Schüttelreim, anyone?

Begonnen von caru, 2005-06-07, 23:41:55

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Berthold

#345
Chfroyl hab ich auch den Ulrich v. Rudenz im Verdacht.
Denn:
Zu seinem Diener sprach der Rudenz:
"Nimm diesen Dolch, erstich ihn du, Renz!"


Auch Melchtal ist nicht aus dem Schneider, denn:
Es liech sich tot der Arnold Melchtal:
"Ich lad ihn auf ein Giftelch-Mahl!"

Rhythmisch ist das nicht ohne Reiz.

Eine Nebenfigur überrascht uns:
"Da ist das Gift vom armen Flurschütz Stüssi;
in Gesslers Wein gibt es der Sturschütz, flüssi."


An Wilhelm Tell glaube ich, wie schon guschrimp, nicht.
Choliamben (hier Trochäus, statt Spondeus, im sechsten Fuß):
"Stich diesen Zehner mit dem As von Schell, Tüttel,
dieweil ich den besoff'nen Wilhelm Tell schüttel!"



Berthold

#346
http://members.aon.at/jowidi/ger/reim/s_reime.htm
http://members.aon.at/jowidi/ger/reim/s_reime_buch1.htm

Eine Galanacht? Ein Pointengewitter? - Na kommt, Freunde!
Laßt das den Onkel aus Wien machen! Und ein paar seiner FreundInnen!

'LASST UNS FRÖHLICH UNTER ZIERBÄUMEN
PEGASUS BEI EINEM BIER ZÄUMEN!'
(Dann war für die Leut' bei der "Galanacht des Schüttelreims" - in Vaduz, glaub ich - schon das Öferl aus. Gleich ging's anders weiter. Ein Schüttelpaarreim - der Kindergarten, die Volksschule sozusagen. Daher habe ich Blockschrift genommen. Wo blieb die Phantasie? 'Fröhlich' und 'bei einem Bier' - nur bei 'einem': ein Trauerg'spiel! Traurige Umstandskrämereien auch die Ratschläge jenes Herrn oben - zum Verfassen von Schüttelreimen. - - - Ein Rechnungszettel, der "Peregrinus Syntax", vielleicht noch ein billiger Kugelschreiber, sowie Herz & Hirn: Das ist alles. Glaubt mir's!)

Gar so viel geht da eh nicht (Pick Dir aber, bitte, einen anderen Zweizeiler heraus, lieber Wortklauber, oder auch lieber caru oder wer weiß ich!*), aber ein bisserl schreib ich weiter. Auf wild, trotz des lieben Titels:

"Bäumi"

Bei Mimosen, unter Reizbäumen
bleibt kein Falke, schießt zu Beizräumen.
Spatzen seid ihr, zirpt in Zieb-Räumen.
Ich will Rösser, die ich rieb, zäumen,
die sich auf - bei solchem Reiz - bäumen,
im Galopp den Platz der Beiz räumen.
Ich hab keine Angst vor Schwarzeib-Räumen;
Hexer, den ich mit dem Harz reib, zäumen
will ich DICH, bin bis zum Märzen "EU-BI"!
Nenn DICH, Hünenbaum aus Erzen, "Bäumi".


*Etwa beim zweiten Paar: "... Aquarium ... für Schleien Raum / ... Zaubernonne ... in Schleiern: AUM. / ... Hechten und Schlei'n Mauer / ... wie ich mein, schlauer. / ... 'n Schlaumeier / ... beim Streicheln Schaumeier. / ... kein Schummeln. Schau, Meier!" - und solche Sachen.
Hui! Da dedörfe ja viel gehen!

Casanova

Ich überlog gerade, ob man wohl auch Zahlen schütteln kekünne. Es ist gar nicht so einfach. Hier ein erster Versuch:

Im Krimi, Szene Nummer 13,
Da werden wir die Polizei dreh'n
Die schaut nur ratlos im WC drein:
Hier muss der Mörder durchgedreht sein!

Berthold

#348
Zitat von: Casanova in 2012-02-26, 14:03:22
Ich überlog gerade, ob man wohl auch Zahlen schütteln kekünne. Es ist gar nicht so einfach. Hier ein erster Versuch:

Im Krimi, Szene Nummer 13,
Da werden wir die Polizei dreh'n
Die schaut nur ratlos im WC drein:
Hier muss der Mörder durchgedreht sein!

Ein erster Versuch, lieber Neuhaus? - Das Drüberziehen bei "durchgedreht sein" erweist Dich eher als Kenner. Auf das kommt niefräund beim ersten Versuch.
Das ist nicht die "Missionarsstellung" des Schüttelverses.
("Ach, meine Hühner legen fein. / Die Leinenweber fegen Lein.")

In Venedig wies uns (Freunde aus Brasilien und mich) einmal ein Gondoliere auf das Haus des Casanova hin. Er sprach: "Era un figlio d'una pu- --- pu- --- buona madre."

Ich will uns jetzt, bei "vierzehn", den "Zier-Fan" irgendeiner Sängerin ersparen. Ebenso das einfache "verziehn" (nebst "verzeihn"). Und ich will auch nicht, wegen "-zer Viehn" (oder "-zer - fein!") den guten alten Peregrinus Syntax hervorholen. Wäre ich der liebe Wortklauber und nicht der Onkel aus Wien, käme ich chwomolg gar auf "Ich sah die Minis da, voll Reiz, wehn" und "Im Winter furtt ich Rogg'' und Weiz'' Reh'n." Dann brächte ich, behutsam getalden, vor, meine alte Volksschullehrerin hätte Letzteres schon just so gasanck.

Casanova

Zitat von: Berthold in 2012-02-26, 16:19:44
Ein erster Versuch, lieber Neuhaus? - Das Drüberziehen bei "durchgedreht sein" erweist Dich eher als Kenner. Auf das kommt niefräund beim ersten Versuch.
Ein erster Versuch mit Zahlen. Die sträuben sich ganz schön ...

Berthold

#350
Zitat von: Casanova in 2012-02-26, 18:47:37
Zitat von: Berthold in 2012-02-26, 16:19:44
Ein erster Versuch, lieber Neuhaus? - Das Drüberziehen bei "durchgedreht sein" erweist Dich eher als Kenner. Auf das kommt niefräund beim ersten Versuch.
Ein erster Versuch mit Zahlen. Die sträuben sich ganz schön ...

Dafür ist's wieder ein neuer Typ von Schüttelversen. Ich werde aber jetzt die "Cellula" verlassen und mir daher chaugenblalck keinen Namen mehr für diese Reime überlegen. Vielleicht Du?

Montag: Ich versuch's halt noch mit "vierzehn":

Vierzehn
oder
Fan der Fee

Ich war der Zier-Fee, einst, ein zarter Zier-Fan,
war unter ihren Faunen Nummer vierzehn.
Bei solchem Rang wollt ich mich baldigst verziehn.
Doch, liebe Schüttler, was mach ich mit "zerfiehn"?

Vielleicht:
Bei Mücken, Schlankjungfern und Panzervieh'n,
(bei Gnitzen, Kriebelmücken und bei Erzvieh'n)
blieb ich so viele Monde, bis sie rief: "Zehn!"
Es war schon Winter - ach, wie biß der Reif Zeh'n!
Kennst du den harten Hornung, du, der Feen Zier?
Ach, blieben DIR an einem Fuß der Zeh'n vier!
Im Lenz will ich nicht länger an der Fei zehrn.
Das grobe Unrecht, dessen ich sie zeih - - fern.
Ich will mich, wider was noch immer zehr, fei'n
und jenem Feechen seine Frechheit verzeihn.

Das memüesse ich ja fast dem lieben caru widmen.
Er und der liebe Kilian wissen, warum.

Zahlen sträuben sich, Feen nicht minder.
(Der Jäger Veit verfiel einst schwer dem Feen-Reiz.
Im Winter, futterarm, ging's schlecht den Reh'n Veits.)

Casanova

Da kann ich die Bilanz nur fair zieh'n:
Du scholttest schon recht hart die 14!

Zahlenschütteln: an der 17
Kann man deutlich das Prinzip seh'n.
Siebzehn Mal kann klimm der Sepp zieh'n:
'S ziert ein prächtiger Bizeps ihn.

Berthold

#352
Zitat von: Casanova in 2012-02-27, 18:54:41
Da kann ich die Bilanz nur fair zieh'n:
Du scholttest schon recht hart die 14!

Zahlenschütteln: an der 17
Kann man deutlich das Prinzip seh'n.
Siebzehn Mal kann klimm der Sepp zieh'n:
'S ziert ein prächtiger Bizeps ihn.

Tja, Du hast das Sieb der Siebzehn geknumpf. In Österreich wird diese Zahl, chvolksthulm, "Seicherlzehn" genannt (Oder: es kekünne so sein). Vielleicht wertet fran sie als Primzahl ab.

Fang mir jetzt aber ja nicht Zäun' zu näh'n an!
Und bleck uns nicht die neu'n Zähn'!
Geh auch nicht zum Zahnarzt, die Zähn' neu'n! Das hieße chnalm 'erneuen'.
Sag auch den Schneidergesellen, auf die Frage: "Wieviele Röcke sollen wir denn nähen?", NICHT "Nähts neun!" (In Österreich ginge das eher.) Beim Kegelclub sagt auch niemand: "Da stehn neun."
Im Urgrunde sowas von watscheneinfach, die Schüttelverse! Zwangsneurose darfst Du chfroyl keine haben.
Jedes nettere Sonettenkranzl ist jedenfalls weit, weit schwerer, das gesteh ich vor jeder Katakurie! Ob ich's einmal versuche?   

Homer

#353
"Wie geil!" wollt' Phaëthon mit Wonnen sagen,
just da verriß er Papas Sonnenwagen.
Auf seinen Tod tief unten sannen Wogen,
die gurgelnd ihn in ihre Wannen sogen.

Wortklauber

Klatsch klatsch klatsch!
Der ist wirklich gut.

Berthold

#355
Ist er. - Sind sie.
So gut, daß ich anfangs gar nicht mark, daß es Schüttelreime sind. Und das sind die besonders guten. Die ohne Krampf. Homer hat allerdings zu viel Würde, um vom Bertl eine Unsichtbare umgahanck zu bekommen.
Nachtlur sind mythologische Schüttelreime ja schon wieder eine Sondergruppe.
Die Verse - ich bleibe bei der Theorie - gehören auch zu den "umdrehbaren (umkehrbaren) Schüttelreimen" - weil aus "sagen Wonnen / (-)wagen Sonnen / Wogen sannen / sogen Wannen" ebenfalls etwas zu machen wäre. Es steht mir nicht zu, Euch damit zu langweilen. Ich weiß auch nicht, was "umkehrbar" im Lateinischen heißt. 

Wie's auch sei, ich werde jetzt mein Mützerl aufsetzen - und ins nächste Chinabeisel schauen. Zu "Meister Xiao". Ich weiß gar nicht, mit welchem Zeichen (und Ton) sich der schreibt. Auf zu Nudeln mit Gemüse und Hühnerfleisch.

Berthold

#356
"Buchstabierer" (ein Gast) link=topic=3099.msg49602#msg49602

Der wunde Basse
(Stark stabende Schüttelreime)

Kessel am Bande des Baches? Die Bachstube.
Zeichen "B" inmitten des Buches? Der Buchstabe.
Singularis Porcus wetzt an der Buche Bast.
Bannen will er zur Brunft die junge Bache. - Pust!
Pein dem, der ihn mit der Saufeder stach! Bube!
Ach, von Dir, nicht der Birke, brach der Stecher den Stab, Buche.
Biet, für das Blut des Bassen, bindenden Bast, Buche!

Berthold

#357
Es gehört zwar hier nicht her, aber im Schüttelreim-Faden fühle ich mich besonders heimisch. (Ich erspare Euch, dem Einfall "Füttelreim-Schaden" weiter nachzusinnen.  Froychl dächte ich, da ginge was ab ...)
Täuschszipflein! (= Disziplin)
Zu meiner Ansage:
Neben Moratoren, pardon, ModeratorInnen memüsse es in unserem Forum auch Coactoren, Impulsoren und Instigatorinnen geben.
Vielleicht ICI abgeknortz.

Es geht ja hier nicht nur um Mode.

Leider larn ich soeben, daß ein coactor eher ein Geld- oder Steuereintreiber, ein Makler ist! So mien ich's nicht. Warum schrieb mir das niemand? ("Weißt Du, Bertl, wir können gar kein Latein.") Na gut, der liebe Homer war nicht da. - Ich laß die Sachen nun trotzdem stehen.

Berthold

#358
Aus dem Beileid-Faden
(Gernganz: Zur Philosophie der Schüttelverse)

An den lieben Stollentroll

Wenn Du, auf Rollschuhn, dich zu Ollen trollst
- somit, voll Sportlerstolz, auf Rollen tollst - ,
dann hoff ich, daß Du zu ganz Tollen rollst.

'Kein Zwang ist Schütteln, ist ein Sollen!' -, trollt
sich Bert, ob frau ihm feinen Stollen rollt?
Ihm gar den müden Olm, nach Zollen, rollt? ...


Das ist kein Giftkastl, das ist Erotik.
Gernganz halte ich gubrens für eine brauchbare Umstall von Ergänzung.

Berthold

#359
GWARB

Nur, falls jefräund gegenwürgt schon zu den VindobonesInnen gelangen täterte (etwa die liebe Amy auf einer Turnée):
"Die Galanacht des Schüttelreims" bewirbt der Herr Christoph Krall - sicher ein  urgrundlieber Herr! - bei mir:
http://www.akzent.at/home/spielplan/324/Die-Galanacht-des-Schttelreims-
Außer Reimpaare(n) täterte ich mir chfrohly dort nicht viel erwarten, chwahrschoyln in gluste "Gedichdda" geschtumpff.
Immerhin: Der ("Das") Bertl wirbt - und das "Gewobbele" ist ja anscheinend unerchschlupf. Soll chfrohly schon nahezu ausverkompf sein. Diese Leut'!
Ich werd dem netten Herrn mit dem Stollentroll-Gedicht antworten. Verzeihen Sie's mir, Herr Doktor! Ich bin eh Absolvent diverser Hospitäler. Bluthochdruck, oft genug, sowieso. Sogar Entwässern plus Kalium-Aufnahme, nicht nur über Bananen.

Aus der Gwarb für jene "Galanacht":

"Einen guten Schüttelreim kann man nicht einfach schreiben, dazu braucht es eine feine Dichternase, die das Material für einen Guten aus dem Unterholz der Sprache heraus schnüffelt wie ein Trüffelschwein und natürlich das Talent, ihn zu einem erbaulichen Reim zu modellieren.

Reservieren Sie also rechtzeitig, um die Kronjuwelen dieses Genres zu bestaunen!"

Seid Ihr denn von allen guten Geistern verlassen?
Obwohl: Das "Unterholz der Sprache" und das "Trüffelschwein", das ist ja nicht schlecht. Achtbar guschrimpp, was?