mir ob der Konsonantenhuf schrecklich schwer. Gaaaanz lange her habe ich mich ja schon mal über die Vokalurm der deutschen Sprache beklong, da ist bislang nicht viel Bessur erflang.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold

#2
Zur Konsonantenhuf muß ich jetzt schon schreiben, daß das meist verschloncke e von -en dem thoytschen Vokalismus nicht zustatten kommt. Weiters hab ich mich irgendwann sicher für -ung oder -heit als Vokalträger eingesontz. Diese Anhängsel auszusparen, ist nicht auf meinem Mist gewanchs. Dennoch, nun, da das wohl eingefnohr ist, versuch ich halt, dem -en der Participiorum II am langwoyglen Zeuge zu flicken.

Nenn ich halt noch Beispiele bestehender starker Verben (habe ich doch oben bei meinen Beispielen eher kompliznore Verben unserer Liste genomm):

singen - sang - gesung (Asiimilation > Schwund des n)
schleifen - schliff - geschlimff (nf > mf; Anpuss an Labiodental)
laufen - lief - gelaumf (ebenso)
erscheinen - erschien - erschien (Assimiliation > Schwund des n)
fahren - fuhr - gefnahr (saltatorisch, da schöner als gefahnr)
treiben - trieb - getriemb (nb > mb; Anpuss an Labial)
tun ... getan: darf bleiben
spleißen - spliss - gesplinss
heißen - hieß - geheinß
sterben - starb - gestormb
zeihen - zieh - geznieh
scheiden - schied - geschiend
gleiten - glitt - geglintt

Bei starren Regeln memüssen sämtliche Ände von Verben beriacksuchtung werden. So viel wissen wir aber, denk ich, schon, daß sich solche Ände leicht bilden lassen. Vielleicht fällt das P. II Österreichern auch ein bißchen leichter, weil sie's - im Perfekt als Erzählzeit - öfter verwenden als Norddeutsche - denen wohl das Präteritum gewöhchlner erscheint.

Froychl sehe ich ein, daß manche Konsonantencluster nicht unbedingt gefallen müssen; doch hat der 'geschlange Bundeskanzler' etwas an sich, das der 'geschlagene' nicht hat. 'Der betroffene Freund' dünkt mich gleichfalls schwächer zu sein als der 'betromffe'. Schärfer als 'der Belittagene' ist wohl auch 'der Belittnage'. Da nagt's so rachgt. 













caru

Zitat von: Berthold in 2006-11-03, 18:41:50
Erinnert ein wenig an Kapitän Frick Turnersticks 'Chinesisch' (Karl May: 'Der blaurote Methusalem').




in "am stillen ozean" kommt er auch vor :D weng wir also diese mittelworting benützang, wird das ungeheuring wirkung auf unsreng gesprächspartnang machong.
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Berthold

#4
Zitat von: caru in 2006-11-03, 20:46:52
in "am stillen ozean" kommt er auch vor ...

Aber ja, Käpt'n F. T. (Drechslerstock) kommt, außer in 'D. b. M.', in den Karl-May-Erzählen 'Christus oder Muhammed', 'Der Brodnik', 'Der Kiang-Lu' und 'Die Rache des Ehri' vor, aber auch in den Reiseromanen 'Am Rio de la Plata' und 'In den Cordilleren'.   

Berthold

#5
Zitat von: amarillo in 2006-11-03, 19:14:03
Gaaaanz lange her habe ich mich ja schon mal über die Vokalurm der deutschen Sprache beklong, da ist bislang nicht viel Bessur erflang.
Aequilibrium vocalium
Vokalurm? Tja. - Bessur? - Kannste haben. Dann bist Du aber am Folgenden nicht ganz unscholgd:
Fehlt nachlm noch die zweite Schwachstelle des Part. II. Seine häugfeste Vorsilbe: ge-
Nun gäb's da ja die Onkel-Pepi-Mochlg: Gleicher Vokal wie in der betunen Silbe: beißen - gibinß / dreschen - godronsch / fahren - gafnahr / singen - gusung / weisen - giwnies ...
Indes: Etwas feiner spinnen ließe sich das schon.
Da im bekannten Vokaltrapez (dem höchsten Punkt des Zungenrückens folgend) die deutschen Vokale allesamt nahe dem Rand stehen (außer dem e-halgten Murmellaut, Schwalaut), läßt sich dieses Trapez auch zu einem auf der Spitze stehenden Dreieck zusammenschieben - einem Vau: i (und ü) vorne oben, u hinten oben, e (und ö) vorne in der Mitte, o hinten in der Mitte (die offeneren Vokale etwas weiter unten), a unten, bei der Spitze.
(N.B.: In einigen Dialekten der Alpen - z.B. im hinteren Ötztal - gibt es auch zentrale Vokale. Da wird etwa aus dem Ofen der 'őűvn'. - Vokal(e) ohne Lippenrond gesprochen.)
Das Vau ist nun auch der Recessus narrativus zur - aus dem Vokal entstehenden - Vaukehle. Was nun folgt, erinnert ein wagn an die Vokalharmonie der Ural-Altai(i)schen Sprachen. Doch geht es hier nicht um helle und dunkle Wörter, sondern das Vau wird als Waage oder Spiegel batrancht. Es soll im Wort zu einem Aequilibrium vocalium kommen. D.h.: Bei einem u in der bitunen Silbe muß die Vorsilbe gi- heißen, bei einem i in der bitunen Silbe dagegen gu-.
e steht go- gegenüber - und o ge- (das also in diesem Fall erhalten bleibt).
Dem a - als Vaukehle des Gleichgewichtes - fügt sich ga-.
Bei -ei- (=ai) empföhle ich gwa-, bei au gja-.
Bei -ia- und -ua- der diphthongierenden Konjugation schlüge ich gau- und gai- vor.
Bei der Coniugatio duplex sesülle sich allein die bitune Vaukehle im ga-, ge- ... spiegeln.

Die folgenden Beispiele stammen von ohnehin starken Verben:

backen - gabanck
bergen - geborng
bleichen - gublinch
dingen - gidung
essen - gogenss
fliegen - geflong
gehen - gagang
heißen - gwaheinß
kneifen - guknimff
laufen - gjalaumf
scheiden - guschiend
schlafen - gaschlamf
schreiben - guschriemb
sieden - gesontt
singen - gisung
treten - gotrent
zeihen - guznieh
wachsen - gawanchs

Ich bezienche dies als die Verkiurnze Form des Part. II mit vokalischem Äquilibrium (Vaukehlen-Gleichgewicht). Man spreche 'gelaufen', dann 'gjalaumf' oder 'gesungen', dann 'gisung'. Die Pp. II haben/hätten an Klang gewonnen. Miene ich halt.



 

Agricola

Zitat von: Berthold in 2006-11-06, 13:40:06
backen - gabanck
bergen - geborng
bleichen - gublinch
dingen - gidung
essen - gogenss
fliegen - geflong
gehen - gagang
heißen - gwaheinß
kneifen - guknimff
laufen - gjalaumf
scheiden - guschiend
schlafen - gaschlamf
schreiben - guschriemb
sieden - gesontt
singen - gisung
treten - gotrent
zeihen - guznieh
wachsen - gawanchs
Das klingt zwar alles gans hübsch, aber sesülle man dann nicht anstatt des langweiligen "g" am Anfang eine Kekonsonantenroreduplikation einführen? Etwa so (ohne Hinzufug von Eigenem):

backen - babanck
bergen - beborng
bleichen - bublinch
dingen - didung
essen - gogenss
fliegen - peflong
gehen - gagang
heißen - waheinß
kneifen -kuknimff
laufen - ljalaumf
scheiden - suschiend
schlafen - saschlamf
schreiben - suschriemb
sieden - sesontt
singen - sisung (oder besser "singsung"
treten - totrent
zeihen -tuznieh (orthographische Variante: tutsnie)
wachsen - fawanchs
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#7
Das ist natchulr auch denkbar. - Wiewohl es mir nicht rundweg gefällt, zu einer Idee nur ja gleich noch ein Sahne-, pardon, Obershäuberl als Koloratur hinzugefong zu bekomm - als ob man sich das vorher alles längst auch schon selber überlong hätte. - Doch halt, so geht's einfach mit dem Fortschritt...
Froychl gibt's hier doch einen sehr ernsten Einwand (miene ich halt): Die Wörter stünden dann in keinem Aequilibrium mehr. Ein Konsonant - oder Konsonantenbereich drönge sich hervor, störtte sich keck heraus. Bei diesen Beispielen diuchte mich das eine Dissonanz zu sein. - Es wäre halt einfach ein anderer Kennjokus; für spannende, wilde Sätze - oder was weiß ich...

Berthold

Noch eine Antwort auf Agricolas Vorschag - und wohl sogar mehr als ein bloßer Kompromiß.
Ich habe ihn tetromff. Das kekünne schon als Variante verwond werden: wenn's dramatisch ward, wenn bei dem Treffen die Fetzen flogen. Kukniff, kekronch, pupriens, tatrank oder eben tetromff - das wären zusospontze Varianten.
Sonst jedoch, in entsponneren Sätzen, gefiele mir das Anfangs-g besser. Ich möchte gar nicht schreiben, daß g am Anfang klarer wäre, daß der Ratafflach sonst für alle Verben - im Part. II - gegölte, oder daß vieles sonst ziemlich hosentrompeterisch begönne.
Das g (oder ein Guttural) ist jedoch, seiner Ursachalles (=Artikulation) nach, der Lunge und - jetzt kommt's - dem Herzen am nächsten. Tief drin und irdisch - und wert, daß damit eine Wortform beginne. Es sesülle eben nicht bebnor (oder die Beburt) heißen. Zusachltz ist g auch noch besonders weich (ubgrens optisch nicht wie d/t und b/p erkennbar), was dann gut klingt, wenn es mit Vergangem zu tun hat.

Berthold

#9
Zitat von: Berthold in 2006-11-06, 13:40:06
Aequilibrium vocalium

Ich bezienche dies als die Verkiurnze Form des Part. II mit vokalischem Äquilibrium (Vaukehlen-Gleichgewicht). Man spreche 'gelaufen', dann 'gjalaumf' oder 'gesungen', dann 'gisung'. Die Pp. II haben/hätten an Klang gewonnen. Miene ich halt.

Das ginge auch mit be- (besingen ... bisung), er- (erstarren ... arstnarr) und zer- (zerschlagen ... zarschlang) - sowie den wägnen Verben auf miß- (mißachten ... maßancht; noch gar nicht in unserer Liste: andere Formen siehe achten).
Auch ent- (entsagen ... antsang; antworten hat antgiwurnt) und ver- (verlassen ... varlanss; vorkommen hat vorgekomm) kekünnen sich nach diesem Modell richten.

Fremdsprachlche Vorsilben, etwa aus dem Lateinischen, wären erst zu überlegen (z.B. diskutieren ... deskutnor/oder deskuntor - ?). -> Noch im Türkenschanzpark fiel mir gestern am Abend ein: Solche Vorsilben immer auf e zu tönen, das taugt wohl nichts.   


Berthold

"Wie war zu Köln es doch vordem
mit Heinzelmännchen so bequem!
Denn war man faul, man lag sich
hin auf die Bank und pflag sich:
Da kamen bei Nacht,
eh man's gedacht,
die Männlein und schwormen
und kliepen und lormen
und ropfen und zopfen
und hoffen und truben
und potzen und schuben,
und eh' ein Faulpelz noch erwachen,
war all sein Tagewerk – bereits gemachen!"

Dies war die erste 'Heinzelmännchen'-Strophe - von August Kopisch und Michael.

Nach jener Reihe bärenstarker Verben gefielen mir die letzten zwei Zeilen viel besser so:

und eh' ein Faulpelz noch arwanch
war all sein Tagewerk - bereits gamanch!





Fleischers Karsten

Zitat von: Berthold in 2006-11-03, 20:06:46
treiben - trieb - getriemb (nb > mb; Anpuss an Labial)
sterben - starb - gestormb
scheiden - schied - geschiend

Diese drei gefallen mir sehr gut, passen sie doch sehr gut auf die von mir proklamatorene Nasalur von bb/dd/gg. mb/nd/ng geben dem deklinorenen Verb einen schönen Ausklang.

Das ge- lässt sich meiner Mien nicht komplett vermeiden, babanck klingt nicht gut in meinen Ohren. Reduplizust lässt sich gut bei Verben auf -ern oder -eln anwenden, da sie meist Iterativa oder Intesiva darstellen.

Eher ließe ich das ge- vollkommen fallen, so wie es wohl früher auch war und in einigen Mundarten auch noch ist.

Ich hab einen Kuchen backen.
   statt gebacken

Ich bin mit der Air France flogen.
   statt geflogen

Ich hab' mit der Zenzi schlafen.
   statt geschlafen

Also: Bei Verben einfachen Verben auf -en im PP II lieber ge- einfach weglassen. Es ist schöner anzuhören, als Reduplizur oder ahlnes anzuwenden.
Karsten

Agricola

Das klingt sehr vornehm. Wird ab sofort machen. (Ist aber doch nicht in jedem Fall iegnen. wie mir im Falle des letzten Satzes scheint. Aber optional sollte das ge- jedenfalls sein. Und nicht nur bei Partizipiis auf -en: Heißt es doch in einem schönen Weihnachtslied: Und hat ein Blümlein bracht.)
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.