Klarmachen zum Gendern!

Begonnen von Kükenschublade, 2010-04-08, 01:39:14

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Kükenschublade

Sehr geehrte GehEssFaulerInnen und -Außen,

aus langem Abstinat zurück mich meldend komme ich mir vor, wie ein georltener Bergsteiger, der zu dem Berg, den er in seiner Jugend zur Hälfte bestieg, zurückkehrt und feststellt, dass dieser noch unerklilmm geworden ist. Der Berg derselbe, der Mann geschwochen. Zurückübertragen ist's umgekohren: Der Berg (das Forum) angewachsen, ich derselbe. Der grobe Duben? Es gibt viel neues für mich zu entdecken.

Jetzt zu meiner Auftragsarbeit: Gendern!
So wie es aussieht, hat die deutsche Sprachgemeinschaft und die GSV als ihr wichtigstes Organ im Besonderen es noch nicht geschoffen, eine gute geschlechtergerechte Sprachregelung zu erfinden und mir davon Mitteilung zu machen.

Meine Ansätze zu diesem Problemfeld möchte ich gleich mal anbieten:
Da viele Personengruppen ihren Bezinch von einem Verbstamm herhaben, liegt es doch nahe, die übliche Endung "-er" bzw. "-erin" (die Lehrerin, der Maler) durch eine neutrale Endung zu ersetzen. Dazu folgende Vorschläge (teilweise schon vereinzelt üblich):
-kraft, -person, -einheit, -mensch, -gerät

Mag sich technisch, kühl anhören auf den ersten Lausch und es ergeben sich vielleicht problematische, jedenfalls lustige Doppeldute:
Der Heizkörper, der bei der Dampflokomotive den Kessel befeuert
Der Textkörper, der die Bilder in Warenkatalogen mit Beschriftungen versieht
Das Hartz-IV-Empfangsgerät
(Der einzige Grund, weshalb ich "-gerät" mit reingeschmolggen habe)
Die Deutscheinheit, die im Urlaub frühmorgens ihre Liege mit einem Handtuch reserviert
Johannes B. Kernkraft
(hahaha!)

Schöner noch wäre etwas kürzeres, eine zwei-, dreibuchstabige Silbe. Gibt es da Vorbilder in anderen Sprachen? Altphilologiekräfte vor! Linguistikeinheiten zur Waffe! Ich hab schon hirngestormen; das Beste war bisher "-el(n)", Genus naturl neutral. Wenn man explizit geschlechterspezifisch benennen will, schlage ich "-erer" bzw. "-in(nen)" vor. Das ist nah an der alten geschlechtsspezifischen Form, unterscheidet sich dennoch in beiden Fällen von ihr und wird deshalb auch in der Übergangsphase als neue Form wahrgenommen.
"Die Gewerkschafteln haben durch ihren Streik bisher 3% Lohnanhebung erreichen können. Die Arbeitinnen jedoch machten auf die fortwährende Lohnschere zwischen den Geschlechtern aufmerksam. Viele Arbeiterer warfen ihnen daraufhin vor, die Eintracht des Arbeitskampfes unterzuminieren."

Die pathologischen Beispiele will ich gleich vorwegnehmen:
"Der Kämmererer der schlagenden Verbindung wurde wegen Unterschlagung von seinen Aufgaben entbunden."
"Als Pilgin ist es auf dem langen Jakobsweg schon ein Kreuz, immer rechtzeitig eine Toilette zu finden."
"Die Jägeln und Sammleln hatten noch nicht gelornen, Landwirtschaft zu betreiben."
"Der Mörderer soll aus dem englischsprachigen Raum kommen."


Eure Kükenschublade
Wer Arsch sagt, muss auch beige sagen.

Kilian

#1
Find ick jut! Statt -erer schlage ich -erich (vgl. Gänserich) vor, das ist ein schönes, eindeutig männliches, vorhandenes, aber unterbenutztes Suffix, das schon mal für diesen Zweck vorgeschlagen wurde - in der Glosse "Der Piloterich. Ein Beitrag der außerirdischen Linguistik" von Luise F. Pusch.

Es schnurre zu -ich zusammen, wenn der Wortstamm bereits auf -er endet, so wie auch Wörter Wanderin und Pilgerin die er-Dopplung vermeiden.

Zu den Kräften und Einheiten fällt mir noch meine Liste von Natur aus geschlechtsneutraler Personenbezinche ein, sortoren nach Genera:

m: Gast, Krüppel (?), Mensch, Säugling
f: Kapazität, -kraft, Person
n: Elter, Kind, Lesumstotel, Leut, Opfer, Mitglied

Gibt bestimmt noch mehr.

Alter Römer

Avete!
Im Lateinischen entspricht der männlichen Endung -or und der weiblichen -rix die sächliche -rum. Also zum Beispiel "arator"=pflügender Mann, "aratrix"=pflügende Frau, "aratrum"=pflügende Sache (=Pflug).
Die sächlichen Formen bieten sich auch als geschlechtsneutrale Form für die aus dem Lateinischen übernommenen Tätererwörterer /Tätinwörtin/Tätelnwörteln im Neutschen an:
Das Pastrum
Das Kantrum
Das Profestrum
Das Konditrum
Das Direktrum
Das Alligatrum
Das Navigatrum
Das Doktrum
usw.
Dergleichen entspricht der Endung "-er, -ra" ebenfalls "-rum", also
Das Ministrum
Das Magistrum

Kilian

Eine Extraendung wie -rum für unbelebte Dinge stünde natürlich auch dem Neutschen wohl an. Wenn -el schon für Menschen ist, was nehmen wir dan für Dinge?

Kükenschublade

Zitat von: Kilian in 2009-07-09, 09:57:32
[...]ein generisches Neutrum (mit dem ich übrigens zur Lösung mancher Punkte der feministischen Sprachkritik sympathisiere, mussichaumahn Faden zu aufmachen - oder gleich hier meine Theorie loswerden, dass es das in älteren Texten gibt: Hans und Liesl gingen ihrer Wege, ein jedes ein munteres Lied auf den Lippen).[...]

Kilian, gibts da noch mehr in deinem innerhirneln Notizbuch?
Wer Arsch sagt, muss auch beige sagen.

Kilian

Leider habe ich den in einem Text hierin ausargebittenen Vorschlag zum geschlechtergerechten und das Neutrum aufwertenden Umbau des Deutschen weder ganz im Hirn noch zur Hand. Ich glaube, auch er enthielt als Kern, normalerweise so etwas wie das Pilot, die Pilote zu sagen und, wenn das Geschlecht unbedungen in den Personenbezinch eingebauen werden soll, die Pilotin bzw. der Piloterich. Und geschlechtlich klingende Endungen wie bei Professor abzuschneiden: das Profess, die Professe. So memüsse es in offiziellen Texten etwa heißen: Wenn ein Profess die Prüfung nach §78a Prüfungsordnung abgenommen hat, so muss es... Aber ohne Gewähr; womöglich habe ich diese Details falsch und ganz sicher viele andere gar nicht in Erinnerung.

Längsdöser

Einmal ganz in der Ernestine, gegen eine vorhaltige Lösung inistiert noch das Kontrablem, dass es trüb ist, welches Ziel die Gentechnik an der Dern eigentlich leisten soll. Soll die sprachliche Überschwänzung zwischen Subjekten mit Entgüt und ohne ein solches (ne-utrum) beaufstehen? Dann memüsse man die grammatischen Genera ganz aufvernichten und wie das himmelsbötische künftig mit einem auskommen. Eine solche Entkomplizierung der Sprache dedörfe aber wohl nicht im Sinne der GSV sein. Meiner maßnähmlichen Meinung nach bebrööche man neben masculinum, femininum und ne-utrum ein viertes Genus, nämlich ein "utrum-que" (= u.), das Wesen bezeichnet, die ein Entgüt haben, ohne aber zu überschwänzen, welches.

Also etwa so (jeweils n. - m. - f. - u.):

es - er - sie - ser (Aussprache wie "sehr)
das - der - die - dier
ein - eine (!) - eine - eine (wegen der starken Konjugation der Adjektive gibt es nur eine Überschwänzung zwischen Wesen ohne und mit Entgüt)
Fahres (z.B. ein Roboter, der ein Fahrzeug steuert), Fahrer, Fahrse, Fahrser
Ein neues Fahres: Ich habe ein neues Fahres gesehen. Das neue Fahres wusste noch nicht, wie es das Fahrzeug bedient.
Eine (!) neuer Fahrer: Ich habe eine neuen Fahrer gesehen. Der neue Fahrer wusste noch nicht, wie er das Fahrzeug bedient.
Eine neuse Fahrse: Ich habe eine neuse Fahrse gesehen. Die neue Fahrse wusste noch nicht, wie sie das Fahrzeug bedient.
Eine neuser Fahrser: Ich habe eine neusen Fahrser gesehen. Dier neue Fahrser wusste noch nicht, wie ser das Fahrzeug bedient.

Na ja, ganz eingeroht ist das noch nicht. Unschön ist, dass die männlichen Formen den bisherigen fast genua beschweigen, während die weiblichen sich ändern.

Übertreiber

Personale Bezinche auf -ian klingen meiner Mien nach zu sehr nach dem (männlichen!) Vornamen ,,Jan". Weibliche Gegenstücke ließen sich schaffen, indem man den Namen ,,Johanna" komprim üre, wie ,,Johann" zu ,,Jan" geprossen ist:
Du bist eine echte Blödianna!
Pfui, was für eine Grobianna.

Im Gegenzuge kekünne man eine männliche Heiligengestalt als Hosian bezeichenen.
Kampf dem Schicksal!

Gen-Darm

Zitat von: Längsdöser in 2010-04-12, 07:53:12
Eine neuse Fahrse: Ich habe eine neuse Fahrse gesehen. Die neue Fahrse wusste noch nicht, wie sie das Fahrzeug bedient.
Dabei können dann bequemerweise die Buchstabenkombinationen ts und ks (chs) zu z und x abgekorzen werden:
Die Scharfrichze führt die Verbrexe zur Schafotze.

Hennenbeauftragte

Auf meine Anverlass wurde soeben eine Waltverurd erlassen, die künftig nicht nur in offiziellen Schreiben, sondern auch in der talgen Sprachgebräuchin zu befolgInnen ist:

§943 Die Bezinch "der Wasserhahn" ist nur noch dann zulagss, wenn zwei getrannene Wasserhühner vorhanden sind, etwa für Warm- und Kaltwasser. In diesem Fall kann das Wasserhuhn für Warmwasser mit "die Wasserhenne" und dasjenige für Kaltwasser mit "der Wasserhahn" bezinchen werden. In allen anderen Fällen darf nur noch die geschlechtsneutrale Form "das Wasserhuhn" verwandt werden.

Eine Gutächtin über die bisherigen 942 Paragrafen und Paragräfinnen der Waltverurd zur geschlechtsneutralen Sprache, ob ihr Text im Einklingen mit der neuen Paragräfin steht, soll im Laufe des nächsten Jahres vorgelogen werden.

Wortklauber

Was der Magistra der Magister,
Das ist dem Zebraweib der Zeber,
Und wie die Mistra liebt den Mister,
Hat auch die Ebra ihren Eber.

Korrekt politisch heißt's "Magistrum",
In der Savanne läuft das Zeb rum,
Und unser Herrfrau ist ein Miss Trum,
Doch grunzolide ist das Ebrum.

Homer

In fünf Monaten und zwei Tagen ist wieder Weltkatzentag. -katzen-! Und was ist mit einem Katertag? Fehlanzeige. Doch der Kampf hat begonnen, erste Kater wehren sich gegen ihre Marginalisur. Mit dem generischen Femininum geht es los:

Nachts sind alle ...?

Nachts sind alle Katzen grau. –
Also jede Katzen-Frau?
Nur die Tochter, nicht der Sohn?
Ist das nicht der blanke Hohn?

Nur die Mutter, nicht der Vater?
Habt ihr etwas gegen Kater?
Wenn ihr nur von 'Katzen' sprecht,
wo bleibt da das Männerrecht?

Lang genug war der Feliden
Geltung nach Geschlecht verschieden:
Kerle mussten Weibern weichen,
Sprache ist das klare Zeichen.

Wer noch schweigt von Mannestieren,
will doch nur diskriminieren.
'Katze' ist halt feminin,
daraus kann man Schlüsse ziehn.

Ist ein Genus nur generisch,
macht uns Männer das cholerisch.
Auch bei Erpeln, Gantern, Hähnen
tut man sich missachtet wähnen:

Wörter seien für die Ente
Erpel-Knebelinstrumente.
Ganter meinen, mittels Gendern
sei die Gänsewelt zu ändern.

Selbst der Hahn hat den Verdacht:
Frauen geht es nur um Macht.
Zwar neutral gibt sich 'das' Huhn,
doch 'das' soll mal nicht so tun.

Drum, wer Kater 'Katzen' nennt,
hat den Gleichheitstrend verpennt.
'Katzenfutter', 'Katzenklo' –
ach, ihr meint das gar nicht so?

Habt ihr mal daran gedacht,
was es mit uns Katern macht,
wenn ihr uns ganz ungeniert,
weil's bequem ist, ignoriert?

Daran lasst uns Sprache messen:
Wörtern und gesundem Essen
ist gemeinsam, dass korrekt
nur all das ist, was nicht schmeckt:

Doppelausdruck, Redundanz,
Partizip und Rattenschwanz,
Suffix, Schrägstrich, Binnen-I,
her damit, wir fordern sie!

Metrum, Schönheit, Klang und Kürze
sind im Gleichheitskampf nur Fürze.
Genus-Sexus-Differenz?
Besserwisser-Flatulenz!

Uns gilt einzig die Devise:
Sprache sei vau a präzise.
Darum sagen wir – miau! –:
Nachts sind alle Kater und Katzen (oder noch besser: Feliden jeglichen Geschlechts) grau.

Berthold

#12
Nun ja, zum Dschendern habe auch ich einen kleinen Beitrag. Nicht etwa bloß das "fran", das ich, statt frau & man, sogar einmal in meinem Büchl verwandte. Nicht auch wortspielnahe Wörter (-> Beileid) wie "KanalräumerInnen". Sondern ein Gebietchen, wo warchlk bisher die Frau harrsch, genaugenommen (die) Eva (bisweilen mitsamt ihrem - ja, ja, so ist es! - Po).
Ich gebe hier ein paar Beispiele, wo ich, an Weibes (so sind die Wörter ja eh bekannt) statt, an Stelle der Weibsperson, gleich den Kerl, das Mannsstück einführe:
Adamgination (Bei Eva steckt hier nachtlur "Vagina" drin.), adamkuieren, Adamluierung, adamneszent, Adamporation (vgl. Eva-po-ration), Adamporit, Adamporographie, Adampotranspiration (Hier schwitzt jener Po offenbar sogar.), adamsiv und adamsorisch.
Das Evangelium ergönze ich mit/durch Adam'ngelium.   

Kilian

Hehe. Dazu fällt mir ein, wie ich neulich twortt: ,,I only like pineapple on pizza when I'm on my he-riod. You know, when I bleed from my duderus and have to use man-pons."

Berthold

Ein paar zoologische Fachwörter lechzen aller-, fast schon platterdings, nach dem Weibe:
Adamantan-Komplex - Evamantan-Komplex; Adamantin - Evamantin; Adamantoblast - Evamantoblast und adambulakral - evabulakral.