Gemeinsames GSV-Bühnenprogramm

Begonnen von Übertreiber, 2009-05-11, 11:14:09

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Übertreiber

Ich dachte mir, ich erspinne mal einen zugesalzenen Faden um molge Ideen für das hier erwohnene Auftrittsprogramm zu sammeln, jedweder Beitrag, der mehr oder minder abgewalnden aufgenommen, jede Idee, wie der Abend gestalten sein kekünne, sei hier wollkimmen.
Kampf dem Schicksal!

Übertreiber

Gleich ein Erstes. Eine kurze Reflexion über Sprachschutz und Sprachstork; vielleicht sesülle es in Form einer Rolle (im theatralischen, nicht akrobatischen Sinne) und auf mehrere Auftritte dieser vertielen vorgetragen werden. Auch kekünne noch ein Hauch Humor hinein, dessen es mir seltsamerweise stets im Bereiche des Sprachstorkes mangelt.


Warum sollte man die Sprache erhalten? Warum sollte man der Sprachökonomie entgegenhalten? Schönheit ist etwas Subjektives, wie kann man sie so als Argument verwenden? Das oberste Prinzip muss die Funktionalität sein, die Sprache muss einfach zu verwenden sein und klar ausdrücken, was gemeint ist, alle überflüssige Schwulst gehört getilgt.
Gestern gingen wir zu meinem fröhlichen Freund um mit ihm eine Flasche besten Weins zu trinken.
Die Zeitform des Verbes ist nutzlos, da sich der Zeitpunkt bereits aus dem Wort ,,gestern" ergibt.
Gestern gehen wir zu meinem fröhlichen Freund um mit ihm eine Flasche besten Weins zu trinken.
Ebenso sinnfrei sind all die Konjugations- und Deklinationsendungen, da sich auch die Zugehörigkeit der Adjektive und des Verbes aus dem Kontext ergeben.
Gestern geh wir zu mein fröhlich Freund um mit ihm eine Flasche best Wein zu trink.
Ebenso ist es albern, geschlechtslosen Dingen wie einer Flasche in der Grammatik plötzlich ein Geschlecht zuzuweisen. Ich sah eine Flasche Wein und ein Mädchen, doch ich ging und trank sie aus. Man könnte meinen, es sei das Mädchen gemeint. Somit können wir den Genus entsprechend anpassen.
Gestern geh wir zu mein fröhlich Freund um mit er ein Flasche best Wein zu trink.
Nebenbei wird auch aus ,,ihm" ,,er", da die person, mit die wir trink, bereits durch ,,mit" genug klärt ist. Es ist blödsinn, aus ,,er" ,,ihm" zu mach, bloß weil es hinter ein anders wort steh.
Nun nur noch die syntax müss werd festsetzt, weil unnötig es verwirr, wenn die worte ständig ändern die position alsob sie sind besesst.
Wir geh zu mein fröhlich Freund gestern für trink ein Flasche best Wein.
Das wirklich ist ein gut satz, man sprech all wortes genau so wie sie schieß in der kopf von man. So man nicht müss überleg und man kann nachdenk über anders dinge. die effizienz so sagenhaft wird steigert.
Was sagen sie? Ihnen gefällt das Ergebnis dieser Überlegungen nicht? Wenn Sie das lesen, krampft sich Ihnen das Herz zusammen? Oder Sie denken sich nur: ,,Um Gottes willen, was für ein Verrückter!" Seien Sie ehrlich, dann ist es nur die Intoleranz, die aus Ihnen spricht. Geben Sie zu, dass sie dem nur widersprechen, weil sie es nicht gewohnt sind und sie es anders gelernt haben. Alles was sie von der Verdopplung der Effizienz der Sprache abhält, sind alte Traditionen, welche nur Hindernisse sind auf unserer Weiterentwicklung. Überlegen sie doch mal! Ich rede nicht einmal davon, den Sprachschatz einzuschränken und all die überflüssigen Wörter wie behelligen, kiesen,  Droschke, burlesk, Kiez, Oheim, Neider, burschikos, Mundart, beschädigen, ungeachtet, halber, kollern, Firniss, Harsch, Buddel, Tau, Kassette, klamm, verschlingen, sämig, schinden, diesig, lebensmüde, pittoresk, Augenblick, Talisman, alldieweil, Hort, Zwielicht, Jux, Kleinod, Imbiss, kosen, Schalmei, Jungfer, kafkaesk, Kurier, diffus, Graupel, weiland, Scharmützel, Schlösse, etc. zu tilgen und schon ist unsere Sprache viel einfacher geworden. Man kann damit immer noch alles ausdrücken, was man schon vorher sagen konnte, und dies auch noch viel einfacher. Man kann nur gewinnen. Oder etwa nicht?
Vielleicht – aber nur vielleicht – sträuben wir uns auch gegen solcherlei Reformen, weil es tatsächlich etwas wie objektive Schönheit giebt. Möglicherweise ist es doch gut, die Wörter zu konjugieren, sie wie im wildesten Tanze ihre Ablaute wechseln zu lassen, sie im Satze hin und her zu verschieben, im Wetteifer um größte Klangfülle ein Synonym gegen ein anderes antreten zu lassen. Klingt ,,verschroben" nicht doch gehobener, ätherischer, kurz: schöner als ,,verschraubt"? Wird der Vorgang, Luft mit neunhundert Kilometern pro Stunde aus der Nase zu stoßen, durch ,,Ich habe genosen" nicht viel besser wiedergegeben als durch ,,geniest"? Klingt ,,Der Hund hat gebollen" nicht viel doggenhafter und folglich passender als ,,gebellt"? Hört man aus ,,Harsch" nicht schon heraus, wie man frierend durch hartgefrorenen Schnee stapft? Wollen wir wirklich des Wortes ,,auserkoren" entbehren? Genau, wollen wir des Genitives und des Datives entbehren, der Möglichkeit, die eigenen Worte allein dadurch, ihnen durch Hinzugabe eines E oder eines S zum rechten Zeitpunkte zu adeln? Soll es wirklich Zufall sein, wenn 80% von ihnen all diese Fragen mit ,,ja" und nur die letzten beiden mit ,,nein" beantworten? Ist es nicht vielleicht besser, die Sprache nicht dem großen Gotte des Nützlichkeitsdenken zu übergeben, stattdessen den eigenen Kopf ein bisschen anzustrengen? Sollten wir nicht lieber zweimal unsere Worte bedenken und dafür damit aus jedem unserer Sätze Poesie zu machen? Giebt Grammatik uns nicht die Möglichkeit aus dem grauesten Alltagssatz hohe Dichtkunst zu machen? Sollte all dies sie dessen – wieder ein gehobener Genitiv – überzeugt haben, im nächsten Restaurant nicht zum Kellner zu sagen: ,,Wir wähl ein flasche von der best Wein, der sie hab", dann verwenden sie doch ,,kiesen", dass praktisch ausgestorbene Wort für ,,wählen", dass heute nur noch in dem Adjektiv ,,auserkoren" dahinsiecht. Gegenwart: ich kiese, Vergangenheit: ich kor, Perfekt: ich habe gekoren. ,,Wir kiesen eine Flasche, des besten eures Weines." Das ist ein Satz, der eines Schillers würdig wäre. Und sollten sie meinen, dass das doch albern ist, im Alltag so geschwollen zu sprechen, dann frage ich sie: Wäre es denn albern, wenn es jeder täte?
Kampf dem Schicksal!

Kilian