Niedliche Verben

Begonnen von Grinsekater, 2008-03-20, 04:13:55

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Grinsekater

Hochgeohrene Versolmm!

Mitten in der vorperversen Thiehphphase stoße ich ein Thema an, zu dem es mir selbst leider weitgehend an Ideen gebricht, das ferner schon in mancherlei Forumsdiskurs auf die eine oder andere Weise angeklungen ist: Die Verniedlichung von Verben. Für die Suchmaschine: Diminutiv. Deminutiv.

Eine Auswahl besagter Anklänge (Hervorhübe durch mich):


Zitat von: MrMagoo in 2005-04-06, 19:49:39
Zitat von: amarillo in 2005-04-06, 19:17:03
Das wäre natürlich zu schön, wenn es jeweils eine Entsprechung gäbe.

basteln (von frz bâtir=bauen) ist also so etwas wie bauen im Kleinen - stimmt.
Sind wir auf der Spur des verbalen Diminutivs?

Ich muß noch ein wenig denkeln (denkchen). MrMagoo, alter Kamerad, will Dir nichts einfalleln?


Jau, lange nichts gehört... wie ist die Lage?!

Ihr seid, glaube ich, alle auf dem richtigen Dampfer... dieses "l" ist tatsächlich eine 'Verniedlichung' des eigentlichen Grundverbs, diese Verben haben auch einen besonderen Namen, der mir im Moment allerdings nicht einfällt.
Irgendwo stand etwas Genaueres darüber, muß ich später mal nachgucken. ;)


Einen allgemeininformativen Aufsatz nebst gebrochener Lanze für Verklarnssformen hat Berthold uns beschoren. Hier


Den gegenteilige Weg weist der Faden Gestirgene Verben.


In einem andern Sturggarn schließlich fand ich dies:
Zitat von: versucher in 2005-11-06, 19:13:35
Ich hoffele (Demut-Diminutiv!), ihr seid ein bisschen angerogen!


Vergalb indes sooch ich nach einer großangelågenen Systematisur der Verbverniedlichung (Varbvernaldch?), noch vergalber gar nach starken Diminutiven.

Legen wir los?


Bekannte, zwar schöne, doch schwache, unstorkene Molge bieten Infintiv-Endsilben wie -eln, -erln, -seln  -  geschonken: Ich häufle und pisele statt zu häufen und zu pissen. Oh, pardon. Doch wie lassen sich noch Verblein verniedlicheln?

Das -l- der drei genannten Silben macht an das Substantivsuffix -lein denken; eine assoziative Verwandtschaft, sozusagen. Ließe sich aus dem -chen efftl auch etwas für Verben gewinnen? Was wäre dattann? Ich tue - ich tuche? Nö. Ich brate - ich bratsche? Ich fälle - ich fälsche? Auch nicht so ganz, aber ohne das eingeschmolggene s klängen die Formen, als könne jemand das sch nicht rachgt ausprechen. Was meint ihr? Gehen Violen als niedliche Pfannen durch? Falsches als noch nicht ganz groß durchgefallen?

Und wie wäre es mit Entlehnungen aus Fremdsprachen? avus - avunculus habe ich noch im rechten lateinischen Hinterhirnlappen, überhaupt -ulus/a/um oder -unculus/a/um. Was wäre mit:
differenzieren - differenzulieren?
abstrahieren - abstrahunculieren? (Präteritum: ich hunculor abstra. Das gefällt mir.)

Und was treiben andere Fremdwortsprachen für niedliche Dinge, wenn ich gerade nicht hinsehe? Dies gehört aufgekloren, meine ich. Genau wie alle übrigen noch unentdockenen Vernaldchmolge für arme, unförmige, klotzige Verben.

amarillo

Bei den romanischen (auch wenn einige Stämme griechisch sein mögen) Lehnverben auf -ieren macht die lateinischen Verklien Spaß, da kann man dann auch hübsch trennen:
interessulieren
karikulieren
sanulieren
schnabunkulieren

Die aus dem Angelsächsischen herübergeschwoppenen Zeitwörter wie checken, downloaden, flirten etc. täte ich gefühlsmäßig dem Schema -eln, -erln, -seln zuordneln und da, wo möglich, unserer Schreibweise anpässeln:

daunlodeln
flörteln
tschäckeln
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

#2
Da wären auch Formen rückzubildeln aus Verben, die es bisher nur in Verkleinerung gab:

strangieren (strangulieren)
gestieren (gestikulieren)
manieren (manipulieren)
fabieren (fabulieren)
somnambieren (somnambulieren)
akkumieren (akkumulieren)
kalzieren (kalkulieren)
artieren (artikulieren)
modieren (modulieren)
simieren (simulieren)
ejazieren (ejakulieren)
immatrieren (immatrikulieren)
gratieren (gratulieren)
schnabieren (schnabulieren)
verklausen (verklausulieren)
zirzieren (zirkulieren) - hier auch die Beziehung zu "bezirzen"

und es ergeben sich ein paar interessante Verbindungen:
regieren - regulieren
formieren - formulieren
kapieren - kapitulieren
kopieren - kopulieren
postieren - postulieren
(in)spizieren - spekulieren

"Hast Du noch viele Seiten zu kopieren? Lass mich doch bitte ran, ich muss nur ein pärchen kopulieren." Als sie dies hörte, kapitulierte sie gleich, worum es ging.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kükenschublade

#3
Mein Erstlingsbeitrag im GSV-Forum!
Beginne ich doch mit ein paar eigenen Beispielen.

Verbvergrob:
Nach langer Verfolgungsjagd wamm Achilles die Meute schließlich ab.
Der (häuserblockgroße) Hund Bellone wod mit seinem Schwanz.
Goliath trug eine strenge Bugfalte in seiner Anzughose.
picheln - pichen
nageln - nagen
träufeln - traufen

Verbvernaldch:
Fräulein Holze-Stäblein häkelt sich zum Beglitt bei ihrem Mann ein.
(Wobei man verheirittene Damen ja so gar nicht verkleinern kann... Frauchen ist auch anders besetzt. Vielleicht Frauli? Fräuli? Frauerl? Fröli?)
"Ich täufele dich auf den Namen Hänschen" sug der Pfarrer, als er dem Frühchen Wasser aus dem Kännchen über das Köpfchen golß (von gießeln).
Bei seiner ersten Anstellung konnte Min (Vernaldch von Max) kaum 800 Eurönchen einstreicheln.

Man könnte auch Nomen, die von Verben herrühren, über diesen Umweg verniedlichen:
Strich - Strilch
(Auf dem Reepbähnchen wird man gegen Geld von Nutteln gestrulchen.)
Es scheint aber auch Nomen zu geben, die ihren Vernaldch (Verniedulch ?) verheimlichen: Nudeln etwa.
Bei großen Lasagneplatten oder meterlangen Spaghettifäden scheint mir Nuten angebrachter.
Und für den Vergrob vom ohnehin brutalen nudeln böte sich nutigen an (das vereint Nuten und nötigen).

Abschließend noch ein Gedichtausschnitt vom großen Erhärdteten (Erleuchteter wäre wohl zu hoch gegriffen...).

Aus: Schlaflied (Heinz Erhardt)

Schlafe ein, mein Schätzchen
Und träum von einem Kätzchen,
Von Püppchen, bunten Steinchen,
Schlaf ein, schlaf einchen.
Wer Arsch sagt, muss auch beige sagen.

Agricola

Na, Du steigst ja gleich zünftelich ein ins Forum! Herzlich willkommeln, Kükenschublade! :D
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Ku

Kükenschublade hat sich geonffen.
Das nenne ich mal einen gelungenen Einstand.
Allerdings umschworren mich wegen des nahezuigen Perfakts der gestorkenen Bolde einige Zwilfe, ob es sich bei der Kükenschublade nicht um das Zweitwesen eines schon bisherigen Mitgliedes hölnde.
Aber, wer immer es sei, in dieser Schublade stecken noch mehr Küken, die großgezogen werden sollten.
Oder die Schublade ist womöglich niederländisch. Dann stecken in dieser Küche noch mehr Schubladen, die geonffen gehören.   

Grinsekater

Wie wäre es, für starke Vernaldche Umlaute heranzuziehen? Natürlich behutsam und maßvoll, um den Konjunktiven nicht in die Quere zu kommen. Ich danke an die reimenden Umlautungen i->ü und e->ö:

schmettern - schmöttern
wiehern - wühern
spielen - spülen
krakeelen - kraköölen

Oder so ähnlich. Habe mich selbst noch nicht recht überzaugen.



Kilian

#7
Uns andere auch nicht, wenn ich das zweijährige Schweigen richtig deute, in das wir entsotzen verfielen. ;)

Das harnd uns und insbesondere den Übertreiber aber nicht, dieses wahnsinnig süße Thema am letzten PerVers-Abend wiederaufzunehmen. Hier einige Beispiele für Verchnuld und Entchnuld von Verben:

Man kann sagen, dass Sprache und Kultur einander determinulieren, also nicht vollständig bedingen.

Und wenn man sich für ein mehrjähriges Studium an derselben Universität verpflichtet, immatriziert man sich.

"Ich brauche beinharte Zahlen," erregte sich der Chef, "kalkieren Sie alles!"

Zu sagen, dass die oben nur angedachte germanische Vernulchd mit -chen mir gefielche, wäre eine hammerharte Untertreibung:

Ich bin dabei, mir etwas auszudenkchen, eine flüchtige Idee, um sich für den Augenblick daran zu freuen.

Er ist nicht wirklich desorganisiert, er verzettelcht sich nur bisweilen.

Auf die Gefahr hin, die Türen zum Dadaistisch-Repepetitititiven à la Entneinungen aufzustoßen, auch noch zwei Entnüldche:

Junge, Junge, was hast du da bloß verbron! Ich weiß nicht, ob ich je wieder mit dir reden kann.

Mein Wunsch ist so groß, ich wünse es mir!

Homer

Ein paar Vergröbe:

Die beiden, die dort in der Ecke kuschen, tuschen miteinander und nuschen, daß es mich grust.
Wenn wir uns schon nicht einigen können, dann sesöllen wir uns wenigstens einigeln.
Wer segelt schon in der Ostsee, wenn er auch die Welt umsegen kann?
Er wackelt, aber ich wacker (comp.).
Er sammelt keine Briefmarken, er sammt sie. Er ist der Sammer unter den Philatelisten.
Es genügt nicht, die Kosten zu deckeln, man muß sie decken.
Laß uns nicht lange fackeln, ...

Grinsekater

Ich habe mich ja schon sehr gefrohen, als ich vom perVersen Verbvernudelprojektwiederaufleben in der Zeitung lesen durfte, doch der hiesige Ideenschwall haut mich dreckt um. Toll!

In der ZEIT isselt noch vom -li die Rede: Ich wünschli. Damit's hier auch mal steht.

Spreewälder

rauchen > räuchern
schlafen > (ein)schläfern
nahen > nähern
lochen > löchern

staken > ??

Natürlich muss es "stäkern" heißen. Und gestorken (analog zu häkeln)

stäkern, stork, störke, gestorken

Wir Spreewälder sind die geheimen Gründer der GSV. Pst, nicht weitersagen!

katakura

Zitat von: Spreewälder in 2010-03-22, 14:56:47
Wir Spreewälder sind die geheimen Gründer der GSV. Pst, nicht weitersagen!

versprochen! :)

katakura
gsv-auftberagener für nichtöffentlichkeitsarbeit und contrapaganda
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

kein Schrieberer

Das Verb ,,zögern" ist vom Konjunktiv II von ,,ziehen" abgeliehten und bezeichnet die unentschiedene Zurückhaltung einer anstehenden Handlung. Ähnliche Ableitungen kann man von anderen Verben bilden. Naturl müssen auch diese gestorken werden.

Mein Bruder stand auf dem Fünfmeterturm und sprarng. (sprängern)
Die Ampel war schon grün, aber der Motorradfahrer fruhr. (führern)
Der Testpilot für die neue Maschine florg. (flögern)
Sie war nun zum ersten Mal mit ihrem neuen Freund alleine, aber er korß/arlx. (kössern/älxern [von vögeln])
Wenn der Offizier das Vorwärtskommando gibt, dürfen die Untergebenen nicht gingern.
Der Angeklagte surg aus. (sügern)
Die Grenzsoldaten schurßen nicht. (schössern)
Viele Börsianer wurten auf einen günstigen Ankaufs/Verkaufspreis, aber der Kurs forl/storg. (fielern, stiegern)
Da muss dringend etwas gemacht/getan werden, aber die Politiker miechern/tätern.

Kilian

Genial, ich memuss ungewöhnlich viele Hirnwindungen aktivieren, bevor ich mir sicher war, dass das hier Sinn ergibt und kein Vorzeichenfehler drinsteckt. Gefällt mir! Ich schlage den Begriff Komparunktiv dafür vor.

kein Schrieberer

Der ins Portal der GSV aufgenahrme (>aufnähmern) Hemmschwellenhinweis ließe sich auch kürzer fassen:
1. Gebot: Du sollst nicht schriebern.