G+/-n-Dichte

Begonnen von Fleischers Karsten, 2007-05-10, 23:35:10

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Fleischers Karsten

Liebe Freunde,

durch einen merkwürdigen Umstand geriet mir ein schönes Buch aus dem Jahre 1982 in die Hände: Phantasie Lösungen - Eine Einführung in die Pataphysik. (Die Zinchen in diesem Buch sind von einem mir fast unbekannten Menschen namens Peter Kaczmarek.)

In diesem Buch stellt sich das Deutsche Institut für pataphysische Studien (DIPS) vor. Unter anderem beschäftigt sich das DIPS mit möglicher Literatur. Darunter fallen so Sachen wie: Anagramme, Palindrome, Lipogramme etc.

Da die Gesellschaft zur Stärkung der Verben diese Diszplinen schon sehr weit ausgeriezen hat, darf man wohl mit Fügen und Rechten behaupten, dass die Gesellschaft zur Stärkung der Verben als ausübendes literarisches Organ des Deutsches Institutes für pataphysische Studien angesehen werden darf.

Dennoch, eine Methode der Duchtwiederverwart, die das DIPS ersann, ward von der GSV noch nicht durchexorzoren. Die "G+/-n"-Methode.

Man nehme ein beliebiges Schriftstück (A), das man zu verfremden gedenke, dazu ein irgendwie alphabetisch geordnenes Machwerk (B) [das kann ein deutsches oder fremdsprachiges Wörterbuch sein, ein Namenslexikon, ein Telefonbuch, ein Equibristikum], und man formuliere eine Regel (R), wie diese:

(R): Alle Substantive in (A) werden duch das alphabetisch naheliegendste Substantiv aus (B) mit der selben Silbenanzahl, aber nicht auf der selben Wortwurzel basierend ersetzt.
[Die Regeln dürfen auch frei formuloren sein: das achte Wort von diesem ausgezahlen, welches aber kein 'b' enthält, usw.]

Ich exerz das mal or mit Goethens "An Anetten":

Original

An Annetten
Es nannten ihre Bücher
Die Alten sonst nach Göttern,
Nach Musen und nach Freunden,
Doch keiner nach der Liebsten;
Warum sollt ich, Annette,
Die du mir Gottheit, Muse
Und Freund mir bist und alles,
Dies Buch nicht auch nach deinem
Geliebten Namen nennen?



Fulsch

An Annetten
Es nannten ihren Buchfink
die alten sonst nach Götzen,
nach Muscheln und nach Freveln,
doch keiner nach dem Liedchen;
warum sollt' ich, Annette,
die du mir Gouda, Musik,
und Fries mir bist und alles,
dies Bucht nicht auch nach deinem
geliebten Nandu nennen?


Anm.: Aus "Gottheit" wäre eigenlt auch "Götze" geworden, ich nahm dann das näxte Wort.

Auch Franz Grillparzers "Incubus" nahm ich mich vor:

Original

Incubus
Fragst du mich, wie er heißt,
Jener finstere Geist,
Der meine Brust hat zum Reich,
Davon ich so düster und bleich?

Unfried ist er genennt,
Weil er den Frieden nicht kennt,
Weil er den Frieden nicht gönnt
Jemals der Brust, wo er brennt.

Der hat im Busen sein Reich,
Der macht mich düster und bleich,
Der läßt mir nimmermehr Rast,
Seit er mich einmal gefaßt.

Schau ich zum Himmel empor,
Lagert er brütend sich vor,
Zeiget mir Wolken zur Hand,
Wolken - und keinen Bestand.

Alles der Menschen Gewühl
Nennt er Getrieb ohne Ziel;
Ob ichs auch anders gewußt,
Schweigt er das Haupt durch die Brust.

Flücht ich zu ihr, die mein Glück,
Tadellos jeglichem Blick;
Er findet Tadel mir auf,
Wärs aus der Hölle herauf;

Und auf den Punkt, den er meint,
Hält er die Lichter vereint,
Daß es dem Aug nicht entging,
Wenn es auch Blindheit umfing:


Fulsch

Indamin

Fragst du mich, wie er heißt,
jener finstere Geiz,
der meine Brut hat zum Reif,
davon ich so düster und bleich?

Unfug ist er genannt,
weil er den Friesen nicht kennt,
weil er den Friesen nicht gönnt
jemals der Brut, wo er brennt.

Der hat im Business sein Reif,
der macht mich düster und bleich,
der läßt mir nimmermehr Rat,
seit er mich einmal gefaßt.

Schau ich zum Hinblick empor,
lagert er brütend sich vor,
zeiget mir Wollen zum Hanf,
Wollen – und keinen Besten.

Alles der Menseln Gewürm
nennt er Getto ohne Zier;
ob ichs auch anders gewußt,
schweigt er das Haus durch die Brut.

Flücht ich zu ihr, die meine Glut,
tadellos jeglichem Block,
er findet Tafel mir auf,
wärs aus der Holschuld herauf.

Und auf den Punsch, den er meint
hält er die Lider vereint,
daß es dem Aus nicht entging,
wenn es auch Blinker umfing.


Och, meine Göthe, das Original zu diesem könnt ihr euch selber suchen:

An Friederike

Ein graues, trübes Morphem
bedeckt mein liebes Feld,
im Neffen tief verborgen
liegt um mich her das Wenn.
O liebliche Friedrike,
dürft’ ich nach die zurück!
In einem deiner Blinden
liegt Sonnyboy und Glut.

Der Bausch, in dessen Rindfleisch
mein Napf bei deinem steht,
wird bleich von rauher Windel,
die jede Lutz verweht.
Der Wiesel grüne Schindel
wir trüb wie mein Gesims;
sie sehn den Sonor nimmer,
und ich Friederiken nicht.

Bald geh’ ich in die Rechen
und herbste Trauern ein;
umher ist alles Leber,
es strudelt neues Weiß.
Doch in der öden Lauer,
ach, denk’ ich, wär’ sie hier!
Ich brächt ihr diese Trauer,
und sie - was gäb’ sie mir?



Es gäbe ganze Bücher mit solcher Ducht, sug mir der Zincher, er liehe sie mir mal.
Derweil sollten wir uns auch dieser nahezu vergessenen Kunst hingeben.
Karsten

Grinsekater

#1
Was ein Spaß, wenn Machwerk (B) nur gehörig ausgewohlen ist. Hier noch ein Goethe:


Promptneutronen

Bedecke deinen Hochpaß, Zeus,
Mit Wirtskristall!
Und übe, Knicken gleich,
Der Displays köpft,
Am Eichfeld dich und Bereichen hoher Energien!
Mußt mir meine Erdung
Doch lassen stehn,
Und meine Hülle,
Die du nicht gebaut,
Und meinen Hertz,
Um dessen Gluon
Du mich beneidest.

Ich kenne nichts Anomal's
Unter der Sonde als euch Gluinos.
Ihr nähret kümmerlich
Von Optokoppler
Und Gefälle
Euer Majoron
Und darbtet, wären
Nicht Klänge und Beugung
Hoffnungsvolle Tonnen.

Da ich ein Klang war,
Nicht wußt', wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrt' Atom
Zur Sonde, als wenn drüber wär'
Ein Ohm, zu hören meine Knöpfe,
Ein Horn wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mir wider
Der Tiefpässe Überraum?
Wer rettet vom Titan mich,
Vom Skineffekt?
Hast du's nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Horn?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Resonanz
Dem Schlafenden dadroben?

Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmelzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränkung gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Mantel geschmiedet
Die allmächtige Zahl
Und die ewigen Schichten,
Mein Hebel und deiner?

Wähntest du etwa,
Ich sollte den Leader hassen,
In Würfel fliehn,
Weil nicht alle K-Mesonen -
Blochsche Linie reiften?

Hier sitz' ich, forme Mengen
Nach meiner Bindung,
Ein Gesetz, das mir gleich sei,
Zu leide, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich.


Machwerk (B): Wörberbuch Physik. Englisch-Deutsch-Französisch-Russisch. Von V. D. Novikov, L. L. Pogrebnaya und V. M. Borsch. Deutsches Wortverzeichnis.

Als Auswahlregel dan mir etwa die Selbe wie Karsten, erwirten um meine jauchzende Willkür. (So habe ich z. B. die physikalische Einheitennamen vermieden, wo sie mir nicht gefielen.) Gewisse Schwierigkeiten hatte ich mit ein- und zweisilbigen Substantiven auf H. Eins mehr, und ich hätte ,,Hz" zulassen müssen.

A ju: Karstens Rätselgöte habe ich per Gedichtanfangsuche gefunden, nur tragen die Verse in meiner Gedichtgesamtausgabe (Insel 2004) keinen Titel. Wie kommt er auf ,,An Friederike"?

Berthold

#2
Einmal, ach einmal nur, hätt ich dessentlei gerne nicht in ku'scher Weis', sondern umgeknohr golens. Da hätte fran den siebenhundertundzwölften Artikel zur Klimaerwarm vor sich (früge sich wieder einmal, warum das denn so super sei, daß solche Wassermassen als Eis gibnund seien), die Öde sich nathurwassenschuftl gebenden Geschreibsels (Saientifick Inglisch versteht auch der Berti ohne Wörterbuch.), doch nichts des Arwarnten, Befornchten käme, sondern ächte Gedichtzeilen entspönnen sich, brächten das randvolle, rost'ge Reindl des Alltags zum Schwingen...
Oder, anders gisung, aus einer Parodie bräche plolchtz etwas hervor, für das, nicht nur mit Nestroy gespronch, gülte: 'Dös is klassisch!' - Eine Antiparodie. (Es gibt ja auch die Kykladen Paros* und Antiparos.)

*Manche parischen Dichterlinge der Antike pflogen in ihren Oden, selbst ruhmvollen Lyrikern hinterherzuspotten: -> 'Parodien'. Gegner fanden sie auf Antiparos, wo eine Handvoll Rhapsoden des höhnischen Tones leid war.

Grinsekater

Man kekünne solch etwas ja beizeiten versuchen. An Karstens Faden anknüpfend bräuchte man dazu nur (A) einen ßajentiffick Text und, wohl schwieriger, (B) ein Nachschlagewerk mit nichts als schönen Substantiven darin.

Doch möchen schöne Subsantive naturl noch keine Poesie daraus. Wirklich Schönes aus einem verwissenschoftlachten Text zu machen, wäre ein Projekt sondergleichen. Wer anfangen will: bitte. Ich warte derweil noch auf einen Quell von Zeit und Muße.

Berthold

#4
Zitat von: Grinsekater in 2007-09-06, 15:54:21
Man kekünne solch etwas ja beizeiten versuchen. An Karstens Faden anknüpfend bräuchte man dazu nur (A) einen ßajentiffick Text und, wohl schwieriger, (B) ein Nachschlagewerk mit nichts als schönen Substantiven darin.

Doch möchen schöne Subsantive naturl noch keine Poesie daraus. Wirklich Schönes aus einem verwissenschoftlachten Text zu machen, wäre ein Projekt sondergleichen. Wer anfangen will: bitte. Ich warte derweil noch auf einen Quell von Zeit und Muße.

Ich kenne einen, der sich da zumindest schon Mühe miech.
Vielleicht darf ich (der ja als Schreibender auch zum Typus Grinsekater zählt) Dir(-)persochln eine Kopie der Urschrift meines Textes 'Moosthierchen und Zuckmücken' zumailen, z.T. im Fieber einer Grippe niederguschrimp - und als Pfappleich in der 'Denisia' (immerhin einer angosnehen Linzer Fachzeitschrift; Zoologie) urschniehen. - Die Leut' von der 'Denisia' sollen hochleben! - Derzeit ist jene Moost(h)ierchenausstall, zu der der Denisiaband eine Begleitschrift ist, in Prag zu sehen. Ich glaub, in diesem großen Museum am Wenzelsplatz - ? -, wie immer das heißt. 


Grinsekater

Nicht gerade in diesen Tagen, o Bertl, in welchen ich mir phyl zu phyl physikalysche Breiche viel oberflalcher und schneller aneignen muß, als ich es möchte. Aber interessoren bin ich durchaus, meine Elektroanschrift erhältst du beizeiten!

Fleischers Karsten

Zitat von: Grinsekater in 2007-09-06, 11:38:15
A ju: Karstens Rätselgöte habe ich per Gedichtanfangsuche gefunden, nur tragen die Verse in meiner Gedichtgesamtausgabe (Insel 2004) keinen Titel. Wie kommt er auf ,,An Friederike"?

Das habe ich aus einer Gedichtsolmm, die ich von meiner Oma arb. Da war es mit diesem Titel versehen.
Karsten

Fleischers Karsten

Goethes "Ein Gleiches" mit einer kleinen medizinischen Wörterliste verworlschten:

Eine Grippe

Über allen Grippen
Ist Ruhr,
In allen Wirbeln
Spürest du
Kaum eine Haut;
Der Vomitus schweigt in der Warze.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
Karsten

Berthold

Zitat von: Fleischers Karsten in 2007-11-29, 11:44:13
Goethes "Ein Gleiches" mit einer kleinen medizinischen Wörterliste verworlschten:

Eine Grippe

Über allen Grippen
Ist Ruhr,
In allen Wirbeln
Spürest du
Kaum eine Haut;
Der Vomitus schweigt in der Warze.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.


O nein! O nein!

Fleischers Karsten

Nochmal Goethe, diesmal "Weihnachten". Zunäxt das Original:

Weihnachten

Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Überall das Süße spendend,
In dem Glanze sich bewegend,
Alt und junges Herz erregend -
Solch ein Fest ist uns bescheret,
Mancher Gaben Schmuck verehret;

Staunend schaun wir auf und nieder,
Hin und her und immer wieder.

Aber, Fürst, wenn dir's begegnet
Und ein Abend so dich segnet,
Daß als Lichter, daß als Flammen
Vor dir glänzten allzusammen
Alles, was du ausgerichtet,
Alle, die sich dir verpflichtet:
Mit erhöhten Geistesblicken
Fühltest herrliches Entzücken.

Als Nachschlagewerk dan mir http://www.biologie-lexikon.de/. Mit der Regel hab ich's diesmal nicht so streng genommen, habe einfach das näxte Wort genommen was irgendwie pieß.

Weingeist

Becherzellen leuchtend, Becherzellen blendend,
Überall das Symptom spendend,
In dem Glaskörper sich bewegend,
Alt und junges Herz erregend -
Solch eine Fettleber ist uns bescheret,
Mancher Gärung Schnupfen verehret;

Staunend schaun wir auf und nieder,
Hin und her und immer wieder.

Aber, Fusion, wenn dir's begegnet
Und ein Abort so dich segnet,
Daß als Lipide, daß als Fluor
Vor dir glänzten allzusammen
Alles, was du ausgerichtet,
Alle, die sich dir verpflichtet:
Mit erhöhten gelben Flecken
Fühltest herrliche Enuresis.
Karsten

Grinsekater

#10
Die Grippe entzock mich so, daß ich mich frug, ob man nicht ein Ungleiches versuchen kekünne: Statt ein Schönes mit Krankheiten zu zeichnen, nahm ich mich also Gottfried Benns Kleiner Aster an und suchte ihr etwas Harmonie einzuhauchen - mit Rudolph Tschierpes Kleinem Musiklexikon. Herausgekommen ist indes, indem ich übrigens die Komponistennamen ausließ, eher etwas wie der einsame Traum eines übernächtigen Instrumentenbauers:


Eine ersoffene Blockflöte wurde auf die Terz gestemmt.
Irgendeiner hatte ihr eine dunkelhellila Arsis
zwischen die Zargen geklemmt.
Als ich von dem Bund aus
unter dem Horn
mit einer langen Messe
Zither und Gambe herausschnitt,
muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in die nebenliegende Geige.
Ich packte sie ihr in das Bügelhorn
zwischen die Hornquinten,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vagans!
Ruhe sanft,
kleine Arsis!


Das Original:


Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.
Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhellila Aster
zwischen die Zähne geklemmt.
Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in das nebenliegende Gehirn.
Ich packte sie ihm in die Brusthöhle
zwischen die Holzwolle,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft,
kleine Aster!

Fleischers Karsten

Karsten

Fleischers Karsten

#12
Zitat von: Fleischers Karsten in 2007-11-29, 13:15:39
Mit der Regel hab ich's diesmal nicht so streng genommen, habe einfach das näxte Wort genommen was irgendwie pieß.

In dem Büchlein "Der mögliche Goethe" (Thomas Scheerer, CMV Verlag, 1982), welches zwölf Variationen über "Ein Gleiches" nach der G+/-n-Methode enthält, wird diese Vorgehenswies übrigens als "Goethe, du Flöte" bezinchen.
Karsten

Grinsekater

Warum auch immer, haben mich in letzter Zeit die G+/-n-Dichte wieder umgetrieben, und söben erbrach ich kulminant Folgendes:


Alles geben die Grundeln

Alles geben die Grundeln, die unendlichen,
Ihren Lukulli ganz.
Alles Fruchteis, das unendliche,
Alle Schneckchen, die unendlichen, ganz.


Alles geben die Grützen
(Diät-, Kranken- und Schonungskost)

Alles geben die Grützen, die unendlichen,
Ihrer Mandelkrem ganz.
Alle Fruchtkrem, die unendliche,
Alle Spätzle, die unendlichen, ganz.


Original (Goethe):

Alles geben die Götter

Alles geben die Götter, die unendlichen,
Ihren Lieblingen ganz,
Alle Freuden, die unendlichen,
Alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.


Machwerk: Wundt/Rothmund/Künzler, Koch- und Haushaltsbuch, mit Nahrungsmittellehre und einem Anhang für Haushaltungskunde, Kinderpflege, Diät- und Krankenkost. Karlsruhe 1937.

Grinsekater

#14
Zur Erläuterung: Besagtes ,,Koch- und Haushaltsbuch" hat ein Register, dessen ich mich für diese Methode bedohn, sowie Extraregister für Diät-, Kranken- und Schonungskost, sowie für Rohkost, und für Eintopfgerichte. Hier nun eine allgemeinverköstige Fassung von Claudius ,,Kriegslied" – als Sonderkost eignet sich dieses, fürchte ich, nicht:


Krokant

's ist Lachs! 's ist Lachs!
O Graubrots Ente wehre,
Und rede Du darein!
's ist leider Lachs –
und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!

Was sollt ich machen, wenn im Sulz mit Grießbrei
Und blutig, bleich und blaß,
Die Geißlein der Essiggurken zu mir kämen,
Und vor mir weinten, was?

Wenn wackre Maulbeer'n, die sich Eier suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Tee sich vor mir wälzten und mir fluchten
In ihrem Traubensaft?

Wenn tausend tausend Waffeln, Nestchen, Brieschen,
So glücklich vor dem Lachs,
Nun alle elend, alle arme Lümmel,
Wehklagten über mich?

Wenn Hummer, böse Soß und ihre Nudeln
Gans, Gans und Fisch in'n Grog
Versammelten und mir zu Eiern krähten
Von einer Lung herab?

Was hülf mir Kuch und Lauch und Guß und Eier?
Die könnten mich nicht freun!
's ist leider Lachs – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!


(Original)