Wörter

Begonnen von Kilian, 2008-04-17, 13:35:31

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Agricola

erogähne Zone, die: Ehebett eines erfahrenen Ehepaars
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Fleischers Karsten

Zitat von: Berthold in 2008-04-21, 19:48:02
Was ich bisher auch nicht wußte: Daß mit 'Pinguin' einfach ein fetter Vogel gumnien ist - oder ist's doch ein Wort aus der Ona-Sprache? - Auch der 'Pfeifer', der da irgendwas vom Bretonischen daherschwafelt, ist sich nicht sicher.

...

Aber - noch ärger: Selbst der 'Alk' fehlt!

So, Bertl, jetzt die Etymologie des Pinguins (und auch ein Zusammenhang mit dem Alk), abguschriemb beim A.J. Storfer, der ja aus der selben Stadt wie du stomm (und den ich viel höher schätze als die Grimms!):

Der Vogelname Pinguin ist höchstwahrscheinlich keltischer Herkunft. Man deutet ihn als walisisch pen gwyn (gwyn = weiß, pen = Kopf). Zu bermerken ist allerdings, daß jene drolligen Tiere der südlichen Polargegend nicht weiße, sondern schwarzbefiederte Köpfe haben. Dennoch ist die Etymologie Pinguin = Weißkopf nicht unhaltbar. Walisische Seefahrer dürften zuerst den über nordische Meere verbreiteten Riesenalk (Plautus impennis Linn.), den kennen zu lernen sie in Island und Südgrönland Gelenheit hatten, als Pinguin, d.h. als Weißkopf, benannnt haben. Tatsächlich kennzeichnet diesen Vogel ein länglich runder weißer Fleck vor und über dem Auge. Mit den in die Familie der Flossentaucher eingeordneten Pinguinen sind die Alken, die zur Familie der Flügeltaucher in der Ordnung der Regenpfeifervögel gehören, gar nicht verwandt, da aber auf den ersten Anblick eine große äußere Ähnlichkeit zwischen Pinguinen und Alken, besonders in der Körperhaltung, bemerkbar ist, ist nicht zu verwundern, daß der keltische Name der aus den nördlichen Meeren bekannten Alken später auf die ähnlichen Vögel übertragen wurde, denen man nach der Entdeckung Amerikas in den antarktischen Polargegenden begegnete. Daß man die neuentdeckten Vögel als Pinguine, wörtlich Weißköpfe, bezeichnete, obschon sie schwarze Köpfe haben, muss nicht verwundern, selbst wenn man annimmt, daß die Übertragung des Namens von den Alken auf die neuen Vögel durch solche Seeleute erfolgt ist, deren der wörtliche keltische Sinn des Namens noch bewußt war, denn schließlich bezeichnen auch wir als Plombe (plumbum, Blei), etwas, das oft aus Gold ist, als Gulden etwas, das meistens silbern und nicht gülden ist u. dgl. Übrigens hat man die Alken und die Pinguine anfangs auch für nahverwandt gehalten und sie irrtümlich in eine Ordnung (Impennes) zusammengefaßt. Im Französischen dient dementsprechend das Wort pingouin heute noch sowohl zur Bezeichnung der Pinguine als der Alken. Unbestritten ist die Ableitung des Vogelnamen (englisch penguin, daneben aber auch der Pflanzenname pinguin = Bromelia Pinguin, Pinguinananas aus den genannten keltischen Wörtern) aber nicht: manche versuchen, das Wort in romanische Zusammenhänge zu bringen, dem lateinischen Worte pinguis = fett zuzuordnen.

Entnommen aus: A.J. Storfer, Wörter und ihre Schicksale. (Damit sei auch zumindst der Titel des Fadens in diesem Abschwiff noch mal aufgegriffen. Doch nun genug der Vögelei.)
Karsten

Kilian

Zitat von: Gryphius in 2008-04-25, 20:43:43
Zitat von: Kilian in 2008-04-25, 18:08:37
... während in Urzutände Dinge hineinkommen, die nur mal so kurz zur flüchtigen Belustigung dienen sollen. Dazu passt ja auch der Einnord in die "Späße".

Die Unterscheidung dürfte da nur nicht immer einfach sein, oder? Welche Kriterien muss ein Wort denn erfiollen haben, um zum neutschen Wortschatz hinzugefogen zu werden?

Nützlich, intelligent oder lustig sollte es sein. :)

Berthold

#48
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-04-26, 21:09:18
So, Bertl, jetzt die Etymologie des Pinguins (und auch ein Zusammenhang mit dem Alk), abguschriemb beim A.J. Storfer, der ja aus der selben Stadt wie du stomm (und den ich viel höher schätze als die Grimms!):
(...)

Es sei!

Übrigens hab ich Herrn Storfer in einem ganz anderen Zusammenhang wiedergefunden. Ich hab zu Hause ein Buch, in dem es hauptsächlich um jüdische Emigranten nach China geht. Und dort, in Shanghai, hat der wundersame A.J. Storfer eine Zeitschrift herausgegeben. Der Titel des Buches fällt mir nicht ein, allerdings fand ich im Internet ein Zitat über Storfer - aus einem Interwjû - http://www.fdk-berlin.de/forumarchiv/forum97/f029d.html:

'S.T.: Du hast von den Zeitungen und den Zeitschriften gesprochen. Da gab es eine 'Gelbe Post', herausgegeben von einem Herrn Storfer.

U.O.: Herr Storfer ist eine faszinierende Persönlichkeit. Er war Leiter des psychoanalytischen Verlages in Wien, der die Freudschen Schriften herausgebracht hat. Er ist nach dem 'Anschluß' emigriert. Später gründete er dann in Shanghai eine Zeitung, 'Die gelbe Post - Ostasiatische Illustrierte, Halbmonatsschrift'. Ich lese einmal etwas von der ersten Seite. Fast mit expressionistischem Impetus steht hier: "Hundert Aufsätze und hundertfünfzig Abbildungen über Einrichtungen, Vorgänge, Sitten, Gebräuche, einzelne Persönlichkeiten und allgemeine Typen", und dann in Klammern: "Staatsmänner und Generäle, Revolutionäre und Spieler, Boys, Kulis und Bettler, Dichter und Freudenmädchen." Es war ein sehr ungewöhnliches Blatt mit einer sehr ungewöhnlichen Themenmischung: ein Essay von Freud über den Judenhaß in Europa, dann einer über die Psychoanalyse in Japan, dann ein Artikel über die Juden von Kai-Feng, einer ganz frühen jüdischen Siedlung in China. Außerdem gibt es Texte von Ärzten, ganz pragmatische Sachen, z.B. darüber, wann Choleraimpfungen stattfinden sollen; oder ein wunderbarer Text: 'Bummel durch ein chinesisches Warenhaus', das KaDeO (Kaufhaus des Ostens, angelehnt an das Berliner KaDeWe, A.d.R.). Über Kino wird ausführlich geschrieben, besonders natürlich über chinesische Filme. Chinesische Geschichte. Auch eine Art Einführung in die chinesische Kultur - was in der kolonialen Welt überhaupt nicht üblich war, das war etwas Neues. Beiträge über die chinesische Schrift: 'Die vier Schätze der Schreibstube'. Dann gibt es Photoreportagen wie damals in Berliner Magazinen, eine Reportage über Bettler, 'Bettler wählen ihren König', ein Bildbericht über Straßentypen in Shanghai - auch so eine Reportage, wie man sie im Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre gemacht hätte. Storfer selbst hat sehr viele Artikel für die Zeitung geschrieben. Er war Sprachforscher. Er hat einige Bücher herausgegeben und wohl aus Wien Exemplare mitgebracht, für die er warb und die er auch verkaufte: 'Wörter und ihre Schicksale' und 'Im Dickicht der Sprache'.

Herr Storfer hat sich sehr darum bemüht, daß diese Zeitung über die Grenzen Chinas hinaus bekannt wurde. Hier steht zum Beispiel auch der Preis der Zeitung in Amerika, in Großbritannien, in der Schweiz. In dem Text 'Hut ab vor dem Kuli' beschreibt Storfer, wie er völlig deprimiert in China ankam und trotzdem so fasziniert war von dem ersten Anblick, der sich ihm dort bot, nämlich dem von schwer beladenen Kulis. Diese Haltung Storfers hat, wie ich glaube, sehr viel mit der Machart des Films zu tun. Ich habe versucht, diese ganz unterschiedlichen, sich widersprechenden Dinge, von denen Shanghai voll ist, im Film zusammenzubringen. Es ging mir darum, für das, was die Menschen mir von damals erzählt haben, Entsprechungen und Bilder im heutigen Shanghai zu finden, das sich zur Zeit in einem unglaublichen Umbruch befindet. Shanghai war immer eine Nahtstelle: zwischen dem alten China und dem neuen China; zugleich war es der Ort, an dem China auf das Ausland traf. (...)'   

Kilian

konˈsent <Adj.> unstrittig, Gegenstand eines Konsens; diese Bewertung ist bei uns ~

Berthold

#50
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-04-26, 21:09:18
(...) A.J. Storfer (...)

Lieber Karsten! Meine Lieben!

a) Das Buch, in dem auch über die - bitte, verzeiht mir dies Bild der männlichen Einsäme, tapfere EmigrantInnen - Ameikratz des großen A. J. Storfer in China guschrimp ward, ist folgendes:
Messmer, Matthias (2007) China / Schauplätze west-östlicher Begegnungen. - 659 pp. - Böhlau Verlag Wien . Köln . Weimar / ISBN 978-3-205-77594-2. - Ich empfehle dieses Buch.

b) Was glaubt Ihr, wie alt Neutsch ist? - - 'Sinwa doch graad east am Eafindn!' - Das glaubt Ihr?
Ich habe ein schrachlftes Zeugnis, daß Ihre Majestät, die spanische Königin (Gattin von König Carlos II.), Frau Marianne von Neuburg, bzw. Maria Anna von Pfalz-Neuburg (1667-1740), es um 1700(!) in Briefen verwendet haben muß. Im Buch von Monaldi & Sorti (SchurnalistInnen, die sich um die Wahrheit der Historie bemühen) 'Secretum' steht guschrimp:

'Es heißt, sie vertraue sich brieflich oft dem Landgrafen von Hessen an. Aber der Landgraf zögert mit seiner Antwort: Angeblich sind die Briefe der Königin ein sinnloses Wirrwarr, unmißverständliche Ausgeburt eines zerrütteten Geistes' - hier füge ich ein: ütte zerr - utt zirr! - uttet zerr! - jatt zarr - jätte zörre - zorrngeriuntt -', wo' (und jetzt kommt es, von mir hervorgehomp:) 'Verben und Substantive verstört vagabundieren wie die Besessenen und Tobsüchtigen, die heulend in der schwarzen Nacht Madrids umherirren.'      


 

Agricola

Zuckunft, die: Pulsieren des Penis beim Zeugungsakt
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Fleischers Karsten

greteln (V.)
Das feminine Äquivalent zu hänseln. Unklar ist allerdings, ob eine feminine Person eine maskuline, eine maskuline eine feminine oder eine feminine eine andere feminine Person gretelt.

(In Opladen ist dieses Wort tatsalch gelauf.)
Karsten

Gryphius

Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-05-26, 20:04:02
greteln (V.)
Das feminine Äquivalent zu hänseln. Unklar ist allerdings, ob eine feminine Person eine maskuline, eine maskuline eine feminine oder eine feminine eine andere feminine Person gretelt.

Ist mir der Stork dieses tollen Verbs gestotten? Die Einwull (?) vorausgesotzen, biete ich also an:

greteln - gralt - grülte - grilt! - gegrolten

Fleischers Karsten

Zitat von: Gryphius in 2008-05-26, 20:44:47
Ist mir der Stork dieses tollen Verbs gestotten? Die Einwull (?) vorausgesotzen, biete ich also an:

greteln - gralt - grülte - grilt! - gegrolten

Es sei so!
Karsten

Fleischers Karsten

Es ist schon manchmal schwierig mit den Wörtern:



(Zinch von R.M.E. Streuf)
Karsten

Kilian

Geˈhingst <n. 11> Hengstgestüt

Agricola

Mussda, das: Ableitungsprinzip in der Sprache, das nach Übertragung auf andere Fälle schreit
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Agricola

#58
Mähdorn, der: Aus einem ICE herausstehendes Metallteil einer Achse, das über die Gleise und deren Verschraubungen schleift, um dort wachsende Pflanzen abzusäbeln. Führt gelegentlich zu Entgleisungen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Fleischers Karsten

Dieses Wort erschien mir im Traum:

Aasschießen

In meinem Traum gab's tatsalch einen Schießstand mit einem Schild mit diesem Wort drauf dran.

Ich war wohl von Monty Python's "Upper Class Twit of the Year" inspiroren (ab 2 min 40 sec, ca.)
Karsten