Rückkehr des U-Ablautes

Begonnen von Nico Madysa, 2008-09-30, 14:38:14

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Nico Madysa

Hallo, ihr alle!

Erstmal ein großes Lob eurer illustren Gesellschaft, für eure Idee und deren Umsetzung (doch wohl hoffentlich nicht Umsatz). Wenn auch einige neue starke Verben doch etwas abstrus klingen, bin ich doch durchaus bereit, euch zu unterstützen.

Ich hätte da zum Beispiel einen Vorschlag. Wie ihr vielleicht wisst, gab es vor einigen Jahrhunderten in gewissen Ablautreihen (z.B. brechen, sterben, biegen, trinken, sinken, heben, schieben, werden, etc.) noch einen zusätzlichen Ablaut. Man sug zum Beispiel "ich warf", aber "wir wurfen". "Ich ward", aber "wir wurden". "Er starb", aber "sie sturben", usw.
Ich habe nun den Vorschlag, diesen zusätzlichen Ablaut wieder zurückkehren zu lassen, allerdings mit einer Änderung.
Meiner Meinung nach sollte der Ablaut nicht "wir", "ihr" und "sie" betreffen, sondern "wir", "ihr" und "er/sie/es/man". In diesem Falle wäre nämlich jede Verbform des Präteritums unterschiedlich, was der Eindeutigkeit zugute käme. Außerdem könnte man im Sinne dichterischer Freiheit in solchen Fällen das Personalpronomen entfallen lassen.
Beispiel:

ich hob    wir huben
du hobst   ihr hubt
er hub     sie hoben

Ansonsten: Macht weiter wie bisher, man schreibt sich vielleicht demnächst wieder!

Gruß Nico Madysa

Berthold

#1
Zitat von: Nico Madysa in 2008-09-30, 14:38:14

Ich hätte da zum Beispiel einen Vorschlag. Wie ihr vielleicht wisst, gab es vor einigen Jahrhunderten in gewissen Ablautreihen (z.B. brechen, sterben, biegen, trinken, sinken, heben, schieben, werden, etc.) noch einen zusätzlichen Ablaut. Man sug zum Beispiel "ich warf", aber "wir wurfen". "Ich ward", aber "wir wurden". "Er starb", aber "sie sturben", usw.
Ich habe nun den Vorschlag, diesen zusätzlichen Ablaut wieder zurückkehren zu lassen, allerdings mit einer Änderung.
Meiner Meinung nach sollte der Ablaut nicht "wir", "ihr" und "sie" betreffen, sondern "wir", "ihr" und "er/sie/es/man". In diesem Falle wäre nämlich jede Verbform des Präteritums unterschiedlich, was der Eindeutigkeit zugute käme. (...)
Beispiel:

ich hob    wir huben
du hobst   ihr hubt
er hub     sie hoben


Das gefällt mir.
Mir mangelt's zwar an der Zeit, mich durch die schweren §§ der Herren Braune & Eggers (1975) zu quälen, doch sehe ich da, daß es im Althochdeutschen auch Fälle gab, wo selbst die 2. Person Singular einen 'Zusatz-Ablaut' hatte.

'Ziohan' ist nach dem Stand der Flexion bei Tatian (ca. 825) gogemp:
Präteritum:
Indikativ:
Sg. 1. ,3.: zôh
          2.: zugi
Pl.       1.: zugumês (-un)
          2.: zugut
          3.: zugun





Grinsekater

Ein bestechendes Plädwajeh. Es bestuch mich sozusagen. Beim Lesen ful mir ein, daß ein verschrobener Bekonnener meiner Elektrobriefzitate stets mit ,,xxx schrub:" statt ,,xxx schrieb:" einzuleiten pflegt.

Übertreiber

So, nun offiziell angemolden bin ich doch etwas überroschen, dass gleich mein erster kleiner Vorschlag solch positive Reaktionen erzielt.

Zitatdoch sehe ich da, daß es im Althochdeutschen auch Fälle gab, wo selbst die 2. Person Singular einen 'Zusatz-Ablaut' hatte.
Darüber lässt sich diskutieren. Ich habe drei Formen genommen, weil das schön symmetrisch wäre: dreimal der normale Präteritumsablaut, dreimal das u.

ZitatMir mangelt's zwar an der Zeit, mich durch die schweren §§ der Herren Braune & Eggers (1975) zu quälen,
Ich bin mir nicht ganz sicher, denn ich habe bisher nur einmal ein richtiges germanistisches Werk durchgelesen und eine Woche nachdem ich es in die Bücherei zurückgebruchen hatte, wurde es "makuliert" und vernichtet, weswegen ich nun auf mein Gedächtnis und Sinn für Logik angewiesen bin. Zum Thema: Wenn ich mich nicht irre, dann betrifft der Wechsel zum U die folgenden Reihen:
e-i-a-o -> e-i-a-u-o: brechen, werfen, bersten, werden, ... (Beleg: Der Bruch)
i-i-a-o -> i-i-a-u-o: schwimmen, trinken, sinken, (m.M.n) winken, hinken, ... (Belegen: Der Trunk)
ie/e-ie/e-o-o -> ie/e-ie/e-o-u-o: heben, weben, biegen, wiegen, ... (Beleg: Hubraum, der Schiffsbug)
e-e-a-a -> e-e-a-u-a: Meines Wissens nur "stehen"
Außerdem: schwören (wegen Schwur) und möglicherweise auch lügen (weil log-gelogen, Analogieschluss).

ZitatBeim Lesen ful mir ein, daß ein verschrobener Bekonnener meiner Elektrobriefzitate stets mit ,,xxx schrub:" statt ,,xxx schrieb:" einzuleiten pflegt.
Das auch "schreiben" unter diese Verben fällt, mag ich nicht so recht glauben. Dann müsste es nicht nur "er schrub", sondern auch "er luh", "ihr hußt", "wir russen", "sie lutt", usw. Aber als Wortspiel natürlich immer dazu gut, den Lesenden zu verwirren. ;D
Kampf dem Schicksal!

Übertreiber

So, ich hab die Sache nochmal etwas weiter verfolgen und bin einfach mal von den althochdeutschen Ablautreihen ausgegangen.

Ablautreihe I.a:
  rītan - rītu - reit - ritun - giritan (nhd. reiten, schneiden)
  reiten - reitet - ritt - ritten - geritten
Ablautreihe I.b:
  zīhan - zīhu - zēh - zigun - gizigan (nhd. zeihen, leihen)
  zeihen - zeiht - zieh - ziehen - geziehen
Ablautreihe II.a:
  biogan - biugu - boug - bugun - gibogan (nhd. biegen, fliegen)
  biegen - biegt - bog - bug - gebogen
Ablautreihe II.b:
  biotan - biutu - bōt - butun - gibotan (nhd. bieten)
  bieten - bietet - bot - buten - geboten
Ablautreihe III.a.:
  bintan - bintu - bant - buntun - gibuntan (nhd. binden)
  binden - bindet - band - bunden - gebunden
Ablautreihe III.b.:
  werfan - wirfu - warf - wurfun - giworfan (nhd. werfen, sterben, werden, etc.)
  werfen - wirft - warf - wurfen - geworfen
Ablautreihe IV.:
  neman - nimu- nam - nāmun - ginoman (nhd. nehmen)
  nehmen - nimmt - nahm - nahmen/nuhmen - genommen
Ablautreihe V.:
  geban - gibu - gab - gābun - gigeban (nhd. geben)
  geben - gibt - gab - gaben - gegeben
Ablautreihe VI.:
  faran - faru - fuor - fuorun - gifaran (nhd. fahren)
  fahren - fährt - fuhr - fuhren - gefahren
Ablautreihe VII.:
  rātan - rātu - riet - rietun - girātan (nhd. raten)
  raten - rät - riet - rieten - geraten

Leider bin ich mit den älteren deutschen Sprachen noch nicht allzu erfahren, daher ergeben sich für mich einige Fragen:
1. Die Reihen II.a und II.b sind mittlerweile völlig zusammengefallen, richtig?
2. Die Reihen III.b (werfen) und IV gleichen sich bis auf den Präteritums-Plural-Ablaut. Gibt es irgendein erkennbares Unterscheidungsmerkmal, woran man sieht, bei welchen Verben man das Vergangenheits-Plural-U wieder einführen kann und bei welchen nicht?
3. In welche Reihe gehört "schwimmen"? Aufgrund der Konjunktiv-Formen "schwämme/schwömme" habe ich den Verdacht, dass es nicht "wir schwummen", sondern "wir schwommen" heißen sesöllte. Weiß jemand mehr darüber?
Kampf dem Schicksal!

Fleischers Karsten

Zitat von: Übertreiber in 2008-11-05, 09:18:26
2. Die Reihen III.b (werfen) und IV gleichen sich bis auf den Präteritums-Plural-Ablaut. Gibt es irgendein erkennbares Unterscheidungsmerkmal, woran man sieht, bei welchen Verben man das Vergangenheits-Plural-U wieder einführen kann und bei welchen nicht?

Die Verben der Ablautreihe IIIb haben ein e oder i gefolgt von einem Liquid (r oder l) plus einen Konsonanten. 
Die Verben der Ablautreihe IV haben e oder i gefolgt von einem Nasal (m oder n).

Zitat
3. In welche Reihe gehört "schwimmen"? Aufgrund der Konjunktiv-Formen "schwämme/schwömme" habe ich den Verdacht, dass es nicht "wir schwummen", sondern "wir schwommen" heißen sesöllte. Weiß jemand mehr darüber?

Eigentlich IIIa. In diesem Artikel wird eine achte Ablautreihe vorgeschlagen, in die schwimmen pieße.
Karsten

Übertreiber

Dir sei gedanken, ich werde an der Sache noch etwas (amateurhaft) weiterforschen. :)
Kampf dem Schicksal!

Fleischers Karsten

Jau, mach das! Schön, dass wir mal wieder ein aktives neues Mitglied haben.  :D
Amateure sind die meisten von uns. Die Ablautreihen kann wahrscheinlich nur MrMagoo auswendig.
Karsten

Übertreiber

Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-11-05, 09:37:20
Eigentlich IIIa. In diesem Artikel wird eine achte Ablautreihe vorgeschlagen, in die schwimmen pieße.

Einerseits beunruhigend, dass sich starke Verben über eine andere Ablautreihe zu den schwachen Verben "schleichen" (siehe bellen), andererseits ist es doch auch schön, dass sie sich genauso gut wieder erholen können. (in Faust verwandte Goethe begonnte statt begann) Mir deucht, dass es genauso nötig ist, schwächelnden starken Verben ebenfalls auf die Beine zu helfen.
Ich werde in den nächsten Tagen mal eine Liste meines vorläufigen Ergebnisses veröffentlichen, mit Formen wie
schwören - er schwiert - ich schwar - wir schwuren - ich schwüre - geschworen
gären - es giert - ich gar - wir guren - ich güre - gegoren
erlöschen - es erlischt - ich erlasch - wir erluschen - ich erlüsche - erloschen
Kampf dem Schicksal!

Übertreiber

Nach etwas längerer Kramerei habe ich endlich ein vorläufiges Ergebnis meiner Bemühungen, nalm
eine Überarbeitung der deutschen Ablautreihen. Außerdem habe ich noch Namen für die Ablaute und
Ablautreihen ersonnen, alldieweil ich die Nummerur der Reihen und komplizorene Bezeichnung der
Bugstufen (wie 1.Pers.Sing.Präs.Ind. für "Ich gehe) schon längenst als langweilig und störend
empfunden habe.

Angaben erfolgen nach dem folgenden Muster:

Infinitiv3.Pers.Sing.Präs.Ind.1.Pers.Sing.Prät.Ind.1.Pers.Pl.Prät.Ind.1.Pers.Sing.Prät.Konj.Part.Perf.

Grundablaut
JetztablautFrühablautExtrablautIrrealablautPerfektablaut
Nicht deutsch gebogene Verben habe ich mich mit einem Sternchen * markoren, ebenso Formen die unregelmäßig aus der Reihe tanzen.

1.1 Raff-Ei-Reihe, da das Grundablaut-Ei im Präteritum zu einem kurzen, geraffenen i wird.
(Imperativ mit dem Jetztablaut)

ei
eiiiii

reiten
reitetrittrittenrittegeritten
1.2 Dehn-Ei-Reihe, da das Grundablaut-Ei im Präteritum zu einem langen, gedehnenen ie wird.
(Imperativ mit dem Jetztablaut)

ei
eiieieieie

leihen
leihtliehliehenliehegeliehen

2 Doppel-O-Reihe, da Früh- und Perfektablaut ein O sind.
(Imperativ mit dem Jetztablaut)

a/au/e/ie/ü
a/au/e/ie/üouü/öo

schallen*
schalltschollschullenschölle/schüllegeschollen

saugen
saugtsogsugensöge/sügegesogen

saufen
säuft*soffsuffensöffe/süffegesoffen

heben
hebthobhubenhübegehoben

bieten
bietetbotbutenbötegeboten

kiesen
kiestkorkurennköregekoren

-ieren*
-iert-or-ur-öre-oren

lügen
lügtloglugenlögegelogen
3.1 E-Volllautreihe, da diese Reihe fast alle Laute abdeckt (a, e, i, o, u und ein Umlaut)
(Imperativ mit dem Jetztablaut)

e/ö/ä
i/ieauü/äo

bellen*
billtballbullenbüllegebollen

melken*
milktmalkmulkenmülkegemolken

schmelzen*
schmilztschmalzschmulzenschmülzegeschmolzen

dreschen*
drischtdraschdruschdrüschegedroschen

erlöschen*
erlischterlascherluschenerläscheerloschen

gären*
giertgargurengüregegoren

fechten*
fichtfachtfuchtenfüchtegefochten

schwören*
schwiertschwarschwurenschwüregeschworen

nehmen
nimmtnahmnuhmennühmegenommen

treffen
triffttraftrufentrüfegetroffen
3.2 I-Volllautreihe, da auch diese Reihe vom einem Extrem I zum anderen Extrem U zieht.
(Imperativ mit dem Jetztablaut; Kausativ mit E-Ablaut)

i
iauäu

singen
singtsangsungensängegesungen

brinnen*
brinntbrannbrunnenbrännegebrunnen

schinden*
schindetschandschundenschändegeschunden

schwimmen*
schwimmtschwammschwummenschwämmegeschwummen

glimmen*
glimmtglammglummenglämmegeglummen

4.1 E-Schwankreihe, da der Ablaut vom E zum A und wieder zum E schwankt.
(Imperativ mit dem Jetztablaut; mancher Kausativ mit E-Ablaut)

e/i/ie
i/ieaaäe

stecken*
sticktstakstakenstäkegestecken

genesen*
genistgenasgenasengenäsegenesen

bitten
bittetbatbatenbätegebeten

liegen
liegtlaglagenlägegelegen
4.2 A-Schwankreihe, da auch hier der Ablaut von A zu U und wieder zu A schwankt.

a
äuuüa

waschen
wäschtwuschwuschenwüschegewaschen

fachen*
fächtfuchfuchenfüchegefachen

schaffen
schafft*schufschufenschüfegeschaffen

5 Restschwankreihe (od. Altreduplikanten), da auch dieser Verben Ablaut schwankt.

Vokal/Zwielaut
dessen Umlauti/ie/iei/ieVokal/Zwielaut

rufen
ruft*riefriefenriefegerufen

blasen
blästbliesbliesenbliesegeblasen

fangen
fängtfingfingenfingegefangen

Halbstarke/gemischte Verben
   brennen - brennt - brannte - brannten - brennte - gebrannt
   kennen - kennt - kannte - kannten - kennte - gekannt
   rennen - rennt - rannte - rannten - rennte - gerannt
   nennen - nennt - nannte - nannten - nennte - genannt
   denken - denkt - dachte - dachten - dechte - gedacht (Konj. auch "dächte")
   bringen - bringt - brachte - brachten - brächte - gebracht

Präterito-Präsentia
   wissen - weiß - wusste - wussten - wüsste - gewusst
   dürfen - darf - durfte - durften - dürfte - gedurft
   müssen - muss - musste - mussten - müsste - gemusst
   wollen - will - wollte - wollten - wollte - gewollt (Konj. auch "wöllte")
   können - kann - konnte - konnten - könnte - gekonnt
   mögen - mag - mochte - mochten - möchte - gemocht
   möchten - möchte - mochte - mochten - möchte - gemocht (Konjunktivopräsentium eines Präteritopräsentiums!)

Unregelmäßige Verben
   sein - ist - war - waren - wäre - gewesen
   haben - hat - hatte - hatten - hätte - gehabt
   tun - tut - tat - taten - täte - getan
   kommen - kommt - kam - kamen - käme - gekommen (einziges Verb seiner Reihe)
   schaffen (siehe A-Schwankreihe)
   saufen (siehe Doppel-O-Reihe)
   rufen (siehe Restschwankreihe)
   gehen - geht - ging - gangen - gänge - gegangen
   hängen - hängt - hing - hangen - hinge - gehangen (gehen und hängen könnten eine eigene Reihe gründen)
   stehen - steht - stind - standen - stände - gestanden (Analogieschluss zu gehen)
   stehen - steht - stand - stunden - stünde - gestanden (mir klanglich lieber)


Noch zu erledigen ist der Abspult jener Verben aus der Doppel-O-Reihe, deren Jetztablaut "eu" ist. Dies ist, glaube ich, schon vorher in einem Faden besprochen worden.
Zwei Dinge will ich nochmals betonen. Erstens, dass neue Formen zu ersinnen weselnt mehr Spaß miech als das ganze Zeug in einer Tabelle zusammenzufassen, und zweitens, dass ich die deutschen Ablautreihen als Vorlage nahm. Zusätzliche neutsche sind noch zu ergänzen.

PS: Verzeiht mir, wenn's etwas trocken ist, aber ich habe die Tabelle schon seit Tagen auf dem USB-Stick und komme nur in den Unterrichtspausen in der Schule an den Rechner und musste mich daher dabei beeilen, alles ins Forum zu schreiben. Ich freue mich schon auf Verbesserungsvorschläge. :D
Kampf dem Schicksal!

Fleischers Karsten

Schön! Vor allem deine neuen Bezinchen für die Ablautreihen gefallen mir. Ich werde mal versuchen, sie mir einzuprägen. Mit den Nummern habe ich das nie geschaffen und es gibt auch Germanisten, denen die "Standard"-Nummerur nicht gefällt und eine eigene verwenden, was zur kompletten Verwurr führt.
Karsten

Kilian

Galaktisch-gigantisch! Mein einziges Bedenken bezieht sich darauf, dass eine Wiedereingliederung idiosynkratisch irrlichternder Verben in kanonische Ablautreihen eventüll der rauschhaften Vielfalt der Muster zuwiderliefe, die - zumindest gedacht - noch größer auf unserem Banner steht als die Stärke, die, allzu konsequent betrieben, langweilig wird, wie Berthold schon einmal umdachte. Aber es ist auf jeden Fall spannend, all diese Verben auf Heimaturlaub bei den Reihen zu sehen, denen sie entstammen (mögen) - zumal wenn die Wiedervereinigung mit dem verlorenen Sohn, dem U-Ablaut hinzukommt! Heißen Dank für diese Zusammenstellung - und die Reihenbezinche, das ist wirklich eine fabelhafte Idee!

Zitat von: Übertreiber in 2008-11-26, 11:22:27dass ich die deutschen Ablautreihen als Vorlage nahm. Zusätzliche neutsche sind noch zu ergänzen.

Stimmt, und dann kommt ins Spiel, was ich oben "rauschhaft" nannte, nicht nur im Sinne von Rausch, sondern auch von Rauschen: Dass sich hier vermutlich nichts mehr in einen handlichen Satz von Ablautreihen fügt, sondern praktisch alles vorkommt, was sich an Vokalkombinationen denken lässt. Naja, gewisse Muster werden sich erkennen lassen, schließlich stärken wir mit einem gewissen neutschen Sprachgefühl, in das sich auch so manches eingeschliffen hat. Ich muss bei Muße mal ein kleines Skript programmieren, das die neutschen Ablautreihen aus der Großen Liste raussaugt, und dann hier präsentieren, wie viele es gibt.

Berthold

#12
Zitat von: Übertreiber in 2008-11-26, 11:22:27
Nach etwas längerer Kramerei habe ich endlich ein vorläufiges Ergebnis meiner Bemühungen, nalm
eine Überarbeitung der deutschen Ablautreihen. Außerdem habe ich noch Namen für die Ablaute und
Ablautreihen ersonnen, alldieweil ich die Nummerur der Reihen und komplizorene Bezeichnung der
Bugstufen (wie 1.Pers.Sing.Präs.Ind. für "Ich gehe) schon längenst als langweilig und störend
empfunden habe.
(...)
Irrealablaut
(...)

Dank Deiner Kräme, lieber Übertreiber!
Besonders gern unter den Formen habe ich jene Reihen, in denen Frühablaut und Extrablaut verschiedene Vokale sind.

Ich geh bei solchen Sachen ja anders vor: Ich überträume sie, schmeiße mich in (oft) krause Phantasien, mähe mit saturniner Nonsense (Das Wort stammt vom Zoologen Univ. Prof. Josef Weisgram. Danke, lieber Josef!), mach's mit viel Museifutz (= Motivation) und mit depressiver Zähe ...

Dennoch glaube ich, hohe -, nun ja, Intelligenz eines Mitmenschen gut diagnostizieren zu können - und ich bestaune sie! Wenn auch jedeR sicher seine/ihre Gebiete hat, in denen er/sie ... keine Bawart ... etc., etc. ...
Ich schrieb das vor allem her (der Karsten und der Kilian haben's auch getan), damit ein Werk auch seinen - unhörbaren - Applaus bekomme! - Über viele hundert Kilometer hinweg
Doppelpunkt
pasch - pasch - pasch - pasch - pasch - pasch ...!

Nun, die Irrealablaute (Konjunktiv 2) einiger Reihen ließen sich - Du hast dafür schon fast die ganze Arbeit gelienzt - ebenfalls teilen. Ich tiele sie aber nicht in Ein- und Mehrzahl, sondern nach den Vokalen der Fürwörter. Da i besonders Ablaut-fördernd ist, erhielte ich zwei Gruppen:
a) ich, sie (Sg.), wir, ihr, sie (Pl. auch Sie) und
b) du, er, es.
Im Falle eines Nomens hätte ein weibliches den Umlaut von a), ein männliches und sächliches den bei b). Der Plural-Vokal rächte sich nach a).

Die Formen wären dann leicht anzuschreiben. Aus deinen Reihen gebe ich folgende Beispiele:

Doppel-O-Reihe: (saufen) ich süffe; du söffest; er (der Mann) söffe; sie (die Frau) süffe; es (das Kind) söffe; wir, ihr, sie (Sie / die Männer, Frauen oder Kinder) süffen

E-Vollautreihe: (melken) ich mülke; du mölkest; er, es mölke; sie mülke; wir, ihr sie (Sie) mülken

I-Vollautreihe: (singen*) ich sünge; du sängest; er, es sänge; sie sünge; wir, ihr sie (Sie) süngen

A-Schwankreihe: (waschen) ich wüsche; du wäschest; er, es wäsche; sie wüsche; wir, ihr, sie (Sie) wüschen   

*Wäre doch schön, von einem Regens chori zu vernehmen: "Ach sünge sie doch, sänge er doch bei uns!"
Oder man hur bei einem Branntweiner ('Brandineser') in einem der Wiener Außenbezirke: "Gäbe es hier Absinth, du söffest ihn, ich aber süffe ihn nicht!"



   

Übertreiber

Zitat von: BertholdIm Falle eines Nomens hätte ein weibliches den Umlaut von a), ein männliches und sächliches den bei b). Der Plural-Vokal rächte sich nach a).

Darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Meine bisherige Regel war, dass sich Irrealablaut möglichst stark vom Grundablaut unterscheide. Also sprüche, weil spräche = spreche, aber sänge, weil sünge = singe, ebenso löge wegen lüge = lüge.

Andererseits kann man auch andersherum diskutieren. Durch den feinen Unterschied zwischen ü und i sind die Neutschsprecher gezwungen, sich besonders sauber zu artikulieren, was ein fabulöser Widerspruch zur allgemeinen Regel der Sprachökonomie wäre.

Heute Abend wird nichts Gescheites im Fernsehen kommen, ich werde versuchen, mir etwas einfallen zu lassen. Gerade eben kam mir der Geistesblitz, einfach einen zweiten Irrealablaut zu schaffen. Man könnte dann ersten Konjuntiv- und den zweiten Subjunktivablaut, oder ersten Hochirreal- und den zweiten Tiefirrealablaut, oder noch ganz anders nennen. Wo du gerade mölke-mülke statt mälke-mülke nennst, schwebt mir das Pärchen sänge-sönge vor.

Tut mir leid, muss jetzt los; der Geschichtsunterricht ist gerade zu Ende. ;D
Kampf dem Schicksal!

Berthold


Nun der Nachtkalauer:

Lang leben nicht nur die Ablaut-, sondern auch die Agrünt-, Arötet-, Asilbert- und Agoldetreihen!