Schüttelreim, anyone?

Begonnen von caru, 2005-06-07, 23:41:55

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Wortklauber

Kurfürstendamm

Eine mollige Fürstin vom Kurfürstendamm
Blies die Moldau in Dur auf dem Durfürstenkamm.
   Denn wie man erfuhr, dürsten
   Nach Pompa und Dur Fürsten.
Und da klang nun die Molldau ganz doll mau und klamm.

Berthold

#241
Zitat von: Wortklauber in 2011-11-01, 09:50:01
Kurfürstendamm

Eine mollige Fürstin vom Kurfürstendamm
Blies die Moldau in Dur auf dem Durfürstenkamm.
   Denn wie man erfuhr, dürsten
   Nach Pompa und Dur Fürsten.
Und da klang nun die Molldau ganz doll mau und klamm.

Das darf nicht unkummantoren bleiben: Toll! Diese Binnenschüttler! Da zu schreiben "Das kekünne fast von mir sein!", wäre eine ausg'machene Frechheit. (In Weiterarbeit)

Ugbrens, etwas, das Ihr wohl noch nirgends golen(d)s habt:
Recht leicht dedörfen Schüttelverse im Chinesischen sein. Ich kombiniere mit "Tugend(-Reich)-Sprache":
Ich brauch noch etwas 練習 liànxí (Übung),
und schon kann ich Dir 獻禮 xiànli³ (Geschenk überreichen).
Mit xi-lian und li-xian (in verschiedenen Tönen) ging's sicher weiter.
Allerdings finde ich keine Übersotz für "Schüttelvers" ins Chinesische. - Vielleicht wäre das denen zu leicht - wie "-(m)ente"-Reime im Italienischen.

Kleiner Zusatz: Hier ist, statt dessen, der Beginn von Wilhelm Buschs
"Max und Moritz" auf Chinesisch (Reclam-Ausgabe - 2009; übersontz in klassische Siebensilbler* von Lu Yuan):

大家想必听说过
顽童故事一大摞!
话说两个切小子,
名叫马克,莫理茨。


Ich schenk mir die Tonzeichen:
"dajia xiang bi tingshuoguo / wantong gushi yi da luo! /
huashuo liangge qie xiao zi, / mingjiao Make, Molici."


Addendum für LeserInnen, die immer schon fanden, daß der "Max" wie "der Löwe von Trier" - oder, wohl noch besser, "der Stier von Trier" - als Knabe aussieht - aus dem Nachwort zur Reclam-Ausgabe von Rainald Simon:
"(...)
Der Name eines der beiden Schwerenöter, Max, klingt im Chinesischen noch stärker als im Deutschen wie (Karl) Marx, so unterscheidet sich die chinesische Entsprechung für Max nur in einem von drei Bestandteilen von der Transkription[**] des "Heiligen": Marx
马克思 und Max 马克斯, wobei in der Aussprache der Unterschied nicht zu hören ist: Beide Namen werden gleicherweise Mă-kè-sī ausgesprochen. Diese für chinesische Ohren anstößige Parallelität[***] bewog den Übersetzer, die chinesische Ausgabe nur unter dem Untertitel[****] erscheinen zu lassen.
(...)"
     
 
*Die hören sich, rhythmisch/rütmisch, fast wie echter Wilhelm Busch an.

[**]Die "Walensfettschreiberei" hat sich ausgebritten.

[***]Pfui über die "Parallelität"! Spräche fran sauber Paralla:le (letztes a lang), dann dächte wohl niemand an lallen, oder doch? - Die Pfurrulalz wäre wohl zu dick aufgatranck.

[****]Den schreib ich Euch nicht mehr her. Da müßt Ihr Euch das Reclam-Heftl kaufen oder ausleihen.

Wortklauber

Ich glaube, jetzt bin ich wirklich ziemlich am Ende ... am westlichen jedenfalls angekommen:

Westend

,,Ich", verkondag ein Wessi aus Westend
,,gegen Ossisenf mich, den ihr esst, wend'!
   Wenn ihr Senf seit der Wend' esst,
   Schmeckt der vollkommen entwesst,
Undes isdoch kein richtiger Senw, des!

Wortklauber

Um der Buchstabentreue willen noch einmal korrurgen, in Dialektfassung:

Westend

,,Ick", verkondag ein Wessi aus Westend
,,jejen Ossisenf mir, dena esst, wend'!
   Wenna Senf seit der Wend' esst,
   Schmeckta vollkommen entwesst,
Undet isdoch keen richtijer Senw, det!

Homer

Zur Abwechslung ein Doppelschüttler klassischer Machart:

Alzheimer

Vergesslichkeit, du Fluch der bösen Lethe,
wie oft zu Gott ich, dich zu lösen, bete!
Mir schien' dann nicht, was sich zu lesen böte,
stets neu und wirr, als wenn ich Besen löte.

Berthold

#245
Edler Homer!
Da geht's wohl nur starquerbal weiter:

Belz[Pelz-]heimer

Wenn ich auch noch so Deine Thesen löbe,
geschäh's, daß mir das Hirn beim Lesen töbe.
Ach, daß ich, nackicht, mit Komtesseln öbe
und eine mir am Po mit Nessel töbe!


Verzeih mir, daß ich drein-, nach- und (vom Einfall her) abschrieb!
(Selber wäre ich bei so was wütend.)
Na, dann ist's halt vom Homertl.

Immerhin kann ich, glaub ich, noch fast die ganze erste Seite der Ilias im Original (in österreichischer Tradutz ausgospronches Altgriechisch) aufsagen
(Bei einem unserer nächsten Treffen überprüfbar).
Und an (zumindest vom Chor her) altgriechischen Theaterstücken/Musikdramen hab ich auch schon, als Solist, mitgamanch:
http://www.werner-schulze.at/content/view/150/97/
Lieblingsrolle: Teiresias in Sophokles(s)ens "Oidipus Tyrannos" ("OIDIPUS crossover/mengawinkan": http://www.dekarte.at/index.php?p=stueck&id=12)
Das sesülle vielleicht als Schrulle, keineswegs aber als Angeberey kommen. Mit solchen Sachen gibt man nicht an.

Nebenher: "L-/töbe" von "l-/toben" sind höchst anfechtbare Formen.
"Loben - lob - löbe - geloben/gelompp" wäre so eine Art "Verständnis-fördernder" Kennjokus. Na ja, soferne fran da nicht, beim Lesen oder Hören, Zeiten durcheinanderbrächte: "Ich lob Dich." Da wäre "Ich lub Dich" viel klarer.


Schon rotsch ich, außerdem & wieder einmal, tief ins Jugendverbot.

Celois Celzheimer

Cellesche Zeitung – Die Heimer-Tzeitung mit den schlagkräftigen Zeilen!

Welch Leiden auch ein Heiler zähmt,
Ein Celler Schläger-Zeiler hämt!
Und wenn ein solcher Hämer zeilt,
Dann schlägt's 'ne Wund', die zäh mer heilt.
Der Celler sagt: ,,Für'n Heller zeimt
Sich's, dass ihn eins ein Celler heimt!"
Verspricht's und stur — verzeih' mer — hält's:
Altz oder Beltz, der Heimer Celz.

einheimsen – er heimt eins

Berthold

#247
Lieber Celois Celzheimer!

Da & so gingerten ja viele Zeilen.
Hier neuneinhalb, als Antwort, anfangs locker hingeworfen -
hin ins "Rothenburg des Nordens":

Was zähmt ein Heiler, zähmt Heil er?
Ein Celler Zeiler, hämt Zeil er?
Ob nun den Vers zum Heil er zähmt,
der Celler, als Acht-Zeil er hämt?
(- stolz, daß mit jeder Zeil er hämt)
Fest steht für Dich: Der Hämer zielt, -
wenn ich Dich auch für zähmer hielt'.
(- Dich also nicht für zäh mehr hielt.)
Denn was für Dich als Reim - He! - zählt ...
Bleib mit dem Schmarr'n daheim! - Er zählt?


Berthold

#248
Zitat von: Übertreiber in 2011-09-08, 22:55:16
Mir fällt leider nur vomuferauße verbale Fäusteschultt gegen einen Erzfeind, der in einem Boot jenseits des Sees sitzt, ein:

Wagt er zu droh'n, er treibe rüber,
so schlag ich ihn zu Boden und reib ihn drüber!


Ach, Lyrik war noch nie meine Stärke. :-\

Eine Hüpfzaus* zur Dacht- und Wahrnahms-Pseucheleck**

Deine Schwäche, lieber Übertreiber, ist wohl kaum die Lyrik an sich.
Vielleicht sind aber Schüttelverse Deine Achilles-Verse!?
Bei Schüttelversen ubacht ich allerdings etwas Seltsames (und doch, irgendwie, zu Erwartendes) beo. Die ersten Schüttelverse eines Schreiberlings-Lebens sind fast nicht zu erzwingen. Das ist die "Caecitas quassus versorum" (sicher grauenhaftes Latein; soll heißen: Blindheit des Schüttelns der Verse; da fran ja das zu schüttelnde Wort/die z. sch. Wörter vor sich sieht; auch eine "Surditas" - Taubheit - "qu. v." ist vorstellbar).
Bei den zweiten Schüttelversen eines Lebens dauert's immer noch Stunden.
Ab den zehnten hingegen kann's fast zum Zwang werden. Es wäre denkbar, daß sich im Hirn, nach & nach, ein Schüttelvers-Zentrum gebolden, bzw. organisoren hat. Ein solches hieße ich, schlicht, "Centrum cerebri quassuum". (Bei "quassus" ist noch dazu das "Quasseln" nahe.) Mein Jargonname: "Nierenfett-Zentrum".
Da gibt's noch etwas, das dem bekannten "Recessus narrativus" irgendwie nahesteht. Ich sah gestern die Worte "Heiler zähmt" von unserem durchaus begabten Gaste Celois Celzheimer vor mir. Und da wußte ich mit einem Schlag: daraus sind viele Schüttelverse zu machen! Viel mehr als der Typ es für mochgl hielte! Statt meiner Alltagsarbeit nachzugehen, miech ich mich gleich ein bisserl dran & drüber. Ich schriebe, in meinem Primitivlatein, daß so ein Wort (oder, hier: solch ein Wortpaar, solche Wörter) den Wohlklang der Schüttelverse in sich tragen,
die "Vocalitas versorum quassuum". Diese erklingt in solchen Wörtern - wie es einem auch vorkommt, ein Schatten der Schüttelverse, eine "Umbra v. qu." sei darübergebritten, eine Schatten wider die grelle Sonne der Alltagspflicht (Bei dieser behutsamen Wortwahl kann mir keinE BOKU-ProfessorIN böse sein.).
Ich glaube nicht, mit meiner Theorie zur Wahrnahmspseucheleck*** falsch zu liegen.

*Hypothese. Jefräund hüpft, voll Mut, auf neue Weise - und wird doch von anderen kraffgt gezuhsen.
** u. ***Das Zweiglein Wahrnehmungspsychologie (bei ** auch Dichtungspsychologie), was sonst? - "Seuche" und "leck" zeigen mich nicht eben als Freund des ganzen Wissensastes.   
   

Celois Celzheimer

Zitat von: Berthold in 2011-11-04, 12:53:58
Ab den zehnten hingegen kann's fast zum Zwang werden.

...

Und da wußte ich mit einem Schlag: daraus sind viele Schüttelverse zu machen! Viel mehr als der Typ es für mochgl hielte! 

Ja, eine Sucht ist es! Aber woher weißt du, wie viele Schüttelverse ich daraus für molg halte? Sehr viele jedenfalls, wenn man erst anfängt, noch ein bisschen mehr als nur Anfangskonsonanten und betonte Vokale zwischen den beiden Hauptpositionen hin- und herzuswitchen. Hier wäre das Ergebnis einer weiteren Permutation:

Ganz sicher keinen Heizer lähmt
Ein Reiz- (in China: Leiz)er-Hemd*.
Nur langsam! Der Verletzer heimt
Stets such die, die der Hetzer leimt.
Wenn du zu schnell die Lämmer heizt,
Bald er- du Schicksals Hämmer leid'st;
Doch wenn du keinen Leimer hättst,
Kämst zu- du, Pappenheimer, letzt!

Berthold

#250
Willst Du mir da was erklären?
Weißt Du was? - An der wilden Wirrsal Deiner Verse vermisse ich eine gewisse
klassische Einheit der Hulnd.
Denn: Wie wewüllest Du das illustrieren?
Über die Schönheit des Vokalismus (das Spiel der Wuhkehle*) will ich gar nichts schreiben;
auch nicht über gezwungene Satzbau-Schrullen, etwa "(...) / Kämst zu- du, Pappenheimer, letzt!"
Und daß Deutsch splechende Chinesen - angabchl - "r" durch "l" elsetzen, wie oft hab ich wohl schon das elfahlen?** - In unserer 'Micky Maus' etwa gab's die Fußnote jedesmal, wenn ein Chinese mit dem Deutschen anhob.
Dein Werk erinnert mich - "heimt", z.B. - an Comperl-Poesie.
Heute tu ich mir nicht mehr viel an. 
Du mußt mir's schon verzeihen, lieber Gast, aber die Verse zwangen mich zu Folgendem (mit Rilke'schen Zeilensprüngen): 

Invektive (Einficktseif)

Du Geißbock, der sein Heil zermäht!
(- Ein Teufelsgeißbock zermäht Heil. -)
Du Knecht, der manche Zeil' hermäht!
(Die Furche, die er hermäht? - Zeil'!)
Die Sense, selbst die lieh er. Zähmt
den Burschen! Denn mich zieh er. Lähmt
den Arm, der, ohne Ziel, hermäht -
und das, was ich verhiehl, zermäht! 


Aber, von allen Einficktseifen abgesehen:
Auf 34 (in Worten: vierunddreißig) Zeilen haben wir's schon gebracht.

Für "Invektive" wäre "Einficktief" noch klarer. Da läge aber "fiktiv" zu nahe.
*Der Wuhkehl, -s; -e. R. n.: Macht einmal, aus tiefster Kehle, WUUUH.
**In Wien wird Dir, an jeder Kaffeehausbudel, auch erkloren, was denn der Unterschied zwischen "derselbe" und "der gleiche" sei. Oder welche Wörter mit "-nf" es denn gebe (Dieses Beispiel ist auch dem Herrn "CUS" schon aufgefallen.).

Zu "verhiehl": Fran kekünne sagen, daß das (Praesens Indikatv) nicht ganz koscher sei. Ich rede mich auf unseren Dialekt aus (Wiener Neustadt), wo es für "ich stehle" tatschalch "i schdüü(i)", also "ich stiehle" heißt. Im Plural heißt es dann etwa "ee(i)s schdöö(i)ds", also "ihr stehlt". (Über die alten - an sich - Dualformen des Bairisch-Österreichischen für ihr und euch, ees und enk, müßt ihr halt, wenn sie Euch nicht wurscht sind, im Internet nachlesen.) "Verhehlen" ist für den Dialekt zu gehoben; trotzdem wäre auch hier "I fahüü(i) da dee(i)s" - statt "i fahöö(i) da dee()s" - wahrschoychln.
"Ö" und "ü" sind in meinen Beispielen recht offen zu sprechen.   

Celois Celzheimer

Fehlende Einheit der Hulnd? Oder fehlende Fantasie beim Leser, um diese zu erraten? Übersotzen in Prosa heißen meine Verse doch:

Ein bisschen Reizwäsche kann Dir nicht schaden,
wenn du deine Partnerin recht heiß machen willst!
Doch lass dich dabei nur nicht hetzen,
Du könntest dich dabei verletzen; (war jetzt doch nicht ganz Prosa)
Und wenn du bei deinem schnuckeligen Schmuseobjekt zu schnell zu viel willst,
Droht gar mancher unvorhergesehene Schicksalsschlag.
Doch andererseits - wenn du gar niemanden hättest, der dir ein bisschen Dampf macht (denn der Leimer ist ja der Hetzer),
Dann stündest du wohl bald als Depp da, der zusehen muss, wie ihm jeder andere zuvorgekommen ist.

Berthold

#252
Sei mir nicht böse, aber das Wortspiel zwischen mähendem Teufelsgeißbock und mähendem Knecht ist da schon etwas anderes.
Das ist, trotz allen Schnickschnacks, ein Gedicht. Glaub ich halt.
Hier ist das Forum, dies, in Bescheidenheit, festzustellen.

Berthold

#253
Eines darf ich, als Zensor, mit dem wundersamen Verseschüttler
Celois (Zählois) Celzheimer schon machen:
Ich verleihe ihm/Dir, für unleugbare Verdienste um den Schüttelvers,
die KLEINE BRONZENE (in Celle sprich "brongsene") UNSICHTBARE
- mit zwölffachem Kreisen des Schwirrholzes.
Ein Fachwerkler, Schmähohne!

Berthold

#254
Zitat von: Celois Celzheimer in 2011-11-04, 16:43:25
(...) Aber woher weißt du, wie viele Schüttelverse ich daraus für molg halte? (...)

Gar nix wußte ich darüber. Das war, gewissermaßen, die Fräche des Tages.