Rückkehr des U-Ablautes

Begonnen von Nico Madysa, 2008-09-30, 14:38:14

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Übertreiber

So, ich hab jetzt alle Nüwerungen in eine hübsche PDF-Datei eingetragen. Da diese mir einen ganzen Abend gekosten hat, ist es hoffelnt verständlich, dass ich zu faul war, all dies nochmal in eine forumkonforme Tabelle zu übertragen. :D Dabei bieb (hauen - hieb, bauen - bieb) ich noch folgende Änderungen ein:
- Bertholds zusaltz Irrealablaut; infolgedessen heißt nun der (artikulorisch höhere) Irrealablaut Oberkonjablaut (Konjunktivablaut), der neue (meist ü) Unterkonjablaut.
- in schönster Analogie zu Ober- und Unterkonjablaut habe ich mich entschieden, die Präteritumsablaute Oberfrühablaut und Unterfrühablaut zu nennen - ist noch einprägsamer. :)
- Abspielt der Eu-Verben (fleugst, zeuchst, ...) von den Doppel-O-Verben

Zitat von: Berthold in 2008-11-27, 15:37:50
Ich geh bei solchen Sachen ja anders vor: Ich überträume sie, schmeiße mich in (oft) krause Phantasien, mähe mit saturniner Nonsense (Das Wort stammt vom Zoologen Univ. Prof. Josef Weisgram. Danke, lieber Josef!), mach's mit viel Museifutz (= Motivation) und mit depressiver Zähe ...
So mach ich es doch auch - nur hab ich wohl einfach mehr Zeit um über solches zu grübeln. Allein die viertelstündige Busfahrt von und zur Schule. :D
Ebenso ist nicht zu vergessen, dass ich mich schon, seit ich bei B. Sick mal las, dass man früher "ich warf" aber "wir wurfen" sug, mich für Ablaute interessiere und in den vergangenen Sommerferien ein Buch über die Geschichte der deutsche Sprache gelesen habe, also seit dem darüber halbwegs informoren bin. In dieser Zeit hat sich auch das hier vorgestollene System bedächtiglich entwockoln.
Kampf dem Schicksal!

Ku

Zitat von: Berthold in 2008-11-27, 15:37:50
... mach's mit viel Museifutz (= Motivation) ...

Lieber Bertl,
ich würde gerne die streng wissenschaftliche Herleitung von "Motivation" zu "Museifutz" erkloren haben.
 

amarillo

Zitat von: Berthold in 2008-11-28, 22:15:44

Nun der Nachtkalauer:

Lang leben nicht nur die Ablaut-, sondern auch die Agrünt-, Arötet-, Asilbert- und Agoldetreihen!

Was ist das? Ein akuter Anfall von Lebenslust?
Berthold im Rausch unkomplizorener Späße - na servus, ich fass' es ja nicht. Aber schön! ;)
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Ku

Ich habe es so verstanden, dass er "blau", "grün", "röte", "silber" und "gold" gemienen hat.
Aber man weiß ja bei Bertl nie, ob er nicht was ganz anderes meint.

Blindfisch

Zitat von: Übertreiber in 2008-11-28, 22:17:55
So, ich hab jetzt alle Nüwerungen in eine hübsche PDF-Datei eingetragen.

Herlzesten Dank für die schöne, übersilchte Tabelle.

amarillo

Zitat von: Ku in 2008-11-28, 23:16:02
Ich habe es so verstanden, dass er "blau", "grün", "röte", "silber" und "gold" gemienen hat.
Aber man weiß ja bei Bertl nie, ob er nicht was ganz anderes meint.

So habe ich das auch verstanden, es wornd mich bloß, daß sich Bertl von einem solchen Orkan linguistischen Spaßens hinfortreißen ließ.

@Übertreiber:
Das ist mal wirklich ein schöner Überblick. Natürlich kann man das in meinem Alter nicht mehr alles in der Birne behalten, aber schön ist es - danke! :D

Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold

#21
Zitat von: Übertreiber in 2008-11-28, 22:17:55
- Bertholds zusaltz Irrealablaut; infolgedessen heißt nun der (artikulorisch höhere) Irrealablaut Oberkonjablaut (Konjunktivablaut), der neue (meist ü) Unterkonjablaut.

Augenblick, aber ü ist artikulatorisch 'höher' als ö (Zungenspitze höher). Somit bin ich gegen die Umstall 'Ich wörfe - du würfest'.

Von der Artikulation her kann auch 'ich warf' kein Oberfrühablaut sein, während 'wir wurfen' kein Unterfrühablaut sein kann.

Warum es 'wir wurfen', 'ihr wurft', aber 'sie warfen' heißen sesülle, verstehe ich nicht.

Statt des Imperativs 'Werfen wir!' läßt sich mit Sicherheit Schöneres finden.

Dann gibt's hier noch viele Paradigmata, die diesen Ablautreihen keineswegs gehorchen - und hinter denen viel durchgriulmpe Zeit und viele Nächte stehen. - Fast schon zu viele -
Das heißt, daß nicht die neutschen Verben diese Ablautreihen haben, sondern daß einige neutsche Verben sie haben.

Berthold

Zitat von: Ku in 2008-11-28, 22:26:17
Zitat von: Berthold in 2008-11-27, 15:37:50
... mach's mit viel Museifutz (= Motivation) ...
Lieber Bertl,
ich würde gerne die streng wissenschaftliche Herleitung von "Motivation" zu "Museifutz" erkloren haben.

Z.T. nach 'Kluge'

Nhd Mus <- Mhd muos <- Ahd muos (Essen, Speise, Mus) <- westgermanisch *môsa (Zukost) <- germanisch *mati (Speise). Das Grundwort hat die Tendenz, Fleisch zu bedeuten: vgl. ne. meat

daß german. -t am Silbenende zu Ahd. tz oder s(s) wird, ist ja eine alte G'schicht (foot - Fuß)

Mhd î -> Nhd ei (zît - Zeit). Das geschah später als obige Lautverschübe. Aber, MeinGottnaa(n), dann hat es halt, plagiolinguistisch gedacht, einmal 'Muosîfutz' geheißen.

v -> f (stimmlos): Im Ahd wurde anlautendes (germanisches) f oft als v guschrimp. (Teilw.) stimmhafte Aussprache von v findet sich z.B. in alten Tiroler Dialekten.

-t(io) -> tz: siehe oben

u -> a (Das taucht in unseren Listen ja oft auf: wachsen - wuchs, waschen - wusch // laden - lud (Die Länge vernachläsige ich ohne weiteres.)

Es ist also nicht notwendig, für eine Doyt Amelie Zapf oder Übertreiber zu heißen und/oder dem Mensa-Verein anzugehören.
   

Ku

Zitat von: Berthold in 2008-12-01, 13:42:09
Zitat von: Ku in 2008-11-28, 22:26:17
Zitat von: Berthold in 2008-11-27, 15:37:50
... mach's mit viel Museifutz (= Motivation) ...
Lieber Bertl,
ich würde gerne die streng wissenschaftliche Herleitung von "Motivation" zu "Museifutz" erkloren haben.

Z.T. nach 'Kluge'

Nhd Mus <- Mhd muos <- Ahd muos (Essen, Speise, Mus) <- westgermanisch *môsa (Zukost) <- germanisch *mati (Speise). Das Grundwort hat die Tendenz, Fleisch zu bedeuten: vgl. ne. meat

daß german. -t am Silbenende zu Ahd. tz oder s(s) wird, ist ja eine alte G'schicht (foot - Fuß)

Mhd î -> Nhd ei (zît - Zeit). Das geschah später als obige Lautverschübe. Aber, MeinGottnaa(n), dann hat es halt, plagiolinguistisch gedacht, einmal 'Muosîfutz' geheißen.

v -> f (stimmlos): Im Ahd wurde anlautendes (germanisches) f oft als v guschrimp. (Teilw.) stimmhafte Aussprache von v findet sich z.B. in alten Tiroler Dialekten.

-t(io) -> tz: siehe oben

u -> a (Das taucht in unseren Listen ja oft auf: wachsen - wuchs, waschen - wusch // laden - lud (Die Länge vernachläsige ich ohne weiteres.)

Es ist also nicht notwendig, für eine Doyt Amelie Zapf oder Übertreiber zu heißen und/oder dem Mensa-Verein anzugehören.
   

Sehr schöne Erklur der Wortes Museifutz, aber keine Erklärung, wie dieses Wort aus dem Wort Motivation hergeltten wird.
Aber ich gebs jetzt auf.

Fleischers Karsten

 ???

Das war doch gerade die Erklur der Herlitt. Was Bertl nicht dazugeschrieben hat, ist sein "Recessus Narrativus", also diese kleinen Geschichtchen, die er hinter den Worten versteckt sind. Mit Museifutz kann ich irgendwie nix assoziieren.
Karsten

Ku


Fleischers Karsten

Ist doch genau dasselbe, was ich dir Anfang 2006 schon mal erklur: Hochdeutsche Lautverschub (p -> pf, t -> tz/ss etc.)
Karsten

Ku

Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-12-01, 18:00:27
Ist doch genau dasselbe, was ich dir Anfang 2006 schon mal erklur: Hochdeutsche Lautverschub (p -> pf, t -> tz/ss etc.)

Das war ja auch sehr nett von dir.
Die Lautverschiebungen brauchte mir aber eigentlich keiner zu erklären. Ich habe tatsächlich jahrelang die Schule besucht, obwohl das womöglich nicht so aussieht. 

Mir muss jetzt nur noch einer erklären, wo ich ein p im Wort Motivation finde, damit ich die Herleitung von Motivation zu Museifutz nachvollziehen kann.

Oder Bertl erzählt noch sein Gschichterl dazu.

Kilian

 ::)

Zitat von: Berthold in 2008-12-01, 13:42:09v -> f (stimmlos): Im Ahd wurde anlautendes (germanisches) f oft als v guschrimp. (Teilw.) stimmhafte Aussprache von v findet sich z.B. in alten Tiroler Dialekten.

Berthold

#29
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-12-01, 17:09:35
???
Mit Museifutz kann ich irgendwie nix assoziieren.

Immer geht's halt nicht ganz so schön. Schaumma uns halt die Weltliteratur an: zunächst ein kurzes Stückchen Faustens (1), den Anfang der Szene in Auerbachs Keller: 

Frosch.
Will keiner trinken? Keiner lachen?
Ich will euch lehren Gesichter machen!
Ihr seid ja heut wie nasses Stroh,
Und brennt sonst immer lichterloh.

Brander.
Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.

Frosch (gießt ihm ein Glas Wein über den Kopf).
Da hast du beides!

Brander.
Doppelt Schwein!


Und nun stell Dir halt Dich selber und eine Muse vor. Szene im Pentagon. Thema: Wie schwer es sein kann, Museifutz zu finden:

Karsten.
Matt schlepp ich mich ins Pentagon;
Regale voller Schnäpse drohn.
Acht Monat Irrsinn, welche Fron!
Trag ich denn schon die Distelkron?
-
Ob Klänge, Bilder, Worte, Ton,
Ich lechze nach der Insp'razion!

Muse (Seift ihn jäh - welch böser U(t)z! - über und über ein).
Marsch! Spül dir Laug' und Laune weg!
Rausch ab jetzt in dein Jammereck!
-
Dort hockt er schon, der alte Janeček
mit Mehlspeiswanst und Depressivenspeck.

Karsten.
Kekünnt ich Singer, Maler, Dichter, Töpfer sein!
All dies zerrinnt, ich schluchze, - heule, - plärre, - grein - . - . - . - . - .