Parteien im Wahlkampf - Heute: 50Plus

Begonnen von MrMagoo, 2005-08-23, 23:37:46

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MrMagoo

Da wollte ich doch gepflegt und entspannt meinen heutigen Fernsehabend mit leichter Krimikost im Ersten beginnen. Bevor es losging, flezte sich allerdings ein recht einfach gemachter Wahlwerbespot über den Schirm, ein Wahlwerbespot der Partei "50Plus Brandenburg".

Gut und schön, den Namen habe ich nie gehört, die Partei sagte mir nicht die Bohne, ich mir den Spot also reingezogen.

Da lief dann quasi wie in einem Abspann ein Text von unten nach oben, der von einer Stimme im Hintergrund vorgelesen wurde.
Worum's ging?! Hauptsächlich darum, daß diese Partei meinte, sie müsse nicht wie die großen Schwesterparteien Kohle für teure Wahlwerbesendungen zum Fenster rausschmeißen. Daher also die ziemlich einfallslose, um nicht zu sagen "billige" Aufmachung der gesamten Wahlwerbung - DOCH:
Heißt "billige" Wahlwerbung auch gleichzeitig Rechtschreib- und Grammatikkatastrophe??

Anscheinend ja!
Ich habe den ganzen Text nicht parat (vielleicht ist das auch gut so), doch zwei Sätze habe ich mir gemerkt:

1. "Jetzt sind die Straßen wieder vollgehängt mit bunten Plakaten"
und
2. "Wählen sie einfach, was sie für richtig finden."


Wenn ich mir's recht überlege: "hängen" ist im ersten Satz doch intranstitiv, nicht?! Das Partizip2 heißt "vollgehangen", nicht 'vollgehängt'!!

Also wirklich...

Zum zweiten Satz muß ich nicht wirklich etwas sagen, oder?
Ich empfand es schon als eine Zumutung, daß diese Partei ihre (von sich aus gesehen) potentiellen Wähler im wahrsten Sinne des Wortes überaus "kleinlich" siezte... .


Ein Wiedersehen mit "50Plus" gibt's hier:

Montag, 29.08.2005, 17.45h, ZDF
Mittwoch, 7.09.2005, 21.40h, ZDF
Dienstag, 13.09.2005, 17.47h, ARD

vielleicht ist's ja jedesmal derselbe Spot?! :D
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

VerbOrg

#1
Tut mir ja leid, dich zu enttäuschen, Magoo, aber "vollgehängt" ist richtig.

"Vollhängen" wird hier kausativ gebraucht.
"Vollgehängt" sind bzw. wurden sie durch die fleißigen Wahlkampfhelferchen, die nix besseres zu tun haben, als unsere schönen Straßen mit Pappplakaten zu verschandeln.

Das ist wie mit der Wäsche:

Nachdem ich sie auf die Leine gehängt hatte, hat sie dort erst mal ein Weilchen gehangen, bis ich die Muße fand, sie wieder abzunehmen.

Um als Partizip II "vollgehangen" zu benutzen, müsste man beispielsweise schreiben:

Die Straßen haben wieder mit Plakaten vollgehangen.
Blöder Satz! Würd' ich im normalen Leben da draußen nie freiwillig von mir geben.

amarillo

Sehe ich auch so

"Sie hängten (transitiv) ihre Jacken an die Garderobenhaken, bestellten Bier, und hingen (intransitiv) dann nach allen Regeln der Kunst ab."
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

Aber die Partei allein ist bestimmt schon zum Brüllen genug. Eigentlich ein weiterer Eintrag für Plusmanie plus.

MrMagoo

Zitat von: VerbOrg in 2005-08-24, 06:24:59
Tut mir ja leid, dich zu enttäuschen, Magoo, aber "vollgehängt" ist richtig.

"Vollhängen" wird hier kausativ gebraucht.
"Vollgehängt" sind bzw. wurden sie durch die fleißigen Wahlkampfhelferchen, die nix besseres zu tun haben, als unsere schönen Straßen mit Pappplakaten zu verschandeln.

Das ist wie mit der Wäsche:

Nachdem ich sie auf die Leine gehängt hatte, hat sie dort erst mal ein Weilchen gehangen, bis ich die Muße fand, sie wieder abzunehmen.

Um als Partizip II "vollgehangen" zu benutzen, müsste man beispielsweise schreiben:

Die Straßen haben wieder mit Plakaten vollgehangen.
Blöder Satz! Würd' ich im normalen Leben da draußen nie freiwillig von mir geben.


Wie dumm von mir; hätte ich ja eigentlich sehen müssen, daß das passiv war - naja, mir kam das ja sowieso nicht ganz geheuer vor, was ich da schrieb...:)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Günter Gans

Zwar nicht 50Plus, aber zu Parteien im Wahlkampf passt es schon:

Die Wahlwerbespots der Kleinstparteien lächtern mitunter erheblich. Humortechnisch bemerkenswert ist nach bislangiger Erfuhr die PARTEI, nochmal zu sehen morgen, am 6. September gegen 17.45 Uhr im Ersten, zu hören am 9. September vor 12 Uhr im Deutschlandfunk, zu sehen am 14. September vor 18 Uhr im ZDF. Wählen mögt ihr selber.

Ich bin gespannen, ob der Scheff diese Parteinahme gans neutral und ausgewogen rauszensiert.
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

Kilian

Werter Ganter, da musst du aber früher aufstehen, wenn du mich zum Zensor machen willst! Im aktuellen Rolling Stone ist übrigens ein ausführlicher Artikel zu "der PARTEI", der ist auch lesenswert. :)

VerbOrg

Der Professor aus Heidelberg kämpft nun auf dem Tandem. Allerdings kann man da nicht so ganz verstehen, was er einem beim Strampeln sagen will:

ZitatEr halte Merz nicht für einen Konkurrenten, sagte Kirchhof. "Wenn wir zwei, die in der Finanz- und Steuerpolitik sich seit Jahren exponiert haben, mit schönen Reformvorschlägen, wenn wir beide alle Kraft einsetzen, damit das mit dieser Politik in naher Zukunft, möglichst zum 1.1.2007 gelingt, wäre das die Ideallösung."
gefunden im Hamburger Abendblatt

Das schreit nach einer Txtkrtk.
Ich übergebe mich das Wort an Herrn Ganter.

philemon

und eigentlich hängen Plakate doch selten, sie kleeeeben  :D

VerbOrg

Viele Plakate pappen an Pappplatten. Diese wiederum hängen an Bäumen, Laternenpfählen etc. Und mit ihnen hängen dann auch die festgepappten Plakate.

Günter Gans

Zitat von: VerbOrg in 2005-09-14, 19:54:09Das schreit nach einer Txtkrtk.
Ich übergebe mich das Wort an Herrn Ganter.

Oh, umpf, das könnte leicht meine Kernkompetenzkompetenz übersteigen. Eigentlich mag ich weder Wahlplakate noch Abendblattsche Zituren aus Kirchhöfen krtsren, auch keine Metzgertüten. Daff ifft doch keine Litterrattur! Daff intereffiert mich nicht!

Na gut, ich muss etwas nachdenken (hoffentlich ist die Wahl nicht gelaufen, bis ich damit fertig bin).

P.S. Übrigens, in der 3sat-Kulturzeit (dort unterm Knupf "Wahlplakate") werden unter dem Reihentitel "100.000 Meisterwerke" gelegentlich Wahlplakate kunstkritisch rezensoren, nach Komposit, Farbgab, Positionur der Protagonisten et al, wie sich's gehört.
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)


Günter Gans

ZitatEr halte Merz nicht für einen Konkurrenten, sagte Kirchhof. "Wenn wir zwei, die in der Finanz- und Steuerpolitik sich seit Jahren exponiert haben, mit schönen Reformvorschlägen, wenn wir beide alle Kraft einsetzen, damit das mit dieser Politik in naher Zukunft, möglichst zum 1.1.2007 gelingt, wäre das die Ideallösung."
gefunden im Hamburger Abendblatt

Günter Gans: Schwaches Strampeln
Zu Paul Kirchhofs Prosagedicht ,,Er halte Merz"

In den knappen Zeilen des im literarischen Feuilleton gemeinhin als Professor aus Heidelberg gehandelten und, dies sei vorweg gesagt: überschätzten Nachwuchsautors finden wir, entgegen der tiefen Sprachskepsis des späten Celan, einen grenzenlosen Sprachoptimismus: Die Sprache wird zu ihrem eigenen Inhalt, ihrem eigenen Material. Doch kommt im provokatorischen Verzicht auf die Metapher, auf die üblichen semantischen und grammatischen Bezüge, mit deren Ordnungsstrukturen man auch ein überliefertes Weltbild konserviert sieht, nach Lothar Matthäus (1999) in Wahrheit Sprachkritik zum Zuge.

Mit der fundamentalen Absage an die kommunikative Sprache steht dieser Vierzeiler in einer Reihe mit Experimentatoren der Konkreten, absoluten oder hermetischen Poesie wie Eugen Gomringer, H.C. Artmann oder Helmut Heißenbüttel, ohne jedoch nur annähernd deren Niveau zu erreichen. Wohl sehen wir auch hier den Abschied von jedwelcher Logik und semantischen Struktur, zu vermissen bleibt aber das konstituierende parodistische Element jener Schulen.

Der Anspruch der Ästhetik Adornos, für die das Gesellschaftliche, das Politische von Lyrik gerade dadurch verbürgt ist, dass sie sich der negierten Wirklichkeit verweigert, sich nicht durch eine Mitteilungsfunktion der Gesellschaft anpasst, wird krass verfehlt, worüber auch die zeitdiagnostische Aussage ,,1.1.2007" nicht hinwegtäuschen kann. Hier wird Zukunft nur vorgegaukelt.

Kurz: Die Poetizität dieses Werks passt auf einen Bierdeckel.
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

Günter Gans

Seit Tagen zermartere ich mein Hirn. An wen erinnern mich diese beiden Herren nur?



Endlich fiel's mir wieder ein:

Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

Günter Gans

Na, der Wahlkampf ist vorbei, auch in Wien.
Aber ein Schmankerl (scrollstu dort auf Seite 2) soll euch nicht vorenthalten bleiben. Allerhand, mit welch gewagten Slogans die Grünen dort warben.
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)