Kulinarpoesie

Begonnen von Ku, 2009-10-30, 17:06:27

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ku

#30
Ich hab mich mal dem Wein gewomden:

Alter Wein, neu vergoren:

Mein alter Freund Dionysos
schon oft mit mir die Klingen kross.
Doch keine Waffen ließ man schwingen,
wir ließen nur die Gläser klingen.
Achthundert Jahre warn wir duun,
dann sug der Freund: Mir reicht es nun.

An Fufluns geb ich dich jetzt weiter,
er sei von nun an dein Begleiter.
Bei den Etruskern trink ab heute: 
Sie sind der Römer Nachbarsleute.
Da much ich mich doch gleich zu Fuß gern
Ins ferne Land zu den Etruskern.

Den guten Fufluns traf ich just,
als einen Wein er or degust.
Er sug: Hier nimm den neuen Schlauch,
ier prob den tollen Wein gleich auch.
Es schmack der Wein und ab sofort
da klangen unsre Gläser dort.

Achthundert Jahre war's uns recht,
dann klug Fufluns, ihm gingt es schlecht.
Er föhl sich plötzlich zwiegespalten,
kekünn sein Glas kaum richtig halten
und schlöpfe jetzt in das Gewand
des Weingotts aus dem Nachbarland.

Ich laar sofort mein Weingefäß,
loft aus dem Sessel mein Gesäß
und klitt mich um, mit ihm zu gehen:
Den neuen Weingott wollt ich sehen.
Wir muchen uns auch ohn Versoom
gleich auf den kurzen Weg nach Rom.

Dort konnte man an allen Ecken
der Römer Weingott gut entdecken.
Als Statue und Bild in Fülle,
stets war er tief und richtig knülle. 
Und Fufluns rief: jetzt nenn mich Bacchus!
Hier laden wir ab jetzt die Akkus. 

Wir lurgen uns wie auf den Bildern,
auf denen Maler es uns schildern,
und stammen Wein für Wein im Krug,
denn Bacchus' Dank gab es genug.
Uns ging es bestens all die Jahre,
die Weine waren Markenware.

Achthundert Jahre hats geduren,
dann hat der Bacchus mir erkluren,
man glöbe nicht mehr recht an ihn:
Die Welt der Götter sei dahin.
Jetzt hätten sie ja nur noch einen.
Das sei zu wenig, wollt ihm scheinen.

Der körmme sich um alles jetzt,
doch um den Wein zuallerletzt.
Zwar zierb er Wein in Wasserkrüge,
damit den Gästen es genüge.
Doch was sie hatten in den Kelchen,
weiß keiner, denn er sug nicht, welchen.

Der Bacchus müch sich jetzt von hinnen,
dem Mensch entschwänd er aus den Sinnen,
blieb allenfalls noch im Gedächtnis.
Doch gab er mir als sein Vermächtnis
den Zauberkrug, der stets gefollen:
Mein Leben sei damit erhollen.

Nun sitz ich da, ganz ohne Gott
und trinke aus dem ollen Pott.
Der Wein wird Gott sei Dank nicht alle,
ich sag nicht, dass mir's nicht gefalle.

Und deshalb prostet allen zu
der stets bezochne alte Ku.

Kilian

Bravo und prosit! Große Klasse!

amarillo

Dunnerkeil, nix verlornen, der ku, gar nix verlornen.
Wie guter Wein eben mit den Jahre an Qualität gewinnt - ziehe sämtliche Hüte!
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.