Genitiv II

Begonnen von Blindfisch, 2007-11-15, 08:55:04

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Blindfisch

Ich habe da mal eine Idee:

Nehmen wir mal den Satz "Es bedarf der Aufsicht des Lehrers". Da steckt ja gleich zweimal der Genitiv drin, zum einen in "der Aufsicht" und zum anderen der "besitzanzeigende" Genitiv in "des Lehrers".

Wie wäre es nun, wenn man diesem besitzanzeigenden Genitiv des Lehrers -   einen neuen Artikel und eine andere Endung zuwiese?

Beispiel: Statt "Es bedarf der Aufsicht des Lehrers." kekünne man doch sagen "Es bedarf der Aufsicht det Lehrerem."

Da es sich bei meinem Beispiel um ein mälnnes Nomen hilnd, möchte ich nun noch meine Gedanken zu den weilben und sälchen Nomen sowie dem Plural kundtun:

weilb: statt "des Loches der Tür" stelle ich mir vor "des Loches dei Türet"
sälch: statt "der Tür des Hauses" stelle ich mir vor "der Tür dis Hausem"
Plural: statt "der Gehege der Tiere" stelle ich mir vor "der Gehege deie Tierenen".

Was haltet ihr von meinem Vorschlag?

amarillo

#1
Soll das nur für Genitivattribute gelten oder auch für echte Genitivobjekte?

Und wie verhalten sich Demonstrativa, Possessiva usw.?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Blindfisch

Für echte Genitivobjekte hab ich das nicht vorgesehen, sondern nur für Genitivattribute. Danke aber für den Hinweis auf die anderen Wortarten (Demonstrativa, Possessiva usw.).

Demonstrativa:
mälnn: statt "der Aufsicht dieses/jenes Lehrers" nähme ich "der Aufsicht dieset/jenet Lehrerem"
weilb: statt "des Loches dieser/jener Tür" nähme ich "des Loches diesei/jenei Türet"
sälch: statt "der Tür dieses/jenes Hauses" nähme ich "der Tür diesis/jenis Hausem"
Plural: statt "der Gehege dieser/jener Tiere" nähme ich "der Gehege dieseie/jeneie Tierenen"

Possessiva:
mälnn: statt "der Aufsicht meines/deines/seines/ihres/unseres/eures Lehrers" nähme ich "der Aufsicht meinet/deinet/seinet/ihret/unseret/euret Lehrerem"
weilb: statt "des Loches meiner/deiner/seiner/ihrer/unserer/eurer Tür" nähme ich "des Loches meinei/deinei/seinei/ihrei/unserei/eurei Türet"
sälch: statt "der Tür meines/deines/seines/ihres/unseres/eures Hauses" nähme ich "der Tür meinis/deinis/seinis/ihris/unseris/euris Hausem"
Plural: statt "der Gehege meiner/deiner/seiner/ihrer/unserer/eurer Tiere" nähme ich "der Gehege meineie/deineie/seineie/ihreie/unsereie/eureie Tierenen"

Blindfisch

ach ja, da waren dann ja noch die Adjektive zu dem von mir geminenen Genitiv:

mälnn: statt "der Aufsicht des neuen Lehrers" nähme ich "der Aufsicht det neuem Lehrerem"
weilb: statt "des Loches der hohen Tür" stelle ich mir vor "des Loches dei hohet Türet"
sälch: statt "der Tür des alten Hauses" stelle ich mir vor "der Tür dis altis Hausem"
Plural: statt "der Gehege der exotischen Tiere" stelle ich mir vor "der Gehege deie exotischeien Tierenen".

Stollentroll

Klingt alles sehr ungewöhnlich. Schaunmermal, ob sich die Idee durchsetzt.
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

Agricola

Wird dann damit auch das alte Problem gelosen, dass wir nicht wissen, ob mit der Liebe Gottes die von Gott ausgehende Liebe oder die Liebe zu Gott gemienen ist? Oder mit der Liebe des Frühlings die Liebe im Frühling oder die Liebe zum Frühling?
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Blindfisch

Nein, ehrlich gesagen ging es mir wirklich nur um einen bestimmten Genitiv, nämlich nur um den in einer Reihung, wie in meinen Beispielen aufgeziegen.

Kilian

#7
Wie ich vor ein paar Tagen erfuhr, gibt es im Tsesischen einen Genitiv II. Er funktioniert ca. so wie der vom Blindfisch empfohlene, nur dass er der Fall der über- und nicht der untergeordneten Nominalphrase ist. Aufs Neutsche übertragen sähe das so aus:

Wir gedenken det Mannem der Kaiserin.
Es bedarf det Aufsichtet des Lehrers.
die Reparatur dis Lochem der Tür
der Zaun deie Gehegenen der Tiere

Es ist im Tsesischen noch etwas komplizorener, denn was da adjungiert wird, um einen Genitiv II auszulösen, muss kein Genitiv I, sondern kann auch etwas anderes Oblikes (also nicht im Absolutiv, dem Standardkasus im Tsesischen) sein. Das lässt sich nur mit etwas Gewalt aufs Neutsche übertragen.1 Als Oblikes nehme ich mal eine Präpositionalphrase mit für:

Gedenke dis Geschirrem für die Kaiserin!

Überhaupt hat das Tsesische sehr interessante Kasus (64 Stück). Wer mehr wissen will, betrachte http://en.wikipedia.org/wiki/Tsez#Case

1 Solange wir es nicht zur Ergativsprache machen, wie von Berthold unter http://verben.texttheater.de/forum/index.php?topic=388.msg24167#msg24167 angerissen.