Pilgern

Begonnen von amarillo, 2005-05-22, 21:16:29

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amarillo

Soeben wurde im "Tatort" ein Problemchen angerissen: wallfahr(t)en. Wie bilden sich hier die Zeiten?

ich wallfahr(t)e - wallfahrtete (grausig) - bin wallgefahrtet/gewallfahrtet  ??

Das Ding muß dringendst gestorken werden. Ich schlage vor:

Ich fahrte wall - du fiehrst wall - fohrt wall - föhrte wall - habe wall gefuhrten
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

MrMagoo

"wallfahren" - da steckt doch fahren drin, also ganz einfach:

wallfahren - wallfuhr - gewallfahren

Oder, mit Doppelablaut, denn der erste Teil könnte das Verb wallen enthalten, also "wallend fahren" *gg*:

wallfahren - wielfuhr - gewallfahren.

Wie wär's damit?  ;)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

VerbOrg

An sich iere ich es so akzept. Gefällt mir.

Nur im Ind. Präs. müsste es meiner Meinung nach "fiehrtst wall" heißen.

Das Verb sollte unbedingt einen Listenplatz ergattern.

amarillo

#3
Heißt der Infinitiv nun wallfahrten oder wallfahren?
Und was soll das mit dem Wall? Ist es/er verbalen Ursprungs, können wir ja, wie MrMagoo vorschlug, auch umlauten. Bei nominalem Wurzelwerk trüe ich mich nicht.

@VerbOrg:
Du hast natürlich recht, das "t" muß da mit rein, solange wir vom Infinitiv "wallfahrten" ausgehen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

amarillo

Habe mal bei Familie Grimm nachgesehen, die nennen das Verb "wallfahrten" und kennen auch den "Wallfahrter". Das mit dem "wall" ist demnach dem Tuwort "wallen" entnommen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Es gibt beide Formen:

wallfahren - wallfahrtest - gewallfahrt
und
wallfahrten - wallfahrtete - gewallfahrtet

wallfahrten ist dabei eine veraltete Form.

Da der ganze neudeutsche Kram hier ja nicht so populär ist, bin ich dafür, dass wir uns auf wallfahrten einigen.

"wielfuhr" hört sich für mich zu weit hergeholt an.

amarillo

#6
Ja, finde ich auch etwas abwegig.
Kommt denn nun die "Walz" vom "wallen"? Das erönffe ja wunderschöne Nominalisierungsmöglichkeiten für alles, was auf -allen endet.

knallen - die Knalz
schallen - die Schalz
ballen - die Balz
prallen - die Pralz
verfallen - die Verfalz (daher auch: Verfalzdatum!)

Und im Umkehrschluß könnte man aus Salz wieder "sallen" destillieren.
Schmalz - schmallen, Malz - mallen, aber mehr fällt mir auf -alz im Moment nicht ein.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

ach ja, und
schwallen - die Schwalz
bestallen - die Bestalz (= Ernennung zum Betreuer)
hallen - die halz

Aber dein Beispiel mit ballen zeigt doch eigentlich schon, dass wir das so nicht machen können.
Das Verb, das zum Substantiv Balz gehört, ist doch balzen.

Und die meisten "-allen"-Verben sind doch soviseau schon nominalis georen, indem man einfach die Endung "-en" getrichen hat.

hallen - der Hall
schallen - der Schall
knallen - der Knall
prallen - der Prall
schwallen - der Schwall
fallen - der Fall
ballen - der Ball
stallen - der Stall

amarillo

Sei doch nicht so bürokratisch!

Fur Balz könnte man sich doch auch ein hypsches Homonym erschaffen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

Näh, die Walz kommt von sich wälzen (sie ist ein Ort, wo man bzw. das Wild sich wälzt). Wallfahrtende wälzen sich ja nur, wenn sie vom Heiligen Geist ergriffen, in Zungen reden... oder wenn sie von ihresgleichen gerade zu Tode gequetscht werden, wie in Mekka schon vorgekommen. :(

Trotzdem find ich die alz-Nominalisur nicht abwegig, ist halt neu und frei erfunden. In Fällen wie bei fallen - oder eben ballen - kann man ja drauf verzichten. Unbedingt müsste man die Ralz (= das Verständnis) zulassen, gebolden aus der bekannten Zusammenziehung von raffen und schnallen.

wallfahren - wallfuhr - wallführe - gewallfahren
wallfahrten - wallfuhrt - wallführte - gewallfahrten

Gebongt.

Ly

warum nicht wallgefahren im Perfekt?
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

VerbOrg

Stimmt, wenn man ein Verb tsmetisch bilden sollte, dann wallfahr(t)en.

Es erfüllt doch nun wirklich alle Voraussetzungen: die erste Silbe ist betonen, das Verb ist zusammengesotzen, fahren bzw. fahrten ist als eigenständiges Verb erkennbar...

Bitte, bitte, großer Meister, lass uns das "wall" abtrennen!

Kilian

Macht das die S(pr)ache nicht uninteressanter, wenn dieses ungewöhnliche Verb zerschlagen wird, dass es praktisch nur noch ein gewöhnliches fahren mit Vorsilbe ist? Ich finde schon.

Ly

dann eben wagellfahren ;D
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

versucher

Das mit dem -alz ist von einiger Interessanz, aber ich erinnere an
"falten - der Falz" (kollidöre mit fallen, aber das Alzen ist ja eh Dichtersprache).
Mit "Z" lässt sich noch mehr machen, siehe oben. Ich mag "-anz": Verwanz, Gratulanz, Emigranz...
Aber wir müssen aufpassen, dass uns nicht schon wieder die Formenvielfalt verloren geht, weil wir Standardsuffixe einführen.